Urteil des KG Berlin vom 13.03.2017
KG Berlin: vollmachten, informationspflicht, widerklage, beratungsvertrag, vollstreckung, wertpapierhandel, vertretungsmacht, ausführung, sicherheitsleistung, rückvergütung
1
2
3
4
5
6
7
Gericht:
KG Berlin 8. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
8 U 282/01
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 31 Abs 2 S 1 Nr 1 WpHG, § 31
Abs 2 S 1 Nr 2 WpHG
Wertpapierhandel: Aufklärungs- und Informationspflichten der
depotführenden Bank bei Beauftragung eines
Wertpapierdienstleistungsunternehmens durch den Kunden
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der Zivilkammer 21 des Landgerichts Berlin
wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 44.000 EUR abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Berufung des Klägers richtet sich gegen das am 19. Juni 2001 verkündete
Versäumnisteil- und Schlussurteil des Landgerichts Berlin, auf dessen Tatbestand und
Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.
Der Kläger hält die erstinstanzliche Entscheidung für rechtsfehlerhaft und ist weiterhin
der Auffassung, dass ihm ein Schaden in Höhe von 117.406,04 DM entstanden sei. Er
wendet sich auch weiterhin gegen seine auf die Widerklage hin erfolgte Verurteilung zur
Zahlung von 62.330,42 DM nebst Zinsen.
Die Beklagte zu 1) (im Folgenden Beklagte) habe durch den von ihr vorgelegten
Fragebogen nach § 31 Absatz 2 des Wertpapierhandelsgesetzes (im Folgenden WpHG)
vom 18. August 1999 Kenntnis davon gehabt, dass er keine Erfahrung mit
Wertpapiergeschäften habe, zwar eine risikobewusste Anlagementalität besitze, aber
unter anderem kein marginpflichtigen Börsentermingeschäfte ausführen wolle. Zudem
ergab sich aus dem Fragebogen, dass er Schüler sei und ein Jahreseinkommen von
8.000 DM habe.
Aus der ebenfalls am 18. August 1999 erteilten Verwaltungsvollmacht für die Beklagte
zu 2) (im Folgenden P) habe sich zwar ergeben, dass auch Börsentermingeschäfte
abgeschlossen werden durften. Aus dem Gesamtzusammenhang ergab sich aber, dass
diese nur zur Absicherung (H) erteilt werden durften. Dem entsprach auch der Stand des
Depots zum Zeitpunkt des Übergangs am 18. August 1999. Dort seien 1.081,674
Spezialanteile D-D B Geldmarktfonds-Spezialanteile sowie 10 Stück VO (E) Dax Call
5.750 Okt. 1999 und 15 Stück VO (E) Dax Put 5.350 Sept. 1999 bei einem Stand des
Kontokorrentkontos von 7.121,34 DM vorhanden gewesen.
Die Beklagte habe dabei ebenso wie die P gewusst, dass er keine Sicherheiten zu bieten
gehabt habe, um marginpflichtige Börsentermingeschäfte zu begleiten. Ein
entsprechender Auftrag zur Durchführung derartiger Geschäfte sei von ihm auch nicht
erteilt worden.
In der Folge seien dennoch die Geldmarktfondsanteile veräußert worden und an der E
Dax-Optionen erworben worden. Dabei habe es sich ausschließlich um Produkte der
Beklagten gehandelt, die im Übrigen dafür auch eine Rückvergütung von 1.300 DM
gezahlt habe. Trotz steigender Aktienkurse habe dieses Verhalten zu einer
Vermögensverringerung zum 1. Januar 2000 auf 44.060,43 DM geführt. Am 11. Februar
2000 habe ein Minus von 55.595,89 DM bestanden. Der Kläger habe aber nie einen
Kreditvertrag mit der Beklagten geschlossen.
Mit Schreiben vom 13. Januar 2000 habe die P die Beklagte dann darüber in Kenntnis
gesetzt, dass der Kläger ihren Marginalforderungen nicht nachkommen wolle. Dennoch
habe die P am 14. Januar 2000 weitere Geldmarktfondsanteile, also Sicherheiten
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
habe die P am 14. Januar 2000 weitere Geldmarktfondsanteile, also Sicherheiten
veräußert und Optionen im Wert von 68.000 DM erworben. Diese Transaktionen habe die
Beklagte in Kenntnis der "Margin-Unwilligkeit" des Klägers abgewickelt und diesen dann
mit Schreiben vom 14. Januar 2000 wegen eines Schuldsaldos ohne Kreditvereinbarung
von 42.484,33 DM gemahnt. Am 9. Februar 2000 verwertete die Beklagte dann die
restlichen Geldmarktfondsanteile, so dass sich dann ein Schuldsaldo von 55.595,89 DM
ergab.
Dieses Verhalten der Beklagten verstoße schon gegen die Richtlinie zu § 35 Absatz 2
WpHG, nach der ein Auftrag für einen Kunden, der nicht der mitgeteilten Risikokategorie
entspricht, nur ausgeführt werden kann, wenn sichergestellt ist, dass der Kunde die
erforderliche Aufklärung vor der Ausführung des Auftrags erhalten hat. Daraus ergebe
sich, dass die Beklagte sich regelmäßig mit der Art der Transaktionen ihrer Kunden
beschäftigen müsse. Dies gelte dann aber auch, wenn dieser Verwaltungsfirmen
eingeschaltet habe, weil sich hieraus ein offensichtlicher Vollmachtsmissbrauch ergebe.
Unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Falles müsse es der Beklagten
daher zum Vorwurf gemacht werden, dass sie trotz des Schreibens vom 13. Januar 2000
weiter die Aufträge der P ausgeführt habe, ohne den Kläger zu informieren.
Er beantragt,
1. das Urteil des Landgerichts Berlin vom 19. Juni 2001, Az.: 21 O 559/00, in den
Punkten 3. bis 5 aufzuheben,
2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn DM 117.406,04 nebst Zinsen in Höhe von 5%
über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatzüberleitungs-Gesetzes vom 9. Juni
1998 seit dem 1. Februar 2001 zu zahlen,
3. die Widerklage abzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die landgerichtliche Entscheidung für richtig. Es treffe schon nicht zu, dass der
Kläger das eingesetzte Vermögen zur Finanzierung seines Studiums verwenden wollte.
Bereits erstinstanzlich sei vorgetragen und von der P auch unter Beweis gestellt worden,
dass der Kläger lediglich eine Strohmannfunktion für seinen Vater ausüben sollte, wofür
nicht nur dessen späteres Verhalten, sondern auch die Erteilung einer umfassenden
Kontovollmacht für ihn durch den Kläger spreche.
Die Einholung eines Fragebogens nach § 31 Absatz 2 WpHG sei nur vorsorglich erfolgt
und zwar für den Fall, dass der Kläger die Verwaltung des Vermögens selbst
übernehmen wollte. Die dortigen Angaben widersprachen im Übrigen auch den weiter
erteilten Vollmachten, die gerade hochspekulative Geschäfte betrafen. Dass die P nur
zur Durchführung von Termingeschäften zum H befugt war, ergab sich aus der
Vollmacht gerade nicht. Zum Zeitpunkt der Übertragung der Konten bestand für die E-
Positionen überdies bereits eine Marginalforderung in Höhe von 49.736,46 DM. Die
Position hätte zum Zeitpunkt der Übertragung aber mit einem geringen Verlust von
4.126,80 DM aufgelöst werden können.
Es sei auch falsch, dass die P weisungswidrig weitere Geldmarktfondsanteile veräußert
habe. Dazu sei diese aufgrund der Optionsverbindlichkeiten gezwungen gewesen. Die P
habe auch keine Rückvergütung erhalten. Diese habe dem Kläger direkt zugestanden
und gutgeschrieben worden.
Sie habe auch von einer Unwilligkeit des Klägers zum Einstehen für die durch die
Optionen entstandenen Beträge nichts gewußt. Das Schreiben vom 13. Januar 2000 sei
ihr unbekannt. Das Schreiben sei auch nicht an sie gerichtet. Entgegen der dortigen
Ankündigung habe die P sie auch nicht informiert. Die P habe sie vielmehr am 24. Januar
2000 darüber informiert, dass der Vater des Klägers zugesagt habe, dass Sollsaldo
kurzfristig auszugleichen. Nachdem dies nicht geschehen sei, habe man auf das
Schreiben des Vaters vom 2. Februar 2000 mit diesem Kontakt aufgenommen.
Nachdem die Sachlage nicht geklärt werden konnte, habe man am 9. Februar 2000 eine
Liquidierung aller offenen Terminpositionen vorgenommen. Daraus resultierte das Saldo
von 55.595,89 DM.
A. Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.
I. Das Landgericht hat die auf Zahlung von 117.406,04 DM gerichtete Klage zu Recht
20
21
22
23
24
25
26
27
I. Das Landgericht hat die auf Zahlung von 117.406,04 DM gerichtete Klage zu Recht
abgewiesen.
1. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Schadensersatz wegen der Verletzung von
Aufklärungs- und Informationspflichten gegen die Beklagte zu.
a) Entsprechende vertragliche Ansprüche sind nicht gegeben.
aa) Dabei kann offen bleiben, ob der Kläger lediglich Strohmann seines Vaters war und
das Konto entgegen seinen Angaben auf dem Konto- und Depoteröffnungsantrag vom
18. August 1999 nicht für eigene Rechnung, sondern für die Rechnung seines Vaters
geführt hat. Etwaige Aufklärungs- und Informationspflichten aus der Vertragsbeziehung
bestanden gleichwohl gegenüber dem Kläger, weil die Übertragung des Vermögens und
die Kontoeröffnung auch nach dem Vortrag der Beklagten steuerliche Gründe hatte. Für
die steuerliche Wirksamkeit der Geschäfte war aber deren zivilrechtliche Wirksamkeit
Voraussetzung, so dass kein Scheingeschäft vorlag, weil die Wirksamkeit gewollt war
(vgl. dazu BGHZ 67, 334; NJW-RR 1993, 367). Dem steht auch nicht entgegen, dass die
Beklagte möglicherweise Kenntnis von den entsprechenden Absichten des Klägers und
seines Vaters hatte (vgl. dazu OLG Hamm WM 1985, 346; Palandt/Heinrichs, BGB, 61.
Aufl., § 117 Rn. 6).
bb) Es fehlt aber an entsprechenden vertraglichen Pflichten; ein Beratungsvertrag ist
zwischen den Parteien nicht zustande gekommen. Nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofes kann ein Beratungsvertrag mit der Pflicht zur anlegergerechten
Information und Aufklärung zwar auch stillschweigend zustande kommen. Dies setzt
aber voraus, dass sich der Kunde mit der Bitte um Beratung an die Bank wendet oder
diese dem Kunden Anlageobjekte anbietet. An einer solchen Fallgestaltung fehlt es hier.
Allein daraus, dass sich die Beklagte durch den Fragebogen nach § 31 Absatz 2 WpHG
Informationen über den Kläger, seine Vermögensverhältnisse, seine Anlageerfahrungen
und -ziele verschafft hat, kommt kein Beratungsvertrag zustande. Die Einholung der
Informationen entsprach vielmehr einer gesetzlichen Verpflichtung der Beklagten. Allein
aus den Kontoführungsverträgen bzw. den einzelnen Ausführungsaufträgen ergeben sich
die von dem Kläger verlangten Informations- oder Warnpflichten nicht.
b) Der geltend gemachte Anspruch steht dem Kläger auch nicht wegen einer
unerlaubten Handlung zu. Allerdings wird § 31 Absatz 2 WpHG als Schutzgesetz im Sinne
des § 823 Absatz 2 BGB angesehen (vgl. Gaßner/Escher, WM 1997, 93, 94; Hopt, ZHR
159 (1995), 135, 160; Koller in Assmann/Schneider, Wertpapierhandelsgesetz, 2. Aufl.,
vor § 31 Rn. 17; Palandt/Thomas, BGB, 61. Aufl., § 823 Rn. 151), so dass eine Verletzung
der sich aus § 31 Absatz 2 WpHG ergebenden Pflichten einen Schadensersatzanspruch
rechtfertigen könnte. Die Voraussetzungen für eine Verletzung der hier allein in Betracht
kommenden Informationspflicht liegen hier aber nicht vor.
Insoweit fehlt schon genauer Vortrag des Klägers dazu, wann die Beklagte welche
Informationen oder Warnungen hätte erteilen sollen. Insoweit kann zwar unterstellt
werden, dass der Kläger sich bei Erteilung etwaiger Hinweise entsprechend verhalten
hätte. Ein solcher Vortrag wäre aber erforderlich, weil andernfalls nicht festgestellt
werden könnte, welcher Schaden aus diesem Unterlassen entstanden ist.
Ein Anspruch wegen der Verletzung einer Informationspflicht scheitert aber auch daran,
dass die Beklagte im vorliegenden Fall nicht zur Erteilung einer Information verpflichtet
war. Denn die Pflicht zur Information besteht nur insoweit, wie diese erforderlich war. Der
Kläger aber wurde durch ein Unternehmen vertreten, das selbst den Verpflichtungen
nach § 31 Absatz 2 WpHG unterlag. Dies war der Beklagten aus der Erteilung der
verschiedenen Vollmachten bekannt. Die Beklagte durfte insoweit mangels anderer
Anhaltspunkte demnach davon ausgehen, dass die P ihre Verpflichtungen gegenüber
dem Kläger erfüllt. Dass insoweit wegen des Umfangs der Informationspflicht auf den
Vertreter abzustellen ist, entspricht nicht nur der Auffassung in der Literatur (vgl.
Schäfer, Wertpapierhandelsgesetz, 1998, § 31 Rn. 36), sondern auch der Richtlinie des
Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel (vgl. Ziffer 3.3 der Richtlinie gemäß §
35 Absatz 2 des Gesetzes über den Wertpapierhandel vom 28. Mai 1997, BAnz Nr. 98
vom 3. Juni 1997, S. 6586). Davon geht letztlich auch der Bundesgerichtshof aus (vgl.
NJW 1995, 1554, 1555 a.E. = WM 1995, 658). Soweit in der Richtlinie in der Regelung
Ziffer 3.6. für den Fall, dass das Wertpapierdienstleistungsunternehmen lediglich die
Ausführung der Aufträge zu besorgen, dem Anleger aber Kredit einräumt oder von ihm
Sicherheiten verlangt, eine Pflicht zur Aufklärung der Verhältnisse des Anlegers hat,
bedeutet dies nicht, dass auch die Beklagte im vorliegenden Fall gegenüber dem Kläger
persönlich wieder in die Pflichten nach § 31 Absatz 2 WpHG eingetreten wäre (so aber
wohl im Ergebnis Schäfer, Wertpapierhandelsgesetz, 1998, § 31 Rn. 37). Denn die
Regelung geht erkennbar davon aus, dass kein weiteres
28
29
30
31
32
33
34
Regelung geht erkennbar davon aus, dass kein weiteres
Wertpapierdienstleistungsunternehmen beteiligt ist. Dieser Fall liegt hier nicht vor, weil
die P dem Kläger gegenüber die Pflichten aus § 31 Absatz 2 WpHG wahrzunehmen hatte.
2. Die von der P im Namen des Klägers getätigten Geschäfte sind auch gegenüber den
Parteien des Berufungsverfahrens bindend, so dass der Kläger nicht die vor der
Aufnahme der Tätigkeit der P vorhandene Geldsumme von der Beklagten
zurückverlangen kann.
a) Dass die getätigten Geschäfte wegen der fehlenden Termingeschäftsfähigkeit des
Klägers nach § 52 BörsG nicht bindend waren, hat dieser schon nicht behauptet. Wegen
der Termingeschäftsfähigkeit ist zwar auf den Kläger selbst und nicht auf die ihn
vertretende P abzustellen. Der Kläger hat aber unstreitig die notwendige Belehrung
erhalten und am 18. August 1999 entsprechende Schriftstücke unterzeichnet.
b) Der Kläger ist durch die Geschäfte der P wirksam verpflichtet worden. Die P hat nicht
nur im Namen des Klägers gehandelt, sie war auch ausreichend bevollmächtigt. Die
Erteilung einer Vollmacht für die P wird von dem Kläger nicht bestritten. Diese Vollmacht
war auch wirksam, insbesondere liegt kein Fall des Vollmachtsmissbrauches vor.
Soweit der Kläger nunmehr behauptet, die Beklagte habe über ein Schreiben vom 13.
Januar 2000 Kenntnis darüber erlangt, dass er zur Stellung der verlangten Sicherheiten
nicht bereit gewesen wäre, ändert dies nichts. Die Beklagte hätte zwar bei
entsprechender Kenntnis nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand davon ausgehen
können, dass der Kläger auch mit weiteren Termingeschäften nicht einverstanden ist.
Die Beklagte bestreitet aber den Zugang des Schreibens vom 13. Januar 2000. Dieses
Schreiben ist auch nicht an die Beklagte, sondern an den Kläger gerichtet und lautet
dahin, dass die Beklagte über die Unwilligkeit zur Sicherheitsstellung informiert würde,
wenn diese nicht erfolgt. Der Kläger hat bisher keinen Beweis für eine Kenntnis der
Beklagte zu diesem Zeitpunkt angeboten. Dies geht zu seinen Lasten, weil derjenige der
das Erlöschen einer bestehenden Vollmacht behauptet, die dies rechtfertigenden
Umstände darzulegen- und zu beweisen hat (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., § 164
Rn. 18).
Es liegt kein Vollmachtsmissbrauch vor, der zu einer Einschränkung der
Vertretungsmacht der P geführt hätte. Ein zu berücksichtigender Missbrauch kann
überhaupt nur dann vorliegen, wenn der Bevollmächtigte für die Gegenseite erkennbar in
ersichtlich verdächtiger Weise Gebrauch gemacht, so dass sich dem anderen Teil der
begründete Verdacht eines Treueverstoßes aufdrängen musste (vgl. BGHZ 113, 315,
320; NJW 1995, 250; NJW 1990, 384). Es muss mit anderen Worten eine objektive Evidenz
vorliegen (vgl. BGH, NJW 1994, 2082; 1995, 250; 1999, 2883). Dies folgt daraus, dass der
Vertretene grundsätzlich selbst das Risiko dafür trägt, dass der von ihm mit einer
bestimmten Vertretungsmacht Ausgestattete von den im Innenverhältnis getroffenen
Abreden abweicht (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., § 164 Rn. 13).
Eine solche Fallgestaltung ist hier nicht gegeben. Auch wenn der Kläger darauf hinweist,
dass die P in ständiger Geschäftsbeziehung zur Beklagten stand, ausschließlich deren
Produkte erworben hat und schließlich auch noch Gebühren vergütet hat, reicht diese für
die Annahme eines kollusiven Verhaltens der Beklagten mit der P zum Nachteil des
Klägers nicht aus. Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass die vergüteten 1.300 DM
dem Kläger als Kunden originär zustanden, so dass kein Fall des sog. "kick back" vorlag,
in dem eine Bank dem von ihr provisionierten Vermögensverwalter eine besondere
Vergütung zukommen lässt. Im Übrigen liegen aber auch keine Anhaltspunkte für ein
bewusstes Zusammenwirken vor.
Für die Beklagte war nicht objektiv offensichtlich erkennbar, dass die P über die Grenzen
ihres Auftrags hinaus handelte. Insoweit weist der Kläger zwar darauf hin, dass er den
Fragebogen der Beklagten dahin ausgefüllt habe, dass er keine Erfahrungen mit
Wertpapiergeschäften habe, kein höheres laufendes Einkommen, die Anlage der
Finanzierung seiner Ausbildung dienen sollte und er eine lediglich risikobewußte und
nicht spekulative Anlagestrategie zu verfolgen beabsichtigte. Bereits im Rahmen des
Umfangs der rechtsgeschäftlichen Aufklärungspflicht hat der Bundesgerichtshof aber
darauf hingewiesen, dass insoweit alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind.
Es kann demnach nicht allein auf die Angaben des Klägers in dem Fragebogen nach § 31
Absatz 2 WpHG ankommen. Die Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass alle weiteren
Umstände auf eine andere Strategie hindeuteten. So hat der Kläger nicht nur bereits ein
Depot übernommen, das auch Terminoptionen enthielt. Er hat auch der P Vollmachten
erteilt und der Bank Auskünfte gegeben, die Voraussetzung für die Fortsetzung
derartiger Geschäfte waren. Dem steht auch nicht der der P erteilte Verwaltungsauftrag
entgegen. Soweit der Beklagte meint, aus diesem Auftrag ergebe sich, dass
35
36
37
38
entgegen. Soweit der Beklagte meint, aus diesem Auftrag ergebe sich, dass
Börsentermingeschäfte nur zur Absicherung des Vermögens zulässig gewesen seien,
trifft dies nicht zu. Insbesondere § 3 des Auftrags enthält keine Einschränkungen in
dieser Hinsicht. Demnach deuteten die Gesamtumstände für die Beklagte nicht darauf
hin, dass die P die ihr erteilten Vollmachten in auffälliger Weise nutzte. Soweit der Kläger
in dem Schriftsatz vom 6. Dezember 2002 meint, ein Fehlverhalten der P sei für die
Beklagte klar ersichtlich gewesen, fehlt es an weiterem Tatsachenvortrag.
II. Das Landgericht hat den Kläger weiter zu Recht auf die Widerklage hin zur Zahlung von
62.330,42 DM verurteilt. Dieser Betrag steht der Beklagten aus dem Bankvertrag gegen
den Kläger zu. Einwendungen gegen die Höhe des Saldos hat der Kläger nicht
vorgebracht. Dem steht nicht entgegen, dass zwischen den Parteien kein Kreditvertrag
bestand. Denn die Beklagte hatte diese Beträge aufgrund der mit wirksamer Vollmacht
des Klägers getätigten Geschäfte für diesen verauslagt.
Dieser Betrag ist nach §§ 284, 288 BGB a.F. zu verzinsen.
B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Absatz 1 ZPO, die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Der von der Beklagten
gestellte Antrag nach § 712 ZPO kann unberücksichtigt bleiben, weil die Beklagte nicht
Vollstreckungsschuldner ist. Auch der Antrag auf die Zulassung der Sicherheitsleistung
durch Bankbürgschaft ist durch die Regelung des § 108 Absatz 1 Satz 2 ZPO n.F.
hinfällig.
C. Revisionszulassungsgründe werden von den Parteien nicht vorgetragen und sind auch
sonst nicht ersichtlich.
Datenschutzerklärung Kontakt Impressum