Urteil des KG Berlin vom 18.11.2008

KG Berlin: agb, internet, anbieter, vertragliche haftung, personaldaten, täuschung, pseudonym, vertragsschluss, ware, adresse

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Gericht:
KG Berlin 4.
Strafsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
(4) 1 Ss 181/09
(130/09)
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 269 Abs 1 StGB
Fälschung beweiserheblicher Daten: Anmeldung eines EBay-
Accounts unter falschem Namen
Leitsatz
Die Einrichtung eines Mitgliedskontos unter falschen Personalien bei der Auktionsplattform
eBay im Internet kann den Tatbestand des § 269 Abs. 1 StGB erfüllen (Abgrenzung zu OLG
Hamm, Beschluss vom 18. November 2008 - 5 Ss 347/08).
Der anschließende Ankauf von Waren unter diesem Account ist grundsätzlich nicht
tatbestandsmäßig, weil es regelmäßig an einer Täuschung der Anbieter über die Identität des
Bieters fehlt.
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 30.
Januar 2009 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte in den Fällen 2. –
37. wegen Fälschung beweiserheblicher Daten verurteilt worden ist.
Insoweit wird der Angeklagte auf Kosten der Landeskasse Berlin, die auch die
notwendigen Auslagen des Angeklagten in allen Rechtszügen zu tragen hat,
freigesprochen.
2. Soweit der Angeklagte hinsichtlich der am 10. September 2006 gegen 18.03 Uhr
vorgenommenen Eröffnung des „eBay“-Mitgliedskontos „XY“ wegen Fälschung
beweiserheblicher Daten verurteilt worden ist, wird das vorbezeichnete Urteil auf die
Revision des Angeklagten mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
In diesem Umfang wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über
die Kosten der Revision - an eine andere Strafkammer des Landgerichts
zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Tiergarten in Berlin hat den Angeklagten wegen Fälschung
beweiserheblicher Daten in 37 Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 60 Tagessätzen zu
je 15 Euro verurteilt. Die unbeschränkte Berufung des Angeklagten und die Berufung der
Staatsanwaltschaft, deren Ziel das angefochtene Urteil nicht mitteilt, hat das
Landgericht Berlin verworfen.
Die Berufungskammer hat ihrer Entscheidung die folgenden Feststellungen zugrunde
gelegt:
„Im September 2006 entschloss sich der Angeklagte in den nachfolgend genannten
Fällen über den Internet-Handel EBAY verschiedene Gegenstände anzukaufen. Der
Angeklagte wollte dabei jedoch nicht unter seinem eigenen Namen auftreten, sondern
legte sich die Personalien einer kurz zuvor verstorbenen Person zu, die er zufällig
entdeckt hatte und zu der er keine nähere Verbindung hatte.
Am 10. September 2006 gegen 18.03 Uhr eröffnete der Angeklagte über eine
anonymisierte IP-Adresse unter dem Mitgliedsnamen "XY" einen Account bei der
Internetverkaufsplattform EBAY und verwendete bei den erforderlichen Daten zum
Mitglied die Personalien des bereits am … verstorbenen „Z“, in …, Germany, um den
Eindruck zu erwecken, Mitglied sei der Verstorbene und nicht er selbst.
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Unter Nutzung des oben genannten EBAY-Accounts mit den persönlichen Daten des
zuvor verstorbenen „Z“ kaufte der Angeklagte bei EBAY zu nachfolgend benannten
Zeiten bei nachfolgend aufgeführten Verkäufern die benannten Gegenstände und
täuschte damit bewusst bei jedem Kauf über die Identität der sich hinter dem
Mitgliedsnamen verbergenden Person. Im Einzelnen handelte es sich um die
nachfolgend aufgeführten Käufe: …
.
Die Verkäufer erlagen dabei dem Irrtum, mit dem verstorbenen „Z“ in
Geschäftsbeziehungen zu stehen. Zur Lieferung, welche er ordnungsgemäß bezahlt
hatte, gab der Angeklagte bei den Mitgliedsdaten des oben genannten Accounts seine
eigene Anschrift als abweichende Lieferanschrift an.
Dieses Verfahren blieb bis auf einen Fall bei allen Vertragspartnern des Angeklagten
unbeanstandet: In einem Fall wollte die Verkäuferin sicher gehen, dass die abweichende
Lieferanschrift auch in Ordnung geht. Dabei stieß sie dann auf Anverwandte des
verstorbenen „Z“, die ihrerseits Anzeige erstatteten“.
II.
Mit seiner Revision beanstandet der Angeklagte das Verfahren, ohne diese Rüge
indessen auszuführen; ferner macht er die Verletzung sachlichen Rechts geltend.
Das Rechtsmittel ist mit der Sachrüge überwiegend erfolgreich und führt zur
Freisprechung des Angeklagten; im Fall der Eröffnung des Accounts hat die Revision
demgegenüber nur vorläufigen Erfolg.
Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch nicht.
1. Soweit es die 36 Ersteigerungsfälle betrifft, kann der Senat ungeachtet der
unzureichenden Feststellungen des Landgerichts selbst entscheiden. Er hebt das
angefochtene Urteil insoweit nach § 349 Abs. 4 StPO auf und spricht den Angeklagten
gemäß § 354 Abs. 1 StPO frei.
a) Der Angeklagte ist allerdings nicht mit der in der Stellungnahme der
Generalstaatsanwaltschaft Berlin gegebenen Begründung freizusprechen, es fehle an
der erforderlichen Täuschungsabsicht des Angeklagten. Denn die für eine solche
Entscheidung nötigen Feststellungen zum inneren Tatbestand enthält das angefochtene
Urteil nicht.
Zwar trifft die Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft zu, dass im Falle einer bloßen
Namenstäuschung jedenfalls die Täuschungsabsicht fehlen kann, wenn sich der
Aussteller ungeachtet der falschen Namensnennung an seiner im Rechtsverkehr
wirkenden Erklärung festhalten lassen, mit seiner Person für diese also rechtlich
einstehen will (vgl. OLG Celle NStZ 1987, 27, 28 [mit Anm. Kienapfel] m.w.N.). Die
Beurteilung der hiernach im subjektiven Tatbestand angesiedelten Frage, ob der Täter
nur straflos seinen Namen verbergen oder den anderen durch Identitätstäuschung zu
einem bestimmten Verhalten im Rechtsverkehr veranlassen will, setzte indessen
tatrichterliche Feststellungen dazu voraus, welchen Zweck der Täter mit der falschen
Namensnennung verfolgte (vgl. dazu Kienapfel aaO. S. 29). Daran fehlt es im
angefochtenen Urteil, das allein die Grundlage der sachlich-rechtlichen Prüfung des
Revisionsgerichts bildet.
Entgegen der Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft kann der Senat nicht
ergänzend Feststellungen heranziehen, die das Amtsgericht in seinem Urteil getroffen
hatte. Zwar hat das Landgericht ersichtlich das amtsgerichtliche Urteil nahezu wörtlich
abgeschrieben - nachdem das Amtsgericht seinerseits im Wesentlichen die
Anklageschrift abgeschrieben hatte -, es hat jedoch davon abgesehen, auch die (kargen)
amtsgerichtlichen Feststellungen zur Motivation des Angeklagten zu übernehmen.
Soweit die Berufungskammer ausgeführt hat: „Die Berufungshauptverhandlung hat zu
keinen anderen Feststellungen geführt, als sie das Amtsgericht Tiergarten getroffen
hatte“, führt dies nicht dazu, dass der Senat das lückenhafte Kammerurteil an den
fraglichen Stellen unter Heranziehung einzelner Passagen aus dem erstinstanzlichen
Urteil „passend“ ergänzt. Denn schriftliche Urteilsgründe müssen aus sich heraus
verständlich, klar, geschlossen und erschöpfend sein, weshalb Bezugnahmen auf andere
Urteile grundsätzlich unzulässig sind. Eine zulässige Bezugnahme auf (nicht
rechtskräftige) Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils erforderte jedenfalls, dass
durch Mitteilung der Seitenzahl, des Absatzes und der Zeile oder durch eine sonst
zweifelsfreie Benennung eindeutig angegeben wird, im welchem Umfang die Darstellung
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zweifelsfreie Benennung eindeutig angegeben wird, im welchem Umfang die Darstellung
des erstinstanzlichen Urteils übernommen wird (vgl. Senat, Beschluss vom 2. Februar
2009, (4) 1 Ss 499/08 (6/09), m.w.N.; OLG Hamm, Urteil vom 20. November 2007, 1 Ss
66/07, [juris]). Dies ist hier nicht der Fall.
b) Neben den in der Urteilsurkunde dargelegten tatrichterlichen Feststellungen kann der
Senat jedoch zum einen allgemein- und gerichtskundige Tatsachen berücksichtigen; mit
ihnen kann das Revisionsgericht Lücken in den Urteilsfeststellungen schließen und auch
Widersprüche ausräumen (vgl. Meyer-Goßner, StPO 52. Aufl., § 337 Rdn. 25). Zum
anderen kann das Revisionsgericht – allein zu dem Zweck zu entscheiden, ob die Sache
zurückverwiesen werden muss oder auf Freispruch durchentschieden werden kann – den
Akteninhalt berücksichtigen (vgl. KG NStZ-RR 2006, 276; StraFo 2007, 245 = NStZ-RR
2007, 246 [Ls]). Hiernach ist trotz der unzureichenden und teilweise unklaren
tatrichterlichen Feststellungen eine abschließende Entscheidung möglich.
Die wesentlichen Grundlagen des Geschäftsmodells der Internet-Handelsplattform eBay
sind allgemeinkundig. Allgemeinkundig sind alle Tatsachen und Erfahrungssätze, von
denen verständige und erfahrene Menschen regelmäßig ohne Weiteres Kenntnis haben
oder über die sie sich aus allgemein zugänglichen zuverlässigen Quellen ohne
besondere Fachkenntnisse unschwer unterrichten können (vgl. Meyer-Goßner aaO., §
244 Rdn. 51 m.w.N.). Zu den Quellen der Allgemeinkundigkeit zählen neben Zeitungen
und Nachschlagewerken sowie Hör- und Fernsehfunk auch Homepage-Abfragen im
Internet (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 3. Dezember 2008, 20 W 12/08, [juris Rdn.
261]), Internet-Enzyklopädien (vgl. OLG Naumburg, Urteil vom 28. Oktober 2008, 9 U
39/08 [juris Rdn. 48]) oder sonstige Erkenntnisse aus dem Internet (vgl. VG Magdeburg,
Urteil vom 3. Februar 2009, 5 A 126/08 [juris Rdn. 32]).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze stellt sich die rechtliche Bewertung der
Ankaufsfälle durch das Landgericht als materiell falsch dar.
aa) Zusammengefasst lässt sich das eBay-Geschäftsmodell im Wesentlichen wie folgt
darstellen (Näheres ist unter anderem abrufbar unter http://pages.ebay.de/help).
Voraussetzung für die Nutzung der Dienste der Betreiberin der Plattform, der eBay
International AG, ist eine Online-Anmeldung des Nutzers, die unter Angabe bestimmter,
in einer Anmeldemaske abgefragter Personal- und Adressdaten erfolgt. Zu diesen Daten
gehören der Name und das Geburtsdatum, der Wohnort sowie eine Telefonnummer und
E-Mail-Adresse; die Daten werden automatisiert in das EDV-System der Betreiberin
übernommen und führen - unter der Voraussetzung der Anerkennung deren Allgemeiner
Geschäftsbedingungen - zur Anlegung eines entsprechenden Mitgliedskontos. Der
Nutzer wählt dabei auch ein Passwort sowie einen Mitgliedsnamen (Pseudonym,
„nickname“), unter dem er später angebotene Waren ersteigern oder per „Sofort-Kauf“-
Option erwerben kann (eventuelle Abweichungen bei einer beabsichtigten Tätigkeit –
auch - als Verkäufer bzw. Anbieter bleiben, da nicht einschlägig und
entscheidungserheblich, unberücksichtigt). Vor der Freigabe eines Mitgliedskontos
erfolgt durch eBay ein Abgleich der Anmeldedaten bei der „SCHUFA“. Die wirklichen
Namen der beteiligten Nutzer werden diesen während einer „Auktion“ nicht bekannt.
Erst im Falle des Zustandekommens eines Vertrages gibt die Betreiberin die Namens-
und Adressdaten an die jeweiligen Vertragspartner zwecks Abwicklung des Vertrages
automatisiert weiter. Die Bezahlung durch den Käufer erfolgt – je nach den vom Anbieter
akzeptierten Optionen – per Vorkasse oder Nachnahme, durch Barzahlung bei
persönlicher Abholung der Ware oder aber über ein spezielles Zahlungssystem
(„PayPal“) bzw. Treuhandservices.
bb) Bei den hier in Rede stehenden Ankäufen unter Nutzung eines zuvor mit falschen
Personalien eingerichteten Accounts kommt von den Varianten des § 269 Abs. 1 StGB
das Gebrauchen zuvor gespeicherter beweiserheblicher Daten zur Täuschung im
Rechtsverkehr in Frage.
Bei der Beurteilung der Tatbestandsmäßigkeit ist zu berücksichtigen, dass die Norm den
einzelnen Teilnehmer am Rechtsverkehr davor schützt, seine eigenen rechtserheblichen
Entscheidungen an Fehlvorstellungen darüber auszurichten, dass ein anderer eine
rechtserhebliche Erklärung abgegeben hat, für die dieser rechtlich einstehe (vgl. Puppe
in NK-StGB 2. Aufl., § 269 Rdn. 7). Liegt der rechtserheblichen Entscheidung keine
Identitätstäuschung zugrunde, scheidet ein Gebrauchen im Sinne der Norm aus. So ist
es hier.
Als Täuschungsadressaten kommen (nur) die Vertragspartner des Angeklagten – die
Anbieter der von ihm jeweils erworbenen Waren – in Frage, während die Plattform-
Betreiberin bei den zwischen ihren Mitgliedern abgeschlossenen Rechtsgeschäften
ausscheidet (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 18. November 2008, 5 Ss 347/08 [BeckRS
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ausscheidet (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 18. November 2008, 5 Ss 347/08 [BeckRS
2009, 10633], zu I.b. der Gründe; so wohl auch Jahn JuS 2009, 662, 663).
Die Vertragspartner des Angeklagten wurden beim Einstellen ihrer Angebote über die
Identität des Angeklagten indessen nicht getäuscht. Auf das Einstellen der Angebote
kommt es nach den Gegebenheiten des eBay-Handels deshalb an, weil der Anbieter
schon damit das verbindliche Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrages über die
angebotene Ware abgibt. Der Vertrag kommt mit dem Höchstbietenden einer Auktion
oder demjenigen Mitglied zustande, das bei einer „Sofort-Kauf“-Option seinerseits eine
verbindliche Vertragserklärung abgibt. Der bei eBay tätige Anbieter von Waren oder
Leistungen hat von vornherein keinerlei Einfluss auf seinen – in beiden Fällen noch
unbestimmten - Vertragspartner und weiß dies auch. Für ihn besteht auch keine
Möglichkeit, während einer laufenden Auktion die hinter dem Pseudonym eines Bieters
stehenden Personaldaten in Erfahrung zu bringen, um etwa einen Bieter abzulehnen
oder einem anderen Bieter den Vorzug zu geben. Dieser aus den zugrunde liegenden
AGB bzw. „eBay-Grundsätzen“ folgende Umstand erhellt, dass es insoweit objektiv an
einer Identitätstäuschung fehlt.
Das (erste) rechtlich erhebliche Verhalten des Anbieters ist mit dem Einstellen der Ware
abgeschlossen, ohne dass dieser sich überhaupt Gedanken über die Identität eines
potentiellen Vertragspartners gemacht hätte. Die möglicherweise vorliegende
allgemeine Erwartung, es möge sich auf der anderen Seite um „ein ordentliches eBay-
Mitglied“ handeln, unterfällt dem Tatbestand des § 269 StGB schon mangels
Konkretisierung auf eine bestimmte Person nicht. Die nach dem Vertragsschluss
folgende automatisierte Bekanntgabe der Personaldaten der Vertragspartner durch
eBay – darin könnte das „Gebrauchen“ im dem Sinne liegen, dass die Daten dem
Täuschungsadressaten zur sinnlichen Wahrnehmung zugänglich gemacht wurden (vgl.
dazu Fischer, StGB 56. Aufl., § 267 Rdn. 23 m.w.N.) - führte nicht zur Erfüllung des
Tatbestands. Denn darauf folgte kein rechtserhebliches Verhalten des Anbieters;
sondern bei ihm mag allenfalls eine - im Sinne der hier in Betracht kommenden
Strafrechtsnorm nicht beachtliche - Fehlvorstellung über die weitere Abwicklung des
Kaufvertrags eingetreten sein. Das nächste rechtlich relevante Verhalten der Verkäufer
bestand in der Versendung der Waren, die hier an den Angeklagten unter seiner eigenen
Anschrift geliefert wurden. Diese Warenversendung beruhte nach dem
Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe allerdings allein auf dem Umstand, dass die
Bezahlung der Waren durch den Angeklagten erfolgt war und hatte seinen Grund nicht in
einer Fehlvorstellung über den Aussteller der Datenurkunde.
Soweit ein Anbieter bei einem eBay-Geschäft durch die Warenversendung im Einzelfall
seine Rechtsposition gefährden mag - etwa wenn der Käufer nach Erhalt der Ware durch
Überweisungsrückruf versucht, sich den Besitz der Ware letztlich doch ohne Bezahlung
zu sichern -, besteht einerseits mit Blick auf § 263 StGB keine Strafbarkeitslücke. Ob ein
solches Geschehen für den Tatbestand des § 269 Abs. 1 StGB überhaupt von Belang
sein kann, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Denn es bedürfte insoweit
entsprechender Feststellungen zum subjektiven Tatbestand. Diese liegen hier nicht vor
und sind auch ausgeschlossen. Nach einem - mit der oben dargelegten Maßgabe
vorgenommenen - Blick in die Akten kann der Senat entscheiden, dass der Nachweis
einer solchen Täuschungsabsicht des Angeklagten nicht möglich sein wird. Der
Angeklagte hat sich stets darauf berufen, er habe sich nicht strafbar gemacht, sondern
jedes der Kaufgeschäfte durch umgehende und vollständige Bezahlung im Wege der
„Vorkasse“ sowie durch Abnahme der Waren durchgeführt. Soweit sich bei den
polizeilichen Ermittlungen Verkäufer überhaupt geäußert haben, wurde die
ordnungsgemäße Abwicklung der Geschäfte bestätigt. Bezahlungen sind zudem durch
aktenkundige Überweisungsvorgänge belegt. Strafanzeigen von beteiligten Verkäufern
liegen nicht vor.
Die Entscheidung gemäß § 354 Abs. 1 StPO auf Freispruch beruht schließlich auch
darauf, dass der Nachweis eines Handelns zur Täuschung im Rechtsverkehr - die
Gleichstellungsvorschrift des § 270 StGB ist im hier interessierenden Zusammenhang
ohne Bedeutung – nicht möglich sein wird. Zur Täuschung im Rechtsverkehr handelt, wer
bei seinem Gegenüber einen Irrtum und ein darauf beruhendes rechtlich relevantes
Verhalten hervorrufen will (vgl. Fischer aaO., § 269 Rdn. 7 i.V.m. § 267 Rdn. 30; Buggisch
NJW 2004, 3521). Die soeben dargelegten Umstände stehen der Annahme entgegen,
solche Feststellungen zu Lasten des Angeklagten könnten in einer erneuten
Berufungshauptverhandlung getroffen werden.
cc) Auf die Frage, ob der Aussteller der Datenurkunde bei Handelsgeschäften über die
Plattform eBay für den Vertragspartner erst bei der Weitergabe der hinter dem
Pseudonym stehenden Personaldaten durch die Betreiberin erkennbar wird (so OLG
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Pseudonym stehenden Personaldaten durch die Betreiberin erkennbar wird (so OLG
Hamm aaO.) und vorher gleichsam ein Fall sog. offener Anonymität vorliegt, oder ob
angesichts der den Beteiligten regelmäßig bekannten tatsächlichen Gegebenheiten der
Geschäftsmodelle von Internet-Verkaufsplattformen schon mit der Abgabe eines
Gebotes unter dem Pseudonym eine Datenurkunde gegeben ist, kommt es vorliegend
nach allem nicht an. Gleiches gilt für die weitere Problematik, ob mit dieser Weitergabe
durch eBay ein dem Täter zurechenbares „Gebrauchen“ beweiserheblicher Daten
vorliegt (so wohl Jahn aaO. S. 663) oder nicht (so OLG Hamm aaO., zu I.c. der Gründe).
Beides kann der Senat deshalb dahinstehen lassen.
dd) Unerheblich ist schließlich, dass die Annahme des Landgerichts, die Verkäufer seien
einem Irrtum über die Person ihres Vertragspartners erlegen, ersichtlich auf einer bloßen
– wenn auch nicht abwegigen - Vermutung beruht. Eine tragfähige Beweisgrundlage
findet diese Annahme in den Urteilsgründen jedenfalls nicht. Zweifelhaft ist, ob das von
der Kammer angenommene „umfassende“ Geständnis des Angeklagten überhaupt eine
Grundlage für die Feststellung solcher inneren Vorgänge ihm völlig fremder Menschen
böte, zumal sich diese im Verfahren entweder gar nicht oder nie in solcher Weise
geäußert haben. Die Feststellung eines solchen Geständnisses überrascht ohnehin; es
ist – dies zeigt die Revisionsbegründung - letztlich nur durch eine Verkennung der
Voraussetzungen des in Rede stehenden gesetzlichen Tatbestands erklärbar. Denn der
Angeklagte verfolgt im Revisionsverfahren (weiterhin) seine Freisprechung unter
dezidierter Darlegung der Straflosigkeit seines Verhaltens, wobei er geltend macht, die
ihm bekannte Rechtsprechung zur Problematik (AG Euskirchen, Urteil vom 19. Juni 2006,
5 Ds 279/05 [juris]) ausgewertet und schon in der ersten Instanz und im
Berufungsverfahren so vorgetragen zu haben. Letzteres wiederum deckt sich mit der
Tatsache der unbeschränkten Berufungseinlegung. Wie die Berufungskammer bei dieser
Sachlage ein – sogar von Einsicht getragenes – umfassendes Geständnis erkennen
konnte, erschließt sich nicht.
2. Hinsichtlich der Anmeldung des Accounts unter Angabe der Personal- und
Adressdaten des verstorbenen „Z“ war das angefochtene Urteil nach § 349 Abs. 4 StPO
mit den Feststellungen aufzuheben und die Sache gemäß § 354 Abs. 2 StPO zu neuer
Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts
zurückzuverweisen. Insoweit ist nicht auszuschließen, dass weitere Feststellungen
getroffen werden können, die eine Verurteilung ermöglichen.
Die von der Generalstaatsanwaltschaft Berlin beantragte Vorlage der Sache an den
Bundesgerichtshof gemäß § 121 Abs. 2 GVG schied aus. Angesichts der unzureichenden
Feststellungen des Landgerichts kann der Senat nicht zuverlässig beurteilen, ob die
vorliegende Fallgestaltung in tatsächlicher Hinsicht mit derjenigen vergleichbar ist, über
die das OLG Hamm (aaO.) zu entscheiden hatte, und ob somit eine Abweichung in einer
entscheidungserheblichen Rechtsfrage vorliegen kann. Mangelt es an den nötigen
Feststellungen in tatsächlicher Hinsicht, so fehlt auch die Grundlage für eine
Entscheidung im Vorlageverfahren (vgl. BGH NStZ-RR 2003, 12, 13; Hannich in KK-StPO
6. Aufl., § 121 GVG Rdn. 35).
a) Der Senat ist allerdings nicht der Ansicht des OLG Hamm, in der Anlegung eines
Accounts bei eBay liege keine Speicherung beweiserheblicher Daten, weil eine rechtlich
relevante Gedankenerklärung fehle, sondern es sich lediglich um einen Vorgang ohne
jeden nach außen hin wirkenden Erklärungscharakter handele (OLG Hamm aaO., zu I.a.
der Beschlussgründe, letzter Absatz). Der Angeklagte hat vielmehr beweiserhebliche
Daten so gespeichert, dass bei ihrer Wahrnehmung eine unechte Urkunde im Sinne des
§ 267 Abs. 1 StGB vorliegen würde.
aa) Mit der Einrichtung des eBay-Mitgliedskontos „XY“ gab der Angeklagte die
Gedankenerklärung ab, der in …, …, wohnhafte „Z“ melde sich bei der Betreiberin als
Mitglied an und wolle unter Anerkennung der AGB deren Dienste nutzen. Die Person „Z“
erschien als Aussteller dieser Erklärung (vgl. Buggisch NJW 2004, 3520 für den Fall der
Einrichtung eines E-Mail-Accounts), während die Betreiberin die wahre Identität des
Anmeldenden nicht erfuhr. Dass „Z“ zwei Tage zuvor verstorben war, steht dem nicht
entgegen. Die fraglichen Daten hat der Angeklagte gespeichert in dem Sinne, dass sie
zum Zwecke späterer Verwendung durch erneutes Abrufen erfasst wurden (vgl.
Weidemann in BeckOK-StGB, § 269 Rdn. 9 m.w.N.). Keine Rolle spielt dabei, dass sie vor
dem Ablegen im EDV-System der Betreiberin zunächst über das Internet übermittelt
werden mussten (vgl. Kindhäuser in LPK-StGB 3. Aufl., § 269 Rdn. 8; Cramer/Heine in
Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl., § 269 Rdn. 16; Buggisch aaO. S. 3520). Unerheblich
ist mit Blick auf § 270 StGB auch, dass die Daten nicht einer Person zugeleitet, sondern
maschinell in das System eingelesen wurden (vgl. Fischer aaO., § 270 Rdn. 1 m.w.N.).
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Die Beweiserheblichkeit der vom Angeklagten gespeicherten Daten ist gegeben.
Beweiserheblich sind Daten, die dazu bestimmt sind, bei einer Verarbeitung im
Rechtsverkehr als Beweisdaten für rechtlich erhebliche Tatsachen benutzt zu werden
(vgl. Fischer aaO., § 269 Rdn. 3). Der Hinweis, der Anmeldende erhalte „lediglich“ eine
Zugangsberechtigung und ein Pseudonym, die es ihm erlaubten, Waren anderen
Besuchern auf der Auktionsplattform anzubieten, vermag das Fehlen einer
rechtserheblichen Erklärung und die gegenteilige Annahme, es handele sich um einen
Vorgang ohne jeden nach außen hin wirkenden Erklärungscharakter, nicht zu begründen.
Die Einrichtung eines Mitgliedskontos bei eBay stellt keinen rein internen Vorgang dar,
sondern geht auf eine nach außen gerichtete und rechtlich wirkende Erklärung zurück.
Maßgeblich für die Bewertung der rechtlichen Qualität der Erklärung ist die
Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen dem Nutzer der Plattform und der
Betreiberin. Die bei der Erstellung des Kontos eingegebenen Daten bilden die
Voraussetzung für die Teilnahme an der mit Hilfe elektronischer
Datenverarbeitungsprozesse betriebenen Plattform. Auch wenn die Verkaufsplattform in
erster Linie auf den Abschluss von Verträgen der Mitglieder untereinander ausgerichtet
ist, kommt mit der Anmeldung unter Zugrundelegung der AGB zwischen dem Mitglied
und eBay ein sog. Nutzungsvertrag zustande, der rechtliche Wirkungen entfaltet (so
auch Jahn aaO. S. 663). Die Unentgeltlichkeit der Mitgliedschaft (und auch der
anschließenden Nutzung für Privatkäufer) steht dem nicht entgegen, da Entgeltlichkeit
keine notwendige Voraussetzung für vertragliche Beziehungen mit entsprechenden
Rechten und Pflichten ist (vgl. §§ 662 ff; 688, 690 BGB). Schon die Verwendung von AGB
im Verhältnis zwischen eBay und dem (künftigen) Nutzer spricht gegen die Annahme,
der Erwerb der „Mitgliedschaft“ stelle einen außerrechtlichen Vorgang dar. Minderjährige
sind als Kontoinhaber ausgeschlossen. EBay übernimmt gegenüber seinem Mitglied die
Verpflichtung, bei Vertragsschluss die Personaldaten der jeweiligen Nutzer mitzuteilen,
um die Durchführung des Vertrages zu gewährleisten. Bei sog. eBay-Agenten soll es
zum Vertragsschluss zwischen den (repräsentierten) Mitgliedern kommen, sodass deren
Identität maßgeblich ist. EBay hat nach der Rechtsprechung bei bekannt gewordenen
Falschanmeldungen Identitätsprüfungspflichten und kann im Rahmen einer
Störerhaftung verpflichtet sein, Vorsorge gegen weitere Rechtsverletzungen zu treffen
(vgl. BGH NJW 2008, 3714; Brandenburgisches OLG NJW-RR 2006, 1193
[„Identitätsdiebstahl“]; vgl. ferner zu wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflichten von
eBay: BGH NJW 2008, 758 [jugendgefährdende Medien]). Die Betreiberin kann überdies –
etwa im Strafverfahren gegenüber den Strafverfolgungsbehörden – gesetzlich zur
Auskunft über Personaldaten ihrer Mitglieder verpflichtet sein. Die rechtliche Wirksamkeit
der Kündigung des Nutzungsvertrages durch eBay (die endgültige „Sperrung“ des
Accounts) bei Verletzung der in den AGB niedergelegten Mitgliedspflichten –
insbesondere bei Umgehung einer zuvor ausgesprochenen Sperrung - ist in der
Rechtsprechung grundsätzlich anerkannt (vgl. KG NJW-RR 2005, 1630, das ausdrücklich
ein „fundamentales und berechtigtes Interesse“ der Betreiberin anerkennt,
Manipulationen des Marktgeschehens zwecks Aufrechterhaltung der Seriosität und
Verlässlichkeit des Handelsgeschehens zu unterbinden). Teilweise wird sogar eine
vertragliche Haftung des Kontoinhabers für die von Dritten vorgenommene
bestimmungswidrige Nutzung des Kontos nach Rechtsscheinsgrundsätzen bejaht (vgl.
die Nachweise bei BGH NJW 2009, 1960, 1961 [Rdn. 19]). Der Inhaber eines
Mitgliedskontos kann unter Umständen bei dessen Nutzung durch Dritte - etwa im Fall
einer Vertrags- oder Schutzrechtsverletzung - in Anspruch genommen werden und muss
sich so behandeln lassen, als ob er selbst gehandelt hätte (vgl. BGH NJW 2009, 1960).
Ungeachtet der Bewertung des einzelnen Falles trägt der Kontoinhaber insoweit
jedenfalls das Prozessrisiko.
Schon diese Aspekte beleuchten, dass die Einrichtung eines Mitgliedskontos rechtliche
Wirkungen entfaltet; sie kann nicht behandelt werden wie etwa Aufzeichnungen, die ein
Verfasser für eine rein interne Verwendung festhält oder die er erkennbar ohne
Eingehung einer rechtlichen Bindung an einen Dritten übermittelt, womit in der Tat keine
unmittelbar rechtserhebliche Erklärung gegeben wäre (vgl. hierzu Erb in MK-StGB, § 269
Rdn. 10). Darüber hinaus bietet die Plattform jedem Mitglied die Möglichkeit, als Anbieter
von Waren und Dienstleistungen tätig zu werden, wodurch es gegenüber der Betreiberin
zur Tragung von Kosten („Provisionen“) verpflichtet sein kann. Für das Einstellen von
Angeboten wird nach den zugrunde liegenden AGB bei Vertragsschluss ebenso eine
Gebühr fällig, wie für weitere Leistungen, die eBay seinen Mitgliedern zur Verfügung
stellt. Das Interesse von eBay an der (richtigen) Identität des einzelnen Mitglieds liegt
insoweit auf der Hand. Auch dieser Umstand lässt erkennen, dass schon der Erwerb der
„Mitgliedschaft“, die Eingehung des entsprechenden Nutzungsvertrages, rechtlich
relevant ist.
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Nach allem unterscheidet sich der vorliegende Fall insbesondere von dem der
Einrichtung eines E-Mail-Accounts bei einem sog. Freemailer, für den vertreten wird,
dass es sich mangels nach außen wirkender Erklärung – im Vergleich zu einer späteren
missbräuchlichen Nutzung des Accounts – zunächst um eine reine
Vorbereitungshandlung handele (vgl. Buggisch NJW 2004, 3521; Weidemann aaO.; zum
Merkmal des Speicherns beim Einrichten eines solchen E-Mail-Accounts vgl. auch
Kindhäuser aaO.; Lackner/Kühl, StGB 26. Aufl., § 269 Rdn. 8).
bb) Die Strafbarkeit scheidet entgegen der Ansicht des OLG Hamm nicht aus, weil es an
der Beweis- und/oder Garantiefunktion der hypothetischen unechten Urkunde fehle. Die
Erklärung über die (vermeintliche) Vertragspartnerschaft des „Z“ war zum Beweis im
Rechtsverkehr bestimmt und geeignet.
Anders als im Fall eines E-Mail-Accounts, der unter Umständen ausschließlich für
Korrespondenz mit (eingeweihten) Bekannten oder für anonyme Gespräche in
Chatrooms verwendet wird (vgl. Buggisch aaO. 3520), steht die Beweisbestimmung hier
nicht in Frage.
Aber auch die Beweiseignung liegt vor. Dem steht nicht entgegen, dass es den Daten an
hinreichender Authentizität fehle, wenn sie ohne Verwendung einer elektronischen
Signatur (dazu näher Radtke ZStW 115 [2003], 26, 38f.; Roßnagel NJW 2003, 469ff.)
gespeichert werden. Die Strafnorm des § 269 StGB misst computerspezifische
Fälschungsvorgänge am Tatbestand der Urkundenfälschung und soll Strafbarkeitslücken
bei manipulativer Nutzung von Datenverarbeitungsprozessen schließen. Allein der
Verzicht auf die bei Urkunden notwendige visuelle Erkennbarkeit der Erklärung
unterscheidet die Vorschrift vom Tatbestand des § 267 StGB (vgl. nur Cramer/Heine
aaO. § 269 Rdn. 2). Der vom OLG Hamm herangezogene Gesichtspunkt einer
elektronischen Signatur betrifft – übertragen auf die Auslegung des § 267 StGB – nicht
die Frage der Beweiseignung, sondern der Beweiskraft. In gleicher Weise wie per
Datensatz versandte elektronische Erklärungen können auch schriftliche Erklärungen
manipuliert werden. hat - bei der Beurteilung der Beweiskraft von E-Mails - zu
Recht gefragt, wie leicht etwa ein Brief oder eine sonstige schriftliche Erklärung gefälscht
werden kann. Insbesondere bei einem Erstkontakt besitze auch eine handschriftliche
Unterschrift keinen wirklichen Authentizitätswert (vgl. Mankowski NJW 2002, 2822, 2824:
„Die Unterschrift eines Unbekannten ist kein Prüfsiegel“). Der 1. Zivilsenat des BGH hat
darauf erkannt, dass die Zugangsdaten eines eBay-Mitglieds als besonderes
Identifikationsmittel gelten. Die Identifikationsfunktion der Zugangsdaten gehe weit über
die Verwendung etwa eines Briefpapiers, eines Namens oder einer Adresse hinaus, bei
denen der Verkehr wisse, dass diese gegebenenfalls von jedermann nachgemacht oder
unberechtigterweise verwendet werden könnten (vgl. BGH NJW 2009, 1960, 1961 [Rdn.
18]). Das Vorhandensein eines technischen Fälschungsschutzes ist deshalb für den
strafrechtlichen Schutz nach § 269 StGB ebenso unerheblich, wie die Verwendung von
Unterschrift und Siegel als Instrumente zur Erschwerung von Nachahmungen bei der
Ausfertigung von Urkunden (vgl. Erb in MK-StGB, § 269 Rdn. 18 m.w.N.). Wie bei § 267
StGB setzt die Beweisfähigkeit nicht mehr voraus, als dass die Daten mitbestimmenden
Einfluss auf die Überzeugungsbildung haben können (vgl. Fischer aaO., § 267 Rdn. 10 mit
weit. Nachw. und zahlreichen Beispielen). So wie bei Schriftstücken keine besondere
Gewährleistung der Authentizität verlangt wird, um diesen Beweisfähigkeit zuzubilligen
(etwa durch Spezialpapier, Farbwahl, Siegel; Beispiele nach Jahn aaO. S. 664), ist dies bei
§ 269 StGB für die entsprechenden Daten vorausgesetzt (zur Strafbarkeit sog. phishing-
mails vgl. Weidemann aaO.; Kindhäuser aaO.; Graf NStZ 2007, 131f.).
Das Bewusstsein der Nutzer und Betreiberin von der fehlenden Verifizierung der Daten
stellt nach Ansicht des Senats diese Auslegung nicht in Frage (so aber Jahn aaO. in
seiner Entschließung, dem OLG Hamm dürfe „trotzdem ... letztlich zuzustimmen“ sein,
weil es nicht Aufgabe des Strafrechts sei, nicht hinreichend gesicherte Geschäftsmodelle
zu schützen). Sicher trifft es zu, dass es eBay in der Hand hätte, durch Nutzung
technischer Möglichkeiten die Identität der Anmeldenden (wenn auch nicht mit letzter
Verlässlichkeit) festzustellen. Immerhin weist die Betreiberin aber explizit darauf hin,
dass ein Datenabgleich mit der SCHUFA vorgenommen wird. Aus Sicht eines
durchschnittlichen Nutzers, der sich der wahren Bedeutung eines solchen Abgleichs für
eine Personenidentifikation regelmäßig nicht bewusst sein wird, spricht dies für eine
erhöhte Sicherheit des Systems, auf die die Betreiberin an mehreren Stellen zudem
ausdrücklich hinweist. Ferner kann der strafrechtliche Schutz im Bereich des § 269 StGB
– ungeachtet dessen, dass nicht nur die vorliegend betroffene Betreiberin eBay, sondern
ein ganzer Wirtschaftszweig von Internet-An-bietern des sog. E-Commerce berührt ist –
ebenso wenig von besonderen technischen Schutzmechanismen abhängig sein, wie im
Bereich der schriftlichen Urkunden nur solche Schriftstücke den Schutz des § 267 StGB
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Bereich der schriftlichen Urkunden nur solche Schriftstücke den Schutz des § 267 StGB
genießen, die gesiegelt sind und persönlich durch Privatsekretäre überbracht werden.
Schließlich schützt die Rechtsordnung grundsätzlich auch unvorsichtige Menschen und
unsichere Geschäftsmodelle. Wird es dem Täter vom Opfer im Einzelfall „leicht
gemacht“, ist dies bei der Strafzumessung zu bedenken.
Eine „urkundengerechte Umsetzung“ – die hypothetische Subsumtion (vgl. nur Fischer
aaO., § 269 Rdn. 2a) - bestätigt diese Überlegungen. Hätte sich der Angeklagte nicht im
Online-Ver-kehr, sondern im realen – „verkörperten“ - Alltag entsprechend verhalten,
läge der Tatbestand des § 267 StGB vor. Man stelle sich vor, anstelle der
Internetplattform eBay gehe es um den Betreiber eines geschlossenen Marktplatzes, zu
dem nur „Mitglieder“ - nach Ausfüllen eines Anmeldeformulars an einer Eintrittspforte
bei Anerkennung entsprechender AGB - unter Aushändigung eines Ansteckers mit
einem Phantasienamen zum wechselseitigen anonymen Handeltreiben zugelassen
werden, und auf dem der Markbetreiber nach Vertragsschluss den Vertragspartnern ihre
wirklichen Personaldaten mitteilt sowie vom Verkäufer eine Provision kassiert. Würde sich
der zuvor wegen bestimmter Vorkommnisse ausgeschlossene Angeklagte unter
Anerkennung entgegenstehender, ihm bekannter AGB die (erneute) Zulassung zu
diesem Marktplatz erschleichen, indem er das Anmeldeformular unter falschem Namen
ausfüllt und mit einer unleserlichen Unterschrift versieht, verneinte man die Strafbarkeit
nicht etwa deshalb, weil der Nachweis seiner Täterschaft schwer ist, etwa weil der
Mitarbeiter des Marktbetreibers, der das Formular entgegennahm und die Plakette
aushändigte, ein schlechtes Gesichtergedächtnis hat, unbekannt verzogen oder gar
verstorben ist. Die Tatsache, dass es bei einem bewusst nicht unterzeichneten
Schriftstück an der urkundlichen Garantiefunktion im Sinne des § 267 StGB fehlt, steht
dem nicht entgegen; denn bei § 269 StGB kommt es auf eine Unterschrift naturgemäß
nicht an (vgl. nur Cramer/Heine aaO. Rdn. 20). Der vorliegende unterscheidet sich von
diesem im realen Leben angesiedelten Fall mit Blick auf die Authentifizierung nicht
entscheidend. Im Gegenteil besteht im Fall der elektronischen Manipulation – sofern der
Täter dem nicht durch technische Maßnahmen bewusst entgegenwirkt - immerhin die
Möglichkeit, über die IP-Adresse des genutzten Rechners eine Spur zum Täter zu
verfolgen, während es im realen Leben an einem solchen konkreten Anknüpfungspunkt
in der Regel von vornherein fehlt.
cc) Der Angeklagte hat auch eine Datenurkunde hergestellt. Beim Anlegen
eines eBay-Accounts unter fremden Personalien wird jedenfalls dann nicht lediglich über
den Namen, sondern über die Identität des Anmeldenden getäuscht, wenn eine solche
Anmeldung zur Umgehung einer zuvor gegen den Täter verhängten „Sperre“ erfolgt
(vgl. Jahn aaO. S. 663). Maßgeblich für die Frage, ob eine bloße Namens- oder eine
Identitätstäuschung vorliegt, ist das – für den Täter erkennbare – Interesse des
Gegenübers im Rechtsverkehr an seiner Identität. Mag es einem Freemailer aufgrund
der Unentgeltlichkeit des Free-Mail-Accounts in der Regel gleichgültig sein, wer unter
welchen Personalien ein solches E-Mail-Konto einrichtet, und soll deshalb in jenem Fall
der Tatbestand des § 269 StGB ausscheiden (vgl. Buggisch NJW 2004, 3521 zu Fn. 24),
so gilt dies angesichts der dargelegten rechtlichen Wirkungen im Verhältnis zwischen der
Betreiberin und dem eBay-Mitglied bei der hier in Rede stehenden Anmeldung nicht.
EBay ist an zutreffenden Personal- und Adressdaten des Anmeldenden erkennbar
interessiert. So kann die Angabe falscher Kontaktdaten gemäß den Vertragsgrundlagen
– nach abgestuften anderen Sanktionen – letztlich zur Kündigung des
Nutzungsvertrages, der sog. Sperrung des Mitgliedskontos führen. Die SCHUFA-Anfrage
bestätigt dieses Interesse. Die Möglichkeit, mehrere Konten einzurichten, führt zu keiner
anderen Bewertung; denn nach den AGB sind die abgefragten Daten in jedem Fall
korrekt einzugeben, und ein Konto soll zudem nicht übertragbar sein.
dd) Der Angeklagte kann auch vorsätzlich und zur Täuschung im Rechtsverkehr
gehandelt haben, wobei es nicht erforderlich wäre, dass er den täuschungsbedingten
Irrtum und das rechtserhebliche Verhalten der Betreiberin anstrebte, sondern es
genügte, dass er dieses im Sinne direkten Vorsatzes als sichere Folge der Täuschung
voraussah (vgl. Fischer aaO., § 269 Rdn. 7 i.V.m. § 267 Rdn. 29f.; Buggisch aaO. S.
3521). Dies und ob der Angeklagte sonst vorsätzlich in Bezug auf alle Merkmale des
Tatbestands handelte, vermag der Senat angesichts des Fehlens jeglicher
Feststellungen zum subjektiven Tatbestand indessen nicht zu entscheiden. Bei der
Beurteilung wird zu bedenken sein, dass nach der Rechtsprechung zu § 267 StGB schon
beim Erschleichen einer dem Täter sonst verwehrten Zugangsberechtigung ein solches
Handeln bejaht werden kann (vgl. BayObLG MDR 1980, 951 zum - bloßen - Zugang zu
einer Spielbank; NStZ-RR 2002, 305, 306 zum Zutritt zu einer Diskothek).
b) Das Landgericht wird genauere Feststellungen zum Anmeldeverfahren und auch dazu
zu treffen haben, ob dem Angeklagten die dargelegten Grundlagen des Geschäfts
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zu treffen haben, ob dem Angeklagten die dargelegten Grundlagen des Geschäfts
bekannt waren. Es hat insbesondere festzustellen, ob der Angeklagte bei der Anmeldung
ein Verfahren genutzt hat, das auch nach der Ansicht des OLG Hamm zur Bejahung des
Tatbestands führte. In diesem Zusammenhang wird es anstelle der wenig klaren
Feststellung, der Angeklagte habe sich „über eine anonymisierte IP-Adresse“
angemeldet, Näheres darlegen können, ob etwa ein Fall des sog. IP-Spoofing (dazu
Rinker MMR 2002, 663) vorlag. Hierbei wird auch zu prüfen sein, ob das vom Angeklagten
konkret angewandte Verfahren Rückschlüsse auf die innere Tatseite zulässt. Ferner hat
das Landgericht zu klären, welche konkrete Fassung der AGB zugrunde gelegt wurde und
ob sich daraus Entscheidungserhebliches ergibt; die AGB der Betreiberin wurden
jedenfalls seit dem 10. September 2006 geändert. Die Kammer wird sich –
gegebenenfalls durch Anhörung einer Auskunftsperson etwa aus der Rechtsabteilung der
Betreiberin – nicht nur zu den vertraglichen Grundlagen, sondern auch mit den Gründen
für das Verhalten des Angeklagten, sich unter falschem Namen anzumelden, befassen
und prüfen müssen, ob dieses seinen Anlass in einem früheren Mitgliedschaftsverhältnis
hatte. Nötig sind aber insbesondere genaue Feststellungen zum subjektiven Tatbestand.
Angesichts der Annahme des Angeklagten, er habe sich nicht strafbar gemacht, werden
auch die Gründe für diese Annahme aufzuklären sein. Möglicherweise wird sich die neu
mit der Sache befasste Kammer mit der Frage beschäftigen müssen, ob der Angeklagte
in dem Glauben handelte, sein Tun sei von vornherein von keinem Straftatbestand
erfasst. Fehlte ihm in diesem Sinne das Bewusstsein Unrecht zu tun, kann die
ungeklärte Rechtslage, die in verschiedenen obergerichtlichen Auffassungen zur
Strafbarkeit der hier in Rede stehenden Handlung ihren Ausdruck findet, bei der Frage
der Vermeidbarkeit eines Verbotsirrtums Bedeutung gewinnen (vgl. hierzu in anderem
Zusammenhang etwa OLG Stuttgart NJW 2008, 243).
Der Senat weist vorsorglich darauf hin, dass die neu erkennende Strafkammer bei der zu
treffenden Kostenentscheidung anders als bisher geschehen auch die Verwerfung der
Berufung der Staatsanwaltschaft zu bedenken haben wird.
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