Urteil des KG Berlin vom 13.03.2017
KG Berlin: wichtiger grund, schweigen, verweigerung, untermieter, angemessene frist, vermieter, kündigung, mietvertrag, auflage, geschäftsführer
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Gericht:
KG Berlin 8. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
8 U 34/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 540 Abs 1 S 2 BGB
Gewerberaummiete: Verweigerung der
Untervermietungserlaubnis durch Schweigen des Vermieters auf
eine vom Mieter gesetzte Frist
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 19.Juni 2006 verkündete Teilurteil der
Zivilkammer 12 des Landgerichts Berlin wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe
des vollstreckbaren Betrages zuzüglich 10 % abwenden, wenn nicht der Kläger vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Berufung der Beklagten richtet sich gegen das am 19. Juni 2006 verkündete Teilurteil
der Zivilkammer 12 des Landgerichts Berlin, soweit die Widerklage abgewiesen worden
ist. Auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Die Beklagte trägt zur Begründung der Berufung vor:
Das Landgericht sei unzutreffend davon ausgegangen, dass das Schweigen des Klägers
auf die Anfrage der Beklagten auf Erteilung einer Erlaubnis zur Untervermietung nicht als
Verweigerung der Erlaubniserteilung zu werten sei. Die Rechtsansicht des Landgerichts,
dass der Kündigung eine Androhung hätte vorausgehen und erklärt werden müssen,
dass die Untätigkeit als Schweigen gewertet werde, sei rechtsfehlerhaft und stehe nicht
in Übereinstimmung mit der einschlägigen Rechtsprechung. Soweit das Landgericht sich
auf die Entscheidung des OLG Koblenz (WuM 2001, 272) berufe, habe in diesem Falle der
Mieter ohne Benennung eines Untermieters um die Erlaubniserteilung gebeten und das
Schweigen des Vermieters sei dann nicht als Verweigerung der Erlaubnis gewertet
worden. Vorliegend sei aber der Untermieter namentlich sowie unter Nennung seiner
Anschrift und seines Berufes benannt worden. Damit seien dem Kläger sämtliche
relevanten Personendaten bekannt gewesen, die erforderlich gewesen seien, um
festzustellen, ob ein wichtiger Grund zur Ablehnung vorliege. Eine unterlassene
Beantwortung einer konkreten Frage mit Benennung des Dritten stelle eine generelle
Erlaubnisverweigerung dar, wenn zur Beantwortung eine angemessene Frist gesetzt
werde.
Soweit das Landgericht aus der zuvor an den Untermieter F. für einen anderen
Nutzungszweck erteilten Untermietserlaubnis geschlussfolgert habe, dass die Beklagte
das Schweigen nicht als Verweigerung hätte auffassen können, sei dem nicht zu folgen.
Die Zusatzvereinbarung der Parteien vom 08. Januar 2006 im Zusammenhang mit der
Untervermietung an F. sei aufgehoben worden, so dass nur noch die nach dem
Mietvertrag vereinbarte Nutzungsart in Betracht gekommen wäre. Bereits aus der
Angabe des Berufungsbildes des potentiellen Untermieters (Fliesenlegemeister) habe
der Kläger die beabsichtigte Nutzung entnehmen können.
Der Entscheidung des OLG Köln (WuM 2000, 597) lasse sich nicht entnehmen, dass in
jedem Falle vor Ausspruch der Kündigung eine Ankündigung des Mieters, das Schweigen
des Vermieters werde als Verweigerung gewertet, zu verlangen sei.
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Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des Teilurteils des Landgerichts Berlin vom 15. Januar 2007 -
12 O 65/06 - festzustellen, dass das Gewerbemietverhältnis vom 18.12.1997 durch die
Kündigung vom 19.06.2006, zugegangen am 21.06.2006, zum 31.12.2006 beendet
wurde und über den 31.12.2006 hinaus nicht fortbesteht.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger hält das landgerichtliche Urteil für zutreffend und trägt ergänzend vor:
Das bloße Schweigen des Klägers auf die Anfrage zur Untervermietung könne nicht als
Verweigerung gewertet werden. Der Kläger habe bereits kurz nach der Anfrage der
Beklagten vom 02. Mai 2006 gegenüber dem Geschäftsführer der Beklagten erklärt,
dass eine generelle Untermietserlaubnis erteilt werde. Er, der Kläger, habe noch
Auskunft über die vom vorgeschlagenen Untermieter G. beabsichtigte Art und Weise der
Nutzung der Scheune verlangt. Dem sei die Beklagte aber nicht nachgekommen. Das
Schreiben des Klägers vom 17. Juni 2006 sei eine Reaktion auf die Untätigkeit der
Beklagten gewesen. Der Kläger habe Anspruch auf die verlangte Information gehabt.
Denn die gewerbliche Nutzung des Objekts durch einen Dritten sei für den Vermieter von
Wichtigkeit. Dies treffe vorliegend besonders zu, weil bereits zuvor das Objekt zu gänzlich
anderen Nutzungszwecken als im Hauptmietverhältnis hätte untervermietet werden
sollen. Der Untermieter F. habe die Scheune als Getränkeverkaufsraum und das
Quergebäude als Frisierraum und zum Betrieb eines Pizza–Lieferservices genutzt bzw.
nutzen wollen. Durch den Untermieter F. seien umfangreiche Umbauarbeiten begonnen,
aber nicht vollendet worden. Auch die weitere Anfrage zur Untervermietung an einen
Herrn B. vom 27. März 2006 habe keine Angaben zur Nutzungsart enthalten. Die vom
Kläger seinerzeit gestellte Frage nach der Art und Weise der Nutzung habe die Beklagte
ebenfalls unbeantwortet gelassen. Auf die gleiche Weise sei auch vorliegend verfahren
worden.
Die im Schreiben vom 19. Mai 2006 ausgesprochene Kündigung sei zudem treuwidrig.
Zu diesem Zeitpunkt habe die Beklagte bereits das Schreiben des Klägers vom 17. Juni
2006 gekannt, das auch an diesem Tage zur Post gegeben worden sei. Im Übrigen sei
das Recht zur Kündigung bereits verwirkt gewesen. Im Schreiben vom 02. Mai 2006 habe
die Beklagte eine Frist von 10 Tagen gesetzt und die Kündigung erst nach 6 Wochen
ausgesprochen.
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.
Das Landgericht hat die Widerklage zu Recht abgewiesen. Das Mietverhältnis der
Parteien ist durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 20. Juni 2006 nicht
beendet worden. Der Beklagten stand ein Sonderkündigungsrecht aus § 540 Abs. 1 Satz
2 BGB nicht zu.
Gemäß § 540 Abs. 1 Satz 2 BGB kann der Mieter das Mietverhältnis kündigen, wenn der
Vermieter die Erlaubnis zur Untervermietung verweigert, sofern nicht in der Person des
Dritten ein wichtiger Grund vorliegt. Das Kündigungsrecht setzt zunächst voraus, dass
der Mieter um die Erteilung der Erlaubnis nachsucht; hierbei muss die Person des
Untermieters namentlich benannt werden. Auf Verlangen des Vermieters muss der
Mieter auch diejenigen Daten mitteilen, die der Vermieter braucht um festzustellen, ob
in der Person des Dritten ein wichtiger Grund vorliegt. Im Allgemeinen müssen in Fällen
der vorliegenden Art sowohl personenbezogene als auch vertragsbezogene Daten
mitgeteilt werden. Hierzu gehören an personenbezogenen Daten der Name des
Untermieters, dessen Anschrift und dessen Beruf und an vertragsbezogenen Daten sind
die vom Untermieter beabsichtigte Nutzungsart der Räume, die Höhe des
Untermietzinses und die Laufzeit des Untermietvertrages mitzuteilen. Je nach den
Umständen des Einzelfalles können weitergehende oder geringere Anforderungen an die
Informationspflicht gestellt werden (Schmidt/Futterer/Blank, Mietrecht. 9. Auflage, § 540
BGB, Rdnr. 67; vgl. BGH Urteil vom 15. November 2006 - XII ZR 92/04, GE 2007, 142 =
ZMR 2007,184)
Weiter ist erforderlich, dass der Vermieter die Erlaubnis verweigert hat. Hiervon ist
auszugehen, wenn sich der Vermieter entsprechend erklärt. Streitig ist, ob eine
Verweigerung angenommen werden kann, wenn der Vermieter eine Anfrage des Mieters
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Verweigerung angenommen werden kann, wenn der Vermieter eine Anfrage des Mieters
nicht innerhalb einer gesetzten Frist oder angemessenen Frist beantwortet
(Schmidt/Futterer/Blank, a.a.O., § 540 BGB, Rdnr. 69 mit Rechtsprechungsnachweisen).
In der Rechtsprechung und Literatur wird die Ansicht vertreten, dass der Vermieter die
Erlaubnis auch dann verweigert oder die Erlaubnis als verweigert gilt, wenn er sich nicht
innerhalb einer vom Mieter gesetzten Frist äußert, obwohl der Mieter einen konkreten
Untermietinteressenten benennt (LG Berlin GE 1998,1396; OLG Hamm OLGR 1992,275;
LG Berlin GE 2006,1405; OLG Koblenz WuM 2001,272 = GE 2001,769; vgl. auch
Palandt/Weidenkaff, BGB, 66. Auflage, § 540 BGB, Rdnr. 11; Bub/Treier/Kraemer,
Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Auflage, III. B, Rdnr. 1262;
Kinne/Schach/Bieber, Miet- und Mietprozessrecht, 4. Auflage, § 540 BGB, Rdnr. 11).
Dieser Auffassung hat sich das OLG Köln jedenfalls für den Fall angeschlossen, in dem
der Mieter den Zugang des Fristsetzungsschreibens mit Einschreiben/Rückschein sicher
gestellt hat, in dem Schreiben einen konkreten Untermieter mit Namen und Anschrift
und
hat, dass er ein Schweigen des Vermieters innerhalb der gesetzten Frist als
Verweigerung der Zustimmung werten werde. Jedenfalls unter diesen Voraussetzungen
kommt dem Schweigen des Vermieters Erklärungswert zu (OLG Köln WuM 2000,597 =
ZMR 2001,186).
Für den vorliegenden besonderen Einzelfall geht auch der Senat davon aus, dass das
bloße Schweigen nicht als Verweigerung der Erlaubnis gewertet werden kann. Insoweit
schließt sich der Senat den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts auf Seite 5/6
des Urteils an. Ergänzend ist Folgendes auszuführen:
Nach dem schriftlichen Mietvertrag vom 18. Dezember 1997 sind die Räume „zum
Betrieb eines Fliesen- und Ofenbaugeschäftes„ an die Beklagte vermietet worden. Damit
ist der Vertragszweck genau umrissen. Der Kläger war daher zur Erteilung der
Untermietserlaubnis nur verpflichtet, wenn mit der Absicht der Untervermietung eine
nicht unwesentliche Änderung des Vertragszwecks, insbesondere eine einseitige
Änderung der vertraglich vereinbarten Nutzungsart verbunden ist (vgl. OLG Köln OLGR
1997,18 = WuM 1997, 620). Vorliegend hatte der Kläger eine Erlaubnis zur
Untervermietung für die Untervermietung an einen Herrn W. F. zur Nutzung der Scheune
als Getränkeverkaufsraum und des Quergebäudes als Frisierraum und Pizza-
Lieferservice gestattet. In diesem Zusammenhang schlossen die Parteien unter dem 08.
Januar 2005 eine Zusatzvereinbarung zum Mietvertrag, die zugleich eine Vereinbarung
zur Durchführung von Umbaumaßnahmen durch die Beklagte – für die Untervermietung
– enthielt. Der Kläger wäre wegen der Änderung der Nutzungsart nicht verpflichtet
gewesen, die Erlaubnis für die Untervermietung zu erteilen. Dennoch erteilte der Kläger
diese und stimmte sogar dem Umbau des Mietobjektes für die vom Untermieter
beabsichtigte andere Nutzungsart zu. Daraus war für die Beklagte ersichtlich, dass der
Kläger einer Untervermietung grundsätzlich positiv gegenüber stand. Auch die weitere
Anfrage zur Erteilung der Erlaubnis zur Untervermietung an einen Herrn B. mit Schreiben
vom 27. März 2006 lehnte der Kläger nicht ab, sondern suchte um Auskunft über die
beabsichtigte Nutzungsart nach, wobei die Nachfrage von der Beklagten unbeantwortet
blieb. Die Beklagte konnte aus dem vorangegangenen Verhalten des Klägers
entnehmen, dass dieser die Erlaubnis zur Untervermietung grundsätzlich – nach Prüfung
des in Aussicht genommenen Untervermieters und der beabsichtigten Nutzungsart –
erteilen würde. Hier ist auch zu berücksichtigen, dass sich der Geschäftsführer der
Beklagten und der Klägers seit 50 Jahren persönlich kennen und der Geschäftsführer der
Beklagten das Mietobjekt seit 1987 nutzt – wie der Prozessbevollmächtigte des Klägers
in der mündlichen Verhandlung unbestritten vorgetragen hat - und im Jahre 1997 der
Mietvertrag mit der beklagten GmbH geschlossen worden ist. Gerade bei einem solchen
langfristigen Dauerschuldverhältnis sind bei der Ausübung der Rechte einer Partei auch
die Interessen und der erkennbare Wille der anderen Partei zu berücksichtigen. Daher
kann aus dem bloßen Schweigen des Klägers auf das Schreiben vom 02. Mai 2006 der
Beklagten nicht auf eine Verweigerung der Erlaubnis geschlossen werden. Jedenfalls
hätte in diesem Schreiben mitgeteilt werden müssen, dass das Schweigen des Klägers
innerhalb der gesetzten Frist als Verweigerung der Erlaubnis gewertet werde (vgl. so
auch OLG Köln WuM 2000,597). Im Hinblick auf die vorangegangene Anfrage des Klägers
zur beabsichtigten Nutzungsart für den in Aussicht genommenen Untermieter B. war der
Beklagten auch bekannt, dass der Kläger im Rahmen der Prüfung der Erlaubniserteilung
neben den im Schreiben vom 02.Mai 2006 aufgeführten personenbezogenen Daten
weitere Informationen über vertragsbezogene Daten – nämlich die beabsichtigte
Nutzungsart - wünschte. Dies auch deswegen, weil bezüglich des Untermieters F. eine
völlig andere als die im Mietvertrag vereinbarte Nutzungsart angedacht war. Daher hätte
der Beklagte in diesem Schreiben die beabsichtigte Nutzungsart mitteilen müssen. Das
beabsichtigte Gewerbe ist für den Vermieter oder auch andere Mieter von Wichtigkeit
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beabsichtigte Gewerbe ist für den Vermieter oder auch andere Mieter von Wichtigkeit
(Münchener Kommentar/Schilling, BGB, 4. Auflage, § 540 BGB, Rdnr. 22; vgl. BGH Urteil
vom 15. November 2006 - XII ZR 92/04, a.a.O.). Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend,
dass der Kläger aus der Angabe des Berufes des beabsichtigten Untermieters, nämlich
Fliesenlegemeister, die beabsichtigte Nutzungsart habe entnehmen können. Aus der
Berufungsbezeichnung ergibt sich nicht, dass die Räume auch für die Ausübung dieses
Gewerbes genutzt werden sollten. Für die Entscheidung kann daher dahin gestellt
bleiben, ob der Kläger bereits kurze Zeit nach Erhalt des Schreibens vom 02.Mai 2006
bei der Beklagte bezüglich der Nutzungsart nachgefragt hat. Denn im Hinblick auf das
vorangegangene Verhalten des Klägers im Zusammenhang mit den bisherigen
Untervermietungen war der Beklagten bekannt, dass der Kläger berechtigt eine solche
Information für die Prüfung der Erlaubniserteilung verlangt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision zum
Bundesgerichtshof wird nicht zugelassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche
Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Nr.
1und 2 ZPO).
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