Urteil des KG Berlin vom 15.03.2007

KG Berlin: umwandlung, zwischenverfügung, grundbuchamt, inhaber, aufteilungsplan, gesetzesmaterialien, zwangsvollstreckung, begriff, quelle, sammlung

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Gericht:
KG Berlin 1. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 W 325/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 5 Abs 4 S 2 WoEigG
Leitsatz
Die Umwandlung von Teileigentum in Wohnungseigentum oder umgekehrt bedarf gemäß § 5
Abs. 4 S. 2 WEG nicht der Zustimmung der Grundpfandrechtsgläubiger.
Tenor
Die Zwischenverfügung wird im angefochtenen Umfang aufgehoben.
Gründe
I.
Die Beteiligten zu 1 bis 3 sind die einzigen Mitglieder der
Wohnungseigentümergemeinschaft B... Straße 2... . Mit notariell beurkundeter Erklärung
vom 15. März 2007 hatte die Beteiligte zu 1 als damalige Eigentümerin sämtlicher
Wohnungs- und Teileigentumsrechte den Inhalt der Rechte und die
Gemeinschaftsordnung neu gefasst. Danach dürfen die im Aufteilungsplan mit der Nr. 1
bezeichneten, hier verfahrensgegenständlichen Räumlichkeiten für Zwecke einer
humanmedizinischen Arztpraxis oder vergleichbarer Praxistätigkeiten genutzt werden,
ferner auch für Zwecke eines stillen Büros. Weiter ist geregelt:
„Der jeweilige Sondereigentümer ist ferner befugt, die Räumlichkeiten auch
(ganz oder teilweise) für Wohnzwecke zu nutzen. Er ist für diesen Fall ermächtigt, ohne
dass es der Zustimmung der übrigen Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft
bedarf, sein Teileigentum im Grundbuch in Wohnungseigentum umzuwandeln.“
Auf diese Erklärung wird wegen des Gegenstands und des Inhalts des Sondereigentums
gemäß Eintragung vom 22. August 2007 im Grundbuch Bezug genommen.
Die Beteiligten zu 2 und 3 wurden am 31. August 2007 als Bruchteilseigentümer der im
Obergeschoss des Hauses B... Straße 2... belegenen Eigentumswohnung
(Wohnungsgrundbuch von Z... Bl. 1... ) eingetragen. Das Wohnungseigentum ist in
Abteilung III, lfd. Nr. 6, mit einer am 24. August 2007 eingetragenen Grundschuld für die
B... B... AG & Co. KG belastet.
Mit notariellem Vertrag vom 27. April 2010 verkaufte die Beteiligte zu 1 den Beteiligten
zu 2 und 3 auch ihren verbliebenen Miteigentumsanteil verbunden mit dem
Sondereigentum an den Praxis- und Kellerräumen Nr. 1 gemäß Aufteilungsplan. In § 5
der notariellen Urkunde erklärten die Beteiligten, sie einigten sich „hiermit dahingehend,
dass das Sondereigentum des Kaufgegenstandes (ausschließlich der Kellerräume) zu
Wohnzwecken umgewidmet, das heißt zukünftig ausschließlich zu Wohnzwecken genutzt
werden darf und entsprechend im Grundbuch als Wohnungseigentum ausgewiesen
wird“. Sie beantragten und bewilligten die Umwidmung zur Eintragung ins Grundbuch.
Das Teileigentum ist in Abteilung III, lfd. Nr. 4 mit einer am 5. August 2002
eingetragenen Grundschuld zugunsten der B... H... - und V... Aktiengesellschaft belastet.
Mit Schrift vom 28. April 2010 beantragte der Notar gemäß § 15 GBO den Vollzug des
Antrages gemäß § 5 Ziffer 1 der Kaufvertragsurkunde (Umwidmung).
Das Grundbuchamt hat mit Zwischenverfügung vom 17. Mai 2010 beanstandet, es
fehlten die Zustimmungserklärungen der Grundpfandrechtsgläubiger Abt. III Nr. 4 von
Z... Bl. 1... und Abt. III Nr. 6 von Z... Bl. 1... in der Form des § 29 GBO. § 5 Abs. 4 S. 2
WEG finde keine Anwendung, da nach der Entscheidung des Kammergerichts vom 24.
Mai 2004 (NZM 2004, 624= ZMR 2005, 244) die Umwandlung von Teil- in
Wohnungseigentum nicht als Vereinbarung der Wohnungseigentümer im Sinne des § 10
Abs. 2 WEG sondern als sachenrechtlicher Veränderungsakt im Bereich des § 4 WEG zu
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Abs. 2 WEG sondern als sachenrechtlicher Veränderungsakt im Bereich des § 4 WEG zu
sehen sei.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten. Die Beteiligten sind der Ansicht,
die Zustimmung der Grundpfandrechtsgläubiger sei nach der Einführung des § 5 Abs. 4
S. 2 WEG durch das Gesetz zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und
anderer Gesetze vom 26. März 2007 nicht mehr erforderlich. Da die zitierte
Rechtsprechung sich auf einen anderen Gesetzestext beziehe, könne sie nicht als
Argument herangezogen werden.
II.
Das Rechtsmittel ist gemäß § 71 GBO zulässig. Es ist dahin auszulegen, dass die
Beschwerde durch sämtliche Beteiligten erhoben werden soll. Wenn der beurkundende
Notar im Rahmen der vermuteten Vollmacht nach § 15 GBO Beschwerde einlegt, sind
grundsätzlich alle Antragsberechtigten als Beschwerdeführer anzusehen, wenn sich nicht
aus einer ausdrücklichen Angabe oder aus den Umständen etwas anderes ergibt (vgl.
nur Demharter, GBO, 27. Aufl., § 15 Rdn. 20).
Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Das beanstandete Hindernis steht der
Eintragung der Umwidmung nicht entgegen, denn eine Zustimmung der
Grundpfandrechtsgläubiger ist nicht erforderlich.
1.
Hinsichtlich der Grundschuld Abteilung III Nr. 6 von Z... Bl. 1... ergibt sich dies schon
daraus, dass diese Gläubigerin auch ohne Berücksichtigung von § 5 Abs. 4 S. 2 WEG
nicht materiell in ihren Rechten betroffen ist. §§ 877, 876 BGB gelten für die zu ihren
Gunsten eingetragene Belastung weder direkt noch in entsprechender Anwendung.
Zwar ist für die Umwandlung von Teileigentum in Wohnungseigentum – unabhängig von
dem Streit über deren dogmatische Grundlage – nach allgemeiner Ansicht grundsätzlich
die Mitwirkung sämtlicher Wohnungs- und Teileigentümer erforderlich (vgl. nur BayObLG
Rpfleger 1998, 19; OLG Bremen, NZM 2002, 610; OLGR Celle, 2000, 307; HansOLG
Hamburg ZMR 2003, 697; OLG Hamm, MittRhNotK 1999, 344). Das Erfordernis der
Mitwirkung kann aber durch eine Regelung in der Teilungserklärung, die spätere
Wohnungs- und Teileigentümer als Sondernachfolger von der Mitwirkung ausschließt,
abbedungen werden (BayObLG, Rpfleger 1989, 325, NJW-RR 1997, 586, BayObLGZ 1997,
233). Sind die übrigen Wohnungseigentümer bereits durch die im Grundbuch
eingetragene Gemeinschaftsordnung von der Mitwirkung bei der Umwandlung von
Teileigentum in Wohnraum ausgeschlossen, so bewirkt die spätere Vornahme einer
solchen Umwandlung keine Änderung des Inhalts ihres Sondereigentums. Damit sind die
§§ 877, 876 BGB nicht anwendbar. Ebenso wie die übrigen Wohnungseigentümer im
Inhalt ihres Sondereigentums nicht mehr berührt werden, können dann auch die dinglich
Berechtigten ihre Rechtsposition der Vornahme einer solchen Umwandlung nicht
entgegensetzen; sie sind damit durch die Eintragung einer solchen Umwandlung nicht
im Sinne von § 19 GBO betroffen (BayObLG, Rpfleger 1989, 325).
Die Grundschuld zugunsten der B... B... AG & Co. KG ist am 27. August 2007 und damit
erst nach der durch die geänderte Gemeinschaftsordnung eingeräumten dinglichen
Ermächtigung zur Umwandlung von Teil- in Wohnungseigentum eingetragen worden.
Einer Zustimmung der Grundpfandrechtsgläubigerin bedarf es deshalb nicht.
2.
Aber auch eine Zustimmung der Grundpfandrechtsgläubigerin an dem betroffenen
Teileigentum in Abteilung III lfd. Nr. 4 Grundbuch von Z... Bl. 1... ist nicht erforderlich.
Durch die Umwandlung von Teil- in Wohnungseigentum wird zwar der Inhalt des
Sondereigentums und damit des Haftungsobjekts geändert, so dass entsprechend §§
877, 876 BGB ein Zustimmungserfordernis zugunsten des dinglich Berechtigten in
Betracht kommt. Gemäß § 5 Abs. 4 S. 2 WEG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung
des Wohnungseigentumsgesetzes und anderer Gesetze vom 26. März 2007 ist jedoch
für eine Vereinbarung über das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander, die
zum Inhalt des Sondereigentums gemacht werden soll, eine nach anderen
Rechtsvorschriften notwendige Zustimmung der Grundpfandrechtsgläubiger nur noch
erforderlich, wenn ein Sondernutzungsrecht begründet oder ein mit dem
Wohnungseigentum verbundenes Sondernutzungsrecht aufgehoben, geändert oder
übertragen wird. Der Gesetzgeber wollte mit dieser Neuregelung einer Überdehnung des
Schutzes der Inhaber dinglicher Rechte und einem unnötigen Arbeits- und
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Schutzes der Inhaber dinglicher Rechte und einem unnötigen Arbeits- und
Kostenaufwand für die Wohnungseigentümer bei Änderungen der
Gemeinschaftsordnung Einhalt gebieten (BT-Drucks. 16/887 S. 14). Dies sollte erreicht
werden, indem die betroffenen Rechte und Gegenstände einer zustimmungspflichtigen
Vereinbarung positiv bestimmt werden. Den Gesetzesmaterialien (a.a.O.) ist zu
entnehmen, dass der Gesetzgeber durch die Begründung und Aufhebung von
Sondernutzungsrechten die Verwertungsmöglichkeit der Grundpfandrechtsgläubiger in
der Zwangsvollstreckung als regelmäßig konkret beeinträchtigt angesehen hat. Bei
anderen Vereinbarungen, wie z.B. Zweckänderungen gemäß § 13 WEG oder
Gebrauchsbeschränkungen gemäß § 15 WEG, lasse sich dies noch nicht im Zeitpunkt
ihres Abschlusses, sondern erst im Zeitpunkt einer etwaigen Vollstreckung beurteilen.
Diese Vereinbarungen seien deshalb ebenso wie andere zustimmungsfreie Maßnahmen
der Wohnungseigentümer, die den Wert der Wohnung beeinflussen (z.B. Instandhaltung),
dem Risikobereich des Grundpfandrechtsgläubigers zuzuordnen (BT-Drucks. a.a.O. S.
15). Der Gesetzgeber hat in Kauf genommen, dass es Ausnahmefälle geben könne, bei
denen ein Wegfall des Zustimmungserfordernisses zu denkbaren Nachteilen der Inhaber
von Grundpfandrechten führen könne (BT-Drucks. a.a.O. s. 16).
Die Umwandlung des Teileigentums in Wohnungseigentum ist eine Vereinbarung der
Wohnungseigentümer über ihr Verhältnis untereinander (ebenso: HansOLG Hamburg,
ZMR 2003, 697; OLG Köln, NJW-RR 1997, 1442; Armbrüster, ZMR 2005, 247; Hügel, ZWE
2008, 120; Klein in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 13 Rdn. 22; Scheffler in Elzer/Fritsch/Meier;
Wohnungseigentumsrecht, § 1 Rdn. 31; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Aufl., Rdn.
2872d; Zimmer in Jennißen, WEG, 2. Aufl., § 1 Rdn. 25), auf die § 5 Abs. 4 S. 2 WEG
Anwendung findet. Das Grundbuchamt hat zwar mit Recht darauf hingewiesen, dass der
bisher für Wohnungseigentumssachen zuständige 24. Zivilsenat des Kammergerichts in
der Vergangenheit entschieden hat, die Umwandlung von Teileigentum in
Wohnungseigentum sei einer Vereinbarung nach § 10 WEG nicht zugänglich. Dies ist
zumindest der Entscheidung vom 5. September 2001 (GE 2002, 469) zu entnehmen,
während die Entscheidung vom 24. Mai 2004 (NZM 2003, 624) die Umwandlung von
Gemeinschaftseigentum (Dachboden) in Wohnungseigentum betrifft und deshalb für die
hier vorliegende Problematik keinen sicheren Rückschluss zulässt. Diese Rechtsprechung
hat der 24. Zivilsenat allerdings nicht aufrechterhalten, denn in dem Beschluss vom 3.
Dezember 2007 (WuM 2008, 165) hat er ausgeführt, die Umwandlung von Wohnungs- in
Teileigentum und umgekehrt stelle eine Änderung des durch die Gemeinschaftsordnung
festgelegten Gebrauchs und folglich eine Inhaltsänderung im Sinne des § 5 Abs. 4 WEG
dar.
Auch der erkennende Senat folgt den Entscheidungen des BayObLG (WuM 1994, 222
und ZMR 1997, 537) und des OLG Celle (OLGR Celle 2000, 307), nach denen eine
Änderung der Festlegung als Teileigentum nicht durch Vereinbarung der
Wohnungseigentümer im Sinne von § 10 WEG erfolgen könne, nicht.
Diese Rechtsprechung beruht auf der Grundannahme, die Festlegung des
Nutzungszwecks (Wohnung oder nicht zu Wohnzwecken dienende Räume) sei
notwendiger Teil des dinglichen Aktes zur Begründung von Wohnungs- oder
Teileigentum. Ihr fehlte deshalb die Grundlage, wenn eine Bestimmung der Nutzungsart
in der Teilungserklärung bzw. der Gemeinschaftsordnung auch gänzlich unterbleiben
könnte, wie es der 24. Zivilsenat des Kammergerichts in der Entscheidung vom 3.
Dezember 2007 (a.a.O.) ausgeführt hat. Für diese Ansicht spricht, dass der Gesetzgeber
den Begriff des Teileigentums, der im Gesetzentwurf zunächst nicht enthalten war, nur
eingeführt hat, weil es an einem Ausdruck fehlte, der sowohl Wohnungen als auch nicht
zu Wohnzwecken dienende Räume umfasste, und klargestellt werden sollte, dass
Sondereigentum nicht nur an Wohnungen, sondern auch an gewerblichen Räumen
entstehen sollte (Nachweise bei Hügel, ZWE 2008, 120).
Doch selbst wenn mit der h.M. die Zweckbestimmung im weiteren Sinne (als
Teileigentum oder Wohnungseigentum) für die Begründung von Sondereigentum für
zwingend erforderlich erachtet wird, spricht nichts dagegen, diese Zweckbestimmung als
Vereinbarung im Sinne der §§ 5 Abs. 4, 10 Abs. 2, 3, 15 WEG anzusehen. Sie betrifft
nicht die Zuordnung des Sondereigentums, die dessen sachenrechtliche Grundlage
berühren würde, sondern allein die Art der zulässigen Nutzung und damit nur das
Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander (Gemeinschaftsverhältnis). Sie ist
damit materiell als Bestandteil der Gemeinschaftsordnung und nicht der
Teilungserklärung im engeren Sinne zu behandeln (Armbrüster, ZMR 2005, 247) und
deshalb auch einer Änderung durch Vereinbarung zugänglich.
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht veranlasst, weil die Beteiligten durch die
Aufhebung der Zwischenverfügung nicht beschwert sind.
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