Urteil des KG Berlin vom 13.03.2017
KG Berlin: ordre public, anerkennung, ghana, internationale zuständigkeit, europäische menschenrechtskonvention, gewohnheitsrecht, eltern, familie, kindeswohl, see
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Gericht:
KG Berlin 1. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 W 168/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 16a FGG
Leitsatz
1. Eine vom High Court of Justice, Accra, Ghana, ausgesprochene Erklärung über eine
rechtsgültige Adoption in Übereinstimmung mit dem ghanaischen Gewohnheitsrecht ist in
Deutschland als Entscheidung nach § 16 a FGG (a. F.) anerkennungsfähig und verstößt nicht
gegen den deutschen ordre public.
2. Maßgebender Zeitpunkt für die Bestimmung des Verstoßes gegen den ordre public ist der
Zeitpunkt in dem über die Anerkennung zu entscheiden ist. Etwaige Mängel des
Adoptionsverfahrens sind bei der Prüfung der Vereinbarkeit einer Adoptionentscheidung mit
dem ordre public nach Ablauf einer längeren Zeit gegen die Verfestigung gelebter
Familienbande und die Bindung an den inländischen Lebenskreis abzuwägen.
Tenor
Auf die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen und der Beteiligten zu 1) wird der
Beschluss des Landgerichts Berlin vom März 2010 - 83 T 2/06 - aufgehoben.
Es wird festgestellt, dass die am 12. März 1993 vom High Court of Justice, … Ghana,
ausgesprochene Erklärung über eine rechtsgültige Adoption des Betroffenen durch
Herrn … anzuerkennen ist und das Eltern-Kind-Verhältnis zu seinem leiblichen Vater
durch die Annahme erloschen ist.
Das Annahmeverhältnis steht einem nach deutschen Sachvorschriften begründeten
Annahmeverhältnis gleich.
Beschwerdewert: 3.000 Euro.
Gründe
I.
Der am 15. August 1971 als Sohn der Beteiligten zu 1) in Ghana geborene Betroffene
begehrt die Anerkennung einer ausländischen Adoptionsentscheidung nach dem
AdWirkG. Seine Staatsangehörigkeit wird in den ihm erteilten Personaldokumenten
(Personalausweis und Pass) mit "DEUTSCH" und als sein Name … angegeben. Seine
Mutter heiratete am 2. September 1986 den am 22. September 2002 verstorbenen
Herrn … . Im Jahre 1992 gab dieser eine eidesstattliche Versicherung ab, wonach er den
Antragsteller adoptiert und seit 1987 in Pflege und Obhut habe. Nach Darstellung der
Beteiligten zu 1) wurde ihr Sohn ein Jahr nach der Eheschließung in Ghana durch ihren
Ehemann gemäß dem Gewohnheitsrecht adoptiert. Zum 1. September 1987 wurde der
Betroffene in das Geburtsregister von … Ghana eingetragen.
Am 12. März 1993 gab der High Court of Justice … Ghana, in der Angelegenheit Nr.
487/1993 RDF eine "Erklärung über die rechtsgültige Adoption" des Betroffenen ab,
wonach dieser "rechtsgültig in Übereinstimmung mit dem Gewohnheitsrecht von Ghana
in 1987" von Herrn ... und seiner Mutter adoptiert wurde und das rechtmäßige Kind des
Paares ist. Am 26. April 1993 wurde die entsprechende Eintragung in das
Geburtsregister vorgenommen (BI.189 f. d.A.).
Die Erklärung erfolgte nachdem die eidlichen Erklärungen des Großvaters des
Antragstellers, des Herrn … und seiner Mutter verlesen worden waren. Wegen deren
Einzelheiten wird auf die ausführliche landgerichtliche Sachverhaltsdarstellung Bezug
genommen.
Das Amtsgericht hat mit seiner Entscheidung vom 18.11.2005 den Antrag mit der
Begründung zurückgewiesen, dass es an einer ausländischen Adoptionsentscheidung
fehle. Gewohnheitsrechtliche Privatadoptionen seien nicht nach § 1 AdWirkG
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fehle. Gewohnheitsrechtliche Privatadoptionen seien nicht nach § 1 AdWirkG
anerkennungsfähig. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das Landgericht Berlin,
durch Beschluss vom 02.03.2010, 83 T 2/06, zurückgewiesen. Wegen der
landgerichtlichen Begründung wird auf die bei juris zur Anerkennungsfähigkeit der
ghanaischen Adoption/Dekretadoption veröffentlichte Entscheidung Bezug genommen.
Hiergegen richten sich die sofortigen weiteren Beschwerden des Betroffenen und der
Beteiligten zu 1). Sie wiederholen und vertiefen ihr Vorbringen und tragen insbesondere
vor, dass die Möglichkeit der Anwendung des § 3 Abs.1 AdwirkG nicht geprüft worden sei.
Auch ein Verstoß gegen den materiell-rechtlichen ordre public liege nicht vor.
Die Beteiligte hat sich gegen eine Anerkennung ausgesprochen.
II.
Auf den vorliegenden Fall ist sowohl in verfahrensrechtlicher wie auch in materiell-
rechtlicher Hinsicht gemäß Art. 111 Abs. 1 und 2 FGG-RG das bis zum 31.08.2009
geltende Recht anzuwenden, da das Anerkennungsverfahren vor dem 01.09.2009
eingeleitet worden ist.
Die sofortige weitere Beschwerde ist mithin gemäß § 5 Abs. 4 Satz 2 AdWirkG in der bis
zum 31.08.2009 geltenden Fassung (a. F.) i. V. m. §§ 27, 29 Abs. 2 FGG statthaft und
gemäß §§ 5 Abs. 4 S. 2 AdWirkG a. F., 29 Abs. 1 S. 2, 22 Abs. 1 S. 1 FGG zulässig,
insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. Die Beschwerdebefugnis des
Betroffenen und der Antragstellerin zu 2) folgt bereits daraus, dass ihre Erstbeschwerde
ohne Erfolg geblieben ist.
Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand (§ 27
Abs. 1 FGG, §546 ZPO).
Nach § 2 Abs. 1 AdWirkG ist auf Antrag durch das Vormundschaftsgericht festzustellen,
ob eine ausländische Adoptionsentscheidung anzuerkennen ist und ob das Eltern-Kind-
Verhältnis des Kindes zu seinen bisherigen Eltern durch die Annahme erloschen ist.
Zu Recht hat das Landgericht darauf abgestellt, dass die Anerkennung nach § 16 a FGG
zu erfolgen hat, sofern kein Versagungsgrund besteht, da die Anerkennungsregel des
Art. 23 des Haager Adoptionsübereinkommens vom 29.05.1993 über den Schutz von
Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption (HAU)
auf den vorliegenden Fall keine Anwendung findet. Ghana hat das HAU nicht ratifiziert.
Dahingestellt bleiben kann, ob mit dem Landgericht von dem Vorliegen einer
Dekretadoption oder jedenfalls von einer als Dekretadoption zu behandelnden Adoption
auszugehen ist, da es hierauf nicht entscheidend ankommt. Denn wird eine
Vertragsadoption durch ein Gericht überprüft und nach dieser Überprüfung bestätigt, so
steht die gerichtliche "Bestätigung" einer Adoptionsverfügung gleich und kann ebenso
wie diese unter den Voraussetzungen des § 16a FGG bzw. der §§ 108, 109 FamFG
anerkannt werden (Staudinger/Henrich, BGB, Neubearb. 2008, Rdn. 98 zu Art. 22 EGBGB
unter Hinweis auf Hepting/Gaaz PStR Bd 2 Rn V-597).
Gleiches gilt nach Ansicht des Senats für eine Adoption nach Gewohnheitsrecht in
Ghana, die von einem Ghanaischen Gericht nachträglich bestätigt wird.
Denn es kommt für die Beurteilung, ob eine Behörde oder ein Gericht mitgewirkt hat,
darauf an, ob eine gerichtliche oder behördliche Überprüfung der wesentlichen
Voraassetzungen erfolgt ist (Heiderhoff in Bamberger/Roth, BGB, 2. Aufl., Rdn.64 zu Art.
22 EGBGB). Dies ist vorliegend durch die Erklärung einer rechtsgültigen Adoption durch
den High Court of Justice, …, der Fall. Die gewohnheitsrechtliche Adoption ist in Ghana
sehr viel verbreiteter als die gesetzliche Adoption nach der vorliegend noch
einschlägigen Adoption Act 1962 (Sec 125 i.V.m. Schedule Children's Act; vgl. Wanitzek
in Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Ghana, Stand: 1.1.2007,
S. 29 und 69 m.w.N.: ein einziger Fall nach der Adoption Act 1962 bis 2004), so dass
auch ein Bedürfnis an einer solchen Feststellung bestand, da sich die Adoption
außerhalb eines formalisierten Verfahrens vollzog.
Nach § 16 a FGG ist die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung
ausgeschlossen, wenn die Gerichte des anderen Staates nach deutschem Recht nicht
zuständig sind (1.); wenn einem Beteiligten, der sich zur Hauptsache nicht geäußert hat
und sich hierauf beruft, das verfahrenseinleitende Schriftstück nicht ordnungsmäßig oder
nicht so rechtzeitig mitgeteilt worden ist, dass er seine Rechte wahrnehmen konnte (2.);
wenn die Entscheidung mit einer hier erlassenen oder anzuerkennenden früheren
ausländischen Entscheidung oder wenn das ihr zugrunde liegende Verfahren mit einem
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ausländischen Entscheidung oder wenn das ihr zugrunde liegende Verfahren mit einem
früher hier rechtshängig gewordenen Verfahren unvereinbar ist (3.); wenn die
Anerkennung der Entscheidung zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen
Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist, insbesondere wenn die
Anerkennung mit den Grundrechten unvereinbar ist (4.).
Gründe, die der Anerkennung der Entscheidung des High Court of Justice, …, nach § 16 a
FGG entgegenstehen würden, liegen entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht vor.
Die nach § 16 a Nr. 1 FGG erforderliche internationale Zuständigkeit des genannten
Gerichts ist gegeben, weil der anzunehmende Betroffene im Zeitpunkt der dortigen
Adoption nach Gewohnheitsrecht ghanaischer Staatsangehöriger war und seinen
gewöhnlichen Aufenthalt in Ghana hatte, so dass spiegelbildlich die tatbestandlichen
Voraussetzungen des § 43 b Abs.1 und 2 FGG vorlagen (vgl. Senat, NJOZ 2006, 2655,
2658 m.w.N.).
Anerkennungshindernisse nach § 16 a Nr.2 und 3 FGG sind nicht ersichtlich.
Auch die Bestimmung des § 16 a Nr. 4 FGG schließt die Anerkennung nach Ansicht des
Senats nicht aus. Da es sich hierbei um eine die grundsätzliche Anerkennung
ausländischer Entscheidungen durchbrechende Ausnahmevorschrift handelt, ist diese
restriktiv auszulegen. Die Anerkennung der ausländischen Entscheidung ist daher nur
dann ausgeschlossen, wenn sie zu einem Ergebnis führt, das zu dem Grundgedanken
der entsprechenden deutschen Regelung und den darin enthaltenen
Gerechtigkeitsvorstellungen in so starkem Widerspruch steht, dass das Ergebnis nach
inländischen Vorstellungen untragbar erscheint (vgl. OLG Düsseldorf FamRZ 1996, 699;
OLG Karlsruhe StAZ 2004, 111, 112; Senat, a.a.O., 2659; OLG Düsseldorf, Beschluss
vom 22.06.2010, I-25 Wx 15/10, zitiert nach juris).
Soweit es - wie hier - um die Anerkennung einer im Ausland erfolgten Adoption geht,
müssen die Rechtsfolgen der ausländischen Entscheidung daher in einer besonders
schwerwiegenden Weise gegen Sinn und Zweck einer Annahme an Kindes Statt nach
deutschem Recht verstoßen. Maßgeblich Kriterium nach deutschem Recht ist es, dass -
wie sich aus § 1741 Abs. 1 BGB ergibt - die Adoption dem Kindeswohl entspricht (vgl.
BayObLG StAZ 2000, 300; Senat, a. a. O.; OLG Köln FamRZ 2009,1607, 1608).
Das OLG Karlsruhe (Beschluss vom 08.07.2010, 11 Wx 113/09, zitiert nach juris) hat in
diesem Zusammenhang zutreffend weiter ausgeführt:
"Zu den wesentlichen Grundsätzen nicht nur deutschen Rechts (vgl. nur die Teil 1 Art. 3
Abs. 1 der UN-Kinderrechtekonvention), die einfach rechtlich in § 1741 BGB normiert
sind, ihre grundrechtliche Verankerung jedoch im allgemeinen Persönlichkeitsrecht des
Kindes gem. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG und insbesondere in Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2
GG haben, gehört, dass eine Adoption nur bei Vereinbarkeit mit dem Kindeswohl in
Betracht kommt. Das Grundgesetz geht in Art. 6 Abs. 2 S. 2 hinsichtlich der Pflege und
Erziehung der Kinder sogar von einem staatlichen Wächteramt aus (vgl. BVerfG FamRZ
2005, 2049 f.). Auch unter Beachtung eines möglicherweise großzügigeren
anerkennungsrechtlichen ordre public international (vgl. Behrentin in jurisPK-BGB, 4.
Aufl., Art. 22 EGBGB Rn. 116; Senat IPrax 2005, 39 ff.) stellt das Kindeswohl die
maßgebliche Voraussetzung dar. Nach dem ordre public international kommt es aber
darauf an, ob die ausländische Entscheidung mit Grundgedanken der deutschen
Regelung und den in ihnen enthaltenen Gerechtigkeitsvorstellungen, insbesondere mit
den Grundrechten nicht nur unvereinbar ist, sondern in so starkem Widerspruch steht,
dass es nach deutscher Vorstellung untragbar erscheint, sie als wirksam anzusehen."
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.
Hierbei ist zunächst zu beachten, dass die gewohnheitsrechtliche Adoption in Ghana
erfordert, dass der Adoptierende seine Absicht vor Zeugen (Publizitätserfordernis)
erklärt, dass die natürlichen Eltern des Kindes der Adoption zustimmen, und dass die
Familie des Adoptierenden zustimmt. Das adoptierte Kind wird rechtlich vollständig in die
Adoptivfamilie transplantiert (Wanitzek, a.a.O., S. 69 m.w.N.). Die Frage des Bestehens
und des Inhalts des Gewohnheitsrechts ist eine Rechtsfrage und keine Tatsachenfrage
(See 55 Courts Act, zitiert nach Bergmann/Ferid, a.a.O., S.96 f. zu Ghana) und muss
daher nicht von den Parteien vorgetragen werden (Wanitzek, a.a.O., S.29). Die
familienrechtliche Zuordnung eines Kindes nach Gewohnheitsrecht erfolgt, wenn keine
Anerkennung des Kindes durch den leiblichen Vater erfolgt - wie vorliegend wegen
dessen Unauffindbarkeit-, dergestalt, dass das Kind von der Familie der Mutter
anerkannt und dieser zugeordnet wird. Der Vater oder ein Bruder der Mutter übernimmt
dann die Rolle des Vaters. Hieraus erschließt sich das vorliegend der Großvater des
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dann die Rolle des Vaters. Hieraus erschließt sich das vorliegend der Großvater des
Betroffenen die Zustimmung zur Adoption durch Herrn G. N. gab, damit sein Enkel nach
der Heirat als Sohn in der Familie seiner Tochter leben konnte.
Hat auf dieser Grundlage das international zuständige ausländische Gericht ein
rechtswirksames Adoptionsdekret erlassen, was hier nicht zweifelhaft ist, ist
grundsätzlich davon auszugehen, dass es das Kindeswohl geprüft und berücksichtigt hat
(in diesem Sinne BayObLGZ 2000, 180, 185).
Eine solche Prüfung ergibt sich auch Inzident aus der vom Gericht herangezogenen
Formulierung in der eidesstattlichen Erklärung des Großvaters des Betroffenen, wo
ausgeführt ist, dass "aufgrund der Liebe und Zuneigung des … gegenüber … und "es
unerlässlich geworden" ist, "dass der Sohn … adoptiert werden soll und muss". Weiter
werden erheblichen Ausgaben von … für für ärztliche Versorgung, Schulgebühren,
Kleidung u.s.w. in Bezug genommen. Dies wurde vom High Court of Justice, …
berücksichtigt, ebenso wie die eidlichen Erklärungen des Herrn … und der Beteiligten zu
1) wenn nach deren Auswertung erklärt wird, dass die Adoption in Übereinstimmung mit
dem Gewohnheitsrecht von Ghana in 1987 erfolgte.
Der Senat hält es insoweit für plausibel, dass nach der Eheschließung des Herrn … und
der Beteiligten zu 1) im Jahre 1986 in 1987 die gewohnheitsrechtliche Adoption des
Betroffenen erfolgte. Hierfür spricht zunächst der erstmalige Eintrag des Betroffenen in
diesem Jahr im Personenstandsregister. Dieser erfolgte offensichtlich im
Zusammenhang mit der gewohnheitsrechtlichen Adoption zur Klärung des
Personenstandes des Betroffenen. Auch wenn die Bestimmungen des
Gewohnheitsrechts hierzu im Einzelnen nicht bekannt sind, hat doch der ghanaische
Richter die Adoption in Gemäßheit mit diesem bestätigt (vgl. zu etwaigen
Ermittlungspflichten See 55 Abs.2 Courts Act, a.a.O.). Dies ist ausreichend, weil
ausländische Entscheidungen in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit nach §
16a FGG grundsätzlich anzuerkennen sind, sofern sie nach ausländischem Recht
wirksam sind.
Eine Überprüfung durch den inländischen Richter im Sinne einer "révision au fond" findet
nicht statt (Schlauß FamRZ 2007, 1699, 1700 m.w.N.). Es wird auf die Kompetenz des
ausländischen Richters vertraut, der den Fall in einem formellen Verfahren geprüft und
entschieden hat (Benicke, Typenmehrheit im Adoptionsrecht und deutsches IPR, 1995,
S. 188).
Unabhängig hiervon sind die Anforderungen an die Vereinbarkeit mit dem ordre public
bei der Anerkennung einer ausländischen Entscheidung weniger streng zu handhaben
als bei dem gemäß ausländischem Recht erfolgenden Ausspruch einer Adoption in
Deutschland. Dies beruht vor allem darauf, dass durch die Adoptionsentscheidung
regelmäßig bereits ein neues Eltern-Kind-Verhältnis begründet worden ist (so zu Recht
Emmerling de Oliveira in Müller/Sieghörtner/ Emmerling de Oliveira, Adoptionsrecht in
der Praxis, 2007, Rdn.274 m.w.N.). Auch nach deutschem Recht werden bestimmte
Mängel des Adoptionsverfahrens nach Ablauf einer längeren Zeit nicht mehr
berücksichtigt (vgl. § 1762 Abs.2 BGB) und damit der Verfestigung von gelebten
Familienbanden Rechnung getragen. Eine rudimentäre Kindeswohlprüfung relativiert sich
mit zunehmendem Zeitablauf.
Maßgebender Zeitpunkt für die Bestimmung des Verstoßes gegen den ordre public ist
der Zeitpunkt in dem über die Anerkennung zu entscheiden ist (Senat, a.a.O., 2660,
m.w.N.; vgl. auch BGH, FamRZ 1979, 577, 580; jurisPK-BGB/Behrentin, Rdn. 117 zu
Art.22 EGBGB mit umfangr.Nachw.). Das Verbleiben und Aufwachsen des Betroffenen im
Inland kann im Einzelfall die Bindung des Kindes an einen Elternteil und an den
inländischen Lebenskreis in einem Maße festigen, dass die nachträgliche Lösung aus
diesen Bindungen nach den grundlegenden deutschen Rechtsvorstellungen nicht mehr
hingenommen werden könnte (BGH, a.a.O.).
Ein solcher Fall ist hier gegeben.
Vorliegend hat der Betroffene mehr als zwanzig Jahre als Sohn des Herrn … in einer
Familie mit seiner Mutter gelebt. Er trägt seit 1993 den Namen … , besitzt deutsche
Personaldokumente auf diesen Namen und ist mit diesem Namen in das
Personenstandsregister in Ghana eingetragen. Danach sind die familiären Verhältnisse
derart verfestigt, dass allein eine Anerkennung dem Persönlichkeitsrecht des
Betroffenen und seinem grundgesetzlich geschütztem Recht auf Familie entspricht (auf
die Berücksichtigung diese Aspektes weist auch das OLG Köln in FGPrax2009, 165, 166
hin).
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Überdies erschiene ein anderes Ergebnis auch nicht frei von völkerrechtlichen Bedenken,
da die Europäische Menschenrechtskonvention nach ihrem Art.8 Deutschland zum
Schutz von Adoptionsverhältnissen verpflichtet (Staudinger FamRBint 2007, 42, 47).
Bei der Verweigerung der Anerkennung einer ausländischen Adoption ist zudem zu
beachten, dass es zu einem "hinkenden" Adoptionsverhältnis käme (BayObLG, StAZ
2000, 300), was der gewachsenen Familienbeziehung ebenso wie dem internationalen
Entscheidungseinklang grundsätzlich abträglich wäre (vgl. auch Benicke, a.a.O., S.199).
Die ghanaische Entscheidung ist daher anzuerkennen und da - wie bereits ausgeführt -
die Adoption nach ghanaischem Recht dazu führt, dass das adoptierte Kind rechtlich
vollständig in die Adoptivfamilie transplantiert wird, war ferner das Erlöschen des Eltern-
Kind-Verhältnis des Betroffenen zu seinem leiblichen Vater festzustellen (§ 2 Abs.1 2.
Hs. AdWirkG).
Wird das Vorliegen einer Volladoption festgestellt, so ist auch festzustellen, dass das
Kindschaftsverhältnis einem nach deutschem Adoptionsrecht begründetem
Adoptionsverhältnis gleichsteht (§ 2 Abs.2 Nr. 1 AdWirkG; vgl. Erman/G.Hohioch, BGB,
12.Aufl., Rdn. 28 zu Art. 22 EGBGB).
III.
Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei (§ 131 Abs. 1 Satz 2 KostO in der vor
Inkrafttreten des FGG-Reformgesetzes geltenden Fassung). Eine Erstattung der
außergerichtlichen Kosten der Beschwerdeführer wird nicht angeordnet (§ 13a Abs. 1
Satz 1 FGG).
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