Urteil des KG Berlin vom 18.03.2008

KG Berlin: juristische person, vergleich, geschäftsführung, rechtsgeschäft, treuepflicht, publikumsgesellschaft, aktiengesellschaft, gesellschaftsvertrag, tochtergesellschaft, mehrbelastung

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Gericht:
KG Berlin 23.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
23 U 95/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 47 Abs 4 S 2 GmbHG, § 136
Abs 1 S 1 AktG
Publikumskommanditgesellschaft: Analoge Anwendung der
Regelung des GmbHG über den Stimmrechtsausschluss
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 18.3.2008 verkündete Urteil des
Landgerichts Berlin - Geschäftsnummer 102 O 199/07 - abgeändert und die Klage
abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung gegen
Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des nach dem Urteil zu vollstreckenden
Betrages zuzüglich 15 % abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung
Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 15 % leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin beteiligte sich im Jahre 1998 an der Beklagten, einem Publikumsfonds („L. -
F.. . “), deren eine Objektgesellschaft, die B... I... B... mbH & Co. M... P... KG im Jahr 1997
Erbbaurechte an Wohnblöcken in B... -M... erworben haben sollte, die dann durch
weiteren Vertrag von dem ursprünglichen Erbbaurechtsbesteller, der
Wohnungsbaugesellschaft M... mbH (im Folgenden: W. M...), gegen Zahlung von
garantierten Festbeträgen auf eigene Rechnung verwaltet werden sollten. Im Jahre 2005
entstanden Zweifel an der Wirksamkeit des Gesamtvertragswerkes, die bei Nichtigkeit zu
einer Rückabwicklung der Erbbaurechtsverträge hätten führen können. Insoweit war
unklar, ob und in welcher Höhe Rückforderungsansprüche der Objektgesellschaft wegen
des bezahlten Kaufpreises und wegen aufgewendeter Sanierungskosten bestanden.
In der Folgezeit wurden lange Verhandlungen zwischen den Beteiligten geführt. Dabei
war das Land Berlin aufgrund von Beteiligungsverhältnissen auf beiden Seiten tangiert:
Die W. M..., ursprünglich eine landeseigene Wohnungsbaugesellschaft, befand sich im
Jahre 2007 zu fast 100 % im Eigentum der D... AG, die wiederum eine Gesellschaft des
L... B... ist. Zum gleichen Zeitpunkt hielt die F... . ... GmbH (im Folgenden: F... GmbH) als
Treuhänderin 13,4 % der Kommanditanteile an der Beklagten, und zwar für die L..
Finanzbeteiligungs- und Verwaltungs GmbH (im Folgenden: L.. GmbH) als Treugeberin,
einer Tochtergesellschaft der B. B... I... H... GmbH, die wiederum im Eigentum des L...
B... steht. Die L.. hatte zuletzt sämtliche Garantien betreffend die sich aus dem Geschäft
der Beklagten ergebenden Risiken übernommen.
Im Sommer 2007 verständigten sich u.a. die Objektgesellschaft der Beklagten und die
W. M... auf eine Rückabwicklung der Erbbaurechtsverträge gegen Zahlung von 22,12 Mio.
EUR durch letztere an die Objektgesellschaft, wobei die Maximalforderung der Beklagten
ursprünglich bei 28,732 Mio. EUR (vgl. I/135) gegenüber einem Anerkenntnis der W. M...
in Höhe von 12,497 Mio. EUR gelegen hatte. Durch Gesellschafterbeschluss sollte die
Geschäftsführung der Beklagten ermächtigt werden, den entsprechenden Vergleich als
geschäftsführender Kommanditist der Objektgesellschaft abzuschließen.
Im vorliegenden Rechtsstreit begehrt die Klägerin die Feststellung der Unwirksamkeit des
in der Versammlung vom 25.07.207 zu TOP 5 gefassten entsprechenden Beschlusses.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, da aufgrund analoger Anwendung von § 47
Absatz 4 Satz 2 GmbHG die F... GmbH nicht habe abstimmen dürfen, sondern einem
Stimmrechtsverbot unterlegen sei, da der Beschluss ein Rechtsgeschäft der Beklagten
mit einem ihrer Gesellschafter betroffen habe. Mithin sei bei Nichtberücksichtigung der
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mit einem ihrer Gesellschafter betroffen habe. Mithin sei bei Nichtberücksichtigung der
Stimmen der F... GmbH die erforderliche ¾-Mehrheit nicht erreicht worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Tatbestandes einschließlich der dort gestellten
Anträge und der Entscheidungsgründe wird auf den Inhalt des angefochtenen Urteils
Bezug genommen.
Mit ihrer Berufung rügt die Beklagte, dass das Landgericht zu Unrecht die Regelungen
aus dem GmbHG herangezogen habe, zumal das Stimmrechtsverbot in § 47 Absatz 4
Satz 2 GmbHG nicht zum gemeinsamen Kern der Stimmverbote gehöre, sondern nur
für GmbH und Verein (§ 34 BGB) gelte, nicht aber für die AG (§ 136 Absatz 1 Satz 1
AktG) und die Genossenschaft (§ 43 Absatz 6 GenG).
Maßgebend seien insoweit vielmehr die Vorschriften des AktG, da eine Publikums-KG in
ihrer Realstruktur mit der Aktiengesellschaft vergleichbar sei; auch der
Bundesgerichtshof habe in BGHZ 155, 121 ff. aktienrechtliche Bestimmungen auf
Publikumsgesellschaften angewandt. § 136 Absatz 1 AktG enthalte gerade kein
Stimmrechtsverbot für Rechtsgeschäfte der Gesellschaft mit einem Gesellschafter.
Selbst wenn man § 47 Absatz 4 Satz 2 GmbHG analog anwenden würde, habe das
Landgericht zu Unrecht die Voraussetzungen dieser Norm bejaht. Weder habe der
Beschluss ein Rechtsgeschäft der Beklagten, sondern das einer Tochtergesellschaft
betroffen, noch habe es sich um ein Rechtsgeschäft mit einem Gesellschafter gehandelt,
da die F... GmbH und die WBG M... nicht gleichgesetzt werden könnten. Die beiden
Gesellschaften bildeten keinen Konzern, und das Land Berlin übe auch keine einheitliche
Leitung aus, sondern der Vorstand der D... AG leite diese Gesellschaft und damit
mittelbar auch die W. M... GmbH in eigener Verantwortung. Dies ergebe sich auch
daraus, dass - insoweit zwischen den Parteien unstreitig - die D... AG formell der
Senatsentwicklung für Stadtentwicklung zugeordnet ist, die F... GmbH, L.. GmbH sowie
die B. GmbH dagegen der Senatsverwaltung für Finanzen. Beide Verwaltungen
verfolgten jedoch unterschiedliche Interessen.
Letztlich habe das Landgericht zu Unrecht eine Zustimmungspflicht der Klägerin und der
F... GmbH nach den Grundsätzen der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht verneint.
Ohne den Vergleich habe der Objektgesellschaft der Beklagten ein Ausfall von 32 Mio.
EUR gedroht, wie bereits erstinstanzlich umfassend vorgetragen. Bei einer gerichtlichen
Auseinandersetzung über die juristisch nicht sicher durchsetzbaren Ansprüche der
Objektgesellschaft gegen die W. M... GmbH hätte diese ihre laufend zu leistenden
Zahlungen eingestellt, und es wäre ein erheblicher Liquiditätsengpass bei der
Objektgesellschaft entstanden. Auch Garantieansprüche seien aufgrund der
Unwirksamkeit der Erbbaurechtsverträge nicht wirksam entstanden.
Da der Vergleich weder in die Rechtsstellung der Gesellschafter eingegriffen noch deren
Rechte beschnitten habe und der Fonds auf den sofortigen Zufluss der in dem Vergleich
vereinbarten Zahlung angewiesen gewesen sei, habe die Zustimmung die einzige
sinnvolle Handlungsmöglichkeit dargestellt.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des am 18.03.2008 verkündeten Urteils des Landgerichts
Berlin - Az. 102 O 199/07 - die Klage abzuweisen
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin tritt dem Berufungsvorbringen aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen
unter Verteidigung der erstinstanzlichen Entscheidung hinsichtlich der Ausführungen zu
§ 47
Absatz 4 GmbHG entgegen. Sie ist weiterhin der Auffassung, jedenfalls sei eine
Nichtigkeit des festgestellten Beschlusses auch aufgrund der unzulässig verkürzten
Ladungsfrist und aufgrund gezielter Falschinformationen in der Einladung bzw. der
Versammlung gegeben.
II.
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist begründet,
da das Landgericht zu Unrecht die Voraussetzungen des § 47 Absatz 4 Satz 2 GmbHG -
unabhängig von der Frage der analogen Anwendbarkeit dieser Vorschrift - bejaht und
deshalb die F... GmbH nicht für stimmberechtigt gehalten hat.
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deshalb die F... GmbH nicht für stimmberechtigt gehalten hat.
Die Wirksamkeit des in der Versammlung vom 25.07.207 zu TOP 5 gefassten
Beschlusses hängt entscheidend davon ab, ob die Stimmen der F... GmbH bei der
Auszählung berücksichtigt werden durften, da nur mit ihren Stimmen die nach dem
Gesellschaftsvertrag erforderliche ¾ Mehrheit erreicht worden ist.
1. analoge Anwendbarkeit des § 47 Absatz 4 Satz 2 GmbHG
Das Landgericht hat insoweit zutreffend ausgeführt, dass das Recht der
Kommanditgesellschaft nur in einigen wenigen Fallgestaltungen (vgl. z.B. § 113 Absatz 2
HGB), die hier nicht einschlägig sind, Stimmverbote vorsieht und auch im
streitgegenständlichen Gesellschaftsvertrag Stimmrechte einzelner Gesellschafter nicht
ausgeschlossen sind (vgl. insbesondere § 17 des GV).
Ebenso ist anerkannt, dass das Stimmrecht eines Gesellschafters bei
Interessenkonflikten nach den übereinstimmend geltenden Grundgedanken der §§ 47
Absatz 4 GmbHG, § 34 BGB, § 136 Absatz 1 Satz 1 AktG bzw. § 43 Absatz 6 GenG
ausgeschlossen sein kann, nämlich bei Beschlüssen betreffend die Einleitung oder
Erledigung eines Rechtsstreits gegen den Gesellschafter, bei Entlastung oder Befreiung
von einer Verbindlichkeit. Auch diese Fallgestaltungen sind vorliegend nicht einschlägig.
Insbesondere den Tatbestand der Befreiung von einer Verbindlichkeit zu Gunsten der L..
GmbH, für die die F... GmbH als Treuhänderin aufgetreten ist, hat das Landgericht aus
zutreffenden Erwägungen auf Seite 13 der Urteilsausfertigung verneint. Nachvollziehbare
und konkrete Einwendungen dagegen hat die Klägerin in der Berufungserwiderung nicht
vorgebracht.
Weiterhin zutreffend hat das Landgericht die analoge Anwendung des § 47 Absatz 4 Satz
2 GmbHG auf die Fälle bejaht, in denen der Beschluss ein Rechtsgeschäft der
Gesellschaft mit einem Gesellschafter betrifft. Zwar ist die Reichweite eines
Stimmrechtsverbotes für die Handelsgesellschaft in der Literatur umstritten, da eine
einheitliche Regelung in den Vorschriften über Kapitalgesellschaften fehlt. Auch wenn die
Neufassung u.a. des § 136 Absatz 1 AktG diesen Tatbestand aus dem gesetzlichen
Verbot eines Stimmrechts eliminiert hat, ist in Übereinstimmung mit den Ausführungen
des Landgerichts der herrschenden Meinung zu folgen, die den Stimmrechtsausschluss
bei der KG und OHG auf Beschlüsse über Rechtsgeschäfte zwischen Gesellschaft und
Gesellschafter erstreckt, um die Einwirkung gesellschaftsfremder Sonderinteressen auf
die Entscheidungsfindung der Gesellschaft zu verhindern (OLG Hamburg NZG 2000, 421
ff., 422; Baumbach/Hopt, HGB, 33. Aufl., § 119 Rdnr. 8; von Gerkan in Röhricht/Graf von
Westfalen, HGB, 3. Aufl., § 119 Rdnr. 36; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Goette, HGB, 2.
Aufl., § 119 Rdnr. 12; Ulmer in Münchener Kommentar, BGB, 4. Aufl., § 709 Rdnr. 70;
offen BGHZ 48, 251 ff., 256; ablehnend Enzinger in Münchener Kommentar, HGB, 2.
Aufl., § 119 Rdnr. 33 m. w. N.).
Zwar mag der Bundesgerichtshof, worauf die Klägerin verweist, in bestimmten Bereichen
für eine Publikumsgesellschaft Vorschriften des Aktienrechts entsprechend angewandt
haben, da ihr ebenso wie der Aktiengesellschaft regelmäßig eine unüberschaubare Zahl
einander unbekannter, nicht am Ort der Gesellschaft lebender Kommanditisten angehört
(so BGH in BGHZ 155, 121 ff. - II ZR 102/02). Jedoch auch unter Berücksichtigung der
besonderen Struktur der Publikumsgesellschaft ist es sachgerechter, die Regelung in §
47 Absatz 4 Satz 2 GmbHG, die ein Stimmrechtsverbot in einem solchen Fall vorsieht,
auf die Gesellschaften des HGB analog anzuwenden, da die Gesellschafterversammlung
von Publikums-KG und GmbH jeweils ähnliche Kompetenzen hat und insbesondere
Einfluss auf die Geschäftsführung nehmen kann (vgl. u.a. § 46 Nr. 6 GmbHG), während
die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft nur dann über Fragen der
Geschäftsführung entscheiden kann, wenn der Vorstand dies verlangt, § 119 Absatz 2
AktG.
Insbesondere im vorliegenden Fall zeigt die Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages in
§ 16 Nr. 1 a) in Verbindung mit § 13, dass die Gesellschafterversammlung unabhängig
von dem Willen der Geschäftsführung über Maßnahmen zumindest von besonderer
Bedeutung entscheiden soll, mithin Aufgaben eher in Anlehnung an das Recht der GmbH
als das der AG wahrnimmt.
Schließlich reicht auch die Verweisung auf die Treuepflicht der Gesellschafter (so
Enzinger a.a.O.) nicht aus, um Gesellschaft und Mitgesellschaftern den nötigen Schutz
gegen die Gefahren einer einseitig beeinflussten Mitwirkung des betroffenen
Gesellschafters zu gewähren, da eine wirtschaftlich oder rechtlich eindeutige Situation
notwendig ist und diese entsprechend dargelegt und bewiesen werden müsste.
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2. Voraussetzungen des § 47 Absatz 4 Satz 2 GmbHG
Allerdings hat das Landgericht zu Unrecht angenommen, der Beschluss vom 25.07.2007
zu TOP 5 betreffe ein Rechtsgeschäft, auf das die Voraussetzungen des § 47 Absatz 4
Satz 2 GmbH Anwendung fänden.
Es ist zu berücksichtigen, dass Partei des Vergleichsvertrages die W. M... als
Tochtergesellschaft der D... AG und damit nur mittelbar des Landes Berlin sein sollte. Bei
der Frage der Stimmrechtsausübung geht es ebenfalls nicht direkt um das Land Berlin
als Kommanditist der Beklagten, sondern um die F... GmbH als (Treuhand-)
Kommanditistin der L.. GmbH und damit auch nur wiederum mittelbar des Landes.
Grundsätzlich richtig mag sein, dass ein Interessenkonflikt auch dann vorliegen kann,
wenn das Rechtsgeschäft eine (juristische) Person betrifft, die nicht selbst Gesellschafter
der beschlussfassenden Gesellschaft ist, jedoch jenen tatsächlich vollständig beherrscht
(vgl. OLG Brandenburg NZG 2001, 129 f.). Dies bedeutet jedoch nicht, dass auch nur
jede mittelbare Beteiligung ein- und derselben Person dazu führen müsste, einen
Gesellschafter von seinem Stimmrecht auszuschließen, da § 47 Absatz 4 GmbHG nicht
jede Interessenkollision verhindern soll (Wolff in Münchener Handbuch des
Gesellschaftsrechts, Band 2, 2. Aufl., § 38 Rdnr. 36). Es ist zu beachten, dass vorliegend
auf beiden Seiten - sowohl bei der F... einerseits und der W. andererseits - mehrere
Gesellschaften zwischengeschaltet waren, die ihre Geschäftsführungstätigkeit jeweils
eigenverantwortlich wahrnahmen, auch wenn sie gegenüber dem Land Berlin jeweils
letztlich abhängig sind. Jedoch fehlt es an einer tatsächlichen Beherrschung der F...
GmbH gegenüber der W. bzw. umgekehrt, da beide „auf gleicher Stufe stehen“.
Maßgebliches Kriterium ist jedoch für die Annahme einer zu verhindernden
Interessenverknüpfung die tatsächliche Beherrschung (Wolff a.a.O. Rdnr. 62; vgl. auch
Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 16. Aufl., Rdnr. 23: nur die Konzernspitze ist
ausgeschlossen bei einem Rechtsgeschäft zwischen ihr und einem Tochterunternehmen
bzw. zwischen zwei Tochterunternehmen). In der vom Landgericht zitierten Entscheidung
des OLG Brandenburg in NZG 2001, 129 f. ging es dagegen um die Stimmrechte einer
GmbH, deren Hauptgesellschafter der unmittelbare Vertragspartner der GmbH werden
sollte.
Schließlich ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass auf einer Seite eine
Aktiengesellschaft zwischengeschaltet ist, nämlich die D... AG. Insoweit verweist die
Beklagte zu Recht auf die Ausführungen des Bundesgerichtshofs im Urteil vom
05.05.2008 - II ZR 108/07 -, wonach jedenfalls bei der Aktiengesellschaft der Vorstand
deren Geschäfte frei und in eigener Verantwortung leitet. Insofern ist eine konkrete
Abhängigkeit durch die Möglichkeit, auf die Geschäftsführung Einfluss zu nehmen, zu
verneinen im Hinblick auf § 76 Absatz 1 AktG im Gegensatz zur Regelung bei der GmbH
gemäß § 46 Nr. 6 GmbHG.
3. Zustimmung der anderen Gesellschafter aus Gründen der
gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht
Offen bleiben kann aufgrund der obigen Ausführungen, ob die Stimmen der sich
enthaltenden bzw. ablehnenden Gesellschafter aus Gründen der gesellschaftsrechtlichen
Treuepflicht so behandelt werden müssten, als wenn jene entsprechend der
gesellschaftsrechtlichen Verpflichtung abgegeben wären; eine vorherige Klage auf
Zustimmung dieser Gesellschafter ist bei der Publikums-KG nicht erforderlich (BGH NJW
1985, 974 ff.). Es bestehen vorliegend zumindest gute Gründe, eine solche Treuepflicht
zu bejahen, auch wenn der Senat dies nicht abschließend entscheiden muss:
Die Treuepflicht kann einem Gesellschafter insbesondere gebieten, Maßnahmen
zuzustimmen, die mit Rücksicht auf das Gesellschaftsverhältnis, insbesondere zur
Erhaltung des Geschaffenen, dringend geboten und den Gesellschaftern unter
Berücksichtigung ihrer eigenen schutzwerten Belange zumutbar sind. Derartige
Treuepflichten bestehen auch in einer Publikumsgesellschaft. Sie mögen hier, weil die
Anlagegesellschafter untereinander in keinen persönlichen Beziehungen stehen, einen
anderen Inhalt haben und andere Wirkungen zeitigen. Das Treuegebot ist aber in einer
Publikumsgesellschaft nicht weniger stark ausgeprägt, wenn es um die Erhaltung des
Gesellschaftsunternehmens geht (BGH NJW 1985, 974 ff., 975).
Dabei ist zunächst entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht auf die Gesamtsituation
der Beklagten abzustellen, sondern nur auf die der Objektgesellschaft M... P... . Denn da
der Beschluss die Zustimmung der Geschäftsführung der Beklagten als gleichzeitige
Geschäftsführung der Objektgesellschaft zu dem abzuschließenden Vergleich betraf,
kann auch nur auf deren finanzielle Situation abgestellt werden.
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Entgegen den Ausführungen des Landgerichts ist für die Annahme einer
Zustimmungspflicht auch nicht die Reduzierung des Abstimmungsermessens auf „Null“
erforderlich. Denn die im angefochtenen Urteil zitierte Entscheidung des OLG Stuttgart
in NZG 2003, 1025 ff. betraf den von der Hauptversammlung einer AG zu treffenden
Beschluss über die Bestellung von Sonderprüfern, der sich jedoch aufgrund der
Bestimmung von § 142 Absatz 1 AktG (Kann-Vorschrift, für die zusätzlich verschiedene
Voraussetzungen erfüllt sein müssen) wesentlich von der vorliegend nach dem
Gesellschaftsvertrag erforderlichen Zustimmung zu einer Geschäftsführungstätigkeit
unterscheidet.
Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof auch ausgeführt, dass der Kern des
Treuepflichtgedankens, soweit er im Kapitalgesellschaftsrecht allgemein Geltung
beanspruchen kann, darin besteht, dass dem Maß des Einflusses des Gesellschafters
das Maß seiner Verantwortung mit der sich daraus ergebenden Pflicht zur
Rücksichtnahme auf die Interessen der Gesellschaft und die gesellschaftsbezogenen
Belange der Mitgesellschafter entspricht (vgl. BGH NJW 1995, 1739-1749) Für den Fall,
dass eine Gesellschaft sanierungsbedürftig ist, ist daraus die Schlussfolgerung zu
ziehen, dass es die Treuepflicht dem einzelnen Gesellschafter verbieten kann, eine
sinnvolle und mehrheitlich angestrebte Sanierung aus eigennützigen Gründen zu
verhindern (BGH a.a.O.), sofern eine (finanzielle) Mehrbelastung der Gesellschafter
dadurch nicht begründet wird. Insoweit liegt der Fall anders als bei der Klage einer
Gesellschaft auf Zahlung von Nachschüssen, bei der nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs zu berücksichtigen ist, dass der Grundsatz der Treuepflicht einen
Gesellschafter regelmäßig nicht zu neuen, zum Zeitpunkt des Beitritts nicht
vorhersehbaren Vermögensopfern zwingen kann (BGH Urteil vom 05.11.2007 - II ZR
230/06 - in DB 2007, 2828 ff.).
Vorliegend dagegen handelte es sich um eine Geschäftsführungsmaßnahme, die den
Gesellschaftern keine Zuzahlung aus ihrem Vermögen aufbürdete. Entgegen der Ansicht
der Klägerin verzichtete die Objektgesellschaft durch den Abschluss des Vergleichs auch
nicht auf erhebliche Millionenbeträge aus den Garantieverträgen. Denn es dürfte davon
auszugehen sein, dass die notariell beurkundeten Erbbaurechtsverträge aufgrund
unterbliebenen Verlesens der Baubeschreibung, in der umfassende Sanierungspflichten
dokumentiert wurden, unwirksam waren. Eine Verlesung von Anlagen ist nach der
gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (ausnahmsweise) nur dann
entbehrlich, wenn sich jene auf die Übernahme schon rechtsgeschäftlich begründeter
Verpflichtungen bezieht und diese nicht erst festlegt (BGHZ 125, 238 ff.). Begründet die
Vereinbarung über die gesetzlich vorgeschriebene Ausgestaltung der Rechtsbeziehung
hinaus weitergehende Verpflichtungen, unterliegt sie dem Beurkundungs- und damit
Verlesungszwang (BGH NJW-RR 2001, 953 ff.; DB 1999, 91 ff.).
So dürfte es für die Zustimmungspflicht vorliegend ausreichen, dass durch die
angestrebte Geschäftsführungstätigkeit ein komplizierter und langwieriger Rechtsstreit
vermieden wurde, der nach dem insoweit unwidersprochen gebliebenen Vortrag der
Beklagten zu einem erheblichen finanziellen Engpass der Objektgesellschaft geführt
hätte. Demgegenüber besteht der Eingriff in die Rechtsstellung der Klägerin lediglich
darin, dass durch den beabsichtigten Vergleich auf höchst unsichere (insbesondere was
die juristische Durchsetzbarkeit betrifft) Rechtspositionen der Objektgesellschaft
verzichtet wurde, da nach den obigen Ausführungen von der Unwirksamkeit der
Erbbaurechtsverträge und damit auch der Garantien für das Objekt M... auszugehen sein
dürfte. Der Vergleich ermöglichte dagegen durch die verhandelte Lösung einen
angemessenen Ausgleich und sollte gerade eine finanzielle Mehrbelastung der
Beklagten verhindern. Die Darlegungen der Klägerin u.a. auf Seite 12 der
Berufungserwiderung zur Höhe des „zu Lasten der Kommanditisten betriebenen
Aufwands von ... 39,014 Mio. EUR“ lassen den Umstand unberücksichtigt, dass die
Beklagte immerhin auch Pachtzinsen von 16,864 Mio. EUR erhalten hat, die sie bei
Unwirksamkeit der Erbbaurechtsverträge ihrerseits zurückzuzahlen hätte.
4. Mängel der Einladung und Verletzung von Informationsrechten
Das Landgericht hat - obwohl von seinem Standpunkt aus nicht notwendig - ausführlich
und überzeugend dargelegt, dass der angefochtene Beschluss in seiner Wirksamkeit
nicht durch etwaige Mängel im Einladungsschreiben oder die unzureichende
Beantwortung von Fragen in der Hauptversammlung berührt wird. Der Senat macht sich
diese Ausführungen zu Eigen und nimmt zwecks Vermeidung unnötiger Wiederholungen
auf die Ausführungen auf Seite 9-12 der Urteilsausfertigung Bezug. Zu ergänzen ist,
dass der Bundesgerichtshof ausdrücklich für eine Publikumsgesellschaft eine die
Wochenfrist des § 51 Absatz 1 Satz 2 GmbHG wahrende Frist zur Einberufung der
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Wochenfrist des § 51 Absatz 1 Satz 2 GmbHG wahrende Frist zur Einberufung der
Versammlung für ausreichend gehalten und zusätzlich zu Lasten der Gesellschafter die
Vorschrift des § 121 Absatz 4 Satz 1, 2. Halbsatz AktG für anwendbar erklärt hat, sofern
lediglich die nach dem Gesellschaftsvertrag einzuhaltenden Fristen gewahrt wurden
(BGH NJW 1998, 1946 ff.). Zugleich hat der Bundesgerichtshof mehrfach betont, dass bei
einer Publikumspersonengesellschaft - mangels entsprechender
gesellschaftsvertraglicher Regelungen - selbst für eine analoge Anwendung der GmbH-
rechtlichen Vorschriften über die Ankündigung der Beschlussgegenstände kein Raum ist
(BGH a.a.O.), und zwar auch soweit es um die Anforderungen an den Inhalt der
Einladung geht (BGH NJW 1995, 1353 ff., 1356), so dass erst Recht nicht die weitaus
strengeren Vorschriften des AktG für die Einberufung und Durchführung der
Hauptversammlung heranzuziehen sind.
III.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 Absatz 1 Satz 1 ZPO. Der Ausspruch
über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 und 2, 709 Satz
2 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung
hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543 Absatz 2 ZPO.
Die Frage der analogen Anwendung des § 47 Absatz 4 GmbHG beurteilt der Senat -
soweit bekannt - nicht in Abweichung zur Rechtsprechung anderer
oberlandesgerichtlicher Senate. Ob die Voraussetzungen dieser Norm vorliegen, war
eine Frage des Einzelfalls.
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