Urteil des KG Berlin vom 13.03.2017

KG Berlin: feuerwehr, vermieter, auflage, betriebskosten, grundstück, steigerung, brandmeldeanlage, wirtschaftlichkeit, zugang, link

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Gericht:
KG Berlin 12.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
12 U 216/04
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 535 Abs 2 BGB, § 2 BetrKV
Betriebskosten: Darlegung der Gründe hinsichtlich der
Steigerung der Kosten und deren Unvermeidbarkeit
Leitsatz
Sind einzelne Positionen der Betriebskosten (hier: Bewachungskosten und Hauswartkosten)
gegenüber dem Vorjahr jeweils über 10% gestiegen, obliegt es dem Vermieter dafür
nachvollziehbare Gründe anzugeben. Legt der Vermieter die Gründe der Preissteigerung und
deren Unvermeidbarkeit nicht im Einzelnen dar, kann er - wegen Verstoßes gegen den
Grundsatz der Wirtschaftlichkeit - diese Nebenkosten nur in Höhe der im Vorjahr angefallenen
Beträge auf die Mieter umlegen.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten, die im Übrigen zurückgewiesen wird, wird das am 5.
August 2004 verkündete Urteil der Zivilkammer 34 des Landgerichts Berlin - 34 0 630/03
- teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.014,78 € nebst Zinsen in Höhe von
8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 8. Juni 2003 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten der ersten Instanz tragen die Klägerin 78 % und die Beklagte 22 %. Die
Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Klägerin zu 76 % und der Beklagten zu 24 %
zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Berufung ist zulässig und hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Betriebskosten in
Höhe von 2.014,78 € aus § 535 Absatz 2 BGB.
1) Zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass die Betriebskostenabrechnung der
Klägerin für das Jahr 2001 formell nicht zu beanstanden ist. Insbesondere sind die
Flächenangaben nachvollziehbar. Auf die zutreffenden Ausführungen in der
angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen. Die von der Klägerin
zugestandene, auf einem Rechenfehler beruhende unrichtige Flächenangabe von
56.348,214 qm in den Erläuterungen zur Betriebskostenabrechnung 2001 wirkt sich nicht
zu Lasten der Beklagten aus, da die Klägerin ihrer Abrechnung zu Gunsten der Mieter
eine Fläche von 56.463,214 qm zu Grunde gelegt hat, obwohl sich die Fläche tatsächlich
auf 55.636,214 qm verringert hatte. Die weitere, von der Beklagten aufgezeigte
Differenz von 7 qm fällt angesichts der Gesamtgröße des Objektes nicht ins Gewicht.
2) Entgegen den Ausführungen des Landgerichts schuldet die Beklagte die durch die
zusätzlichen Einsätze des Bewachungsunternehmens entstandenen Mehrkosten nicht.
Von der Klageforderung ist deshalb ein Betrag von 2.980,68 € abzuziehen. Die Klägerin
hat schon nicht dargelegt, dass es erforderlich war, die Bewachungszeiten für das
Grundstück ab dem 6. März 2001 auszuweiten.
a) Soweit die Klägerin auf Seite 3 ihres Schriftsatzes vom 20. Februar 2004 insoweit
behauptet, sie habe „von der Feuerwehr die Auflage erhalten, ab dem 1. November
2001 ununterbrochen Zugang zur Brandmeldezentrale zu gewährleisten“, ist dieser
Vortrag unsubstantiiert, da die Klägerin nicht darlegt, wann und in welcher Form die
Feuerwehr ihr diese „Auflage“ gemacht haben soll. Bei der von der Klägerin mit
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Feuerwehr ihr diese „Auflage“ gemacht haben soll. Bei der von der Klägerin mit
Schriftsatz vom 17. Juni 2004 eingereichten Anlage K16 handelt es sich jedenfalls nicht
um eine an die Klägerin gerichtete „Auflage der Feuerwehr“ sondern um die erste Seite
der „Anschlussbedingungen für die Aufschaltung von nichtöffentlichen
Brandmeldeanlagen an die konzessionierte Empfangsanlage in der Leitstelle der Berliner
Feuerwehr“. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Klägerin (auch) im Interesse der
Beklagten eine Brandmeldezentrale betreibt und man des weiteren unterstellt, dass
diese Brandmeldezentrale an die konzessionierte Empfangsanlage in der Leitstelle der
Berliner Feuerwehr angeschlossen ist (die Klägerin selbst hat dies auf Seite 3 ihres
Schriftsatzes vom 17. Juni 2004 ausdrücklich bestritten), folgt aus den vorgenannten
privatrechtlichen Anschlussbedingungen der Berliner Feuerwehr keineswegs die
„Auflage“, das Grundstück ab dem 6. März 2001 rund um die Uhr zu bewachen.
Vielmehr ergibt sich aus diesen Anschlussbedingungen, dass es für den Zugang der
Feuerwehr zu der Brandmeldeanlage ausreicht, ein Schlüsseldepot einzurichten, in dem
der Objektschlüssel für die Feuerwehr hinterlegt ist. Die Kosten für die Einrichtung eines
solchen Schlüsseldepots belaufen sich auf (einmalig) wenige hundert Euro. Warum die
Einrichtung eines Schlüsseldepots vorliegend im Jahr 2001 nicht möglich gewesen sein
soll, hat die Klägerin nicht dargelegt. Dies insbesondere auch deshalb nicht, weil
zwischenzeitlich ein solches Schlüsseldepot unstreitig eingerichtet worden ist.
b) Soweit die Klägerin auf Seite 3 ihres Schriftsatzes vom 20. Februar 2004 vorträgt, die
zusätzliche Bewachung ab März 2001 sei aufgrund „vermehrter Einbrüche“ auf dem
Grundstück erforderlich geworden, ist dieser Vortrag unsubstantiiert und widerspricht
den Ausführungen auf Seite 6 des klägerischen Schriftsatzes vom 21. November 2003,
wonach „der in H. ansässigen Klägerin ... von Einbrüchen nichts bekannt“ sei.
c) Die durch die zusätzliche Bewachung entstandenen Kosten belaufen sich auf
26.315,11 €, auf die Beklagte entfallen hiervon (26.315,11 €: 58.136,097 x 6.585=)
2.980,68 €. Diese sind von der Klageforderung in Abzug zu bringen.
3) Die übrigen Bewachungskosten schuldet die Beklagte nicht in voller Höhe sondern
lediglich in Höhe der im Jahr 2000 angefallenen Kosten. Von der Klageforderung ist
deshalb ein weiterer Betrag von 541,92 € abzuziehen.
a) Sind einzelne Positionen der Betriebskosten gegenüber dem Vorjahr stark gestiegen,
obliegt es dem Vermieter, hierfür nachvollziehbare Gründe anzugeben. Dazu bedarf es
regelmäßig detaillierter Ausführungen, wodurch die Preissteigerung hervorgerufen wurde
und warum er diese Preissteigerung nicht - z. B. durch Beauftragung eines anderen
Unternehmens - vermeiden konnte. Legt der Vermieter dies nicht dar, verstößt er in
Bezug auf diese Betriebskosten gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit (vgl. Wall in
Betriebskostenkommentar, § 2 BetrKV, Nr. 14 Rdnr. 41). Von einem „starken“ Anstieg
ist in der Regel auszugehen, wenn - wie vorliegend - der Anstieg binnen eines Jahres
mehr als 10 % beträgt.
b) Der Vortrag der Klägerin wird den oben dargestellten Anforderungen in Bezug auf den
Anstieg der Bewachungskosten nicht gerecht. Auf Seite 3 Ihres Schriftsatzes vom 9.
März 2005 begründet sie den Anstieg der Bewachungskosten lediglich mit den durch die
Brandmeldeanlage entstandenen zusätzlichen Aufgaben des
Bewachungsunternehmens. Diese Mehrkosten sind aber bereits oben unter Punkt 2
berücksichtigt und „herausgerechnet“ worden. Der verbleibende Anstieg der restlichen
Bewachungskosten um 11,65 % lässt sich mit diesen Mehraufgaben deshalb nicht
rechtfertigen.
c) Die durch die Bewachung im Jahr 2001 gegenüber dem Jahr 2000 entstandenen
Mehrkosten belaufen sich auf 4.748,37 €, auf die Beklagte entfallen hiervon (4.748,37 €:
58.136,097 x 6.585=) 541,92 €. Diese sind von der Klageforderung in Abzug zu bringen.
4) Hinsichtlich der Gartenpflegekosten ist, wie die Beklagte in ihrer
Berufungsbegründungsschrift zutreffend ausführt, ein weiterer Betrag von 378,46 € in
Abzug zu bringen. Die Klägerin ist diesen Ausführungen der Beklagten nicht
entgegengetreten.
5) Entgegen den Ausführungen des Landgerichts schuldet die Beklagte die
Hauswartskosten nicht in voller Höhe sondern lediglich in Höhe der im Jahr 2000
angefallenen Kosten. Von der Klageforderung ist deshalb ein weiterer Betrag von
1.588,78 € abzuziehen.
a) Auf die obigen Ausführungen unter 3) a) wird Bezug genommen. In Fällen eines
Preisanstiegs von mehr als 50 % obliegt es dem Vermieter aber regelmäßig, darzulegen,
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Preisanstiegs von mehr als 50 % obliegt es dem Vermieter aber regelmäßig, darzulegen,
welche Preisverhandlungen er mit dem für das Vorjahr beauftragten Unternehmen im
Einzelnen geführt hat und welche Anstrengungen er konkret unternommen hat, einen
anderen, günstigeren Unternehmer für die zu vergebenden Tätigkeiten zu finden.
b) Der Vortrag der Klägerin wird diesen Anforderungen in Bezug auf den Anstieg der
Hauswartskosten nicht gerecht. Der Anstieg dieser Position beträgt 69 %. Es reicht
deshalb nicht aus, wenn die Klägerin diesen Anstieg damit begründet, der
Leistungsträger habe im Jahr 2001 eine Anpassung gefordert, die für sie, die Klägerin,
unumgänglich gewesen sei. Auch die Behauptung der Klägerin, sie habe die
Hauswartskosten im Jahr 2000 besonders niedrig gehalten, die für das Jahr 2001
geforderten (und gezahlten) Beträge lägen unter Marktniveau, kann den ganz
erheblichen Anstieg nicht nachvollziehbar erklären. Insbesondere ist diesem Vortrag
nicht zu entnehmen, was die Klägerin konkret unternommen hat, um diese
Preissteigerung (zumindest zum Teil) zu vermeiden.
c) Die durch die Hauswartstätigkeit im Jahr 2001 gegenüber dem Jahr 2000
entstandenen Mehrkosten belaufen sich auf [(2.861,21 € - 1.692,32 €) * 12=] 14.026,68
€, auf die Beklagte entfallen hiervon (14.026,68 €: 58.136,097 x 6.585=) 1.588,78 €.
Diese sind von der Klageforderung in Abzug zu bringen.
6) Von der Klageforderung sind deshalb die folgenden Positionen in Abzug zu bringen:
Zieht man diesen Betrag von der Klageforderung ab, verbleiben zu Gunsten der Klägerin
2.014,78 €.
7) Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Absatz 1 ZPO. Die weiteren prozessualen
Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO i.V.m § 26 Nr. 8 EGZPO.
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