Urteil des KG Berlin vom 13.03.2017
KG Berlin: verjährungsfrist, depot, beratungsvertrag, papiere, empfehlung, wertpapierhandel, link, sammlung, quelle, anteil
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Gericht:
KG Berlin 6. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
6 U 145/05
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 2 Abs 3 WpHG, § 2 Abs 3a
WpHG, § 37a WpHG, § 675 BGB
Vermittlung eines „Premium-Depots“ bei einer
Offshoregesellschaft: Verjährungsfrist für
Schadenersatzansprüche aus Beratungsverschulden
Leitsatz
Die kurze Verjährungsfrist des § 37 a WpHG gilt nicht für Schadenersatzansprüche aus
Beratungsverschulden im Falle der Vermittlung eines „Premium-Depots“ bei einer
Offshoregesellschaft, die nach ihren Bedingungen damit beauftragt ist, die auf den Depots
eingehenden Kundengelder für gemeinsame Rechnung ihrer Kunden in US-Aktien anzulegen;
eine derartige Geschäftsbesorgung stellt weder eine Wertpapierleistung im Sinne des § 2 Abs.
3 WpHG noch eine Wertpapiernebenleistung im Sinne des § 2 Abs. 3 a) WpHG dar; § 37 a
WpHG ist auch nicht analog anzuwenden.
Tenor
In Sachen ... beabsichtigt der Senat, die Berufung des Beklagten gemäß § 522 Abs. 2
ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.
Gründe
Die Berufung bietet keine Aussicht auf Erfolg. Die Sache hat keine grundsätzliche
Bedeutung. Auch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder die
Fortentwicklung des Rechts erfordern eine Entscheidung des Senats durch Urteil unter
Zulassung der Revision nicht.
1) Das Landgericht hat mit zutreffenden Erwägungen den Klageanspruch bejaht.
A) Zwischen den Parteien ist ein Beratungsvertrag zustande gekommen. Die
Erwägungen des Landgerichts, die Kläger hätten den Beklagten als Berater aufgesucht,
weil er sich selbständig gemacht hatte und bereits in der Vergangenheit als
Vermögensberater für den Kläger tätig geworden sei, sind nicht angegriffen. Der
Beklagte ist auch dem Vortrag der Kläger im ersten Rechtszug nicht mit einem eigenen
Vortrag entgegen getreten, dass sich die Kläger an ihn gewandt hatten, weil sie eine
Beratung für eine Geldanlage suchten, die der Altersvorsorge dienen sollte (vgl.
Klageschrift S. 3 = Bl. 3 d. A.; Ss vom 3. März 2005, S. 2 = Bl. 48 d. A., und S. 6 = Bl. 53
d. A.). Bei dieser Sachlage war aus Sicht eines objektiven Dritten an Stelle des Beklagten
klar, dass die Kläger die folgenden Ausführungen über das „Premium Depot“ als
entsprechende Beratung auffassen würden. Daran ändert der Umstand, dass der
Beklagte als Subvermittler für den SWD handeln wollte, nichts. Selbst wenn sich aus
entsprechenden Unterlagen eine entsprechende Stellung ergeben sollte, steht dies dem
Abschluss eines eigenständigen Beratungsvertrages nicht entgegen. Denn es war dem
Beklagten aus Sicht eines potenziellen Kunden, der um Beratung nachsuchte,
unbenommen, auch bei seiner Stellung als Subvermittler für den SWD gleichwohl eigene
Beratungsleistungen zu erbringen. Es wäre Sache des Beklagten gewesen, ausdrücklich
und eindeutig darauf hinzuweisen, dass er die begehrte Beratung nicht leisten wolle.
Die Ausführungen des Beklagten zur Eigenhaftung eines Vertreters wegen
Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit einer Beratung gehen daher fehl, weil er
gerade nicht nur als Vertreter gehandelt hat, sondern einen eigenen Beratungsvertrag
abgeschlossen hat.
B) Zutreffend geht das Landgericht auch von zwei selbständigen schuldhaften
Pflichtverletzungen aus.
aa) Ein sorgfältiger Berater hätte die Kläger auf die Warnungen vor dem Premium Depot
in der Zeitschrift C... hingewiesen und die Kläger darüber aufgeklärt, dass er diese
Bedenken nicht zerstreuen könne. Auch im Rechtsstreit trägt der Beklagte lediglich vor,
dass die AIF die Gelder in Blue-Chip-Aktien an amerikanischen Börsen angelegt habe. Es
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dass die AIF die Gelder in Blue-Chip-Aktien an amerikanischen Börsen angelegt habe. Es
handele sich nicht um übermäßig riskante Investitionen, sondern um solche im mittleren
und oberen Risikobereich. Einzelheiten, die eine Bewertung der Anlagestrategie zuließen,
werden nicht mitgeteilt und ergeben sich aus dem Prospekt nicht. Dass der Beklagte mit
der Berufung die Anlage nunmehr sogar als risikoarm bezeichnet, ist insoweit ohne
Belang.
Auf die weiteren Inhalte des Prospektes und der Informationen auf Merkblättern kommt
es nicht an. Denn dass theoretisch ein Totalverlust drohte, mag für den Kläger zu
erkennen gewesen sein. Entscheidend ist jedoch, dass eine realistische Bewertung
dieses Risikos durch eine Beratung des Beklagten nicht gewährleistet wurde.
bb) Ein sorgfältiger Berater hätte die Kläger auch nicht davon abgehalten, ein
Auszahlungsbegehren zu stellen, indem entstandene Bedenken der Kläger gegen die
Anlage durch Mitarbeiter des Beklagten zerstreut wurden.
C) Schaden und Kausalität sind gegeben.
Es ist mit dem Landgericht davon auszugehen, dass sich die Kläger beratungsgerecht
verhalten und die Anlage nicht vorgenommen hätten. Sie sind so zu stellen, als wenn sie
die Gelder nicht angelegt hätten. Sie können vom Beklagten Rückzahlung gegen
Abtretung der Ansprüche aus der Anlage verlangen.
D) Der Anspruch ist auch nicht gemäß § 37a WpHG verjährt. Das Landgericht hat im
angefochtenen Urteil ausgeführt, dass der Kläger durch den abgeschlossenen Vertrag
nichts anderes gemacht habe, als bei der AIF ein Konto zu eröffnen und auf dieses Konto
Geld zu überweisen. Dadurch sei kein verbrieftes Recht o. ä. an einem Fonds oder einer
Gesellschaft erworben worden. Es sei auch vom Beklagten nicht dargelegt, dass das
Konto ein markthandelbares Wertpapier, ein Geldmarktinstrument oder ein Derivat sein
könne.
Das Berufungsvorbringen rechtfertigt eine andere Entscheidung nicht. Durch die
Einzahlung der Gelder erwarb der Kläger keinen Anteil an Investmentvermögen, das von
einer ausländischen Investmentgesellschaft ausgegeben wurde.
Der Beklagte räumt ausdrücklich in der Berufung ein, dass von der AIF Geld
eingesammelt wurde, um dem Titel nach noch unbestimmte Aktien zu erwerben (S. 6
der Berufungsbegründung = Bl. 152 d. A.). Es bestand gerade kein Aktienfonds, von
dem Anteile ausgegeben wurden. Das Argument, beide Fälle seien gleich zu behandeln,
ist überzeugend, wenn und soweit es darum geht, dem Kunden gegenüber Aufklärungs-
und Beratungspflichten des Anlageberaters zu statuieren, wenn der Kunde sein Geld in
der hier genannten Weise verwenden soll. Dies gebietet es jedoch nicht, die
Verjährungsvorschrift des § 37 a WpHG über ihren Wortlaut hinaus anzuwenden. Denn
wegen des nicht kalkulierbaren Haftungsrisikos bei der Empfehlung risikoreicher Papiere
bei einer Verjährungsfrist von 30 Jahren sollte eine Verkürzung der Verjährungsfrist
erfolgen. Wird jedoch nicht einmal ein Wertpapier, ein Geldmarktinstrument oder ein
Derivat im Sinne des Gesetzes erworben, besteht auch kein Anlass, den Anlegerschutz
zu reduzieren.
Das Schreiben des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel vom 26. November
1999 (Bl. 107 d. A.) ist für die rechtliche Beurteilung ohne Belang. Dem Schreiben ist
lediglich zu entnehmen, dass das Bundesaufsichtsamt Unterlagen überprüft hat und zu
dem Ergebnis gekommen ist, dass diese den Anforderungen entsprechen, soweit das
WpHG betroffen ist. Auch die weitere Auskunft bestätigt das Vorliegen eines
Investmentgeschäftes im Sinne des WpHG nicht. Denn es wird lediglich erklärt, dass
keine Bedenken gegen die Verwendung des Gesprächsnachweises als Checkliste im
Rahmen von Kundengesprächen bestehen, bei denen die einzelnen Punkte der Liste
näher erläutert werden.
2) Dem Beklagten wird Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen gegeben.
Wird die Berufung zurückgenommen?
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