Urteil des KG Berlin vom 13.03.2017

KG Berlin: fahrzeug, unfall, fahrstreifen, beweislast, farbe, beweismittel, einzahlung, beweisergebnis, link, sammlung

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Gericht:
KG Berlin 12.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
12 U 166/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 296 Abs 2 ZPO, § 356 ZPO, §
379 ZPO, § 531 Abs 1 ZPO
Beweisaufnahme: Ausschluss eines Zeugen bei unterbliebener
Ladung wegen Versäumung einer gesetzten Beibringungsfrist;
Unterlassung der Zeugenvernehmung wegen Nichtzahlung des
Vorschusses als Zurückweisung wegen Verspätung
Leitsatz
Zwar führt das Versäumen einer nach § 379 ZPO gesetzten Frist zum Unterbleiben der
Ladung des Zeugen; eine Partei kann mit dem Beweismittel ohne erneute Fristsetzung
gemäß § 356 ZPO aber nur ausgeschlossen werden, wenn die Voraussetzungen des § 296
Abs. 2 ZPO vorliegen.
Unterlässt das Gericht die Vernehmung eines Zeugen wegen Nichteinzahlung des
Vorschusses, so liegt darin keine Zurückweisung im Sinne der §§ 296, 531 Abs. 1 ZPO.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 4. August 2005 verkündete Urteil der
Zivilkammer 17 des Landgerichts Berlin – 17 O 521/04 - wird auf seine Kosten
zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
A.
Im Ergebnis geht das Landgericht zu Recht davon aus, dass der Kläger den von ihm
behaupteten Unfallhergang nicht bewiesen hat.
1. Allerdings hat das Landgericht die Vernehmung der Zeugen zu Unrecht unter Hinweis
auf die fehlende Einzahlung des unter Fristsetzung erforderten Vorschusses unterlassen.
Zwar führt die Versäumung einer gemäß § 379 ZPO gesetzten Frist zum Unterbleiben
der Ladung der Zeugen, die Partei kann mit dem Beweismittel ohne erneute
Fristsetzung gemäß § 356 ZPO aber nur ausgeschlossen werden, wenn die
Voraussetzungen des § 296 Absatz 2 ZPO vorliegen (Thomas/Putzo, ZPO, 27. Auflage, §
379 Rdnr. 6. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen, insbesondere das Vorliegen einer
groben Nachlässigkeit, hat das Landgericht aber nicht einmal im Ansatz geprüft.
Unterlässt ein Gericht die Vernehmung eines Zeugen wegen Nichteinzahlung, so liegt
darin keine Zurückweisung im Sinne der §§ 296, 531 Abs. 1 ZPO (BGH, NJW 1980, 343.
Die Beweisaufnahme war deshalb – nach Einzahlung des Vorschusses – im zweiten
Rechtszug nachzuholen.
2. Wegen der Voraussetzungen, unter denen eine Haftung der Beklagten vorliegend in
Betracht kommt, wird auf die zutreffenden Ausführungen auf den Seiten 6 und 7 der
angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Da die Fahrzeuge sich nicht berührt
haben, hat der Kläger den Zurechnungszusammenhang zwischen dem Betrieb des vom
Beklagten zu 2) geführten Kraftfahrzeugs und seinem Schaden darzulegen und zu
beweisen; Zweifel an der Ursächlichkeit gehen zu seinen Lasten (Senat, KGR 1998, 209).
Entgegen der Ansicht des Klägers auf Seite 2 der Berufungsbegründungsschrift hat das
Landgericht mithin die Beweislast nicht verkannt.
Da der Beklagte zu 2) unstreitig zunächst ordnungsgemäß im Bereich des
Mittelstreifendurchbruchs angehalten hatte, oblag dem Kläger der Beweis für seine
Behauptung, der Beklagte zu 2) sei noch vor Aufleuchten des für ihn geltenden
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Behauptung, der Beklagte zu 2) sei noch vor Aufleuchten des für ihn geltenden
Linksabbiegerräumungspfeils erneut an- und in den Fahrstreifen des Zeugen S. Ö.
eingefahren. Nach dem Ergebnis der im zweiten Rechtszug durchgeführten
Beweisaufnahme steht die Richtigkeit dieser Behauptung nicht zur vollen Überzeugung
des Gerichtes fest.
Einerseits haben die vom Kläger benannten Zeugen S. Ö. und T. I. dessen im Termin zur
mündlichen Verhandlung vor dem Senat in wesentlichen Punkten geänderte
Unfallschilderung im Grundsatz bestätigt, auf der anderen Seite haben der persönlich
gehörte Beklagte zu 2) und die Zeugin H. P. im wesentlichen den Vortrag der Beklagten
bestätigt. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, den Zeugen des Klägers mehr Glauben zu
schenken als den Angaben des Beklagten zu 2) und der Zeugin P.. Der Zeuge Ö. und
der Beklagte zu 2) sind als Unfallfahrer am Ausgang des Prozesses interessiert, die
Zeugen I. und P. stehen aufgrund ihrer Nähe zu dem jeweiligen Fahrer der
Unfallgeschehen nicht neutral gegenüber. Dieses „non liquet“ geht aufgrund der dem
Kläger voll obliegenden Beweislast zu dessen Lasten.
Der Senat nicht mit der hierfür erforderlichen Wahrscheinlichkeit davon überzeugt, dass
der Beklagte zu 2) noch vor Aufleuchten des für ihn geltenden
Linksabbiegerräumungspfeils erneut an- und in den Fahrstreifen des klägerischen
Fahrzeuges eingefahren ist. Zu Berücksichtigen waren hierbei auch die Ungenauigkeiten
bzw. Widersprüche der klägerischen Zeugen im Hinblick auf das Fahrverhalten des
Beklagten zu 2).
In der polizeilichen Unfallaufnahme ist als Aussage des Zeugen Ö. wiedergegeben: „Ich
hatte grün und der andere fuhr an , da habe ich mich erschreckt...“ Vor dem Senat hat
der Zeuge Ö. dagegen ausgesagt, zur Fahrweise des Beklagten zu 2) nichts sagen zu
können; er, Ö., sei schon fast auf der Kreuzung gewesen, als er das Fahrzeug des
Beklagten zu 2) das erste Mal gesehen habe. Das Fahrzeug sei nach vorne gerollt und
habe dann zur Hälfte in seiner Fahrspur gestanden. Er, Ö., glaube nicht, dass noch
andere Fahrzeuge wie der Beklagte zu 2) nach links abbiegen wollten.
Der Zeuge I. hat in seiner Vernehmung vom 4. Mai 2004 gab er gegenüber der Polizei
angegeben, der Beklagte habe sich „mehrmals langsam vorgetastet“ und sei immer
weiter in die Spur des Klägerischen Fahrzeugs eingefahren. In seiner Vernehmung vor
dem Senat hat der Zeuge dagegen ausgesagt, der Beklagte zu 2) sei plötzlich
„rausgefahren“.
In seiner Vernehmung vom 4. Mai 2004 hat der Zeuge I. ausgesagt, neben dem
Beklagten zu 2) habe sich eine weiterer Abbieger befunden, dieser sei aber stehen
geblieben, in seiner Vernehmung vor dem Senat konnte sich der Zeuge I. trotz
Nachfrage an dieses zweite Fahrzeug nicht mehr erinnern. Die Farbe des unstreitig roten
Fahrzeuges des Beklagten zu 2) gab der Zeuge I. mit „eine dunkle Farbe, blau oder
schwarz“ an.
Der Beklagte zu 2) hat dagegen den schriftsätzlichen Beklagtenvortrag in seiner
detailreichen Aussage bestätigt; er hat – anders als der Kläger – seinen Vortrag im Laufe
des Verfahrens nicht geändert. Die Zeugin P., die den Unfall selbst nicht gesehen hat,
hat die Aussage des Beklagten zu 2) zum Geschehen nach dem Unfall im Wesentlichen
bestätigt; in Bezug auf den Zeitpunkt ihres Eintreffens am Unfallort entspricht ihre
Aussage der ursprünglichen Bekundung des Beklagten zu 2). Das Gericht verkennt nicht,
dass die spätere Aussage des Beklagten zu 2) zum zeitlichen Ablauf hiervon abweicht.
Dies reicht dem Senat aber nicht aus, um das Beweisergebnis zugunsten des Klägers zu
werten.
B.
Ergänzend ist der Kläger darauf hinzuweisen, dass sich aus der Aussage des Zeugen S.
Ö. („ Am Unfalltag war es glatt ..... ich selbst bin 40 – 45 km/h gefahren“) ergibt, dass
dieser seine Fahrweise nicht der am Unfalltag herrschenden Glätte angepasst hatte. Aus
diesem Grund hätte der Kläger zumindest 50% seines Schadens auch dann selbst
tragen müssen, wenn er den ihm obliegenden Beweis der Unfallursächlichkeit der
Fahrweise des Beklagten zu 2) geführt hätte.
C.
Die Revision war nicht zuzulassen, da weder die Sache grundsätzliche Bedeutung hat,
noch eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Rechtsfortbildung oder zur Sicherung
einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (§ 543 Absatz 1 Nr.1, Absatz 2 ZPO n.
F.). Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Absatz 1 ZPO. Die weiteren prozessualen
F.). Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Absatz 1 ZPO. Die weiteren prozessualen
Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO i. V. m § 26 Nr. 8 EGZPO.
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