Urteil des KG Berlin vom 09.12.2005

KG Berlin: gesellschaftsvertrag, treu und glauben, nachschusspflicht, dispositives recht, arglistige täuschung, fremdmittel, eigenkapital, hauptsache, auflage, aufspaltung

1
2
3
4
5
6
Gericht:
KG Berlin 14.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
14 U 21/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 707 BGB
Gesellschaftsvertrag einer BGB-Gesellschaft: Voraussetzungen
einer Vereinbarung über eine Nachschusspflicht
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 09. Dezember 2005 verkündete Urteil des
Landgerichts Berlin - 8 O 66/05 - abgeändert und neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Beklagten wird gestattet, eine Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung
oder Hinterlegung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages zuzüglich
10 % abzuwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils
vollstreckbaren Betrages zuzüglich 10 % leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
Der Beklagte ist der 1995 gegründeten Klägerin als Gesellschafter beigetreten. Der
Beitritt ist notariell beurkundet worden. In § 4 des Gesellschaftsvertrages der Klägerin,
wegen dessen Inhalt auf die Anlage 2 zur Klageschrift verwiesen wird, heißt es u.a.:
„(1) Das Eigenkapital wird auf insgesamt DM 4.417.500,00 DM (...) festgesetzt.
(...) Die Erhöhung des Eigenkapitals ist nur mit Zustimmung aller Gesellschafter
zulässig, sofern bei Überschreitung der Herstellungskosten für das gesellschaftseigene
Bauvorhaben aus von der Geschäftsführung nicht zu vertretenden Gründen, Eigengelder
so weit zu erhöhen sind, wie es die Beendigung des Bauvorhabens erforderlich macht.
(...).
(6) Neben dem in Absatz 1 bezeichneten Eigenkapital, das ca. 30,00 % der für
die Durchführung des Gesellschaftszwecks erforderlichen Gesamtmittel ausmachen wird,
nimmt die Gesellschaft durch sämtliche Mitgesellschafter -entsprechend der
Gesellschaftereinlagen zueinander- Fremdmittel auf, um die Investitionen dem
Gesellschaftszweck entsprechend durchführen zu können. Dabei sollen die
Gesamtkosten bis zur vollständigen Durchführung des Bauvorhabens DM 14.725.000,00
(...) nicht überschreiten. Werden der Gesellschaft Darlehen von Gesellschaftern gewährt,
sind dies Fremdmittel in Sinne dieses Absatzes.
§ 9 Abs. 3 bestimmt u.a.:
(...)Der Zins- und Tilgungsdienst des Grundschulddarlehens wird über die
Gesellschaft abgewickelt. Die anfallenden Beträge werden von der Gesellschaft aus ihr
zufließenden Miet- und sonstigen Einnahmen nach Abzug der für die Gesellschaft
entstehenden Aufwendungen, wie z. B. Bewirtschaftungskosten des Hauses und Kosten
der Gesellschaft, gezahlt. Sofern der erwirtschaftete Überschuss nicht für die Bedienung
der Darlehen ausreicht, sind die Gesellschafter verpflichtet, anteilig Einzahlungen
aufzubringen. Die zu leistenden Einzahlungen werden den Gesellschaftern vierteljährlich
zur Zahlung aufgegeben. Bei nicht rechtzeitiger Zahlung ist jeder Gesellschafter
verpflichtet, Verzugszinsen zu zahlen, die mit 1,0 % pro Monat festgelegt werden.“
Die Klägerin verlangte im vorliegenden Rechtsstreit von dem Beklagten auf der
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
Die Klägerin verlangte im vorliegenden Rechtsstreit von dem Beklagten auf der
Grundlage der am 20. Oktober 2003 und 24. September 2004 beschlossenen
Wirtschaftspläne für 2004 und 2005 wegen nicht gedeckter Zins- und Tilgungszahlungen
auf die Hypothekendarlehen eine Nachschussleistung von insgesamt 19.431,24 Euro. In
der Gesellschafterversammlung der Klägerin vom 13. Dezember 2005 wurde der
Beklagte aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Wegen der Einzelheiten wird auf die
Anlage B 10 des Beklagten verwiesen. Die Klägerin hat für den Beklagten inzwischen
eine Auseinandersetzungsbilanz erstellt.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen im ersten Rechtszug wird im Übrigen auf das
am 09. Dezember 2005 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin Bezug genommen,
durch das die Klage abgewiesen worden ist.
Gegen dieses ihr am 13. Dezember 2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem
am 09. Januar 2006 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Nach
einem am 03. Februar 2006 eingegangenen Antrag ist die Berufungsbegründungsfrist
bis zum 21. Februar 2006 verlängert worden. Die Berufungsbegründung ist am 13.
Februar 2006 eingegangen.
Die Klägerin hat im zweiten Rechtszug ihre geltend gemachten Klageansprüche
zunächst weiterverfolgt. Sie meint, die Nachschusspflicht folge aus dem
Gesellschaftsvertrag selbst. Der Beklagte sei auch nach Treu und Glauben zur
Nachschusszahlung verpflichtet. Sie hat zunächst beantragt, in Abänderung des Urteils
des Landgerichts Berlin vom 09.12.2005 - 8 O 66/05 - den Beklagten zu verurteilen, an
sie 19.431,24 Euro nebst 12 % Zinsen aus 4.009,62 Euro seit dem 02. 11. 2004, aus
3.855,42 Euro seit dem 01. 02. 2005 sowie aus je 3.855,40 Euro seit dem 02. 05., 02. 08.
und 02. 11. 2005 zu zahlen. Nach Ausschluss des Beklagten und Erstellung einer
Auseinandersetzungsbilanz beantragt sie nunmehr,
die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache festzustellen.
Der Beklagte beantragt weiterhin,
die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
Der Beklagte tritt unter Bezugnahme auf sein erstinstanzliches Vorbringen der Berufung
entgegen. Er ist der Auffassung, ein erledigendes Ereignis sei nicht eingetreten. Die
ursprünglichen Klageforderungen seien mangels wirksamer Begründung einer
Nachschussverpflichtung unbegründet gewesen. Sein Widerruf der Beteiligung an der
Klägerin sei wirksam gewesen. Das Immobilienobjekt der Klägerin sei überfinanziert
gewesen. Die zugrunde liegenden Darlehensverträge seien unwirksam. Er habe mit der
Klägerin nichts mehr zu schaffen.
II.
Die zulässige Berufung hat mit dem zuletzt von der Klägerin verfolgten Antrag in der
Sache Erfolg. Es ist die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache festzustellen.
Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die
Entscheidung auf einer Rechtsverletzung gemäß § 546 ZPO beruht oder nach § 529 ZPO
zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Beide
Berufungsgründe greifen hier durch.
Die beantragte Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache setzt
dabei zunächst den Eintritt eines erledigenden Ereignisses voraus. Das ist hier der
Ausschluss des Beklagten in der Gesellschafterversammlung der Klägerin vom 13.
Dezember 2005. Denn damit geht auch die Klägerin letztlich in Übereinstimmung mit
dem Beklagten nunmehr davon aus, dass der Beklagte nicht mehr Gesellschafter ist.
Nach § 738 Abs. 1 BGB ist deshalb über die Gesellschafterstellung des Beklagten jetzt
insgesamt abschließend unter Einstellung aller einzelnen Forderungen und Guthaben
abzurechnen. Für einen ausgeschiedenen Gesellschafter besteht danach ggfls. ein
einheitlicher Abfindungsanspruch. Einzelforderungen können grundsätzlich nach
Ausscheiden nicht mehr geltend gemacht werden (allg. Palandt-Sprau, BGB, 65. Auflage
2006, § 738 Rn. 2 m. w. Nachw.). Auf mögliche Ausnahmen von diesem Grundsatz beruft
sich die Klägerin nicht und trägt insoweit keine Tatsachen vor.
Die Erledigungsfeststellung setzt weiterhin eine ursprünglich zulässige und begründete
Klage voraus. Diese lag hier vor.
Denn der ursprüngliche Klageanspruch auf die geltend gemachten
18
19
20
21
Denn der ursprüngliche Klageanspruch auf die geltend gemachten
Nachschusszahlungen folgt aus den §§ 9 Abs. 3, 4 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrages der
Klägerin.
Den Nachschussbestimmungen des Gesellschaftsvertrages steht § 707 BGB nicht
entgegen.
Im Gesellschaftsvertrag einer Publikumsgesellschaft können über die betragsmäßig
festgelegte Einlageschuld hinausgehende Beitragspflichten vereinbart werden, wenn eine
derartige Aufspaltung der Beitragspflicht aus dem Gesellschaftsvertrag eindeutig
hervorgeht und die Höhe der nachzuschießenden Beiträge im Gesellschaftsvertrag
zumindest in objektiv bestimmbarer Weise ausgestaltet ist. Die - dispositives Recht
enthaltende - Regelung in § 707 BGB greift u. a. dann nicht ein, wenn sich die
Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag zum einen eine betragsmäßig festgelegte
Einlage, zum anderen laufende Beiträge versprochen haben. Allerdings ist die in § 707
BGB getroffene Grundentscheidung, dass ein Gesellschafter während des Bestehens der
Gesellschaft grundsätzlich nicht zu Nachschüssen verpflichtet ist, bei der Auslegung des
Gesellschaftsvertrags zu beachten. Danach muss aus dem Gesellschaftsvertrag
eindeutig hervorgehen, dass über die eigentliche Einlageschuld hinausgehende
Beitragspflichten begründet werden sollen. Zudem muss auch im Falle einer derartigen
Aufspaltung der Beitragspflicht die Höhe der laufenden Beiträge im Gesellschaftsvertrag
zumindest in objektiv bestimmbarer Weise ausgestaltet sein. Eine Beschränkung der
Nachschussverpflichtung auf den Fall, dass die laufenden Einnahmen die laufenden
Ausgaben nicht decken, stellt insofern kein geeignetes Kriterium zur Eingrenzung des
Erhöhungsrisikos dar. Ebenso ist eine Nachschussregelung nicht wirksam, wenn sich aus
dem Gesellschaftsvertrag nicht ergibt, dass die Nachschusspflicht auf die
Finanzierungskosten des Fremdkapitals begrenzt sein sollte. Diese bilden aber auch
noch keine ausreichende Obergrenze, wenn die Höhe der erforderlichen Fremdmittel im
Gesellschaftsvertrag nicht festgelegt ist (vgl. zusammenfassend BGH, Urteil vom 23.
Januar 2006, II ZR 126/04, NJW-RR 2006, S. 829ff., dort insbesondere Ziffer 21; s.a. BGH,
Urteil vom 23. Januar 2006, II ZR 306/04, NJW-RR 2006, S. 827ff; BGH, Urteil vom 04. Juli
2005, II ZR 354/03, NJW-RR 2005, S. 1347/1348).
Im vorliegenden Fall ist in § 4 des Gesellschaftsvertrages festgelegt, dass die
Gesellschafter einerseits einen bestimmten Baranteil am Eigenkapital zu leisten haben
und andererseits ein sogenannter Fremdmittelanteil zur Investitionsdurchführung
notwendig ist, für den Darlehen aufgenommen werden dürfen. Dieser Fremdmittelanteil
soll nach dem Gesellschaftsvertrag die Gesamtsumme von 14.725.000,00 DM abzüglich
des Eigenkapitalanteils von 4.417.500,00 DM (= 10.307.500,00 DM) nicht überschreiten.
Er ist damit hinreichend begrenzt. Der Gesellschaftsvertrag enthält keine Bestimmung,
nach der etwa die Erhöhung dieser Fremdmittel im Belieben einer zukünftigen
Gesellschaftermehrheit steht, die darüber nach freiem Ermessen entscheiden könnte. §
4 Abs. 1 S. 2 des Gesellschaftsvertrages bestimmt vielmehr ausdrücklich, dass die
sachlich gerechtfertigte Erhöhung der zur Baufertigstellung notwendigen Baukosten nur
mit Zustimmung aller Gesellschafter als Eigenkapitalerhöhung umgelegt werden kann.
Damit ist - im Gegensatz zu den vom BGH entschiedenen Fällen - die wesentliche
denkbare Ursache für unabdingbare Nachschussleistungen aus dem Bereich einfacher
Mehrheitsbildung sogar noch explizit herausgenommen. Die Nachschusspflicht in § 9
Abs. 3 S. 3 - 5 bezieht sich allein auf die im Rahmen des § 4 Abs. 6 aufgenommenen
Darlehen. Deren Höhe ist durch die Bindung an den bestimmt ausgewiesenen
Fremdmittelanteil vorgegeben. Es war für jeden Gesellschafter von vornherein auch klar,
dass die Aufnahme der in der Gesamthöhe begrenzten Darlehen die Zahlung von
Zinsen zur Folge haben würde. Zinsen und Tilgung sind als Erhöhungsrisiken gegenüber
dem Bareinlageteil damit überschaubar. Insofern sind die Gesellschafter neben ihrer
Barleistungspflicht im vorliegenden Fall zur Leistung von laufenden Beiträgen
verpflichtet, die objektiv bestimmbar waren. Die hier vorliegende Nachschusspflicht aus §
9 Abs. 3 gestattet gerade nicht die Abwälzung uferloser Kostenanforderungen aller für
den Fonds tätigen Unternehmen wie Geschäftsbesorger, Treuhänder, Banken. § 9 Abs. 3
des Gesellschaftsvertrages sieht einen Nachschuss nur insoweit vor, als er zur
Bedienung der gemäß § 4 Abs. 6 aufgenommenen Darlehen erforderlich ist. Für die
Darlehen sind aber zuerst die Erträge zu verwenden. Im äußersten Fall können nach der
Regelung des § 9 Abs. 3 die davon wiederum abzuziehenden “Aufwendungen” zwar
jeglichen Ertrag aufzehren. Auf die Nachschusspflicht wirkt sich dies aber nur in der Form
aus, dass die Annuitäten der gemäß § 4 Abs. 6 begrenzten Darlehen dann ungemindert
durch Nachschüsse der Gesellschafter aufgebracht werden müssen. Auch in diesem Fall
bleibt also die Nachschusshöhe bestimmbar. An der Bestimmbarkeit ändert sich auch
nichts, wenn man noch die weiteren Vertragsbestimmungen z.B. über die Anwachsung
bei Ausscheiden anderer Gesellschafter mit in Betracht ziehen will. Die direkt im
Gesellschaftsvertrag vereinbarte Nachschusspflicht muss objektiv bestimmbar aber
22
23
24
25
26
27
28
29
Gesellschaftsvertrag vereinbarte Nachschusspflicht muss objektiv bestimmbar aber
nicht in der Höhe für alle Zeiten unveränderlich bestimmt sein. Schließlich bestehen
keine Bedenken wegen fehlender Erkennbarkeit der in § 9 des Gesellschaftsvertrages
vorgesehenen Nachschussregelung, die auch an dieser Stelle nicht übersehen werden
konnte. Bei einer Vertragsbestimmung mit der Überschrift “Ergebnis” kann ein
Gesellschafter auch Bestimmungen zur Folge eines ungenügenden Ergebnisses, also
zum Nachschuss, erwarten.
Bei der Berechnung der hier fraglichen Nachschusspflicht ist schließlich auch nicht
vorgetragen oder erkennbar, dass die Klägerin in der Höhe tatsächlich
Darlehensschulden ansetzt, die im Ausgangspunkt nicht mehr der Begrenzung gemäß §
4 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrags entsprechen. Der Beklagte hat im ersten Rechtszug
zwar auf den vorliegenden Jahresabschluss der Klägerin für 2004 hingewiesen. Er hat
aber nicht dargelegt, dass die der Klageforderung zugrunde liegenden Ansätze sich
dadurch zu seinen Gunsten verändert hätten.
Wegen des weiteren Vortrags des Klägers aus dem ersten Rechtszug verweist der Senat
im Übrigen auf seine Ausführungen im heute verkündeten Urteil in der Parallelsache zur
Geschäftsnummer 14 U 43/05. Dieser Entscheidung liegt der auch hier zu beurteilende
Gesellschaftsvertrag derselben Klägerin zugrunde. Der Beklagte hat im vorliegenden
Rechtsstreit, insbesondere im Schriftsatz vom 18. November 2005, keine Tatsachen
vorgetragen, die eine vom Parallelfall abweichende Beurteilung rechtfertigen. Er ist der
Sohn der Beklagten aus dem vorstehend genannten Rechtsstreit. Nach seinem
Vorbringen soll die Vertragsanbahnung auch ihm gegenüber in derselben Weise wie im
vorgenannten Rechtsstreit geschehen sein. Über die Meinung des Beklagten, er habe
gegenüber der Klägerin den Gesellschaftsbeitritt nicht ausdrücklich widerrufen müssen,
weil ein Verbundgeschäft vorliege und er der kreditgebenden Bank seinen Anteil
angeboten habe, muss dabei nicht entschieden werden. Der Senat bezieht sich für den
vorliegenden Fall insofern auf die nachstehenden Ausführungen im vorstehend
angegebenen Urteil, die sinngemäß auch hier gelten:
„Das Landgericht ist in der angefochtenen Entscheidung sodann mit Recht davon
ausgegangen, dass die Beklagte der vertraglichen Nachschusspflicht weiter
nachkommen muss. Auch ihr Berufungsvorbringen hat daran nichts geändert.
Durchgreifende Anhaltspunkte für eine Sittenwidrigkeit des Beitritts der
Beklagten zur Klägerin, die nicht nur zur Anwendung der Regelungen über die fehlerhafte
Gesellschaft führen würden (vgl. dazu allg. BGH NJW-RR 2005, S. 1217), sind nicht
erkennbar.
Der wirksamen Begründung der Nachschusspflicht kann im Weiteren nicht die
mögliche Unwirksamkeit der unstreitig von der nicht zur Rechtsberatung befugten
Treuhänderin abgeschlossenen Darlehensverträge entgegengehalten werden. Bedenken
können hier nach § 134 BGB, Art. 1 § 1 RBerG bestehen. Ansonsten wäre § 7 Abs. 5 des
Gesellschaftsvertrages für sich gesehen die hinreichende Vollmachtsgrundlage für die
Treuhänderin.
Entscheidend ist, dass eine etwaige Unwirksamkeit der Darlehensverträge wegen
fehlender wirksamer Vollmacht nicht zu einer Unwirksamkeit der gesellschaftsvertraglich
festgelegten Nachschussforderung führen kann, da die Zahlungen für Zins und Tilgung
im hier streitigen Zeitraum 2004 unstreitig geleistet wurden, so dass die durch die
Nachschüsse auszugleichende Deckungslücke tatsächlich entstanden ist. Dem Vortrag
beider Parteien in der Berufungsinstanz kann im Weiteren nur entnommen werden, dass
die kreditgebende Bank in der Folgezeit auch nicht teilweise etwa auf Zinsen für den hier
fraglichen Zeitraum verzichtete. Nach den Angaben der Klägerin sollen die
Darlehensverträge insoweit sogar vergleichsweise bestätigt worden sein.
§ 9 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags stellt zunächst auf die wirtschaftlichen
Vorgänge der tatsächlichen Kreditrückführung ab. Die Frage, ob die Gesellschaft z. B.
durch Zahlungseinstellung einen - aus welchem Grund auch immer - unwirksamen
Darlehensvertrag zur Rückabwicklung bringen will, ist ggfls. von allen Gesellschaftern zu
entscheiden. Die Geschäftsführung der Klägerin musste mangels anders lautender
Beschlüsse deshalb davon ausgehen, dass die Darlehensverträge vereinbarungsgemäß
weiter zu erfüllen waren und sie durfte Zahlungen darauf weiter leisten. Mit der
vorstehenden Auffassung befindet sich der Senat in Übereinstimmung mit einer
Entscheidung des 23. Zivilsenats des Kammergerichts vom 16. Juni 2005
(Geschäftsnummer 23 U 113/04).
Auch wenn man der vorstehenden Auffassung nicht folgen wollte, hat der Senat
auf der Grundlage der Ausführungen des BGH im Urteil vom 15. Februar 2005
30
31
32
33
34
auf der Grundlage der Ausführungen des BGH im Urteil vom 15. Februar 2005
(Geschäftsnummer XI ZR 396/03, BB 2005, S.1701) zur Wirksamkeit von
Geschäftsbesorgervollmachten für den hier gegebenen Fall der ausdrücklichen
Bevollmächtigung der Treuhänderin mit der reinen Geschäftsführungsaufgabe der
Darlehensaufnahme keine Bedenken eine insoweit gegebene (ggfls. teilweise)
Vollmachtswirksamkeit anzunehmen (so auch KG, 26. Zivilsenat, Urteil vom 11.
September 2006 - 26 U 3/06 - für die im vorliegenden Fall zugrunde liegenden
Kreditverträge). Die Entscheidung des BGH vom 25. April 2006, Geschäftsnummer XI ZR
29/05, NJW 2006, S. 1952) steht dem nicht entgegen. Die Frage der teilweisen
Wirksamkeit einer im Bereich der Geschäftsbesorgung erteilten Treuhändervollmacht
trotz generellen Verstoßes der Vollmacht gegen Art. 1 § 1 RBerG ist dort nicht
entschieden worden.
Die Widerrufserklärung der Beklagten vom 03. Dezember 2003 (Anlage 1 zum
Schriftsatz der Beklagten vom 04. August 2004) führte wegen § 1 Abs. 2 Nr. 3 HausTWG
nicht zur Unwirksamkeit des Gesellschaftsbeitritts bzw. zum Ausscheiden ab Widerruf.
Denn der Gesellschaftsbeitritt ist unter ihrer Mitwirkung selbst am 22. Dezember 1995
notariell beurkundet worden. Für eine Abwägung, ob trotz des umfassenden
Beurkundungsvorgangs die vom HausTWG vorausgesetzte Überrumpelungssituation
wegen der hier möglicherweise beim zunächst vorgenommenen privatschriftlichen
Beitritt vorhandenen “Haustürsituation” vorliegt, ist kein Raum, weil der
entgegenstehende Gesetzeswortlaut eindeutig ist (BGH, Urteil vom 14. Oktober 2003, XI
ZR 134/02, NJW 2004, S. 154/155, unter II. 4. b.).
Auf das weitere Vorbringen der Beklagten zu den tatsächlichen Voraussetzungen
des § 1 Abs. 1 Nr. 1 HausTWG kommt es deshalb nicht an.
Die Beklagte kann sich auch nicht auf das für ihren Beitritt zur Klägerin im Jahre
1995 hier noch ggfls. anzuwendende Verbraucherkreditgesetz berufen. Erste
Voraussetzung dafür wäre ein Kreditvertrag zur Finanzierung des Entgelts für den Beitritt
der Beklagten zur Klägerin (§§ 1, 9 Abs. 1,4 VerbrKrG). Die Klägerin hat eine derartige
Finanzierung nicht vorgetragen. Sie will sich augenscheinlich nur auf die der Klägerin
gegebenen Darlehen berufen. Dabei handelt es sich aber nicht um die Finanzierung
ihres Beitritts. Beitrittsleistung war allein ihr Eigenkapitalanteil gemäß § 4 Abs. 1 des
Gesellschaftsvertrages. Die hier fraglichen Darlehen sind eine Fremdfinanzierung
gegenüber der Klägerin. Diese ist als (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts
gegenüber der Beklagten, die ihre Gesellschafterin ist, eine eigenständige
teilrechtsfähige Rechtspersönlichkeit.
Der Beitritt der Beklagten zur Klägerin ist im Weiteren nicht wirkungslos geworden
wegen einer Anfechtung aus dem Gesichtspunkt arglistiger Täuschung gemäß den §§
123 Abs. 1, 143 BGB (vgl. zu den Folgen der Anfechtung gegenüber der
Fondsgesellschaft BGH NJW 2003, S. 2821/2823, Palandt-Sprau, BGB, 65. Auflage 2006,
§ 705 Rn. 19b).
Das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung auf der Grundlage des
erstinstanzlichen Sachvortrags der Beklagten eine arglistige Täuschung zu Recht nicht
annehmen können. Auch in der Berufungsinstanz kann die Erheblichkeit der
entsprechenden Ausführungen der Beklagten nicht beurteilt werden, weil hinreichend
genaue Angaben insbesondere zu den Täuschungsvorgängen fehlen. Der Vortrag ist
also weiterhin unsubstanziiert. Bereits im Widerrufsschreiben vom 03. Dezember 2003
werden keine konkreten Täuschungsvorgänge benannt. Es hätte der Beklagten oblegen,
exakt anzugeben, welche Prospektangaben oder sonstigen mündlichen Angaben welcher
Personen welche finanziellen und wirtschaftlichen Gegebenheiten als sicher oder
wahrscheinlich erscheinen ließen und wie sich tatsächlich die Wertverhältnisse und -
Entwicklungen demgegenüber auch aus der Sicht im Zeitpunkt des Beitritts bei
wahrheitsgemäßer Angabe richtig nur hätten beschreiben lassen. Dem Vorbringen der
Beklagten lassen sich weder konkrete unzutreffend in Aussicht gestellte
Steuerersparnisse noch der annähernd genaue Umfang überflüssiger aber als notwendig
dargestellter Kosten entnehmen. Aus den mitgeteilten ungefähren Größenordnungen
von behauptetem Grundstückswert und den entstandenen Kosten bzw. dem Wertverlust
kann kein annähernd sicherer Schluss auf arglistige Täuschungen bei Vertragsbeitritt
gezogen werden, die sich auch nicht aus der von der Beklagten eingereichten
Gesprächsunterlage des Fondsvermittlers ergeben (Anlage 1 zum Schriftsatz der
Beklagten vom 04. Mai 2005). Das Landgericht hat vielmehr angesichts des
vorliegenden Verkaufsprospekts (Anlage 2 zum Schriftsatz der Beklagten vom 04.
August 2004) zu Recht darauf hingewiesen, dass aus dem Prospekt eindeutig zu
entnehmen war, dass zunächst nur Verluste erwirtschaftet werden. Die Beklagte hat
ferner auch in der Berufungsinstanz nicht deutlich gemacht, inwiefern aus welchen
35
36
37
ferner auch in der Berufungsinstanz nicht deutlich gemacht, inwiefern aus welchen
Gegebenheiten die im Prospekt angegebenen Steuervorteile nicht zu erzielen gewesen
wären. Wenn nach dem Prospekt (Seiten 5, 18) das Eigenkapital fast ganz, d. h. zu 90 %
aus der wegen Verlusten ersparten Steuer zu finanzieren gewesen sein soll, dann
mussten die daneben angesetzten erheblichen, aber offen ausgewiesenen und
begrenzten Fremdmittel langfristig durch die Gewinne des Objekts getilgt werden. Der
langfristige Risikocharakter einer derartigen Anlage war mithin erkennbar. Die
Darlegungen der Beklagten beziehen sich demgegenüber nur auf die generellen
Wertverhältnisse und die bei Vertragsschluss nicht absehbare Wertentwicklung
insbesondere durch die zukünftige Mietentwicklung. Damit aber ist nichts für
beitrittsentscheidende Täuschungshandlungen im Sinne des § 123 BGB ersichtlich, die
das durch den Prospekt zu erkennende Geschäftsrisiko vertuscht haben.
Die Beklagte kann sich schließlich gegenüber der Klägerin nicht auf eine
schadensersatzmäßige Freistellung von den Nachschusspflichten aus dem
Gesichtspunkt einer direkten Prospekthaftung der Klägerin berufen. Ein derartiger
Anspruch kann hier nicht festgestellt werden. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass die
Klägerin selbst in irgendeiner Form für den Prospekt verantwortlich sein kann. Allgemein
richten sich die Ansprüche aus der Prospekthaftung gegen Gründungsgesellschafter,
Fondsinitiatoren, maßgebliche Betreiber, Manager und Prospektherausgeber und
ähnliche im Vorfeld als Garanten auftretende Personen bzw. die Vermittler (allg.
Jauernig-Vollkommer, BGB, 11. Auflage 2004, § 311 Rn. 65).“
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 ZPO zur Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen. Der Senat weicht vorliegend in der
entscheidungserheblichen Frage der Wirksamkeit der Nachschusspflicht von dem am 11.
September 2006 verkündeten Urteil des 23. Zivilsenats des Kammergerichts - 23 U
11/06 - ab.
Datenschutzerklärung Kontakt Impressum