Urteil des KG Berlin vom 13.03.2017

KG Berlin: fahrzeug, kollision, geschwindigkeit, beschädigung, link, quelle, sammlung, haftpflichtversicherer, abrede, verkehrsunfall

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Gericht:
KG Berlin 12.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
12 U 55/05
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 2 Abs 1 Buchst b AuslPflVG, §
3 Nr 1 PflVG, § 3 Nr 2 PflVG
Schadensersatz bei Verkehrsunfall: Ersatz des Unfallschadens
bei Bestehen eines Vorschadens
Leitsatz
Auch wenn dem Geschädigten der Nachweis einer Schadensverursachung durch den Gegner
gelingt, gibt es gleichwohl Situationen, in denen dem Geschädigten kein Ersatzanspruch
zusteht; dies ist dann der Fall, wenn er - zusätzlich - Schäden geltend macht, die nicht auf
den behaupteten Unfall zurückzuführen sind, und wenn die bei dem Vorfall eingetretenen
Beschädigungen entweder einen vorhandenen Vorschaden nicht mehr erhöhen oder diese
nicht mehr herausgerechnet werden können. Die Klage ist ebenfalls insgesamt abzuweisen,
wenn bewiesen ist, dass ein Teil der vom Kläger geltend gemachten Schäden am
Unfallfahrzeug nicht auf die Kollision zurückzuführen sind, und der Antragsteller zu den nicht
kompatiblen Schäden keine Angaben macht oder er das Vorliegen irgendwelcher Vorschäden
bestreitet. Denn aufgrund des nicht kompatiblen Schadens lässt sich nicht ausschließen,
dass auch kompatible Schäden durch ein früheres Ereignis verursacht worden sind.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 8. Februar 2005 verkündete Urteil der
Zivilkammer 24 des Landgerichts Berlin - 24 O 395/03 - wird auf seine Kosten
zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht Schadensersatzansprüche des Klägers
gegen den Beklagten aus §§ 2 Abs. 1 b, 6 AuslPflVG i. V. mit § 3 Nr. 1, 2 PflVG wegen des
Schadensereignisses vom 1. April 2003 auf der in B. gelegenen Straße R. in Höhe der
Einmündung der Z.-straße verneint.
a) Allerdings ist dem Kläger zuzugeben, dass das Landgericht verpflichtet gewesen wäre,
auf seinen Antrag vom 22. September 2004 den Sachverständigen H. zur mündlichen
Verhandlung zu laden um dem Kläger Gelegenheit zu geben, dem Sachverständigen
Fragen zu stellen (vgl. BGHZ, 6, 398; NJWRR 2001, 1431; Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., §
411 Rdnr. 5 a m. w. N.).
Die im Berufungsverfahren durchgeführte ergänzende Befragung des Sachverständigen
Dipl. Ing. M. H. in der mündlichen Verhandlung vom 17. Oktober 2005 hat jedoch
letztendlich zu keinem dem Kläger günstigeren Beweisergebnis geführt.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass
die feinlinig gekennzeichneten und sich teilweise kreuzenden Schleifspuren an der
Hinterkante des linken Seitenbereichs des Frontstoßfängers des klägerischen Fahrzeugs
(Bild 2 der Gutachtenanlage), die kurze Einkerbung am vorderen Bereich des
Radausschnitts des klägerischen Fahrzeugs (Bilder 3 und 4 der Gutachtenanlage), die
schwach gezeichneten hellen Streifspuren im Bereich des Kotflügels des klägerischen
Fahrzeugs sowie im Bereich der Fahrertür (Bild 5 der Gutachtenanlage), die kurzen
Einkerbungen im Bereich der B-Säule (Bild 10 der Gutachtenanlage) sowie die
Beschädigung des linken Außenspiegels (Bilder 7 und 8 der Gutachtenanlage) nicht
durch einen Anstoß der rechten vorderen Ecke des Beklagtenfahrzeugs verursacht
worden sein können. Insoweit folgt das Gericht den zutreffenden Ausführungen auf den
Seiten 6 und 7 des angefochtenen Urteils.
Auf Befragen des klägerischen Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung
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Auf Befragen des klägerischen Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung
hat der Sachverständige H. ergänzend ausgeführt, die Kollisionsgeschwindigkeit, die sich
im vorliegenden Fall nicht mehr genau habe feststellen lassen, sei nicht allein
ausschlaggebend für das Schadensbild. Dieses hänge auch vom Gewicht des Fahrzeugs
ab, welches den Anstoß verursacht.
Ein schwereres Fahrzeug könne bei geringerer Geschwindigkeit gleiche Schäden
verursachen, wie ein leichteres Fahrzeug mit entsprechend höherer Geschwindigkeit.
Entscheidend sei im vorliegende Fall, dass Fehlen korrespondierender Schäden an den
beteiligten Fahrzeugen. Wäre der Kleintransporter Mercedes-Benz 207, wie vom Kläger
behauptet, mit der vorderen rechten Ecke gegen die vordere linke Seite des
klägerischen Fahrzeugs gestoßen, so hätten unterhalb der vom Kläger geltend
gemachten Schäden erhebliche Schäden durch die vorstehende Stoßstange des
Kleintransporters verursacht werden müssen. Derartige Schäden liegen indessen, was
auch der Kläger nicht bezweifelt, nicht vor. Wäre die Beschädigung des Spiegels durch
den Kleintransporter verursacht worden, so hätten gleichzeitig Kontaktspuren der
Stoßstange an der linken Seite bzw. Tür des klägerischen Fahrzeugs entstehen müssen.
Gleiches gelte für die geltend gemachten Beschädigungen des Kotflügels und der
Fahrertür.
Der Sachverständige hat auch überzeugend und nachvollziehbar ausgeführt, dass die
Beschädigungen im Bereich des Türschlosses des klägerischen Fahrzeugs nicht auf
einen Anstoß der unter der Stoßstange befestigten Abschleppöse des Kleintransporters
zurückgeführt werden können. Denn bevor es zu einer Berührung der Abschleppöse mit
den weiter innen gelegenen Fahrzeugteilen des klägerischen Mercedes-Benz gekommen
wäre, hätte die Abschleppöse zunächst mit weiter außen liegenden Fahrzeugteilen in
Berührung kommen und diese beschädigen müssen. Derartige Beschädigungen fehlten
indes. Das Schadensbild deute eher darauf hin, dass das Schloss des Sicherheitsgurtes
dort eingeklemmt worden sei.
b) Der Umstand, dass jedenfalls ein erheblicher Teil der vom Kläger geltend gemachten
Schäden nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht auf die behauptete Kollision mit
dem Kleintransporter zurückgeführt werden können führt dazu, dass die Klage
insgesamt abzuweisen ist.
Ein Anspruch auf Ersatz für solche Schäden, die möglicherweise auf die behauptete
Kollision zurückgeführt werden könnten, besteht nicht.
Auch wenn dem Geschädigten der Nachweis einer Schadensverursachung gelingt
scheidet ein Ersatzanspruch nach der ständigen Rechtsprechung des Senats dann aus,
wenn er - unter Umständen zusätzlich - Schäden geltend macht, die nicht auf den
behaupteten Unfall zurückzuführen sind und wenn sich herausstellt, dass die bei dem
Vorfall eingetretenen Beschädigungen entweder einen anderen Vorschaden nicht mehr
erhöhen, oder nicht mehr heraus gerechnet werden können (vgl. Senat, Urteile vom 28.
Juni 1993 - 12 U 2350/92 - ; vom 27. Februar 1995 - 12 U 3250/93 -).
Hiernach ist ein Ersatzanspruch insbesondere dann nicht gegeben, wenn nachweislich
das Fahrzeug des Geschädigten vorgeschädigt war, dieser aber den Vorschaden in
Abrede stellt um auch diesen ersetzt zu erhalten und dadurch den in Anspruch
genommenen Haftpflichtversicherer unberechtigt schädigen will (Senat, Urteile vom 20.
Februar 1995 - 12 U 451/94 -; vom 11. Juli 1996 - 12 U 3918/95 - ; vom 22. September
1997 - 12 U 1683/96 -).
Ist bewiesen, dass nicht sämtliche Schäden am Unfallfahrzeug auf das Unfallereignis
zurückzuführen sind, und macht der Antragsteller zu den nicht kompatiblen Schäden
keine Angaben bzw. bestreitet er das Vorliegen irgendwelcher Vorschäden, ist ihm auch
für diejenigen Schäden, die dem Unfallereignis zugeordnet werden könnten, kein Ersatz
zu leisten. Denn auf Grund des nicht kompatiblen Schadens lässt sich nicht
ausschließen, dass auch kompatible Schäden durch ein früheres Ereignis verursacht
worden sind (OLG Köln, VM 1999, 94 Nr. 97 = MDR 1999, 1324 = VersR 1999, 856).
So liegt der Fall nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch hier.
Schadensersatzansprüche des Klägers sind mithin insgesamt ausgeschlossen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Sache weder grundsätzliche Bedeutung
hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO).
3. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10,
713 ZPO in Verbindung mit § 26 Nr. 8 EGZPO.
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