Urteil des KG Berlin vom 13.03.2017

KG Berlin: fristlose kündigung, verbotene eigenmacht, mietsache, rückgabe, besitz, vermieter, geschäftsführer, gestaltung, link, quelle

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Gericht:
KG Berlin 8. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
8 U 135/09
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 522 Abs 2 ZPO, § 529 ZPO, §
546 ZPO, § 546a Abs 1 ZPO, §
307 Abs 1 S 1 BGB
Beendigung des Mietverhältnisses: Anspruch eines Vermieters
auf Nutzungsentschädigung und Schadenersatz unter
Berücksichtigung verbotener Eigenmacht des Vermieters
Leitsatz
Setzt der Vermieter den Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses durch fristlose
Kündigung im Wege der verbotenen Eigenmacht aus dem Besitz, hat er keinen Anspruch auf
Nutzungsentschädigung. Ein Anspruch auf Ersatz des Kündigungsfolgeschadens kommt
grundsätzlich erst ab Rückgabe der Mietsache, bzw. - im vorliegenden Fall - erst ab dem
Zeitpunkt der offiziellen Besitzeinweisung durch den Gerichtsvollzieher in Betracht.
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522
Absatz 2 ZPO zurückzuweisen.
Gründe
Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Der Senat folgt den im Wesentlichen
zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die durch die
Berufungsbegründung nicht entkräftet worden sind. Ergänzend wird auf Folgendes
hingewiesen:
I.
Nach § 513 Absatz 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die
angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die
nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung
rechtfertigen. Beides ist nicht der Fall.
Mit im Ergebnis zutreffenden Erwägungen ist das Amtsgericht Charlottenburg in der
angefochtenen Entscheidung zu dem Ergebnis gelangt, dass die Kläger gegen den
Beklagten für die Zeit vom 19. November 2008 bis zum 12. Januar 2009 keinen
Anspruch auf Nutzungsentschädigung gemäß § 546 a Abs. 1 BGB haben.
Eine Nutzungsentschädigung steht den Klägern als Vermieter schon deshalb nicht zu,
weil sie unstreitig am 18. November 2008 die Schlösser zu den Mieträumen auswechselt
haben und dadurch den Beklagten im Wege der verbotenen Eigenmacht aus dem Besitz
gesetzt haben. Ein Vorenthalten i.S.v. § 546 a BGB lag damit nicht mehr vor (KG, NJW-RR
2006, 514; Palandt/Weidenkaff, BGB, 68. Auflage, § 546 a, Rdnr. 9).
Die Kläger haben gegen den Beklagten auch keinen Anspruch auf Schadensersatz für
den Zeitraum vom 19. November 2008 bis zum 12. Januar 2009. Ein
Schadensersatzanspruch scheidet bereits deshalb aus, weil die Kläger durch den
Austausch der Schlösser zu den Mieträumen verbotene Eigenmacht begangen und sich
widerrechtlich in den Besitz der Mieträume gesetzt haben. Ein Anspruch auf Ersatz des
Kündigungsfolgeschadens kommt grundsätzlich erst ab Rückgabe der Mietsache und
damit vorliegend erst ab dem Zeitpunkt der offiziellen Besitzeinweisung durch den
Gerichtsvollzieher am 12. Januar 2009 in Betracht.
Vor Rückgabe der Mietsache steht dem Vermieter gegen den Mieter allenfalls ein
Anspruch auf Nutzungsentschädigung gemäß § 546 a BGB zu, der aber vorliegend – wie
dargelegt - mangels Vorenthaltens der Mietsache entfällt.
Im Übrigen scheitert ein Schadensersatzanspruch für den genannten Zeitraum daran,
dass der Beklagte zum Zeitpunkt der fristlosen Kündigung der Kläger vom 10. Juni 2008
das Mietverhältnis seinerseits gemäß § 573c Abs. 1 Satz 1 BGB zum 30. September
2008 hätte kündigen können. Die Regelung in § 2 Abs. 2 des Mietvertrages, wonach das
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2008 hätte kündigen können. Die Regelung in § 2 Abs. 2 des Mietvertrages, wonach das
(am 1. April 2007 begonnene) Mietverhältnis bis zum 31. März 2011 nicht ordentlich
gekündigt werden kann, sondern erst ab dem 1. April 2011 unter Einhaltung der
gesetzlichen Kündigungsfrist, also der Beklagte (wie auch die Kläger) für vier Jahre und 3
Monate an den Vertrag gebunden wird, ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.
Ein formularmäßiger Kündigungsverzicht für mehr als 4 Jahre stellt, wie sich
insbesondere aus der – wenn auch unmittelbar nur für Staffelmietverträge geltenden -
Regelung des § 557a Abs. 3 Satz 1 und 2, Abs. 4 BGB ergibt, in der Regel eine
unangemessene Benachteiligung des Mieters dar (BGH NJW 2005, 1574). Die Klausel ist
im vorliegenden Fall als Allgemeine Geschäftsbedingung anzusehen. Aus dem Inhalt und
der Gestaltung des Mietvertrages ergibt sich der Anschein, dass die
Vertragsbedingungen von der Vermieterseite zur mehrfachen Verwendung vorformuliert
worden sind (vgl. BGH NJW 1992, 2160, 2162; BGH NJW 2004, 502), denn der Vertrag
enthält eine Vielzahl von für Formularverträge typischen Klauseln fast durchweg zum
Nachteil des Mieters sowie nicht auf das konkrete Mietverhältnis zugeschnittene
Regelungen (z.B. § 6 Abs. 5 und § 6a Abs. 1). Dass der Kündigungsverzicht zwischen den
Parteien ausgehandelt worden wäre, haben die Kläger weder konkret behauptet noch
unter Beweis gestellt. Dass der Beklagte Geschäftsführer eines
Immobilienunternehmens ist, reicht auch nicht aus, um einen formularmäßigen
Kündigungsverzicht für mehr als vier Jahre ausnahmsweise als wirksam zu behandeln.
II.
Im Übrigen hat die Sache keine grundsätzliche Bedeutung, und eine Entscheidung des
Senats zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung ist nicht erforderlich.
III.
Es wird daher angeregt, die Fortführung der Berufung zu überdenken.
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