Urteil des KG Berlin vom 28.09.2009

KG Berlin: aufschiebende wirkung, beschwerdeschrift, benotung, schüler, eltern, kennzeichnung, zuschlagserteilung, bekanntmachung, auftragsvergabe, kausalität

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Gericht:
KG Berlin
Vergabesenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2 Verg 8/09
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 117 GWB, § 25a Nr 2 Abs 2
VOL A
Vergabenachprüfungsverfahren: Notwendiger Inhalt einer
zulässigen sofortigen Beschwerde; Kriterien der
Angebotswertung; Qualitätsbewertung von Probeessen einer
Schulspeisung durch eine externe Bewertungskommission;
Folgen unmöglicher Qualitätsbewertung durch
voreingenommene Kommissionsmitglieder; Feststellung der
Unzuverlässigkeit des Antragstellers
Leitsatz
1a) Voraussetzung für die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde in
Vergabenachprüfungssachen ist nach
§ 117 GWB nicht die Stellung eines Beschwerdeantrages, dessen Inhalt über die
Kennzeichnung des allgemeine Rechtsschutzziels des Beschwerdeführers hinausgeht.
1b) Tatsachen hat der Beschwerdeführer Tatsachen lediglich insofern in der
Beschwerdeschrift vorzutragen, als diese streitig sind und daher eine Beweiserhebung in
Betracht kommt. Geht es dem Beschwerdeführer lediglich um eine abweichende Beurteilung
von Rechtsfragen, genügt es, in der Beschwerdeschrift deutlich zu machen, inwieweit der
Auffassung der Vergabekammer widersprochen wird.
2) Gemäß § 25a Nr. 2 Abs. 2 VOL/A sind sämtliche Kriterien, die in der Bekanntmachung oder
den Vergabeunterlagen genannt wurden, bei der Angebotswertung heranzuziehen und es
dürfen nicht einzelne Kriterien weggelassen werden.
3a) Zur vergaberechtsgemäßen Qualitätsbewertung der Angebote durch eine nicht zur
Vergabestelle gehörende, externe Bewertungskommission.
3b) Zur Frage des Unmöglichwerdens der Qualitätsbewertung, in dem Fall, dass die Mitglieder
der Bewertungskommission voreingenommen sind.
4) Im Nachprüfungsverfahren ist es jedenfalls grundsätzlich nicht möglich, dass die
Nachprüfungsinstanz eine von der Vergabestelle nicht angenommene Unzuverlässigkeit des
Antragstellers bejaht und auf dieser Grundlage dessen Nichtberücksichtigungsfähigkeit
annimmt.
Tenor
1. Die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde der Antragstellerin
gegen den Beschluss der Vergabekammer des Landes Berlin, 1. Beschlussabteilung,
vom 28. August 2009 – VK-B1-25/09 – wird bis zur Entscheidung über das Rechtsmittel in
der Hauptsache verlängert.
2. Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.
3. Der Gegenstandswert des Verfahrens wird auf bis zu 40.000,00 EUR
festgesetzt.
Gründe
1. Der Antrag ist gemäß § 118 Abs. 2 GWB begründet.
Denn die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss der Vergabekammer vom 28.
August 2009 hat Aussicht auf Erfolg und die Abwägung der Interessen aller Beteiligten
gebietet es nicht, dass der Vergabezuschlag aufschublos erteilt werden kann. Hierzu im
Einzelnen:
a) Die sofortige Beschwerde ist nach derzeitigem Sach- und Streitstand zulässig. Dies
ergibt sich aus Folgendem:
aa) Die Beschwerdeanträge sind in dem erforderliche Maße bestimmt. Insbesondere ist
es - entgegen der Auffassung des Antragsgegners - unschädlich, dass die
Antragstellerin nicht ausdrücklich erklärt, in welchem Verhältnis die Hilfsanträge zu 3.
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Antragstellerin nicht ausdrücklich erklärt, in welchem Verhältnis die Hilfsanträge zu 3.
und 4. stehen.
Denn die Stellung eines Beschwerdeantrages, dessen Inhalt über die Kennzeichnung des
allgemeine Rechtsschutzziels des Beschwerdeführers hinausgeht, ist nicht erforderlich.
So gebietet zum einen § 117 GWB für die Form und den Inhalt der Beschwerde keine
besonderen Anforderungen. Damit sind die allgemeinen Regeln betreffend die sofortige
Beschwerde heranzuziehen ( in Immenga/Mestmäcker, GWB, 4. Aufl. 2007, §
120 Rdnr. 25). Danach bedarf es keines konkreten Beschwerdeantrages (für die sofortige
Beschwerde im Zivilprozess: , Z 91, 154 [160]; in Zöller, ZPO, 27. Aufl.
2009, § 569 Rdnr. 8). Zum anderen ist auch im Hinblick auf die Entscheidungsbefugnis
des Senats für den Fall der Aufhebung des Beschlusses der Vergabekammer keine
detaillierte Antragstellung erforderlich. Denn nach § 123 Satz 2 GWB kann der Senat in
diesem Fall anstelle der Vergabekammer entscheiden. Diese wiederum entscheidet
gemäß § 107 Abs. 1 GWB zwar nur auf Grund eines allgemeinen
Vergabenachprüfungsantrags, ist dann aber gemäß § 114 Abs. 1 Satz 1 GWB frei, die
geeigneten Maßnahmen zu treffen; insofern ist die Vergabekammer an konkrete
Anträge des Antragstellers nicht gebunden ( in Bechthold, GWB, 5. Aufl. 2008, §
114 Rdnr. 2). Daraus folgt, dass die Stellung derartiger Anträge für das
Vergabenachprüfungsverfahren auch nicht erforderlich sind.
Es kann somit dahinstehen, ob sich aus der ziffernmäßigen Rangfolge der beiden
Hilfsanträge konkludent ergibt, dass der Hilfsantrag zu 4. nur höchsthilfsweise im Falle
der Nichterfolges des Hilfsantrages zu 3. gestellt wird.
bb) Die Beschwerdeschrift genügt - entgegen der Auffassung des Antragsgegners - den
formalen Anforderungen des § 117 GWB.
Denn nach dieser Vorschrift hat der Beschwerdeführer Tatsachen lediglich insofern in der
Beschwerdeschrift vorzutragen, als diese streitig sind und daher eine Beweiserhebung in
Betracht kommt. Sofern der Sachverhalt, der der Entscheidung der Vergabekammer zu
Grunde lag, nicht im Streit steht und es dem Beschwerdeführer lediglich um eine
abweichende Beurteilung von Rechtsfragen geht, genügt es, in der Beschwerdeschrift
deutlich zu machen, inwieweit der Auffassung der Vergabekammer widersprochen wird (
in Bechthold, GWB, 5. Aufl. 2008, § 117 Rdnr. 4). Damit hat der Beschwerdeführer
seiner allgemeinen Begründungspflicht gemäß § 117 Abs. 2 Satz 1 Genüge getan. Die
zusätzliche Begründungsanforderung des § 117 Abs. 2 Nr. 2 GWB greift in diesem Fall
nicht ein, denn die Beschwerde wird nicht auf „Tatsachen und Beweismittel gestützt“.
Vorliegend stehen lediglich Rechtsfragen im Streit. Diese werden in der
Beschwerdeschrift hinreichend gekennzeichnet.
b) Die sofortige Beschwerde ist nach derzeitigem Sach- und Streitstand auch begründet.
Dies ergibt sich aus Folgendem:
aa) Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin war zulässig. Hierzu im Einzelnen:
(1.) Der Nachprüfungsantrag wurde fristgemäß von der Antragstellerin gestellt.
Zwar nennt der Nachprüfungsantrag vom 16. Juli 2009 als Antragsteller lediglich die L. R.
G., nicht aber die Bietergemeinschaft oder die ebenfalls zur dieser Bietergemeinschaft
gehörende D. -S. G. . Jedoch hat die D. -S. G. mit Schriftsatz vom 17. Juli 2009
gegenüber der Vergabekammer erklärt, die Vergabenachprüfung ebenfalls zu
beantragen. Damit haben jedenfalls ab diesem Zeitpunkt beide Mitglieder der
Bietergemeinschaft die Nachprüfung beantragt, wobei die Auslegung des Antrages vor
dem Hintergrund des der Vergabekammer vorgetragenen Sachverhaltes ergibt, dass
die Nachprüfung nicht von jedem Mitglied gesondert, sondern namens der
Bietergemeinschaft beantragt wurde. Nachdem sich das Nachprüfungsersuchen auf das
Schreiben der Vergabestelle vom 14. Juli 2009 bezog, bestehen in Bezug auf die
Fristgemäßheit des Ersuchens auch dann keine Bedenken, wenn das Ersuchen erst am
17. Juli 2009 wirksam wurde.
Dahinstehen kann daher die Frage, ob - wie die Antragstellerin im Verfahren vor der
Vergabekammer vertreten hat - bereits der Antrag vom 16. Juli 2009 als Antrag der
Bietergemeinschaft auszulegen war und der Schriftsatz vom 17. Juli 2009 daher lediglich
eine „Klarstellung“ enthielt.
(2.) Der Nachprüfungsantrag ist nicht gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB unzulässig.
Denn die Antragstellerin hat es mit dem Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom
15. Juli 2009 beanstandet, dass die Vergabe alleine nach Maßgabe des Kriteriums
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15. Juli 2009 beanstandet, dass die Vergabe alleine nach Maßgabe des Kriteriums
„Preis“ erfolgt, was der Antragsgegner mit Schreiben vom 14. Juli 2009 angekündigt
hatte (Bl. 788 des Ordners 2 der Vergabeakte). Unzutreffend ist daher der Vortrag des
Antragsgegners im Schriftsatz vom 29. Juli 2009, dass der Vergaberechtsverstoß nicht
vor Antragstellung gerügt worden sei (Seite 2 des Schriftsatzes, Bl. 75 der
Verfahrensakte der Vergabekammer).
bb) Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin war - entgegen der Auffassung der
Vergabekammer - auch begründet.
Denn die Zuschlagserteilung alleine nach Maßgabe des Kriteriums „Preis“ verletzt die
Antragstellerin in ihren Rechten, was zur Folge hat, dass ihr ein Schaden droht. Dies
ergibt sich aus Folgendem:
(1.) § 25a Nr. 2 Abs. 2 VOL/A gebietet, dass bei der Wertung der Angebote nur
diejenigen Kriterien Berücksichtigung finden, die in der Bekanntmachung oder den
Vergabeunterlagen genannt wurden. Dies bedeutet zugleich - wie die Vergabekammer
im Ausgangspunkt nicht verkennt - dass sämtliche der dort benannten Kriterien bei der
Wertung heranzuziehen sind und nicht einzelne weggelassen werden dürfen (ebenso zu
dem mit § 25a Nr. 2 Abs. 2 VOL/A inhaltsgleichen § 25a Nr. 1 VOB/A: in
Heiermann/Zeiss/Kullack/Blaufuß, Vergaberecht, 2. Aufl. 2008, § 25a VOB/A Rdnr. 9). In
den Verdingungsunterlagen vom 27. April 2009, Anlage 1, war als Bewertungskriterium
neben dem „Preis“ auch die „Qualität“ genannt (Bl. 86 des Ordners 1 der Vergabeakte).
(2.) Vorliegend ist keine Ausnahme von § 25a Nr. 2 Abs. 2 VOL/A gerechtfertigt.
(a.) Die Antragstellerin hat nicht etwa - wie in der Entscheidung der Vergabekammer
angedeutet - ihr Recht verwirkt, sich auf den Verstoß auf § 25a Nr. 2 Abs. 2 VOL/A zu
berufen.
Denn es ist nichts Rechtsmissbräuchliches darin zu erkennen, dass die Antragstellerin
an dem Ergebnis des 1. Probeessens, das für sie besonders positiv und für ihre Mitbieter
besonders negativ ausfiel, festhalten möchte. Dieses Verhalten ist wirtschaftlich
nachvollziehbar und bewegt sich im Rahmen des Normalen, auch bei Berücksichtigung
des Umstandes, dass die Bewertung des 1. Probeessens durch die
Essenskommissionen der Schulen willkürlich war. Anhaltspunkt für ein etwaig kollusives
Zusammenwirken der Essenskommission und der Antragstellerin bei der Bewertung sind
von keiner Seite vorgetragen worden und dem Senat auch nicht ersichtlich.
(b.)
Auf das Kriterium „Qualität“ konnte auch nicht etwa deshalb verzichtet werden, weil die
Feststellung der Qualität für die Vergabestelle unmöglich geworden wäre.
Denn zum einen kann der Senat nicht feststellen, dass die Qualitätsfeststellung derzeit
unmöglich ist. Zwar ist nach den Verdingungsunterlagen vom 27. April 2009 (Anlage 2,
Bl. 87 des Ordners 1 der Vergabeakte) die Qualität durch Essenskommissionen der
Schulen bestehend aus Schülern, Lehrern, Erziehern und Eltern festzustellen. Auch
dürften die derzeitigen Mitglieder der drei streitgegenständlichen Kommissionen in der
Frage der Anbieterauswahl emotional so verhärtet sein, dass eine willkürfreie und damit
vergaberechtsgemäße Qualitätsbewertung durch sie nicht mehr zu erwarten ist. Jedoch
steht es dem Antragsgegner nach den Verdingungsunterlagen frei, die Mitglieder der
Kommissionen selbst zu bestimmen. Voraussetzung ist dabei lediglich, dass unter den
Kommissionsmitglieder sämtliche der in den Verdingungsunterlagen genannten
Funktionsträger vertreten sind (Lehrern, Erziehern, Schülern und Eltern). Ferner ist zu
fordern, dass die ausgewählten Mitglieder nicht erkennbar in einem Maße
voreingenommen sind - sei es in die eine oder in die andere Richtung -, dass ein
willkürfreie Bewertung durch diese Mitglieder von vornherein nicht zu erwarten ist. Ein
irgendwie geartetes Selbstverwaltungsrecht der Schulen oder ihrer Schüler- oder
Elternschaft, das die Handlungsfreiheit des Antragsgegners darüber hinausgehend
einschränkt, besteht nicht. Nachdem es an den drei streitgegenständlichen Schulen -
soweit für den Senat erkennbar - noch ausreichend Lehrer, Erzieher, Schüler und Eltern
geben dürfte, die über hinreichenden emotionalen Abstand zu der Angelegenheit
verfügen, ist es dem Antragsgegner möglich, eine vergaberechtsgemäße
Qualitätsbewertung herbeizuführen. Flankierend kann der Antragsgegner ein erneutes
Probeessen so gestalten, dass den Kommissionsmitgliedern die Zuordnung der
dargebotenen Speisen zu einem bestimmten Bieter ebenso unmöglich ist wie ein
Meinungsaustausch vor Abgabe der Bewertungen.
Zum anderen käme für den Fall des Unmöglichwerdens allein die Aufhebung des
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Zum anderen käme für den Fall des Unmöglichwerdens allein die Aufhebung des
Vergabeverfahrens und die Neuausschreibung der Vergabe unter geänderten
Bedingungen gemäß § 26 Nr. 1 VOL/A in Betracht. Die Fortführung des
Vergabeverfahrens bei nachträglicher Außerachtlassung eines in den
Verdingungsunterlagen genannten Wertungskriteriums ist nicht nur vom Vergaberecht
nicht vorgesehen; diese Vorgehensweise verstieße auch gegen das vergaberechtliche
Transparenzgebot, das u.a. in § 25a Nr. 2 Abs. 2 VOL/A seinen Niederschlag gefunden
hat. Die engen und abschließend in § 26 Nr. 1 VOL/A geregelten
Aufhebungsvoraussetzungen sind vorliegend freilich noch nicht gegeben.
(3.) Der Nachprüfungsantrag ist vorliegend auch nicht etwa gemäß § 107 Abs. 2 Satz 2
GWB unter dem Gesichtspunkt fehlender Kausalität des Vergaberechtsverstoßes für
einen etwaigen Schaden der Antragstellerin bei der Auftragsvergabe zu verneinen.
Hierzu im Einzelnen:
(a.) Nicht zu folgen ist der Ansicht der Vergabekammer, dass der Antragstellerin der
Zuschlag schon deshalb nicht erteilt werden könne, weil ihr - angeblich -
rechtsmissbräuchliches Verhalten (vgl. oben, [2.][a.]) zugleich auf Unzuverlässigkeit
schließen lasse.
Denn aus den oben dargelegten Gründen ist eine Unzuverlässigkeit der Antragstellerin
genausowenig festzustellen wie ein rechtsmissbräuchliches Verhalten. Im Übrigen ist es
im Nachprüfungsverfahren jedenfalls grundsätzlich nicht möglich, dass die
Nachprüfungsinstanz eine von der Vergabestelle nicht angenommene Unzuverlässigkeit
des Antragstellers bejaht und auf dieser Grundlage dessen
Nichtberücksichtigungsfähigkeit annimmt (vgl. in Immenga/Mestmäcker, GWB, 4.
Aufl. 2007, § 114 Rdnr. 12: die Vergabekammer ist nicht ermächtigt, „ungefragt“ auf
Fehlersuche zu gehen; ebenso für den Fall des Ausschluss eines Bieter auf Grund
anderer als von der Vergabestelle angeführter Gründe: in Bechthold, GWB, 5. Aufl.
2008, § 114 Rdnr. 2). Denn das Nachprüfungsverfahren dient gemäß § 114 Abs. 1 Satz 1
GWB dem Individualrechtsschutz des Antragstellers und ermächtigt nicht, ihn gegenüber
der Entscheidung der Vergabestelle zu belasten.
(b.) Unzutreffend ist auch die Ansicht der Vergabekammer, dass der Antragstellerin der
Zuschlag schon deshalb nicht erteilt werden könne, weil die Zuschlagserteilung zu
Gunsten der Antragstellerin nur in Betracht käme, wenn die Qualität ihres Angebotes mit
der Note 1 bewertet würde und eine solche Benotung stets ermessensfehlerhaft wäre.
Zwar ist richtig, dass die vorliegend vorgenommenen Benotung der
Essenskommissionen ermessensfehlerhaft und damit vergaberechtswidrig waren. Dies
liegt aber nicht daran, dass bestimmten Bietern bestimmte Noten gegeben wurden,
sondern dass die Essenskommissionen bei der Notenvergabe voreingenommen waren
und sich zumindest nicht allein vom Grad der bei dem Probeessen festgestellten
Qualität leiten ließen. Für diese Feststellung spricht die Pauschalität der Notenvergabe
(einmal 1, der Rest 6), der Nichtbereitschaft zweier Essenskommissionen, an einem
„blinden“ Probeessen teilzunehmen, und die Äußerung des Schulleiters T., wonach er -
sinngemäß - der Antragstellerin die Note 1 nur deshalb geben habe, weil er ihr den
Zuschlag habe sichern wollen (Vermerk des Antragsgegners vom 11. Juni 2009; Bl. 479
des Ordners 2 der Vergabeakte). Vergaberechtlich zu beanstanden ist daher nicht das
im Einzelfall gefundene Notenergebnis, sondern die willkürliche Verfahrensweise der
Essenskommissionen. So mag es durchaus so sein, dass die Antragstellerin die Note 1
auch bei einem Benotungsverfahren verdient, bei dem die Kommissionsmitglieder
unvoreingenommen sind und sich allein an der Qualität des präsentierten Essens
orientieren. Genauso mag es sein, dass die die Antragstellerin zwar z.B. „nur“ die Note 2
verdient, jedoch der im Kriterium „Preis“ nächstplatzierte Bieter z.B. die Note 6 verdient
und daher in der Gesamtwertung letztlich doch der Antragstellerin der Vorzug zu geben
ist. Auch wenn diese Benotungsergebnisse möglicherweise - was der Senat nicht
einzuschätzen vermag - unwahrscheinlich sind, können sie nicht von vornherein
ausgeschlossen werden.
Insgesamt hat der Antragsgegner daher nach derzeitigem Sach- und Streitstand die
Essenskommissionen neu zu besetzen, das Probeessen erneut durchzuführen zu lassen
und auf dieser Grundlage die Angebote erneut zu bewerten.
c) Die Abwägung der Interessen der Beteiligten ergibt folgendes Bild:
Auf der Seite der Antragstellerin ist deren Interesse an der Beseitigung eines - evident -
vergaberechtswidrigen Auswahlverfahrens zu berücksichtigen. Auf der Seite des
Antragsgegners ist zwar das Interesse zu berücksichtigen, zügig zu einem Abschluss des
Vergabeverfahrens zu gelangen. Der Antragsgegner hat es jedoch selbst in der Hand,
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Vergabeverfahrens zu gelangen. Der Antragsgegner hat es jedoch selbst in der Hand,
ggf. auch durch den Einsatz von dienstrechtlichen Maßnahmen gegenüber dem
Schulpersonal, eine vergabeverfahrensrechtsgemäße Benotung der Qualität des
angebotenen Essens herbeizuführen. Ferner ist auf der Seite der Schüler zwar das
Interesse zu berücksichtigen, dass ihnen ohne Unterbrechung Schulspeisung angeboten
wird. Jedoch ist das ununterbrochene Angebot - wie die Parteien übereinstimmend
ausgeführt haben - auf Grund der derzeit bestehenden Verträge und ggf. ihrer
Verlängerung gewährleistet. Insgesamt ist daher dem Interesse der Antragstellerin der
Vorrang einzuräumen.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO ( , NZBau 2001, 151 [155];
in Bechthold, GWB, 5. Aufl. 2008, § 123 Rdnr. 2, m.w.N.).
3. Die Wertfestsetzung folgt aus § 50 Abs. 2 GKG, wobei der Senat die
Bruttoauftragssumme wie folgt berechnet hat: 640 Essensportionen täglich (Los 8: 120;
Los 19: 220; Los 20: 300), multipliziert mit 190 Schultagen jährlich (52 Wochen,
abzüglich 13 Wochen Schulferien, abzüglich 5 schulfreier Tage außerhalb der Ferien),
multipliziert mit dem angebotenen Bruttoeinheitspreis pro Essensportion.
2009 ist in den Tenor (Ziffer 3) eingearbeitet worden.>
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