Urteil des KG Berlin vom 14.07.2000

KG Berlin: verwaltung, komplementär, geschäftsführer, verwalter, ermessen, passivlegitimation, abgabe, rechtsirrtum, konkursmasse, weisung

1
2
3
4
5
6
7
Gericht:
KG Berlin 24.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
24 W 142/02
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 16 Abs 2 WoEigG, § 21 Abs 3
InsO, § 80 Abs 1 InsO
Wohnungseigentum: Freigabe durch Insolvenzverwalter;
Änderung des Passivrubrums im Wohngeldverfahren
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerinnen haben als Gesamtschuldnerinnen die Gerichtskosten dritter
Instanz zu tragen.
Außergerichtliche Kosten dritter Instanz sind nicht erstatten.
Der Geschäftswert dritter Instanz wird auf 54.196,94 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die beiden antragstellenden GmbH's und die Antragsgegner bilden die
Wohnungseigentümergemeinschaft der Wohnanlage, die seit dem 14. Juli 2000 von der
Beteiligten zu III. verwaltet wird. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Ablehnung eines
Beschlussantrages der Antragstellerinnen auf der Eigentümerversammlung vom 1.
Februar 2001 unter TOP I. 2. ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht oder ob die
Antragsgegner verpflichtet waren, diesem Antrag zuzustimmen.
Der Geschäftsführer der Antragstellerin zu 1. ist gleichzeitig der ehemalige
Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Antragsgegnerin zu II. 8., der W.-GmbH &
Co. KG i. K., der 18 Wohnungen in der Wohnanlage gehören und die in dem Verfahren 70
II 53/00 WEG des Amtsgerichts auf Zahlung rückständiger Wohngelder aus den Jahren
1996 bis 2001 in Höhe von 562.877,71 DM in Anspruch genommen worden ist. Der
Geschäftsführer der Antragstellerin zu 1. ist außerdem einer der Liquidatoren der
Komplementär-GmbH. Über das Vermögen der GmbH & Co. KG wurde am 23. Juni 1997
das Konkursverfahren eröffnet und Rechtsanwalt F. als Konkursverwalter eingesetzt. Der
Konkursantrag über das Vermögen der Komplementär-GmbH wurde mangels Masse am
30. Juni 1997 abgelehnt. Der Konkursverwalter Rechtsanwalt F. erklärte mit Schreiben
vom 26. August 1997 die Freigabe u. a. der Wohnungen in der hiesigen Wohnanlage aus
der Konkursmasse. Das Schreiben ging dem Geschäftsführer der Antragstellerin zu 1.
zu, der die Freigabe für nicht ordnungsgemäß und offenkundig nichtig hält.
Auf der Versammlung vom 1. Februar 2001 wurde zu TOP I. 2. die Ablehnung des
Beschlussantrages protokolliert, dass die Eigentümergemeinschaft die Verwalterin mit
sofortiger Wirkung anweise, das Verfahren vor dem Amtsgericht zu 70 II 53/00 WEG um
106.000,00 DM zu erweitern und auf den Konkursverwalter Rechtsanwalt F. umzustellen.
Die Antragstellerinnen haben die Ansicht vertreten, dass die Ablehnung der
Zustimmung zu dem Beschlussantrag ordnungsmäßiger Verwaltung widerspreche, weil
die Freigabe des Konkursverwalters nicht wirksam zugegangen und überdies nach der
Rechtsprechung des BGH (NJW 1983, 2018) nichtig sei. Auf dem Konto des
Konkursverwalters lägen erhebliche Geldbeträge, die in Anspruch genommen werden
könnten.
Die Antragstellerinnen haben beantragt,
die Antragsgegner zu 3. – 7. zu verpflichten, dem Beschlussantrag zu TOP I. 2.
zuzustimmen.
Auf der Antragsgegnerseite hat sich lediglich der Antragsgegner zu 6. an dem
vorliegenden Verfahren beteiligt und die Ansicht vertreten, dass die Ablehnung des
8
9
10
11
12
vorliegenden Verfahren beteiligt und die Ansicht vertreten, dass die Ablehnung des
Beschlussantrages zutreffend sei, weil die Freigabe der Wohnungen aus der
Konkursmasse seit dem 26. August 1997 wirksam und somit die GmbH & Co. KG in
Anspruch zu nehmen sei. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 12. Juli 2001 die
Anträge der Antragstellerinnen zurückgewiesen. Das Landgericht hat mit Beschluss vom
1. März 2002 die Erstbeschwerde der Antragstellerinnen zurückgewiesen. Ihre sofortige
weitere Beschwerde bleibt erfolglos.
II.
Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerinnen ist gemäß §§ 27, 29 FGG, 45
WEG zulässig, jedoch sachlich nicht gerechtfertigt. Einen Rechtsfehler, auf den die
sofortige weitere Beschwerde mit Erfolg allein gestützt werden kann (§ 27 Abs. 1 FGG),
weist der angefochtene Beschluss des Landgerichts nicht auf.
Ohne Rechtsirrtum führt das Landgericht aus, dass die Ablehnung des
Beschlussantrages ordnungsmäßiger Verwaltung nicht widerspreche und die
Antragsgegner nicht verpflichtet seien, die Verwalterin anzuweisen, den Zahlungsantrag
in dem gerichtlichen Verfahren gegen die Mehrheitseigentümerin auf den
Konkursverwalter umzustellen und um 106.000,00 DM zu erweitern.
Nach den verfahrensfehlerfreien Feststellungen des Landgerichts ist der
Wohngeldanspruch gegen die GmbH & Co. KG in dem Verfahren zu 70 II 53/00 für
begründet erachtet worden. Diese Entscheidung ist vom Landgericht in dem Verfahren
85 T 274/01 mit Beschluss vom 12. Februar 2002 bestätigt worden. Im Übrigen verweist
das Landgericht darauf, dass – soweit erkennbar zum Zeitpunkt der Beschlussfassung
am 1. Februar 2001 kein Gericht entschieden hatte, dass die Freigabeerklärung des
Konkursverwalters mangels wirksamer Zustellung oder wegen offensichtliches Verstoßes
gegen den Konkurszweck nichtig sei. Nach den verfahrensfehlerfreien Feststellungen des
Landgerichts betrafen die Gerichtsverfahren, in denen der Konkursverwalter erfolgreich
auf Zahlung in Anspruch genommen worden ist, Wohngelder, die in der Zeit zwischen
Konkurseröffnung und Freigabeerklärung fällig geworden und mithin Massekosten waren
und sich auf nicht freigegebene Wohnungen bezogen; die Wohngeldforderungen im
Verfahren 70 II 53/00 betreffen jedoch nur freigegebene Wohnungen und beziehen sich
ausschließlich auf die Zeit nach der Freigabeerklärung.
Der Senat hat in seinem Vorlagebeschluss vom 17. April 2002 (24 W 316/01 – ZMR
2002, 698 = NZM 2002, 528) zur Wirksamkeit der Freigabeerklärung u. a. ausgeführt:
Für den Zugang der Freigabeerklärung des Konkursverwalters bei der
Gemeinschuldnerin ist es ausreichend, wenn die Erklärung in den tatsächlichen Bereich
des Empfängers gelangt, während es auf die Vertretungsbefugnisse innerhalb der
Gesellschaft nicht ankommt. Nach §§ 161 Abs. 2, 146 Abs. 1, 125 Abs. 2 Satz 3 HGB
genügt für die Abgabe einer gegenüber der Gesellschaft abgegebenen Erklärung deren
Abgabe gegenüber einem Gesellschafter. Die Komplementär-GmbH wurde noch nicht
aus dem Handelsregister gelöscht, da sie sich weiterhin in Liquidation befindet. Daher
bleibt die Ermächtigung der Komplementärin zur Entgegennahme von
empfangsbedürftigen Willenserklärungen bestehen. Die Komplementär-GmbH i. L. wird
durch den Liquidator vertreten. Wegen der dem Konkursverwalter nach § 6 Abs. 2 KO
eingeräumten weitreichenden Rechte sind nur solche Verfügungen des
Konkursverwalters nichtig, die dem Konkurszweck offenbar zuwiderlaufen. In seinem auf
die Vorlageentscheidung ergangenen Beschluss vom 26. September 2002 (V ZB 24/02 –
NJW 2002, 3709 = ZMR 2002, 941) führt der BGH zu dem vorliegenden Fragenkomplex
zumindest aus, dass nach der h. M. eine Freigabe in die Masse gefallender Gegenstände
im Konkurs juristischer Personen jedenfalls zulässig ist.
Ohne Rechtsirrtum haben die Vorinstanzen hier auch ausgeführt, dass die Befassung
der Eigentümergemeinschaft mit schwierigen insolvenzrechtlichen Einzelfragen
unzumutbar und deren Beantwortung von der Gemeinschaft jedenfalls nicht verlangt
werden könne. Wenn auch § 27 Abs. 3 WEG einer Einzelweisung der Gemeinschaft an
den Verwalter betreffend die konkrete Art und Weise der Verfolgung von
Wohngeldansprüchen nicht entgegensteht (Merle in Bärmann/Pick/Merle, WEG 9. Aufl., ...
§ 27 Rdnr. 194), widerspricht es jedenfalls nicht Grundsätzen ordnungsmäßiger
Verwaltung, wenn die Eigentümermehrheit sich in der Beurteilung schwieriger
Rechtsfragen zurückhält. Aus der Sicht der Wohnungseigentümergemeinschaft
repräsentiert der Konkurs- oder jetzt Insolvenzverwalter (auch als "Partei kraft Amtes")
die Vermögensmasse eines (Mehrheits-)Eigentümers. Ob die Beitragsforderung der
Gemeinschaft gegen den Mehrheitseigentümer oder gegen den Insolvenzverwalter
gerichtlich geltend gemacht wird, darf zumindest von einer konkreten Aufforderung des
mit der Wohngeldforderung befassten Gerichtes abhängig gemacht werden. Der Streit
13
14
mit der Wohngeldforderung befassten Gerichtes abhängig gemacht werden. Der Streit
des Mehrheitseigentümers mit dem Insolvenzverwalter um die Wirksamkeit einer
Freigabe seiner Wohnungen aus der Insolvenzmasse und die wirtschaftlichen Folgen je
nach dem Zeitpunkt der wirksamen Freigabe ist zwischen dem Mehrheitseigentümer
und dem Insolvenzverwalter auszutragen, nicht aber mit der Eigentümergemeinschaft.
Es widerspricht deshalb nicht Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die
Eigentümermehrheit die Weisung an den WEG-Verwalter ablehnt, Wohngeldbeträge
gerichtlich nicht mehr gegen den Mehrheitseigentümer, sondern gegen den
Insolvenzverwalter geltend zu machen. Regelmäßig darf die Eigentümergemeinschaft
auch darauf vertrauen, dass das mit der Wohngeldforderung befasste WEG-Gericht einen
rechtlichen Hinweis erteilt, wenn es hinsichtlich der Passivlegitimation nicht den
insolventen Mehrheitseigentümer, sondern den Konkurs- oder Insolvenzverwalter für
verpflichtet hält, die Wohngeldverpflichtung zu erfüllen. Die von den Antragstellerinnen
beantragte Erweiterung der Wohngeldansprüche steht in engem Zusammenhang mit
der Umstellung der Passivlegitimation. Unabhängig davon löst sie aber auch weitere
Gerichtskosten aus und steht deshalb in pflichtgemäßem Ermessen der
Eigentümergemeinschaft, die somit auch die Antragserweiterung ermessensfehlerfrei
ablehnen darf. Zudem kann auch abgewartet werden, ob die bereits titulierten
Wohngeldbeträge erfolgreich durchgesetzt werden können.
Es entspricht billigem Ermessen, dass die Antragstellerinnen die Gerichtskosten ihres
erfolglosen Rechtsmittels tragen (§ 47 Satz 1 WEG). Dagegen besteht kein hinreichender
Anlass, die Erstattung außergerichtlicher Kosten anzuordnen (§ 47 Satz 2 WEG).
Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 48 Abs. 3 WEG.
Datenschutzerklärung Kontakt Impressum