Urteil des KG Berlin vom 26.01.2004

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Gericht:
KG Berlin 2.
Strafsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2 Ss 31/04
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 138 Abs 1 StPO, § 345 Abs 2
StPO, § 346 Abs 1 StPO, § 74
Abs 2 OWiG, § 79 Abs 3 S 1
OWiG
Rechtsbeschwerde in Bußgeldsachen: Fehlende
Verwerfungskompetenz des Tatrichters bei angeblich
mangelhafter Verteidigerwahl
Tenor
1. Auf den Antrag des Betroffenen auf Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts wird
der Beschluß des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vom 26. Januar 2004 aufgehoben.
2. Die Verteidigung des Betroffenen durch Prof. Dr. jur. ..., ..., ..., wird genehmigt.
3. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten
in Berlin vom 16. September 2003 wird gemäß §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 349 Abs. 2
StPO verworfen.
Der Betroffene hat die Kosten seiner Rechtsbeschwerde zu tragen.
Gründe
Das Amtsgericht Tiergarten in Berlin hat durch das angefochtene Urteil den Einspruch
des Betroffenen gegen den Bußgeldbescheid des Polizeipräsidenten in Berlin, durch den
gegen ihn ein Bußgeld in Höhe von 100,– Euro und ein einmonatiges Fahrverbot
angeordnet worden sind, nach § 74 Abs. 2 OWiG verworfen. Durch Beschluß vom 26.
Januar 2004 hat es seine Rechtsbeschwerde gemäß §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 346 Abs.
1 StPO als unzulässig verworfen. Sein dagegen gerichteter Antrag auf gerichtliche
Entscheidung hat Erfolg; seine Rechtsbeschwerde hingegen nicht.
1. Der Beschluß des Amtsgerichts vom 26. Januar 2004 ist aufzuheben, weil das
Amtsgericht für die von ihm getroffene Entscheidung nicht zuständig war. Sie ist darauf
gestützt, daß Prof. Dr. ... kein Rechtslehrer an deutschen Hochschulen im Sinne des §
138 Abs. 1 StPO sei, ein Genehmigungsantrag nach § 138 Abs. 2 StPO nicht gestellt
worden und eine Genehmigung auch nicht in der ihm durch den Vorsitzenden der
Abteilung erteilten Akteneinsicht zu erblicken sei. Für eine derartige Entscheidung war im
Rahmen der Verwerfung der Rechtsbeschwerde nach §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 346 Abs.
1 StPO kein Raum, da die Prüfungskompetenz des Tatrichters auf reine Äußerlichkeiten
der Fristen und der Form der Rechtfertigung beschränkt ist (KMR StPO § 346 Rdn. 5); die
Befugnis, die Rechtsbeschwerde aus einem anderen Grund als unzulässig zu verwerfen,
steht allein dem Rechtsbeschwerdegericht zu, und zwar auch dann, wenn ein solcher
Grund mit Mängeln der Form- oder Fristeinhaltung zusammentrifft (BGH NStZ 2000,
2017), wie vorliegend die Frage der Wahlverteidigung durch Prof. Dr. ... und die
Nichterfüllung der Form des § 345 Abs. 2 StPO.
2. Der Antrag von Prof. Dr. ... vom 2. Februar 2004 beinhaltet auch das Begehren auf
Genehmigung gemäß § 138 Abs. 2 erste Alternative StPO, das in stillschweigender Form
bereits in der Einlegung der Rechtsbeschwerde und ihrer Begründung (vgl. Meyer-
Goßner, StPO 46. Aufl., § 138 Rdn. 10 f) in Verbindung mit der vorangegangenen
Prozeßgeschichte liegt. Der Senat erteilt die Genehmigung als dafür zuständiges Gericht
(vgl. Meyer-Goßner, § 138 Rdn. 16). Er sieht in Ausübung seines pflichtgemäßen
Ermessens unter Berücksichtigung des ersichtlich bestehenden Vertrauensverhältnisses
zwischen dem Betroffenen und Prof. Dr. ..., der Tatsache, daß dieser Doktor der
Jurisprudenz ist und als Professor an einer Fachhochschule Zivilrecht lehrt, keine
Bedenken betreffend seine ausreichenden Sachkunde und seine Vertrauenswürdigkeit
(vgl. Meyer-Goßner, § 138 Rdn. 13). Die durch den Senat erteilte Genehmigung hat
rückwirkende Kraft (vgl. Lüderssen in LR, StPO 25. Aufl., § 138 Rdn. 28; Meyer-Goßner, §
138 Rdn. 15 m.N.).
3. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten
vom 16. September 2003 ist gemäß § 79 Abs. 3 OWiG, 349 Abs. 3 StPO offensichtlich
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vom 16. September 2003 ist gemäß § 79 Abs. 3 OWiG, 349 Abs. 3 StPO offensichtlich
unbegründet.
4. Die Entscheidung über die Kosten der Rechtsbeschwerde folgt aus §§ 46 Abs. 1 OWiG,
473 Abs. 1 Satz 1 StPO.
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