Urteil des KG Berlin vom 28.01.2002

KG Berlin: reisekosten, gebühr, vertretung, link, ausnahmefall, quelle, sammlung, wechsel, französisch, ersparnis

1
2
3
4
5
6
7
Gericht:
KG Berlin 1. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 W 361/02
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 91 Abs 2 S 1 ZPO
Rechtsanwaltsvergütung: Erstattungsfähigkeit der
Terminsreisekosten des auswärtigen Prozessbevollmächtigten
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird bei einem Wert von 407,35 Euro auf Kosten des Klägers
zurückgewiesen.
Gründe
Gegenstand der zulässigen sofortigen Beschwerde ist - lediglich - die im angefochtenen
Beschluss erfolgte Absetzung der im Kostenfestsetzungsantrag vom 28. Januar 2002 mit
455,69 Euro bezifferten Terminsreisekosten des Klägervertreters sowie der für den
Termin am 24. Januar 2002 geltend gemachten Tagegeldpauschale von 56,00 Euro
gemäß § 28 Abs. 3 Satz 1 BRAGO, zusammen - zuzüglich Mehrwertsteuer - 593,56 Euro.
Da das Amtsgericht statt dessen die - fiktiven - Kosten eines Berliner
Unterbevollmächtigten in Höhe von 143,24 Euro und eine 3/10 Verhandlungsgebühr
gemäß § 33 Abs. 2 - richtig: Abs. 3 - BRAGO in Höhe von 32,21 Euro, zuzüglich
Mehrwertsteuer und anteiliger Postpauschale gemäß § 26 Satz 2 BRAGO, also 42,97
Euro festgesetzt hat, beträgt die mit dem Rechtsmittel geltend gemachte Differenz zum
Nachteil des Klägers 407,35 Euro.
Das Rechtsmittel ist nicht begründet. Der Kläger kann - wie das Amtsgericht zutreffend
ausführt - nur die Kosten seiner anwaltlichen Vertretung verlangen, die durch die
Beauftragung seiner Kölner Anwälte als Hauptbevollmächtigte entstanden sind bzw.
wären, wenn diese den Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht
Wedding durch einen Berliner Anwalt als Unterbevollmächtigte hätten wahrnehmen
lassen. Die Terminsreisekosten des Kölner Anwalts und die Abwesenheitspauschale
waren daher nicht festzusetzen, zu Recht hat das Amtsgericht statt dessen die
geringeren Kosten festgesetzt, die bei Einschaltung eines Unterbevollmächtigten
entstanden wären. Nur in diesem - festgesetzten - Umfang waren die Kosten zur
zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig und sind daher gemäß § 91 Abs. 1
Satz 1 ZPO dem Kläger zu erstatten. Die höheren Terminsreisekosten und die für die
Terminswahrnehmung des auswärtigen Anwalts berechnete Tagegeldpauschale sind
hingegen nicht als notwendige Kosten zu erstatten.
Dieser Beurteilung liegen folgende Erwägungen zugrunde:
1. Die Beauftragung des französisch sprechenden Kölner Rechtsanwalts mit der
Durchführung des Mahnverfahrens war sachgerecht, da - wie der Kläger zutreffend
geltend macht - mit einem Widerspruch nicht zu rechnen war.
2. Nach Einlegung des Widerspruchs war es nicht erforderlich, zum Zwecke der Ersparnis
von Reisekosten im Falle eines Verhandlungstermins vor dem örtlich zuständigen
Amtsgericht in Berlin an Stelle des Kölner Anwalts einen Berliner Hauptbevollmächtigten
mit der Vertretung im Streitverfahren zu beauftragen. Das folgt unter
Kostengesichtspunkten schon daraus, dass die für die Tätigkeit im Mahnverfahren
entstandene Gebühr nach § 43 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO bei einem Wechsel zu einem Anwalt
am Prozessgericht auf dessen Prozessgebühr im nachfolgenden Rechtsstreit nicht
angerechnet würde (§ 43 Abs. 2 BRAGO).
3. Nach Anberaumung des Termins vor dem Amtsgericht Wedding traf den Kläger jedoch
erstattungsrechtlich die Obliegenheit, unter mehreren gleich zweckentsprechenden
Maßnahmen die kostengünstigste auszuwählen (vgl. statt vieler Zöller/Herget, ZPO, § 91
Rdn. 12).
a) Nach der zur Erstattungsfähigkeit der Reisekosten ergangenen grundsätzlichen
Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 16. Oktober 2002 - VIII ZB 30/02 - sind die
Kosten eines Unterbevollmächtigten als Terminsvertreter erstattungsfähig, soweit sie die
8
9
10
11
12
13
Kosten eines Unterbevollmächtigten als Terminsvertreter erstattungsfähig, soweit sie die
ersparten Reisekosten des Prozessbevollmächtigten "nicht wesentlich übersteigen". Der
Bundesgerichtshof hat damit jedoch nicht entschieden, dass Reisekosten des
Prozessbevollmächtigten in jedem Fall, also auch dann erstattungsfähig sind, wenn sie
die Kosten eines Unterbevollmächtigten gemäß § 53 BRAGO - unter Berücksichtigung
der Gebühr nach § 33 Abs. 3 BRAGO - wesentlich übersteigen.
b) Aus dem auch vom Bundesgerichtshof (a. a. O.) herangezogenen Grundsatz der
Kostengeringhaltung folgt vielmehr, dass die Terminsreisekosten des auswärtigen, aber
postulationsfähigen Prozessbevollmächtigten dann erstattungsfähig sind, wenn - und
soweit - bei Einschaltung eines Unterbevollmächtigten keine wesentlich geringeren
Kosten entstanden wären (OLG Schleswig, AGS 01, 137 = MDR 01, 537). Wie eingangs
dargelegt wurde, ist dieser Ausnahmefall einer Kostenersparnis durch Einschaltung eines
Unterbevollmächtigten hier aber gegeben.
4. Die Beauftragung eines Unterbevollmächtigten mit der Terminswahrnehmung war hier
zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung ausreichend. Die persönliche Wahrnehmung
des Termins durch den Kölner Anwalt war nicht notwendig im Sinne des § 91 Abs. 2 Satz
1 ZPO.
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (AGS 01, 118/163 = JurBüro 01, 257 = MDR
01, 473; unveröffentlichte Beschlüsse vom 1. August 2002 - 1 W 185/02 - und 28.
Oktober 2002 - 1 W 348/02 -) sind die Terminsreisekosten des auswärtigen
Prozessbevollmächtigten zwar grundsätzlich und regelmäßig erstattungsfähig,
ausnahmsweise aber dann nicht, wenn Gegenstand des Rechtsstreits aus der Sicht der
Partei ein einfach gelagerten Routinefall ist. Auch nach BGH a. a. O. kann die Zuziehung
eines Rechtsanwalts am Prozessgericht "zur Kostenersparnis zumutbar" sein, wenn bei
einem einfach gelagerten Fall mit keinen Einwendungen der Gegenseite zu rechnen ist.
Diese Voraussetzungen sind hier gegeben: Der Kläger klagte aus einem
Schuldanerkenntnis, die französischen Urkunden lagen in Übersetzung vor. Der Beklagte
hatte zwar Widerspruch gegen den Mahnbescheid erhoben, auf die
Anspruchsbegründung vom 29. August 2001 aber trotz Fristsetzung des Prozessgerichts
bei der Terminsladung nicht erwidert.
5. Soweit der Kläger geltend macht, als fiktive Kosten der Beauftragung eines in Berlin
ansässigen Unterbevollmächtigten wären auch dessen Kosten einer Informationsreise
zum Kölner Hauptbevollmächtigten zu berücksichtigen, überzeugt das nicht. Für die
Notwendigkeit einer solchen Informationsreise ist nichts dargetan. Allenfalls
erörterungsbedürftig war im Termin nur die - zurückgenommene - Zinsmehrforderung.
Hierauf wären aber keine Mehrkosten entfallen, die durch die persönliche Anwesenheit
des Hauptbevollmächtigten im Termin vermieden worden sind.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Datenschutzerklärung Kontakt Impressum