Urteil des KG Berlin vom 13.03.2017

KG Berlin: vertreter, geschäftsführer, sanktion, verfahrenskosten, link, sammlung, quelle, prozesspartei, form, anhörung

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Gericht:
KG Berlin 12.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
12 W 18/07
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 141 Abs 1 S 1 ZPO, § 141 Abs
3 ZPO, § 91 ZPO
Verfahrensrecht: Anordnung eines Ordnungsgeldes wegen
Nichterscheinens gegen den Geschäftsführer einer GmbH
Leitsatz
Ist das persönliche Erscheinen der Partei (hier GmbH) gem. § 141 Abs. 1 Satz 1 ZPO in Form
des Erscheinens ihres Geschäftsführers angeordnet und erscheint dieser gleichwohl nicht, so
ist das Ordnungsgeld gegen die Partei – und nicht gegen den Geschäftsführer persönlich –
festzusetzen.
Die Kosten der erfolgreichen Beschwerde gegen die Festsetzung des Ordnungsgeldes sind
Teil der Kosten des Rechtsstreits.
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Geschäftsführers der Klägerinnen, R. N., wird der
gegen ihn ergangene Ordnungsgeldbeschluss des Landgerichts Berlin vom 24. Januar
2007 aufgehoben.
Gründe
Die in entsprechender Anwendung des § 380 Abs. 3 ZPO zulässige sofortige Beschwerde
ist erfolgreich. Das Landgericht hat zu Unrecht gegen den im Termin am 24. Januar 2007
trotz Anordnung seines persönlichen Erscheinen und ordnungsgemäßer Ladung nicht
erschienenen Geschäftsführer der Klägerinnen ein Ordnungsgeld verhängt.
1. Nach § 141 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann das Gericht das persönliche Erscheinen einer
Partei zur Sachaufklärung anordnen. Bei juristischen Personen kommt nur die Anhörung
des gesetzlichen Vertreters in Betracht (Zöller/Greger, ZPO, 26. Auflage 2007, § 141
ZPO, Rn. 2 m.w.N.).
§ 141 Abs. 3 ZPO sieht die Möglichkeit vor, gegen eine Partei, die trotz Anordnung des
persönlichen Erscheinens im Termin ausbleibt, ein Ordnungsgeld wie gegen einen im
Vernehmungstermin nicht erschienenen Zeugen festzusetzen. Diese Norm bietet keine
Rechtsgrundlage für die Verhängung eines Ordnungsgeldes unmittelbar gegen den
gesetzlichen Vertreter einer juristischen Person.
Bereits der Wortlaut deutet darauf hin, dass die Folgen eines unentschuldigten
Nichterscheinens die vertretene Prozesspartei treffen sollen, nicht den Vertreter
persönlich. Darüber hinaus will die Sanktionsmöglichkeit nach § 141 Abs. 2 ZPO
sicherstellen, dass der entscheidungserhebliche Sachverhalt so umfassend und rasch
wie möglich aufgeklärt wird und dass einvernehmliche Konfliktlösungen gefördert werden
(vgl. OLG Nürnberg, MDR 2001, 954). Die Pflicht zur Verfahrensförderung trifft jedoch
nicht den Vertreter persönlich, sondern die Partei, die er vertritt. Damit hat diese auch
die Partei für einen Verstoß gegen die Aufklärungspflicht durch ihren gesetzlichen
Vertreter einzustehen (vgl. OLG Frankfurt, MDR 2006, 170; KG, KGR 1996, 210; LAG
Hamm, MDR 1999, 825; Baumbach/Lauterbach, ZPO, 65. Aufl. 2007, § 141 ZPO, Rn. 30).
Das zur Begründung für die Gegenauffassung vorgetragene Argument, nur durch eine
Sanktion gegen den gesetzlichen Vertreter persönlich könne der Zweck der Sanktion,
die Förderung von Sachaufklärung und einvernehmlichen Lösungen erreicht werden,
überzeugt nicht (vgl. OLG Nürnberg, MDR 2001, 290; OLG Dresden, Beschluss vom 29.
April 2002 - 11 W 583/02 -; Zöller/Greger, a.a.O., Rn. 14). Zutreffend formulieren
Baumbach/Lauterbach (a.a.O.), auch eine GmbH spüre den Betrag und könne den
Geschäftsführer zur Rechenschaft ziehen.
2. Danach war der Geschäftsführer der Klägerinnen der falsche Adressat für das vom
Landgericht verhängte Ordnungsgeld, so dass der Beschluss aufzuheben war.
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3. Einer Kostenentscheidung bedurfte es nicht, da die durch das Beschwerdeverfahren
entstehenden Kosten Teil der Kosten des Rechtsstreits darstellen, die die unterlegene
Partei nach § 91 ZPO zu tragen hat (vgl. LAG Hamm, KG, jeweils a.a.O.). Für eine
gesonderte Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens besteht entgegen
der Auffassung des OLG Dresden (a.a.O.) keine Veranlassung. Zwar kann die einheitliche
Kostenentscheidung im Ergebnis dazu führen, dass die unterliegende Partei für Kosten in
Anspruch genommen wird, die sie im Verfahren nicht veranlasst hat. Letztlich ist dies
aber nichts Ungewöhnliches, wie etwa die einheitliche Entscheidung über die
Verfahrenskosten durch das erstinstanzliche Gericht nach Zurückverweisung aufgrund
erfolgreicher Berufung zeigt (vgl. Schumann/Kramer, Berufung in Zivilsachen, 6. Aufl.
2002, Rn. 621).
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