Urteil des KG Berlin vom 13.03.2017
KG Berlin: gesetzliche frist, einstweilige verfügung, report, dringlichkeit, erlass, gesellschafter, link, quelle, sammlung, zugang
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Gericht:
KG Berlin 8. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
8 U 249/08
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 520 Abs 2 S 3 ZPO, § 935
ZPO, § 936 ZPO
Einstweilige Verfügung: Selbstwiderlegung der Dringlichkeit
Leitsatz
Es fehlt grundsätzlich wegen Selbstwiderlegung der Dringlichkeit an einem Verfügungsgrund,
wenn der erstinstanzlich unterlegene Verfügungskläger sich die Berufungsbegründungsfrist
um einen Monat verlängern lässt und diese verlängerte Frist fast vollständig ausnutzt.
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Verfügungsklägers durch einstimmigen
Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
zwei
Wochen
Gründe
Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Eine Entscheidung des Senats zur
Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist nicht
erforderlich. Die Berufung hat auch keine Aussicht auf Erfolg, da der (erneute) Erlass der
begehrten einstweiligen Verfügung durch das Kammergericht nicht in Betracht kommt.
Dabei kann dahinstehen, ob die Auffassung des Landgerichts, ein Verfügungsanspruch
bestehe nicht, weil sich der vertraglich vereinbarte Konkurrenzschutz nicht auf das
Gebäude D. S. beziehe, zutreffend ist. Auch kommt es nicht darauf an, ob ein etwaiger
Verfügungsanspruch wegen der von der Verfügungsbeklagten erstmals mit der
Berufungserwiderung vorgetragenen außerordentlichen fristlosen Kündigungen
zumindest jetzt nicht mehr besteht. Es fehlt aufgrund Selbstwiderlegung der
Dringlichkeit durch den Verfügungskläger mittlerweile jedenfalls an der
Glaubhaftmachung eines Verfügungsgrundes (§§ 935, 936, 920 Abs. 2 ZPO).
Die Selbstwiderlegung der Dringlichkeit ist zwar im Recht des unlauteren Wettbewerbs
entwickelt worden, aber als allgemeiner Grundsatz auch im allgemeinen
Zivilprozessrecht zu beachten (vgl. KG NJW-RR 2001, 1201 f.; OLG Köln OLG-Report 1999,
416 f.; Huber in Musielak, ZPO, 6. Aufl. 2008, § 935 Rn. 13; Drescher in Münchener
Kommentar zur ZPO, 3. Aufl. 2007, § 935 Rn. 19; Thümmel in Wieczorek/Schütze, ZPO,
3. Aufl. 1995, § 935 Rn. 24).
Nach überwiegender Auffassung in der obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. KG WRP
1978, 49; KG DB 1980, 1394, 1395; KG KG-Report 1999, 327; OLG Düsseldorf GRUR-RR
2003, 31; OLG Frankfurt NJW 1991, 49; OLG Hamm NJW-RR 1992, 622; OLG Köln OLG-
Report 1999, 416; OLG München NJW-RR 1991, 624 = MDR 1991, 157; OLG Nürnberg
GRUR 1987, 727; OLG Oldenburg WRP 1971, 181; so auch Drescher a.a.O.; a.A. OLG
Hamburg WRP 1996, 27, 28 und WRP 1977, 109 sowie in einem besonders gelagerten
Einzelfall OLG Karlsruhe WRP 2005, 1188, 1189) gibt der erstinstanzlich unterlegene
Antragsteller, der sich die Berufungsbegründung nicht unerheblich verlängern lässt und
diese verlängerte Frist nicht unerheblich ausnutzt, im Allgemeinen zu erkennen, dass es
ihm mit der Verfolgung seines Anspruchs im einstweiligen Rechtsschutz nicht (mehr)
dringlich ist. Die gesetzliche Frist des § 520 Abs. 2 S. 1 ZPO reicht im Regelfall aus, um
zu entscheiden, ob und wie die Berufung begründet werden soll (vgl. OLG Düsseldorf
GRUR-RR 2003, 31). Der Senat schließt sich dieser Auffassung an.
Im vorliegenden Fall hat der Verfügungskläger sich die bis zum 26. Januar 2009 laufende
Berufungsbegründungsfrist bis zum 26. Februar 2009 verlängern lassen und diese
verlängerte Frist durch die am 25. Februar 2009 bei Gericht eingegangene
Berufungsbegründung vom 23. Februar 2009 fast vollständig ausgenutzt. Dies hat zu
einer erheblichen Verzögerung des Verfahrens geführt, durch die der Verfügungskläger
gezeigt hat, dass der Erlass der einstweiligen Verfügung tatsächlich nicht so dringend ist.
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Es liegen auch keine besonderen Umstände vor, die eine andere Beurteilung
rechtfertigen würden. Im vorliegenden Verfahren geht es um einen Sachverhalt, der
weder komplex ist noch schwer zu beurteilende Rechtsfragen aufwirft. Hinzu kommt,
dass der Verfügungskläger wesentliche Argumente seiner Berufungsbegründung bereits
vor Berufungseinlegung in einem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 21. November
2008 angeführt hatte. Der Verfügungskläger hat die Verlängerung der
Berufungsbegründungsfrist zudem mit Arbeitsüberlastung seines alleinigen
Prozessbevollmächtigten begründet. Diese stellt zwar prozessual einen erheblichen
Grund im Sinne von § 520 Abs. 2 S. 3 ZPO dar. Bei der Frage, ob ein Verfügungsgrund
besteht, ist aber zu berücksichtigen, dass eine einstweilige Verfügung wegen ihrer
Eilbedürftigkeit vom Prozessbevollmächtigten vorrangig vor anderen Sachen bearbeitet
werden muss (vgl. KG KG-Report 1999, 327 f.; OLG Hamm NJW-RR 1992, 622, 623)
Der Verfügungskläger sollte daher die weitere Durchführung der Berufung überdenken.
Unabhängig hiervon ist beabsichtigt, das Passivrubrum zu berichtigen, da die
Verfügungsbeklagte offenbar – wie aus der als Anlage zur Berufungserwiderung
eingereichten Klageschrift vom 3. April 2009 ersichtlich – durch ihre geschäftsführenden
Gesellschafter R. S. und M. S. vertreten wird und ihre Bezeichnung im hiesigen Verfahren
auch sonst unvollständig sein dürfte.
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