Urteil des KG Berlin vom 01.04.2003
KG Berlin: dach, treu und glauben, fristlose kündigung, vollstreckbares urteil, sicherheitsleistung, gesellschafter, rückbürgschaft, leistungsverweigerung, abrechnung, verzug
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Gericht:
KG Berlin 7. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
7 U 168/03
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 648a BGB
Bauvertrag: Bauhandwerkersicherung zwischen einer Dach-ARGE
und einem ihrer Mitglieder
Leitsatz
§ 648a BGB findet im Rahmen des zwischen einer Dach-ARGE und einem ihrer Mitglieder
abgeschlossenen Nachunternehmervertrag Anwendung.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 1. April 2003 verkündete Urteil der
Zivilkammer 19 des Landgerichts Berlin – 19.O. 439/02 – wird auf ihre Kosten
zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe des beitreibbaren Betrages, sofern nicht die Klägerin vor der
Vollstreckung Sicherheit in Höhe des beizutreibenden Betrages leistet.
Gründe
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz einschließlich der
dort von den Parteien gestellten Anträge und der Entscheidungsgründe des
angefochtenen Urteils wird auf das am 1.4.2003 verkündete Urteil der Zivilkammer 19
des Landgerichts Berlin – 19 O 439/02 - Bezug genommen.
Gegen das ihr am 28.4.2003 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 27.5.2003 Berufung
eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 30.7.2003 an
diesem Tag begründet.
Die ... GmbH ist zwischenzeitlich infolge Insolvenz aus der Klägerin ausgeschieden. Die
Klägerin ist von der ... Bank ermächtigt worden, die Rückzahlungsforderung an sich
selbst zu verlangen.
Die Beklagte trägt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags
ergänzend vor, das Landgericht habe zu Unrecht der Klägerin einen Anspruch auf
Sicherheitsleistung nach § 648 a BGB zugestanden. Selbst wenn ein solcher Anspruch
bestünde, sei das Sicherungsverlangen treuwidrig. Auch wäre die Klägerin verpflichtet
gewesen, für ihren Leistungsteil in entsprechender Höhe eine Rückbürgschaft zu stellen.
Da sie dies nicht getan habe, sei sie unter Berücksichtigung des Schreibens der Klägerin
vom 4.7.2001 nicht mehr zur Stellung der Sicherheit verpflichtet gewesen. Insoweit sei
die Klägerin auch nicht zur Leistungseinstellung berechtigt gewesen.
Das Landgericht habe nicht berücksichtigt, dass die streitbefangene Bürgschaft auch
Rückzahlungsansprüche wegen Überzahlung abgesichert habe und sie, die Beklagte,
vorgetragen habe, dass die Klägerin in Höhe von 438.270,25 DM überzahlt gewesen sei.
Aus der Auseinandersetzungsbilanz ergebe sich noch eine Überzahlung von 86.001,73
Euro, sodass in dieser Höhe die Inanspruchnahme der Bürgschaft in jedem Fall
gerechtfertigt gewesen sei.
Da der Klägerin aber kein Recht auf Sicherheitsleistung zugestanden habe, sei ihre, der
Beklagten, Kündigung nach § 8 Nr.3 VOB/B berechtigt und insoweit würden ihr auch
Schadensersatzansprüche nach § 24.5 des Dach-ARGE-Vertrages zustehen. Sie habe
nunmehr nochmals die Rechnungen über die fertigzustellenden Restarbeiten überprüft
und teilweise korrigiert (Anlagen BB 2-4), woraus sich Gesamtkosten von 3.925.362,45
Euro ergäben. Demgegenüber hätte die Klägerin bei ordnungsgemäßer
Leistungserbringung maximal noch 2.433.395,76 DM (=1.244.175,55 Euro) brutto
verlangen können und selbst unter Berücksichtigung des Bürgschaftsbetrages
(1.461.262,02 Euro) würde noch eine Restforderung von 1.219.924,88 Euro gegen die
Klägerin verbleiben.
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Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Berlin vom 1.4.2003 die Klage
insgesamt abzuweisen,
hilfsweise,
den Rechtsstreit gemäß § 538 Abs.2 ZPO zur neuen Entscheidung an das
Landgericht zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt nach Rücknahme ihres erweiterten Zinsantrages,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt unter Wiederholung und Vertiefung ihres
erstinstanzlichen Vorbringens ergänzend vor, das Landgericht habe ihr zu Recht einen
Anspruch auf Sicherheitsleistung nach § 648a BGB zugebilligt. Sie habe nie die
Leistungen endgültig verweigert. Ihre Kündigung sei nach § 9 Nr.1 b VOB/B wegen
Verzuges mit Abschlagszahlungen i.V.m. § 25.220 des Dach-ARGE-Vertrages
gerechtfertigt gewesen. Es gebe keine Überzahlungen, auf die sich die Bürgschaft im
Übrigen auch nicht beziehe. Die Geltendmachung eines Rückzahlungsanspruchs sei
vorliegend angesichts § 25.119 des Dach-ARGE-Vertrages gesellschaftstreuwidrig. Ihre
Schlussrechnung (Anlage K34) mit einem Restwerklohnanspruch von 12.197.073,22 DM
sei prüffähig und richtig und zeige, dass keine Überzahlung vorliege. Nur wegen § 25.221
des Dach-ARGE-Vertrages werde mit der Klage dieser Restwerklohn noch nicht geltend
gemacht. Die Mehrkostenberechnung der Beklagten sei nach wie vor nicht schlüssig.
Die Akten des Landgerichts Berlin 29.O.197/01 lagen dem Senat zur Information vor und
waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Wegen des Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.
Auf das Schuldverhältnis finden die Gesetze in der bis zum 31.12.2001 geltenden
Fassung Anwendung (Art.229 § 5 S.1 EGBGB). Für das Verfahrensrecht gelten die
Regelungen der ZPO in der seit dem 1.1.2002 gültigen Fassung.
Der Klägerin steht gegen die Beklagte der geltend gemachte Rückzahlungsanspruch aus
§ 812 BGB zu. Im so genannten Rückforderungsprozess nach Inanspruchnahme einer
Bürgschaft auf erstes Anfordern muss der Gläubiger und mithin hier die Beklagte
darlegen und beweisen, dass sie den eingezogenen Betrag behalten darf, also die
Entstehung und Fälligkeit der durch die Bürgschaft gesicherten Hauptforderung
(Ingenstau/Korbion, VOB/B, 14.Aufl., Teil B § 17 Rn.93; BGH, Urteil vom 24.10.2002 – IX
ZR 355/00 -). Diesen Nachweis hat die Beklagte nicht zu führen vermocht.
Die Beklagte begründet die Inanspruchnahme der Bürgschaft der Dresdner Bank vom
28.11.1997 mit Ansprüchen gegen die Klägerin auf Rückzahlung von Überzahlungen,
Mehrkosten infolge Ersatzvornahme aus § 8 Nr.3 VOB/B und Schadensersatz aus § 24.5
des Dach-Arge-Vertrages vom 22.5.1997.
I.
Voraussetzung für den Anspruch auf Mehrkosten nach § 8 Nr.3 VOB/B ist eine
berechtigte Kündigung bzw. Auftragsentziehung der Beklagten gegenüber der Klägerin
nach § 8 Nr.3 Abs.1 VOB/B. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, denn die
Klägerin war aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils, denen der Senat
folgt, mit der Erbringung der von ihr geschuldeten Leistungen nicht im Verzug.
Die von der Beklagten mit Schreiben vom 13.7.2001 erklärte und der Klägerin am
16.7.2001 zugegangene fristlose Kündigung des zwischen den Parteien geschlossenen
Nachunternehmervertrages vom 15.7.1997 ist wirkungslos, denn das Vertragsverhältnis
ist bereits zuvor am 13.7.2001 infolge der gesetzlichen Fiktion nach §§ 648a Abs.5, 643
BGB beendet worden.
Der Klägerin stand gegen die Beklagte aus den zutreffenden Gründen des Landgerichts
aus § 648a BGB ein Anspruch auf Sicherheitsleistung und wegen der unstreitigen
Nichtleistung dieser Sicherheit ein Leistungsverweigerungsrecht zu. Die
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Nichtleistung dieser Sicherheit ein Leistungsverweigerungsrecht zu. Die
Gegenausführungen der Beklagten in der Berufung sind nicht geeignet, eine andere
Beurteilung zu rechtfertigen.
Die Doppelfunktion der Klägerin als Mitglied der Dach-Arge und Vertragspartnerin des
Nachunternehmervertrages steht der Anwendbarkeit des § 648a BGB nicht entgegen.
Vertragspartner des Nachunternehmervertrages waren die Klägerin und die Dach-, die
als Gesellschaft bürgerlichen Rechts Rechtsfähigkeit besitzt (§ 14 Abs. 2 BGB, BGH NJW
2001, 1056). Die Dach-Arge kann auch selbst insolvent werden, ohne dass davon ihre
Mitglieder unmittelbar betroffen sind (§§ 11 Abs. 2 Nr. 1, 93 InsO). Es ist gerade Eigenart
des Dach-Arge-Vertrages, dass – anders als bei der normalen Arge – mit den
Gesellschaftern gesonderte Nachunternehmerverträge hinsichtlich der ihnen
zugewiesenen Einzellose abgeschlossen werden. Soweit im Rahmen des Dach-Arge-
Vertrages jeder Gesellschafter für sein Einzellos das Leistungs- und Vergütungsrisiko
allein trägt, gilt dies nur auf der gesellschaftsvertraglichen Ebene.
Wenn, wie hier, eine vertragliche Konstruktion gewählt wird, bei der zwischen
Gesellschaftern durch die Bildung einer Arge nicht nur ein Gesamthandsvermögen
gebildet
wird, sondern zusätzlich auch gesonderte und selbstständige Nachunternehmerverträge
zwischen der Gesellschaft einerseits und ihren Mitgliedern andererseits geschlossen
werden, dann finden für diese gesonderten Werkverträge im Außenverhältnis auch
diejenigen Vorschriften Anwendung, die auch für jeden anderen Werkvertrag zwingend
vorgeschrieben sind.
Die rechtliche Trennung zwischen Arge-Vertrag und Nachunternehmervertrag folgt auch
aus der Präambel zum Dach-Arge-Vertrag, wonach das Haftungsprivileg der
Gesellschafter untereinander unter Ausschluss der leichten Fahrlässigkeit nicht auf die
Nachunternehmerverträge übertragen wird. Es ist gerade eines der wesentlichen
Strukturmerkmale der Dach-Arge, dass dort durch die Weitergabe aller Bauleistungen an
die Einzellose durch getrennte Nachunternehmerverträge eine gesonderte
Leistungsbeziehung geschaffen wird, in welcher die gleichen strengen Rechte und
Pflichten gelten wie im normalen Geschäftsverkehr zwischen Fremden (Burchardt/Pfülb,
ARGE-Kommentar, 3.Aufl. 1998, § 25 Rn 147). Die zwingende Vorschrift des § 648a BGB
gilt daher auch hier, zumal es nur darauf ankommt, dass ein Unternehmer eines
Bauwerks Vergütungsansprüche hat, was hier unstreitig der Fall ist.
Mit zutreffender Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass der Geltendmachung
dieses Rechts auch nicht die Grundsätze von Treu und Glauben entgegenstehen. Soweit
die Klägerin auf der gesellschaftsvertraglichen Ebene das Leistungs- und
Vergütungsrisiko für ihr Los gegenüber dem Bauherrn allein trifft, hat dies mit dem
vorliegend geltend gemachten Sicherungsbedürfnis nichts zu tun. Wenn der Bauherr,
aus welchen Gründen auch immer, die Bezahlung der Leistung gegenüber der Beklagten
ablehnt, dann ergibt sich aus § 25.220 des Dach-Arge-Vertrages, dass dies allein zu
Lasten der Klägerin als Mitgesellschafterin geht. Insoweit stünde der Klägerin, wie sie
auch selbst vorträgt, gegen die Beklagte kein Zahlungsanspruch zu. Anders sieht es
jedoch aus, wenn die Beklagte zwar Zahlung erhält, diese jedoch nicht entsprechend der
Vereinbarungen im Dach-Arge-Vertrag behandelt und auszahlt. In diesem Fall ist die
Klägerin als Nachunternehmerin gegenüber der Beklagten als ihrer Auftraggeberin, die
auch in Insolvenz gehen kann, nicht geschützt. Dem dient die Sicherung nach § 648a
BGB.
Der Gesellschaftszweck wird dadurch nicht gefährdet, weil die Sicherheit nur dann in
Anspruch genommen werden, wenn der Bauherr bezahlt hat und damit auch der
Auszahlungsanspruch gegen die Beklagte entstanden ist, was die Dach-Arge dem
einzelnen Nachunternehmergesellschafter auch jederzeit bei Inanspruchnahme der
Sicherheit gemäß § 767 BGB entgegenhalten könnte. Hinzukommt, dass die Bürgschaft
nach § 648a Abs.2 S.2 BGB streng akzessorisch ist, denn sie kann nur in Anspruch
genommen werden, wenn der Besteller den Vergütungsanspruch anerkennt, oder durch
vorläufig vollstreckbares Urteil zur Zahlung der Vergütung verurteilt worden ist und
diejenigen Voraussetzungen vorliegen, unter denen die Zwangsvollstreckung begonnen
werden darf.
Unerheblich ist die Ansicht der Beklagten, § 648a BGB sichere nicht
gesellschaftsrechtliche Schadensersatzansprüche, die bei pflichtwidriger Verteilung der
Gelder entstehen würden, denn eine pflichtwidrige Verteilung der Gelder führt nicht zum
Erlöschen des Zahlungsanspruchs aus dem Nachunternehmervertrag. Der
Werklohnanspruch ist lediglich durch den Dach-Arge-Vertrag modifiziert, was aber schon
nach dem Wortlaut des § 648a Abs.1 BGB (Unternehmer eines Bauwerks) unerheblich
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nach dem Wortlaut des § 648a Abs.1 BGB (Unternehmer eines Bauwerks) unerheblich
für die Anwendbarkeit der Norm ist.
Es kann auch keine Rede davon sein, dass die einzelnen Gesellschafter im
Außenverhältnis entgegen dem Gesellschaftszweck für die anderen Einzellose haften
würden. Die Einzelverantwortlichkeit betrifft das Verhältnis zum Bauherrn.
Selbstverständlich haften die Gesellschafter aber dann, wenn es um das Verhältnis der
Dach-Arge zu den Nachunternehmern aus den selbstständigen
Nachunternehmerverträgen geht.
Unerheblich ist der Hinweis der Beklagten auf § 25.221 des Dach-Arge-Vertrages, der
einen Verzicht der Gesellschafter auf Klage gegen die Dach-Arge bis zur Schlusszahlung
des Auftraggebers regelt. Aus dieser Bestimmung ergibt sich gerade ein besonderes
Bedürfnis zur Sicherung der Forderung, weil das Einzellos im Gegensatz zu einem
normalen Werkunternehmer über einen längeren Zeitraum gehindert sein kann, die
Forderung geltend zu machen.
Entgegen der Ansicht der Beklagten liegt auch kein Verstoß gegen die
gesellschaftsrechtliche Treuepflicht der Klägerin vor. Der Zweck der Arge wird, wie bereits
ausgeführt, hierdurch nicht gefährdet. Voraussetzung wäre ein Verstoß gegen das
Verbot, den Vertragspartner zu schädigen oder zu schikanieren. Davon kann nicht
ausgegangen werden, denn hier besteht das Sicherungsbedürfnis der Klägerin wegen
der Trennung der Ansprüche aus dem Nachunternehmervertrag von ihren
gesellschaftsrechtlichen Verpflichtungen. Im Übrigen hat sich die Beklagte selbst mit
Schreiben vom 2.7.2001 grundsätzlich zur Ausreichung der Sicherheit bereit erklärt. Die
Beklagte hat lediglich von der Klägerin eine Rückbürgschaft in Höhe ihres
Gesellschaftsanteils verlangt und damit entgegen ihrer in der Berufung geäußerten
Ansicht nicht eine solche in Höhe des gesamten Betrages. Dem hat die Klägerin dadurch
entsprochen hat, dass sie ihre Bürgschaftsforderung um diesen Anteil reduziert hat, was
die Beklagte nicht dahin verstehen konnte, dass nunmehr keine Sicherheit nach § 648a
BGB mehr verlangt werde, sondern nur noch hinsichtlich des Differenzanteils. Auch eine
solche Sicherheit wurde indes nicht gestellt.
Dies kann jedoch dahinstehen, denn es bestand kein Anspruch auf Rückbürgschaft, denn
der Dach-Arge drohte insoweit kein Schaden. Die Kosten für die Sicherung hatte ohnehin
die Klägerin gemäß § 648a Abs. 3 BGB zu tragen. Da die Bürgschaft zudem nur unter
den bereits oben dargelegten engen Voraussetzungen des § 648a
Abs. 2 S.2 BGB in Anspruch genommen werden kann und hiervon nur Ansprüche
betroffen sind, die von der Klägerin unter Berücksichtigung der gesellschaftsrechtlichen
Vereinbarungen gegenüber der Beklagten geltend gemacht werden konnten (nach
Zahlung durch den Bauherrn), besteht für eine Rückbürgschaft, die allenfalls für den Fall
unberechtigter Inanspruchnahme Sinn ergibt, überhaupt kein Bedürfnis. Insoweit besteht
auch keine Gefahr, dass Mitgesellschafter hier unberechtigt und ungewollt gegenüber
einem Mitgesellschafter für dessen Einzellos haften könnten.
Es liegt schließlich auch kein überhöhtes und völlig unangemessenes
Sicherungsverlangen der Klägerin vor, auf das die Beklagte nicht hätte reagieren
müssen. Es ist anerkannter Grundsatz in der Rechtsprechung, dass ein Schuldner auch
dann in Verzug geraten kann, wenn der Gläubiger eine zu hohe Zahlung anmahnt
(BGHZ 146, 24,35 f). Diese Grundsätze sind auch auf den Fall übertragbar, in denen eine
zu hohe Sicherheit gefordert wird (BGH aaO). Der zur Kooperation verpflichtete Besteller
kann danach den Rechtsfolgen des § 648a Abs. 1 und 5 BGB nicht ohne weiteres
dadurch entgehen, dass er auf eine Zuvielforderung überhaupt nicht reagiert, sondern
er muss die für ihn berechenbare geringere Sicherheit auch anbieten. (BGH aaO). Weder
ist dies geschehen noch hat die Beklagte in ihrem Schreiben vom 2.7.2001 die
Angemessenheit der Sicherheitsforderung in Abrede gestellt. Soweit die Beklagte jetzt
im Schriftsatz vom 23.11.2004 meint, sicherungsfähig seien nur 827.483,14 DM
gewesen, setzt sie sich in Widerspruch zu ihrer Abrechnung in der Berufungsbegründung,
wo sie von einem Anspruch der Klägerin von maximal rund 2,3 Mio. DM ausgeht. Es
hätte daher nahe gelegen, dass sie zumindest eine Bürgschaft über diesen Betrag
ausreicht, was aber ebenfalls nicht geschehen ist. Die Klägerin durfte daher davon
ausgehen, dass nur um die Rückbürgschaft, nicht aber um die Höhe der verlangten
Bürgschaft gestritten wird. Anhaltspunkte dafür, dass sich die Klägerin mit einer
reduzierten Sicherheit nicht einverstanden erklärt hätte, ergeben sich aus dem
Schreiben der Klägerin vom 4.7.2001 entgegen der Ansicht der Beklagten nicht, zumal
sie auf die Reduzierung im Zusammenhang mit der verlangten Rückbürgschaft
eingegangen ist und über eine sonstige Reduzierung hinsichtlich der Höhe der
verlangten Sicherheit nie diskutiert worden ist.
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Aus der Anwendbarkeit des § 648a BGB ergibt sich, dass die Klägerin berechtigt war, die
Sicherheitsleistung mit Schreiben vom 29.6.2001 unter Fristsetzung zum 6.7.2001 und
Androhung der Leistungsverweigerung einzufordern und unter Hinweis auf die Folgen
gemäß §§ 648a Abs. 5, 643, 645 BGB eine Nachfrist zum 13.7.2001 zu setzen. Da bis
zum Ablauf dieser Frist die Sicherheit nicht geleistet wurde, durfte die Klägerin nach dem
6.7.2001 ohne in Verzug zu geraten ihre Arbeiten einstellen und zugleich gilt der
Nachunternehmervertrag mit Ablauf der Nachfrist als aufgehoben. Die mit Schreiben der
Beklagten vom 13.7.2001 ausgesprochene und erst am 16.7.2001 zugegangene
Kündigung war danach wirkungslos, sodass der Beklagten auch keine Ersatzansprüche
aus § 8 Nr.3 VOB/B zustanden, mit denen sie die Inanspruchnahme der
Vertragserfüllungsbürgschaft rechtfertigen kann.
2.
Zu Recht hat das Landgericht auch einen Ersatzanspruch der Beklagten aus § 24.5 des
Dach-Arge-Vertrages verneint.
Nach dieser Regelung, die die Haftung für diejenigen Kosten betrifft, die durch das
Ausscheiden eines Gesellschafters nach § 23 des Vertrages entstehen, muss der
Gesellschafter das Ausscheiden zu vertreten haben (siehe auch Burchard/Pfülb, aaO, §
24 Rn.79). Dies ist nicht der Fall. Die Klägerin war wegen der Beendigung des
Nachunternehmervertrages, die sie nicht zu vertreten hatte, berechtigt, ihre
Mitgliedschaft in der Dach-Arge mit Schreiben vom 14.7.2001 aus wichtigem Grund zu
kündigen, sodass der nachfolgend von der Beklagten am 30.7.2001 beschlossene
Ausschluss der Klägerin aus der Gesellschaft ins Leere ging.
Zu Recht hat das Landgericht die zwischen den Parteien streitige Frage dahinstehen
lassen, ob die Klägerin anlässlich der Aufsichtsstellensitzung vom 10.7.2001 erklärt hat,
an der Kündigung festzuhalten und die Leistung endgültig verweigert hat. Einer
Beweisaufnahme bedurfte es hierzu nicht, denn jedenfalls hat die Beklagte die Klägerin
mit Schreiben vom 11.7.2001 nochmals zur Leistungsaufnahme aufgefordert, worauf die
Klägerin mit Schreiben vom 11./12.7.2001 darauf hingewiesen hat, dass sie wegen der
Nichtleistung der Sicherheit zur Leistungsverweigerung berechtigt sei, sie aber nach wie
vor leistungswillig und auch leistungsbereit sei. Es war damit klargestellt, dass keinesfalls
eine unbegründete und endgültige Leistungsverweigerung ausgesprochen werden sollte,
sondern dies allein auf der Nichterfüllung der von der Klägerin aus obigen Gründen
berechtigt geltend gemachten Sicherungsrechte beruhte.
3.
Hinsichtlich des von der Beklagten bereits erstinstanzlich geltend gemachten Anspruchs
aus Überzahlung der 18. Abschlagsrechnung rügt die Beklagte zu Recht, dass dies vom
Landgericht fehlerhaft nicht geprüft worden ist. Insoweit handelt es sich nicht um einen
neuen Einwand im Sinne des § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO. Entgegen der Auffassung der
Klägerin wird die Rückzahlungsforderung aus Überzahlungen auch durch den
Bürgschaftstext gedeckt. Gleichwohl ist ein entsprechender Anspruch nicht feststellbar.
Die Beklagte behauptet zwei Überzahlungen, und zwar einerseits die Überzahlung von
438.270,25 DM in Bezug auf die 18. Abschlagsrechnung der Klägerin und andererseits
eine sich aus der vorläufigen Auseinandersetzungsbilanz ergebende Überzahlung von
86.001,73 Euro.
Hinsichtlich des letztgenannten Anspruchs hat die Beklagte die Bürgschaft auf jeden Fall
zu Unrecht in Anspruch genommen, denn diese ohnehin bestrittene Überzahlung ergibt
sich jedenfalls nicht aus dem Nachunternehmervertrag, sondern aus dem
Gesellschaftsverhältnis (Dach-Arge-Vertrag) und Ansprüche der Beklagten hieraus
erfasst die Vertragserfüllungsbürgschaft ihrem Wortlaut nach eindeutig nicht.
Bezüglich der erstgenannten Überzahlung der 18. Abschlagsrechnung konnte die
Beklagte die Inanspruchnahme der Bürgschaft aus Rechtsgründen ebenfalls nicht
stützen. Zur Zeit der Inanspruchnahme am 14.2.2002 war das Vertragsverhältnis
zwischen den Parteien aus dem Nachunternehmervertrag beendet und die
Schlussrechnung der Klägerin vom 9.11.2001 lag mit einem Werklohnanspruch von rund
12,2 Mio. DM bereits vor. Damit konnte die Überzahlung nicht mehr auf eine
Zwischenabrechnung gestützt werden, sondern der gesamte Vertrag war abzurechnen.
Dass nach dieser Abrechnung noch ein Rückzahlungsanspruch der Beklagten in Höhe
von rund 2,85 Mio. DM verbleibt, ist nicht ansatzweise schlüssig dargetan, zumal der
Ersatz von Mehrkosten wegen der berechtigten Vertragsbeendigung nach § 648a BGB
nicht verlangt werden kann. Wie bereits dargelegt, trifft die Beklagte im
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nicht verlangt werden kann. Wie bereits dargelegt, trifft die Beklagte im
Bürgschaftsrückforderungsprozess die Darlegungs- und Beweislast für das Entstehen
und die Fälligkeit der gesicherten Forderung. Die Beklagte muss daher schlüssig
vortragen und gegebenenfalls beweisen, dass und in welcher Höhe sie Voraus- oder
Abschlagszahlungen geleistet hat und dass diesen Zahlungen ein entsprechender
endgültiger Vergütungsanspruch des Unternehmers nicht gegenübersteht (BGH NJW
2002, 1567).
Dies ist nicht geschehen, denn zunächst muss dazu der Werklohnanspruch der
Beklagten gegenüber der Bauherrin geklärt werden, weil erst dann über die
Werklohnforderung der Klägerin abschließend entschieden werden kann. Bis zur
außergerichtlichen oder gerichtlichen Erledigung einer Schlussrechnungsstreitigkeit
zwischen der Beklagten und der Bauherrin ist es nicht nur der Klägerin aus § 25.221
Dach-Arge-Vertrag verwehrt, die Werklohnforderung aus ihrer Schlussrechnung
klageweise gegenüber der Dach-Arge geltend zu machen. Da von einer solchen
endgültige Klärung im Verhältnis zur Bauherrschaft mangels entsprechender
Darlegungen nicht ausgegangen werden kann, verhält sich auch die Dach-Arge unter
diesen Umständen vertragswidrig, wenn sie einen Überzahlungsanspruch durchsetzen
will, der nicht fällig ist, weil die Voraussetzungen für eine endgültige Abrechnung des
Werklohns zwischen den Parteien noch gar nicht geschaffen sind.
Die Beklagte kann sich dabei auch nicht auf den Einwand der mangelnden Prüffähigkeit
der Schlussrechnung der Klägerin stützen, denn auch diese Frage stellt sich erst dann,
wenn das Bauvorhaben mit der Bauherrin endgültig abgerechnet und erledigt ist und die
geleisteten Zahlungen zwischen den an der Dach-Arge beteiligten Gesellschaftern zu
verteilen sind.
Auf die zwischen den Parteien streitige Frage, ob die Kürzungen von
Zwischenrechnungen durch die Bauherrin zutreffend der Klägerin zugewiesen worden
sind, kommt es daher im vorliegenden Fall nicht an.
Die Berufung konnte danach keinen Erfolg haben.
Der Senat hat mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO keine
Veranlassung gesehen, die Revision zuzulassen. Im Dezernat des Senats handelt es sich
um einen Einzelfall. Die Sache hat daher keine grundsätzliche Bedeutung. Der Senat
vertritt hier auch keine von der herrschenden Meinung in der Literatur und
Rechtsprechung abweichende Rechtsansicht, sodass weder die Fortbildung des Rechts
noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des
Revisionsgerichts aus der Sicht des Senats erfordert.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs.1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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