Urteil des KG Berlin vom 13.03.2017

KG Berlin: geschäftsführer, komplementär, rücktritt vom vertrag, treu und glauben, kommanditgesellschaft, weisung, erstellung, vermarktung, produktion, künstlervertrag

Gericht:
KG Berlin 19.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
19 U 83/10
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 43 Abs 1 GmbHG, § 43 Abs 2
GmbHG, § 46 Nr 8 GmbHG, §
240 S 2 ZPO, § 287 ZPO
Leitsatz
1. Der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH haftet der Kommanditgesellschaft
unabhängig vom Bestehen eines Dienstverhältnisses zumindest dann allein aufgrund der
drittschützenden Wirkung seiner Organstellung entsprechend § 43 Abs. 2 GmbHG, wenn die
alleinige oder wesentliche Aufgabe der Komplementär-GmbH darin besteht, die Geschäfte
der Kommanditgesellschaft zu führen.
2. Die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen der Kommanditgesellschaft
gegenüber dem Geschäftsführer der Komplementär-GmbH bedarf keines vorherigen
Beschlusses der Gesellschafter nach § 46 Nr. 8 GmbHG.
3. Der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH verletzt die von ihm gemäß § 43 Abs. 1
GmbHG zu beachtende Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes, wenn er trotz zuvor im
Zusammenhang mit der Erstellung eines Emissionsprospekts erfolgter mündlicher
Beauftragung einer Rechtsanwaltssozietät nach Erbringung der beauftragten anwaltlichen
Leistungen Honorarvereinbarungen schliesst, die die Kommanditgesellschaft zur Zahlung von
375.000,00 EUR und 150.000,00 EUR an die Rechtsanwaltssozietät verpflichten, ohne zuvor
(Rechts-)Rat darüber einzuholen, ob die Kommanditgesellschaft zum - nachträglichen -
Abschluss der Honorarvereinbarungen verpflichtet ist und ihr aus der Höhe der vereinbarten
Honorare ein wirtschaftlicher Nachteil, ggfs. in welcher Höhe, erwächst.
4. Die Gesellschaft genügt der ihr im Hinblick auf § 43 Abs. 2 GmbHG obliegenden
Darlegungs- und Beweislast bereits dann, wenn sie ein "möglicherweise pflichtwidriges"
Verhalten des Geschäftsführers dartut und im Bestreitensfalle beweist. Demgegenüber hat
der Geschäftsführer Umstände darzutun und im Bestreitensfalle zu beweisen, dass das
schadensauslösende Verhalten nicht pflichtwidrig gewesen ist oder ihn zumindest kein
Schuldvorwurf hinsichtlich der Pflichtverletzung trifft. Diese Grundsätze gelten auch für einen
ausgeschiedenen Gesellschafter.
5. Eine Haftung des Geschäftsführers entfällt, wenn sein Handeln auf einer Weisung der
Gesellschafter beruht oder von diesen gebilligt worden ist. Dies gilt aber nur dann, wenn der
Geschäftsführer den Gesellschaftern vor deren Weisung oder Billigung die
Tatsachengrundlage für die zu treffende Entscheidung ausreichend vermittelt, ausreichend
über Risiken oder sonstige Bedenken hinsichtlich der betroffenen Maßnahme informiert und
eine pflichtwidrige Beeinflussung der Willensbildung unterlassen hat.
6. Im Falle des ohne vorherigen (Rechts-)Rat erfolgten Abschlusses einer
Honorarvereinbarung für bereits erbrachte anwaltliche Leistungen durch den Geschäftsführer
der Komplementär-GmbH zu Lasten der Kommanditgesellschaft bemisst sich der letzterer
entstandene Schaden aus der Differenz zwischen den vereinbarten und gezahlten Honoraren
sowie den für die honorierten anwaltlichen Leistungen bereits angefallenen gesetzlichen
Höchstgebühren. Die Gesellschaft hat den Schaden darzutun und zu beweisen; dabei
kommen ihr über § 287 ZPO Darlegungs- und Beweiserleichterungen zu Gute.
7. Der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH einer Kommanditgesellschaft handelt
pflichtwidrig, wenn er einen zwischen der Kommanditgesellschaft und einer weiteren
Gesellschaft bestehenden Produktionsdienstleistungsvertrag durch eine nachträgliche
Kooperationsvereinbarung zum Nachteil der Kommanditgesellschaft abändert, ohne zuvor
durch Einholung von (Rechts-)Rat zu klären, ob eine Rechtspflicht zum Abschluss der
nachträglichen Vereinbarung besteht und welche rechtlichen und wirtschaftlichen Nachteile
damit für die Kommanditgesellschaft verbunden sind. Verstösst der Abschluss der
nachträglichen Vereinbarung durch den Geschäftsführer - auch - gegen die Satzung der
Gesellschaft, muss nicht die Gesellschaft den behaupteten Schaden dartun und beweisen,
sondern trägt der Geschäftsführer die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der von der
Gesellschaft behauptete Schaden nicht eingetreten ist.
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Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 18. Juni 2010 verkündete Urteil des
Landgerichts Berlin – 100 O 127/08 unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung
teilweise abgeändert:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 374.130,00 € nebst Zinsen hieraus in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28. Februar 2009 zu
zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz hat die Klägerin 29 % und der Beklagte
71 % zu tragen. Die Kosten der Berufungsinstanz hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages zzgl. 10 %
abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils
zu vollstreckenden Betrages zzgl. 10 % leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin, bei der es sich um eine im Jahre 2004 gegründete Beteiligungsgesellschaft
handelt, macht mit ihrer am 27. Februar 2009 zugestellten Klage
Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten als ehemaligen Geschäftsführer ihrer
Komplementär-GmbH geltend. Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist unter
anderem die Entwicklung, Produktion, Verwertung und Vermarktung und der Vertrieb von
Ton- und Bildaufnahmen und sonstigen Medienprodukten sowie der Erwerb von Rechten
an Musikproduktionen anderer und deren Verwertung. Ihre Gründung erfolgte im Jahre
2004 unter anderem mit dem Ziel, Kommanditkapital einzuwerben, um dieses auf dem
Musikmarkt zu investieren.
Persönlich haftende Gesellschafterin der Klägerin ist die G. GmbH, deren
Geschäftsführer bis zu seiner Abberufung im Jahre 2007 der Beklagte war. Die
Komplementär-GmbH trat und tritt nicht operativ nach außen auf, sondern handelte und
handelt ausschließlich für die Klägerin.
Im April 2004 wurde die Rechtsanwaltssozietät W. GbR (im Folgenden: W. ) klägerseits
mündlich beauftragt, die Klägerin bei der Ausarbeitung eines Emissionsprospektes, der
Erstellung eines Gesellschaftsvertrages entsprechend den Angaben im
Emissionsprospekt sowie bei der Erstellung und den Abschlüssen der wesentlichen
Verträge zu beraten. In der Folge erarbeitete WPP die veröffentlichten
Prognoserechnungen und stellte das Beitrittsangebot textlich dar.
Im Gesellschaftsvertrag der Klägerin heißt es in § 16 Nr. 2 c wörtlich:
“Insbesondere jede der nachfolgenden Maßnahmen bedarf eines Gesellschafter-
beschlusses: … Entscheidung über Abschluss, Änderung und Kündigung von
Produktions- und Co-Produktionsverträgen;”
Der Emissionsprospekt wurde im Juli 2004 veröffentlicht. Jeweils am 9. September 2004
schloss der Beklagte als Geschäftsführer der Komplementärin zu Lasten der Klägerin mit
W. einen Vertrag über Rechts- und Steuerberatung sowie eine Honorarvereinbarung, in
den für die vorgenannten anwaltlichen Leistungen ein Pauschalhonorar von 375.000,00 €
vereinbart wurde und auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird
(Aussonderungsheft, Anlagen K 1 und K 2).
Nachdem die Klägerin bis Ende 2004 erst ungefähr 900.000,00 EUR an
Kommanditkapital eingeworben hatte, kamen ihre Gesellschafter in der
Gesellschafterversammlung vom 28. Dezember 2004 darin überein, die Emission von
Beteiligungen an der Klägerin auch im Jahre 2005 fortzusetzen, um so weitere
9.100.000,00 € an Kommanditkapital einzuwerben. Am 28. Dezember 2004 beschlossen
sie unter TOP 4:
“Die Gesellschaft beschließt, die Geschäftsführung wird bevollmächtigt, einen
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“Die Gesellschaft beschließt, die Geschäftsführung wird bevollmächtigt, einen
Dienstleistungsvertrag mit der H. GmbH über die Vermarktung des Projektes “5 ...“ zu
verhandeln und abzuschliessen … .”
W. wurde mündlich beauftragt, für das neue Beteiligungsangebot eine Änderung des
Gesellschaftsvertrages zu erarbeiten, die textliche Darstellung des Emissionsprospekts
zu überarbeiten und eine erneute Prognoserechnung zu erstellen.
Am 29. Dezember 2004 schloss die Klägerin mit der T. GmbH einen
“Produktionsdienstleistungsvertrag”, in der ihr, der Klägerin, als “Tonträgerhersteller”
von der T. GmbH sämtliche im Zusammenhang mit der Produktion und Vermarktung
der Boy Group “U. - im Vertrag noch “5...“ genannt – entstehenden Rechte,
einschließlich der Urheberrechte, übertragen wurden. In § 9 des Vertrages heißt es
wörtlich:
“1. Die Vertragspartner sind jeweils zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt, falls
der TONTRÄGERHERSTELLER mit den Künstlern, mit denen das Projekt umgesetzt
werden soll, keine entsprechenden Künstlerverträge abgeschlossen haben sollte.”
2. Der Rücktritt kann nur bis zum 15.07.2005 erklärt werden. Die
Rücktrittserklärung bedarf der Schriftform.”
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den “Produktionsdienstleistungsvertrag” Bezug
genommen (Aussonderungsheft, Anlage K 4).
Am 4. April 2005 schloss der Beklagte für die Klägerin mit der T. GmbH eine
“Kooperationsvereinbarung”, mit der sie die T. GmbH für sämtliche Länder außerhalb
des deutschsprachigen Raumes (Deutschland/Österreich/Schweiz) von sämtlichen
Exklusivitätsverpflichtungen freistellte und gleichzeitig die der Klägerin aufgrund des
“Produktionsdienstleistungsvertrages” zustehenden Auswertungsrechte an der
Vermarktung der Boy-Group “U.” – in der Vereinbarung noch “5... genannt” – für alle
Staaten außer Deutschland, Österreich und der Schweiz auf die T. GmbH übertrug.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Kooperationsvereinbarung Bezug genommen
(Aussonderungsheft, Anlage K 5). Ohne den Abschluss der Kooperationsvereinbarung
vom 4. April 2005 und der darin erfolgten Rechtsübertragung hätte die T. GmbH von der
in § 9 des Produktionsdienstleistungsvertrages vorgesehenen Rücktrittsmöglichkeit
Gebrauch gemacht.
Die Boy-Group “U.” hatte in der Folgezeit kommerziellen Erfolg. Die Klägerin partizipierte
jedoch nicht mehr an der Neuauflage des Albums “H.”, das von der T. GmbH ohne ihre,
der Klägerin, Beteiligung produziert und vermarktet wurde; nach Veröffentlichung des
Albums “H.“, an dessen Erlösen die Klägerin noch teilhatte, gingen die Verkäufe des
Original-Albums zurück. Die Abrechnung der Erlöse für ausländische Einspielungen von
“U.” liegen der Klägerin bis heute nicht vor; sie schätzt die von der T. GmbH aus der
Vermarktung von “Us 5” erzielten Erlöse auf mindestens 100.000,00 €.
Im Frühjahr und Sommer 2005 legte die Klägerin zwei weitere Prospekte vor, die als
“Tranche 2005” und “Tranche II 2005” bezeichnet wurden.
Der Beklagte unterzeichnete am 9. September 2005 eine weitere Vereinbarung mit W.,
ausweislich derer für weitere anwaltliche Leistungen ein Honorar in Höhe von insgesamt
150.000,00 EUR von der Klägerin an W. zu zahlen waren; auf die Vereinbarung wird
wegen der Einzelheiten Bezug genommen (Aussonderungsheft, Anlage K 3).
Die in den Honorarvereinbarungen festgelegten Honorare von 375.000,00 € und
150.000,00 € wurden in der Folge von der Klägerin an W. gezahlt.
Die Klägerin hat behauptet, die T. GmbH habe nach Abschluss des
Produktionsdienstleistungsvertrages vom 29. Dezember 2004 einen exklusiven
Künstlervertrag mit den Mitgliedern der Band “U.” abgeschlossen. Aus der Produktion
von “U.” seien ihr lediglich 419.000,00 € verblieben, abzüglich nicht näher spezifizierter
Rechts- und Steuerberatungskosten.
Der Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben und behauptet, keine andere
Sozietät außer W. sei zum damaligen Zeitpunkt im Bereich der rechtlichen und
steuerlichen Konzeptionierung von Musikfonds tätig gewesen. Die Mitglieder der in Rede
stehenden Boygroup seien bereits vor Abschluss des
Produktionsdienstleistungsvertrages vom 29. Dezember 2004 durch einen
Künstlervertrag exklusiv an die T. GmbH und deren Geschäftspartner T. gebunden
gewesen; mit der Kooperationsvereinbarung vom 4. April 2005 habe die T. GmbH die
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gewesen; mit der Kooperationsvereinbarung vom 4. April 2005 habe die T. GmbH die
Künstler erst zur Verfügung gestellt. Im Falle des Rücktritts hätte die Klägerin kein
Projekt gehabt und noch nicht einmal über die ihr – auch nach Abschluss der
Kooperationsvereinbarung – verbliebenen Rechte für Deutschland, Österreich und die
Schweiz verfügt. Zudem sei der Klägerin kein Schaden entstanden, da sie aus dem
streitgegenständlichen Projekt bei einem Produktionsinvestment von 70.000,00 € einen
Umsatz in Höhe von 3.000.000,00 € erwirtschaftet habe.
Hinsichtlich der erstinstanzlichen Anträge sowie des Inhalts der angefochtenen
Entscheidung wird auf das am 18. Juni 2010 verkündete, der Klage teilweise
stattgebende Urteil des Landgerichts Bezug genommen (Bl. I/204-210 d.A.). Gegen
dieses, ihm am 9. Juli 2010 zugestellte Urteil hat der Beklagte mit am 5. August 2010 bei
Gericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt, die er nach Verlängerung der
Berufungsbegründungsfrist bis zum 11. Oktober 2010 mit am selben Tage bei Gericht
eingegangenem Schriftsatz begründet hat.
Der Beklagte wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Er ist im Hinblick
auf seine Verurteilung zur Zahlung der Ansicht, eine Haftung aus § 43 Abs. 2 GmbHG
scheide aus, da die Vorschrift in der streitgegenständlichen Konstellation nicht
anwendbar sei. Zur Geltendmachung der Schadensersatzansprüche hätte es eines -
hier nicht gefassten - Gesellschafterbeschlusses bedurft. Der Abschluss der
Honorarvereinbarungen sei mit Billigung der Gesellschafter der Klägerin erfolgt. Die
vereinbarte Honorare seien angemessen gewesen, da W. in mehreren Angelegenheiten
im gebührenrechtlichen Sinne tätig geworden sei. Den der Honorarvereinbarung vom 25.
August 2005 zu Grunde liegenden anwaltlichen Tätigkeiten sei ein Gegenstandswert von
9.100.000,00 € beizumessen, da das Interesse der Klägerin darin bestanden habe,
weitere 9.100.000,00 € als Kapital einzuwerben. Schließlich sei der insoweit vom
Landgericht in Ansatz gebrachte Gebührenrahmen von 1,8 untersetzt. Hinsichtlich der
im angefochtenen Urteil ausgesprochenen Feststellung seiner Pflicht zum weiteren
Schadensersatz seien Antrag und Tenor zu weit gefasst. Auch durch den Abschluss der
Kooperationsvereinbarung vom 4. April 2005 habe er seine Pflichten als Geschäftsführer
nicht verletzt, da sein Handeln den Vorgaben der Gesellschafterversammlung vom 28.
Dezember 2004 entsprochen habe. Ohne Künstler- oder Kooperationsvereinbarung sei
der “Produktionsdienstleistungsvertrag” vom 29. Dezember 2004 wertlos gewesen. Er
behauptet, W. sei hinsichtlich des Prospekts “Tranche II/2005” gesondert beauftragt
worden sei.
Der Beklagte beantragt,
das am 18. Juni 2010 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin - 100 O 127/08 -
abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil im Umfang der erstinstanzlichen Verurteilung und
vertieft ihren Vortrag.
Mit Beschluss vom 29. Dezember 2010 – 36g IN 5465/10 - hat das Amtsgericht
Charlottenburg in einem Insolvenzantragsverfahren über das Vermögen der Klägerin die
vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet und gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 2 ZPO bestimmt,
dass Verfügungen der Klägerin nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters
wirksam sind. Nachdem der Senat dem Beklagten nachgelassen hatte, auf die im
Termin vom 20. Januar 2011 erfolgten rechtlichen Erörterungen bis zum 3. Februar 2011
Stellung zu nehmen, ist am 3. Februar 2011 bei Gericht ein Schriftsatz des Beklagten
vom selben Tage eingegangen, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird
(Bl. II/89-120 d.A.).
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. In der
Sache hat sie teilweise Erfolg.
Der Senat hatte trotz Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung über die Berufung
zu befinden. Das Verfahren ist nicht gemäß § 240 Abs. 1 Satz 2 ZPO unterbrochen. Das
Insolvenzgericht hat der Beklagten kein allgemeines Verfügungsverbot (§ 21 Abs. 2 Nr. 2
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Insolvenzgericht hat der Beklagten kein allgemeines Verfügungsverbot (§ 21 Abs. 2 Nr. 2
Fall 1; § 22 Abs. 1 Satz 1 InsO), sondern nur einen Zustimmungsvorbehalt (§ 21 Abs. 2
Nr. 2 Fall 2 InsO) auferlegt, weshalb die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das
Vermögen der Beklagten nicht, wie für eine Unterbrechung gemäß § 240 Satz 2 ZPO
vorausgesetzt, gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 InsO auf den vorläufigen Insolvenzverwalter
übergegangen ist (BGH, NJW 1999, 2822 Tz. 4).
1.
Der Beklagte ist der Klägerin hinsichtlich des Abschlusses der Honorarvereinbarung vom
9. September 2004 zumindest in Höhe der erstinstanzlich insoweit zugesprochenen
296.240,00 EUR, hinsichtlich des Abschlusses der Honorarvereinbarung vom 25. August
2005 hingegen nur in Höhe von 77.890,00 EUR - statt vom Landgericht insoweit
zugesprochener 109.487,20 EUR - gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG zum Schadensersatz
verpflichtet. Gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG haftet ein Gesellschafter, der seine
Obliegenheiten verletzt, der Gesellschaft solidarisch für den entstandenen Schaden.
Diese Voraussetzungen sind erfüllt.
a.
Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagte nicht als
Geschäftsführer der Klägerin, sondern als Geschäftsführer ihrer Komplementär-GmbH
gehandelt hat.
Die unmittelbare Haftung des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH gegenüber
der KG gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG ist zum einen in den Fällen anerkannt, in denen ein
Dienstverhältnis mit drittschützender Wirkung zu Gunsten der KG zwischen der
Komplementär-GmbH und ihrem Geschäftsführer besteht; diese Voraussetzungen sind
erfüllt, wenn die alleinige oder wesentliche Aufgabe der GmbH darin besteht, die
Geschäfte der KG zu führen (BGH, GmbHR 2002, 588, 589 Tz. 11 m.w.N.). Nach diesen
Grundsätzen haftet der Beklagte nicht, da ein vertragliches Dienstverhältnis i.S.d. § 611
Abs. 1 BGB mangels ausdrücklicher oder konkludenter Vergütungsvereinbarung weder
zur Komplementär-GmbH der Klägerin noch zur Klägerin selbst bestand. Der Beklagte
hat nach seinem unbestrittenen Vortrag keine laufenden Einkünfte aus seiner
Geschäftsführertätigkeit erzielt, sondern auf Befragen des Senats erklärt, lediglich die
von ihm persönlich einem Mitarbeiter für diesem übertragene Geschäftsführertätigkeiten
gezahlte Vergütung gegenüber der Komplementär-GmbH abgerechnet zu haben; damit
indes haben die Parteien im Lichte der §§ 133, 157 BGB keine Vergütungsabrede
hinsichtlich der vom Beklagten erbrachten Geschäftsführertätigkeiten getroffen, sondern
lediglich dessen damit verbundene Aufwendungen abgegolten.
Der Beklagte haftet aber unabhängig vom Bestehen eines Dienstverhältnisses aus der
drittschützenden Wirkung seiner Organstellung, da zwischen dem Geschäftsführer einer
Komplementär-GmbH und der KG eine organschaftliche Sonderbeziehung besteht.
Dabei kann dahinstehen, ob eine entsprechende Haftung des Geschäftsführers nur
begründet wird, sofern die alleinige oder wesentliche Aufgabe der GmbH darin besteht,
die Geschäfte der KG zu führen (BGH, GmbHR 2002, 588 Tz. 14 (offen); OLG Düsseldorf,
NZG 2001, 1086 Tz. 43; Haas/Ziemons, in: Michalski, GmbHG, 2. Aufl. 2010 § 43 Rz. 266;
Hüffer, ZGR 1981, 348; Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Aufl. 2009, § 43
Rz. 27; Paefgen, in: Ulmer/Habersack/Winter, GmbHG, 2006, Bd. II, § 43 Rz. 170; K.
Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 56 IV 3 b; ders., in GmbHR 1984, 272, 279; Schneider, in:
Scholz, GmbHG, 10. Aufl. 2007, § 43 Rz. 428 ff; Zöllner/Noack, in Baumbach/Hueck,
GmbHG, 19. Aufl. 2010, § 43 Rz. 66) oder selbst dann, wenn die Führung der KG nicht
alleinige oder wesentliche Aufgabe der GmbH ist (Schneider, a.a.O.):
Vorliegend bestand nämlich die wesentliche Aufgabe der Komplementär-GmbH in der
Führung der Klägerin: Die Klägerin hat vorgetragen, dass es bis zum Jahr 2008 einzige
Aufgabe der Komplementär-GmbH gewesen sei, die Geschäfte der Klägerin zu führen;
die Komplementär-GmbH sei zu keinem Zeitpunkt selbständig nach außen operativ
aufgetreten. Diesem Tatsachenvortrag ist der Beklagte zu keinem Zeitpunkt
substantiiert entgegen getreten, so dass er unstreitig ist, § 138 Abs. 2, 3 ZPO. Dem
steht auch nicht der sich aus dem Handelsregisterauszug der Komplementär-GmbH
.
der sich aus dem Handelsregister oder dem Gesellschaftsvertrag ergebende
Unternehmensgegenstand, sondern die tatsächliche Führung der KG als wesentliche
Aufgabe der Komplementär-GmbH. Dies entspricht der Rechtsprechung des BGH,
ausweislich derer die bloße rechtliche und tatsächliche Möglichkeit zur Wahrnehmung
weiterer Aufgaben durch die Komplementär-GmbH gleichwohl der tatrichterlichen
Feststellung nicht entgegensteht, dass wesentliche Aufgabe der Komplementär-GmbH
die Führung der KG ist (BGH, GmbHR 2002, 588, Tz. 12). Diese ergibt sich hier trotz des
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die Führung der KG ist (BGH, GmbHR 2002, 588, Tz. 12). Diese ergibt sich hier trotz des
aus dem Handelsregister ersichtlichen, etwas weiter gefassten
Unternehmensgegenstandes zum einen aus den §§ 9 und 20 des
Gesellschaftsvertrages, ausweislich derer die – vergütungspflichtige – Geschäftsführung
und Vertretung der Klägerin allein der Komplementär-GmbH oblag, zum anderen
daraus, dass die Komplementär-GmbH der Klägerin weder weitere Beteiligungen
gehalten noch andere Gesellschaften betreut hat. Eine andere Beurteilung gebietet auch
nicht § 7 des Gesellschaftsvertrages, der zwar eine Befreiung von Wettbewerbsverboten
auch für die Komplementärin im Verhältnis zur Klägerin vorsieht, gleichwohl nichts über
die tatsächlich von der Komplementär-GmbH wahrgenommenen Aufgaben besagt.
b.
Die Geltendmachung der Schadensersatzansprüche der Klägerin gegenüber dem
Beklagten bedurfte keines vorherigen Beschlusses der Gesellschafter nach § 46 Nr. 8
GmbHG. Ein Gesellschafterbeschluss ist zwar materielles Erfordernis für die
Geltendmachung einer Forderung einer , so dass eine ohne Beschluss der
Gesellschafter erhobene Klage der GmbH gegen ihren Geschäftsführer wegen
materiellen Fehlens einer materiellen Anspruchsvoraussetzung abzuweisen ist (BGH,
NZG 2004, 962 Tz. 20 m.w.N.). Hier indes klagt nicht die GmbH, sondern die Klägerin als
KG; in dieser Konstellation bedarf es keines Beschlusses gemäß § 46 Nr. 8 GmbHG, da
nicht Ansprüche der GmbH, sondern die eines Dritten geltend gemacht werden (BGH,
NZG 2004, 962 Tz. 20; GmbHR 1992, 303, Tz. 16; NJW 1980, 1524 Tz. 33).
c.
Der Beklagte hat seine Pflichten als Geschäftsführer durch den Abschluss der
Honorarvereinbarungen vom 9. September 2004 und 25. August 2005 verletzt.
Der Abschluss der Honorarvereinbarungen war pflichtwidrig, da der Beklagte die
Vereinbarungen zu Lasten der Klägerin geschlossen hat, ohne sich zuvor in Kenntnis zu
setzen oder setzen zu lassen, ob die Klägerin zum Abschluss der
Honorarvereinbarungen verpflichtet war und ihr unabhängig davon allein aus der Höhe
des vereinbarten Honorars ein erheblicher wirtschaftlicher Nachteil erwachsen würde.
Dazu wäre der Beklagte gemäß § 43 Abs. 1 GmbHG verpflichtet gewesen.
aa.
Gemäß § 43 Abs. 1 GmbHG haben die Geschäftsführer in den Angelegenheiten der
Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns anzuwenden. Hinsichtlich
der sich daraus ergebenden Pflichtenbindung des Geschäftsführers besteht zwar für
geschäftliche und unternehmerische Entscheidungen grundsätzlich ein weiter
haftungsfreier Handlungsspielraum, da das bewusste Eingehen geschäftlicher Risiken,
das die unternehmerische Tätigkeit wesentlich prägt, grundsätzlich auch
Fehleinschätzungen umfasst (BGH, NJW 1997, 1926 Tz. 25). Die gerichtliche
Überprüfbarkeit unternehmerischen Ermessens ist dementsprechend darauf
beschränkt, ob dem Geschäftsführer in der konkreten Entscheidungssituation
Ermessenspielraum zugestanden hätte und er gegebenes Ermessen prozeduralen und
inhaltlichen Anforderungen gemäß ausgeübt hat (Zöllner/Noack, a.a.O., § 43 Rz. 22 a).
Davon ausgehend hat der Beklagte vor und bei Abschluss der Honorarvereinbarungen
sein – gerichtlich überprüfbares – Ermessen nicht sorgfältig ausgeübt. Maßgebend ist
insoweit, was der Geschäftsführer als angemessen angesehen hat und auch
vernünftigerweise als angemessen ansehen durfte, d.h. aus ex ante Sicht objektiv
nachvollziehbar und vertretbar erscheint (Zöllner/Noack, a.a.O., § 43 Rz. 22 c). Der
Abschluss der Honorarvereinbarungen war daran gemessen weder nachvollziehbar noch
vertretbar.
Eine dem Beklagten zur Last zu legende Pflichtverletzung ergibt sich entgegen den
Ausführungen des Landgerichts jedoch nicht aus der unterlassenen Sondierung des
Anwaltsmarktes und der nicht erfolgten Einholung von Vergleichsangeboten für die
nachgefragten Anwaltsleistungen vor Abschluss der Honorarvereinbarungen. Eine
entsprechende Verpflichtung konnte zum Zeitpunkt des Abschlusses der
Honorarvereinbarungen nicht mehr bestehen, da W. zum Zeitpunkt der Unterzeichnung
der Honorarvereinbarungen jeweils schon mandatiert war. Die Mandatierung von W. zur
Erbringung der anwaltlichen Leistungen, die Gegenstand der Honorarvereinbarung vom
9. September 2004 sind, ist nach dem unbestrittene erstinstanzlichen Vortrag des
Beklagten vor deren Abschluss im April 2004 erfolgt. Die Honorarvereinbarung vom 25.
August 2005 ist ebenfalls erst nach Erbringung der von ihr erfassten anwaltlichen
Leistungen geschlossen worden: Die Beratung und Erstellung der veröffentlichen
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Leistungen geschlossen worden: Die Beratung und Erstellung der veröffentlichen
Prospekte “Tranche 2005” und “Tranche II/2005” - in § 2 Nr. 2 der Honorarvereinbarung
vom 25. August 2005 noch als “Bafin-Prospekt” bezeichnet - ist unstreitig im Frühjahr
und Sommer 2005 erfolgt und damit vor Abschluss der Honorarvereinbarung vom 25.
August 2005. Auch wenn der erstinstanzliche Tatbestand insoweit keine Ausführungen
enthält, hatte der Senat gemäß § 529 ZPO trotz der sich aus § 314 ZPO ergebenden
Tatbestandswirkung von diesem Geschehensverlauf auszugehen, da dem Tatbestand im
Hinblick auf schriftsätzlich angekündigtes Parteivorbringen keine negative Beweiskraft
zukommt (BGH, NJW 2004, 1876 Tz. 23; NJW 2004, 2152 Tz. 35) und unstreitiger
Parteivortrag davon abgesehen auch in der Berufungsinstanz stets zu berücksichtigen
ist (BGH, NJW 2009, 2532 Tz. 15 m.w.N.). War aber W. zum Zeitpunkt des Abschlusses
der Honorarvereinbarungen bereits mündlich mandatiert, bestand zwischen der Klägerin
und W. bereits ein wirksamer Anwaltsvertrag zu den gesetzlichen Gebühren (BGH, ZIP
1998, 1801 Tz. 15; OLG Düsseldorf, MDR 2009, 1420 Tz. 3). Davon ausgehend konnten
einerseits die von W. zu diesem Zeitpunkt bereits erbrachten anwaltlichen Leistungen
nicht mehr von anderen Anwälten erbracht werden und war andererseits eine
Sondierung des Anwaltsmarktes ebensowenig geboten wie die Einholung von
Vergleichsangeboten, da die Klägerin bereits aufgrund des mündlichen Anwaltsvertrages
zu den gesetzlichen Gebühren mit W. vertraglich gebunden war.
Mit Abschluss der streitgegenständlichen Honorarvereinbarungen hat der Beklagte
gleichwohl gegen die sich aus § 43 Abs. 1 GmbHG ergebenden Pflichten verstoßen, da
die Vereinbarungen nicht sorgfältig vorbereitet waren. Ein Geschäftsführer muss in der
konkreten Entscheidungssituation alle verfügbaren Informationsquellen tatsächlicher und
rechtlicher Art ausschöpfen, um auf dieser Grundlage die Vor- und Nachteile der
bestehenden Handlungsoptionen sorgfältig abzuschätzen und den erkennbaren Risiken
Rechnung zu tragen (BGH, NZG 2008, 751 Tz. 8). Davon ausgehend hätte der Beklagte
– insbesondere angesichts des sich aus den Vereinbarungen ergebenden erheblichen
Honorarvolumens von 375.000,00 EUR sowie 150.000,00 EUR – jeweils erwägen müssen,
ob überhaupt eine Rechtspflicht für die Klägerin bestand, für bereits erbrachte
Anwaltsleistungen eine nachträgliche Honorarvereinbarung zu treffen, ggfs., ob die sich
aus der Honorarvereinbarung ergebende Vergütung die aus den gesetzlichen Gebühren
folgende Vergütung überstieg. Dabei kann dahinstehen, ob der Beklagte über
hinreichende Fachkunde verfügte, aufgrund derer er hätte erkennen können, dass eine
Verpflichtung zum Abschluss einer neuerlichen Honorarvereinbarung nicht bestand;
reicht nämlich die eigene Fachkunde des Geschäftsführers nicht aus, ist er zur
sorgfältigen Vorbereitung seiner Entscheidung verpflichtet, speziellen (Rechts-)Rat eines
fachlich qualifizierten Berufsträgers außerhalb oder innerhalb des Unternehmens
einzuholen (BGH, ZIP 2007, 1265 Tz. 15; OLG Stuttgart, NZG 2010, 120 Tz. 33 (jeweils
zu § 93 Abs. 3 AktG); Haas/Ziemons, a.a.O., § 43 Rz. 70 a; Kleindiek, a.a.O., § 43 Rz. 43).
An dieser für beide Honorarvereinbarungen geltenden Beurteilung ändert sich
hinsichtlich der Honorarvereinbarung vom 25. August 2005 nichts angesichts des
Umstandes, dass diese die Honorarvereinbarung vom 9. September 2004 zu Gunsten
der Klägerin modifiziert und hinsichtlich der Verpflichtung zur Zahlung des neuerlichen
Honorars eine Ratenzahlungsabrede enthält. Der Abschluss der Honorarvereinbarung
vom 25. August 2005 war selbst unter Berücksichtigung der darin enthaltenen
Modifikationen der Honorarvereinbarung vom 9. September 2004 und der
Ratenzahlungsabrede weder nachvollziehbar noch vertretbar. Ausweislich § 3 Ziffer 1 der
Honorarvereinbarung ist zwar das zu diesem Zeitpunkt noch offene Resthonorar aus der
Honorarvereinbarung vom 9. September 2004 in Höhe von 225.000,00 € der Klägerin bis
längstens zum 31. Dezember 2006 – d.h. für rund 16 Monate – gestundet und der
Klägerin in § 3 Ziffer 2 die ratierliche Zahlung des neuerlichen Honorars eingeräumt
worden. Dies stellt jedoch vor dem Hintergrund der mit der Honorarvereinbarung vom
25. August 2005 verbundenen neuerlichen Verbindlichkeit von 150.000,00 € einen
lediglich marginalen wirtschaftlichen Vorteil dar, zumal angesichts der später erfolgten
vollständigen Begleichung des gesamten Honorars weder ersichtlich noch vorgetragen
ist, ob und warum die Klägerin auf eine Stundung und eine Ratenzahlungsvereinbarung
angewiesen gewesen ist. Eine andere Beurteilung wäre allenfalls gerechtfertigt gewesen,
wenn die getroffene Gesamtregelung für die Klägerin wirtschaftlich vorteilhaft gewesen
wäre; dies war jedoch angesichts der erheblichen neuerlichen Verbindlichkeiten durch
das vereinbarte Honorar von 150.000,00 € nicht der Fall. Davon ausgehend konnte und
durfte der Beklagte auch die am 25. August 2005 getroffene Gesamtregelung ohne
sorgfältige Vorbereitung, insbesondere ohne Einholung von (Rechts-)Rat,
vernünftigerweise nicht als angemessen betrachten, selbst wenn dadurch nicht nur
erhebliche neue Verbindlichkeiten der Klägerin begründet, sondern auch marginale – im
Vergleich dazu nicht ins Gewicht fallende – wirtschaftliche Vorteile hinsichtlich bereits
bestehender Verbindlichkeiten eingeräumt worden sind.
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bb.
Der Senat hatte von einem Abschluss der streitgegenständlichen
Honorarvereinbarungen ohne sorgfältige Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen und
ausreichende Informationsgrundlage auszugehen, da der Beklagte seiner ihm insoweit
obliegenden Darlegungslast nicht gerecht geworden ist.
Im Rahmen des § 43 Abs. 2 GmbHG gilt eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast: Die
Gesellschaft hat hiernach grundsätzlich den Eintritt des Schadens und dessen
Verursachung durch ein Verhalten des Geschäftsführers, das sich als “möglicherweise
pflichtwidrig” darstellt, darzulegen und zu beweisen. Demgegenüber muss der
Geschäftsführer Umstände dafür dartun und beweisen, dass das schadensauslösende
Verhalten nicht pflichtwidrig gewesen ist oder ihn zumindest kein Schuldvorwurf
hinsichtlich der Pflichtverletzung trifft (st. Rspr., BGH, NZG 2008, 751 Tz. 42; NZG 2008,
314 Tz. 8; NZG 2003, 81 Tz. 8). Diese Grundsätze gelten auch für einen
ausgeschiedenen Geschäftsführer wie den Beklagten (BGH, NZG 2003, 81 Tz. 9).
Das bedeutet für den hier maßgeblichen Fall einer möglichen Pflichtwidrigkeit aufgrund
sorgfaltswidriger Vorbereitung einer unternehmerischen Entscheidung, dass der
Geschäftsführer darzutun und zu beweisen hat, dass die Entscheidung auf einer
sorgfältigen Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen und ausreichender Information
beruhte (BGH, NZG 2008, 751 Tz. 4). Diesen Anforderungen wird der Vortrag des
Beklagten nicht gerecht. Während die Klägerin vorgetragen hat, der Abschluss der
Honorarvereinbarungen in der streitgegenständlichen Höhe sei ohne nachvollziehbaren
sachlichen Grund erfolgt, hat der Beklagte weder substantiiert dargelegt noch unter
Beweis gestellt, auf welcher konkreten Entscheidungs- und Informationsgrundlage der
Abschluss der Honorarvereinbarung erfolgte. Er hat lediglich unsubstantiiert und ohne
Beweisantritt - und von der Klägerin zudem bestritten - behauptet, keine andere
Anwaltssozietät sei in der Lage gewesen, einen Prospekt für die Klägerin zu konzipieren.
Seiner Darlegungs- und Beweislast indes wäre er nur gerecht geworden, hätte er
substantiiert dargetan und zudem unter Beweis gestellt, ob, ggfs. welche Bemühungen
er vor Abschluss der Honorarvereinbarung unternommen hat, sich verlässlich – d.h.
ggfs. durch Einholung von Rechtsrat – über die Verpflichtung der Klägerin zum Abschluss
einer nachträglichen Honorarvereinbarung trotz vorheriger mündlicher Auftragserteilung
sowie über die Angemessenheit des von W. verlangten Honorars, gemessen an den
gesetzlichen Gebühren, in Kenntnis zu setzen.
cc.
Soweit der Beklagte dem Vorwurf einer Pflichtverletzung die Behauptung entgegensetzt,
dass die Gesellschafter den Abschluss der Honorarvereinbarungen gebilligt hätten, hat
seine Verteidigung aus mehreren Gründen keinen Erfolg.
Im Hinblick auf den Abschluss der Honorarvereinbarung vom 9. September 2004 hat der
Beklagte zwar behauptet und unter Beweis gestellt, diese sei von den damaligen
Gesellschaftern der Klägerin vor Unterzeichnung abgesprochen und gebilligt worden.
Dies allein lässt die Pflichtwidrigkeit seines Handelns indes nicht entfallen. Der Senat
hatte vielmehr davon auszugehen, dass eine entsprechende Absprache und Billigung
der Gesellschafter der Klägerin vor Abschluss der Honorarvereinbarung nicht erfolgt ist.
Der Vortrag des Beklagten, den insoweit die Beweislast trifft (BGH, NZG 2008, 547 Tz.
39), zu Zeit, Ort und den genauen Umständen der behaupteten Absprache und Billigung
genügt trotz des Hinweises des Senats im Termin vom 20. Januar 2011 angesichts des
erheblichen Bestreitens der Klägerin nicht den Mindestanforderungen an eine
hinreichende Substantiierung. Vor diesem Hintergrund hatte eine Vernehmung des
bereits erstinstanzlich angebotenen Zeugen ebenso zu unterbleiben wie eine solche der
im nachgelassenen Schriftsatz vom 3. Februar 2011 erstmals benannten weiteren
Zeugen, die auf einen im Zivilprozess unzulässigen Ausforschungsbeweis
hinausgelaufen wäre (Greger, in: Zöller, ZPO, 28. Aufl. 2010, Vor § 284 Rz. 5). Eine
andere Beurteilung rechtfertigt auch nicht der im vorgenannten Schriftsatz erstmals
erfolgte Vortrag, die Honorarvereinbarung hätte den Gesellschaftern vor deren
Unterzeichnung Zum einen mangelt es auch diesem Vortrag aus den
vorgenannten Erwägungen an einer hinreichenden Substantiierung, zum anderen ist er
davon unabhängig gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht mehr zuzulassen, da er -
nachdem die Klägerin erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 14. Mai 2010 ausdrücklich nicht
nur eine Weisung oder Billigung bestritten, sondern auch die fehlenden Substantiierung
des entsprechenden Vortrags gerügt hatte - aufgrund der allgemeinen
Prozessförderungspflicht des Beklagten bereits im ersten Rechtszug hätte erfolgen
müssen, dort aber aus Gründen prozessualer Nachlässigkeit unterblieben ist.
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Der Abschluss der Honorarvereinbarung vom 25. August 2005 ist von den
Gesellschaftern der Klägerin ebenfalls nicht gebilligt worden. Eine Billigung ergibt sich
insbesondere nicht daraus, dass der Beklagte – so die Berufungsbegründung – die
Vorgaben der veröffentlichten Prospekte “umgesetzt” habe. Eine haftungsbefreiende
Billigung durch die Gesellschafter wäre allenfalls dann in Betracht zu ziehen gewesen,
wenn sie vor der Herstellung der Prospekte von deren voraussichtlichem Inhalt Kenntnis
erlangt und diesen ausdrücklich oder konkludent gebilligt hätten. Dazu indes hat der
Beklagte, der insoweit darlegungs- und beweisbelastet ist (BGH, NZG 2008, 547 Tz. 39),
nichts vorgetragen, ebenso wenig dazu, ob, ggfs. wie eine Billigung des Prospektinhalts
nach dem Zeitpunkt der Veröffentlichung erfolgt sein soll.
Letztlich kommt es darauf nicht entscheidend an, denn hier ließe auch eine Weisung
oder Billigung der Gesellschafter die Pflichtwidrigkeit des Beklagten nicht entfallen.
Ein Geschäftsführer handelt im Verhältnis zur Gesellschaft zwar grundsätzlich dann nicht
pflichtwidrig, wenn er auf Grund bindender Weisung eines anderen Organs oder mit
dessen Billigung tätig wird (BGH, NZG 2003, 528 Tz. 4). Die haftungsfreistellende
Wirkung von Weisung oder Billigung der Gesellschafter entfällt immer dann, wenn der
Geschäftsführer den Gesellschaftern vor deren Weisung oder Billigung die
Tatsachengrundlage nicht ausreichend vermittelt, nicht ausreichend über Risiken oder
sonstige Bedenken hinsichtlich der betroffenen Maßnahmen informiert oder sonst wie
pflichtwidrig die Willensbildung beeinflusst (Haas/Ziemons, a.a.O., § 43 Rz. 183a m.w.N.).
So liegt der Fall hier, weil der Beklagte aus obigen Erwägungen vor Abschluss der
jeweiligen Honorarvereinbarung und deren behaupteter Billigung über die für eine
hinreichende Entscheidungsgrundlage der Gesellschafter über die zur Verfügung
stehenden unterschiedlichen Handlungsalternativen und die mit dem Abschluss der
Honorarvereinbarung verbundenen wirtschaftlichen Risiken erforderlichen Informationen
selbst nicht verfügt hat, so dass er folglich mangels eigener Informationsgewinnung auch
außer Stande war, die Gesellschafter hinreichend in Kenntnis zu setzen. Demzufolge
steht auch eine etwaige – stillschweigende – Billigung der Prospekte durch die
Gesellschafter der Klägerin der Pflichtverletzung des Beklagten nicht entgegen; eine
Haftungsausschluss wäre allenfalls in Betracht zu ziehen gewesen, wenn aus den dort
veröffentlichten Investitions- und Finanzierungsplänen deutlich und nachvollziehbar
hervorgegangen wäre, dass die dort angegebenen Rechts- und Steuerberatungskosten
jeweils aus einer – trotz bereits bestehender anwaltsvertraglicher Bindung zu den
gesetzlichen Gebühren – ohne vorherige rechtliche und tatsächliche Prüfung
geschlossenen nachträglichen Honorarvereinbarung stammen. An einer solchen Angabe
jedoch fehlte es.
d.
Der Beklagte hat beim Abschluss beider Honorarvereinbarungen schuldhaft gehandelt.
Im Hinblick auf das Verschulden des Geschäftsführers greift eine Beweislastumkehr zu
dessen Lasten (BGH, ZIP 1985, 1135 Tz. 13). Es obliegt dem Geschäftsführer, darzutun
und zu beweisen, dass er den erforderlichen Sorgfaltsmaßstab eingehalten hat oder
dass ihm die Einhaltung des Sorgfaltsmaßstabs unverschuldet unmöglich war (BGH, ZIP
1980, 776 Tz. 9). Der Beklagte hat sich insoweit auf den - unerheblichen - Vortrag
beschränkt, kein Jurist zu sein. Dies lässt sein Verschulden nicht entfallen, da es aus den
bereits dargelegten Gründen gerade aufgrund seiner fehlenden eigenen Sachkunde,
aber davon unabhängig auch aufgrund des sich aus den streitgegenständlichen
Vereinbarungen ergebenden Honorarvolumens erheblichen Ausmaßes der Sorgfalt
eines ordentlichen Geschäftsmannes allein entsprochen hätte, sich über die mit dem
Abschluss der Vereinbarung für die Klägerin verbundenen rechtlichen und
wirtschaftlichen Risiken durch Einholung fachkundigen Rechtsrates in Kenntnis setzen zu
lassen.
e.
Der Klägerin ist durch den Abschluss der Honorarvereinbarung vom 9. September 2004
zumindest ein Schaden in Höhe der insoweit erstinstanzlich erfolgten Verurteilung von
296.240,00 €, hinsichtlich der Honorarvereinbarung vom 25. August 2005 ein solcher in
Höhe von 77.890,00 € entstanden. Der Schaden bemisst sich jeweils nach der Differenz
zwischen den vereinbarten und gezahlten Honoraren und den gesetzlichen
Höchstgebühren für die von W. erbrachten anwaltlichen Leistungen.
aa.
Der Schaden der Gesellschaft ist nach den allgemeinen Grundsätzen der §§ 249 ff. BGB
zu berechnen. Ausgangspunkt ist die sog. Differenzhypothese, bei der der
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zu berechnen. Ausgangspunkt ist die sog. Differenzhypothese, bei der der
Vermögensstand der Gesellschaft mit und ohne die schädigende Handlung verglichen
wird (Haas/Ziemons, a.a.O., § 43 Rz. 203; Zöllner/Noack, a.a.O., § 43 Rz. 15 m.w.N.).
Davon ausgehend ist der Klägerin ein Schaden in Höhe der Differenz zwischen dem sich
aus den abgeschlossenen Honorarvereinbarungen und dem sich nach den gesetzlichen
Höchstgebühren ergebenden Honorar von W. entstanden. Hätte der Beklagte nämlich
entweder selbst über die entsprechende Fachkunde verfügt oder Rechtsrat eingeholt,
hätte er davon Kenntnis gehabt, nicht zum Abschluss der streitgegenständlichen
Honorarvereinbarungen mit W. – noch dazu in einer die bereits angefallenen
gesetzlichen Höchstgebühren übersteigenden Höhe – zu Lasten der Klägerin verpflichtet
zu sein. In diesem Fall hätte er sich entweder dem Gesellschaftswohl entsprechend
verhalten und die Honorarvereinbarungen nicht, bzw. allenfalls in einer die gesetzlichen
Höchstgebühren nicht übersteigenden Höhe abgeschlossen, oder er hätte seinem auf
eigene Sachkunde oder eingeholten Rat gestützten Kenntnisstand zuwider die
Honorarvereinbarungen gleichwohl abgeschlossen. In beiden Fällen jedoch wäre der
Klägerin ein Schaden im aufgezeigten Umfang entstanden, in letzterem nur nicht durch
sorgfaltswidrige Vorbereitung der Honorarvereinbarungen, sondern dadurch, dass der
Beklagte entgegen seinen Pflichten aus § 43 Abs. 1 GmbHG die streitgegenständlichen
Honorarvereinbarungen in dem Wissen abgeschlossen hätte, dass die Klägerin dazu
gegenüber W. weder dem Grunde noch der Höhe nach verpflichtet war. Davon
ausgehend kann für die Feststellung des hypothetischen Kausalverlaufs dahinstehen, für
welche der beiden hypothetischen Handlungsalternativen sich der Beklagte entschieden
hätte.
bb.
Dass der Senat von vorstehendem – hypothetischen – Geschehensverlauf auszugehen
hatte, folgt aus der vom BGH insoweit entwickelten Verteilung der Darlegungs- und
Beweislast. Danach trifft die aus § 43 Abs. 2 GmbHG klagende Gesellschaft die
Darlegungs- und Beweislast dafür, dass und inwieweit ihr durch ein möglicherweise
pflichtwidriges Verhalten des Geschäftsführers ein Schaden entstanden ist. Insoweit
kommen ihr jedoch für Kausalität und Schaden die Grundsätze des Anscheinsbeweises
und die Beweiserleichterungen des § 287 ZPO zu Gute, da an den Schadensnachweis
keine Anforderungen gestellt werden dürfen, die die Gesellschaft tatsächlich nicht
erfüllen kann (BGH, NZG 2008, 314 Tz. 8 m.w.N.). Diesem Grundsatz dient - allgemein -
auch § 287 Abs. 1 ZPO, der verhindern soll, dass eine Klage allein deshalb abgewiesen
wird, weil der Kläger nicht in der Lage ist, den vollen Beweis für einen ihm erwachsenden
Schaden zu erbringen, sei es, dass die Schadensberechnung Ermessenssache oder
wegen hypothetischer Schadensberechnung schwer zu beziffern ist oder die
Beweiserhebung über die Schadenshöhe einen unverhältnismäßig hohen Aufwand
erfordern würde. In all diesen Fällen tritt an die Stelle des Vollbeweises der
Schadenshöhe das Ermessen des Gerichts, wobei in Kauf genommen wird, dass die
richterliche Schätzung unter Umständen mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmt
(Greger, in: Zöller, ZPO, a.a.O., § 287 Rz. 1 m.w.N.). Diese Grundsätze gelten auch im
Hinblick auf die Darlegungslast des Klägers - das Gericht hat die
schätzungsbegründenden Tatsachen festzustellen und sogar von der Partei nicht
vorgetragene Tatsachen nach freiem Ermessen bei seiner Schadensschätzung zu
berücksichtigen (BGH, NJW-RR 1992, 202 Tz. 7).
Gemessen an diesen Grundsätzen hält es der Senat für hinreichend wahrscheinlich,
dass der Beklagte bei sorgfältiger Vorbereitung seiner zu treffenden Entscheidung, ob,
ggfs. zu welchen Bedingungen er die ihm von W. angebotenen Honorarvereinbarungen
zu Lasten der Klägerin hätte schließen sollen, entweder aufgrund eigener Fachkunde
oder nach Einholung von Rechtsrat zu der Erkenntnis gekommen wäre, dass W. keinen
Anspruch auf Unterzeichnung der Honorarvereinbarungen – zumal in der vereinbarten
Höhe – gehabt hätte und entsprechende Vereinbarungen für die Klägerin wirtschaftlich
nachteilig gewesen wären.
Es kann zudem mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass
der Beklagte bei der gemäß § 43 Abs. 1 GmbHG im Falle fehlender eigener Sachkunde
gebotenen Einholung von Rechtsrat sachlich zutreffend davon in Kenntnis gesetzt
worden wäre, dass zwischen der Klägerin und W. bereits aufgrund der im Vorfeld der
Honorarvereinbarungen erfolgten Beauftragungen jeweils ein wirksamer
Anwaltsvertrages zu den gesetzlichen Gebühren zustande gekommen ist .
Weiterhin kann gemäß § 287 ZPO mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon
ausgegangen werden, dass dem Beklagten die – nicht mit besonderen Schwierigkeiten
verbundene – zutreffende Rechtsauskunft erteilt worden wäre, dass sich der
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verbundene – zutreffende Rechtsauskunft erteilt worden wäre, dass sich der
Gebührenstreitwert sowohl hinsichtlich der anwaltlichen Tätigkeiten, die Gegenstand der
Honorarvereinbarung vom 9. September 2004, als auch hinsichtlich derer, die
Gegenstand der Honorarvereinbarung vom 25. August 2005 geworden sind, nach dem
Wert des zum Zeitpunkt der Beauftragung noch erstrebten Eigenkapitalanteils richten
und es sich bei beiden Aufträgen jeweils um eine Angelegenheit i.S.d. §§ 15 RVG, 13
BRAGO a.F. handelt. Wegen des dem Rechtsanwalt durch die §§ 14 RVG, 12 BRAGO a.F.
eingeräumten Ermessensspielraums bei der Bemessung des in Ansatz zu bringenden
Gebührenrahmens und den damit verbundenen rechtlichen Schwierigkeiten hält es der
Senat nicht für hinreichend wahrscheinlich, dass dem Beklagten der Rechtsrat erteilt
worden wäre, der W. bereits durch die mündlichen Beauftragungen nach den
gesetzlichen Gebühren entstandene Honoraranspruch würde die gesetzlichen
gebühren schreiten. Es ist vielmehr zu Gunsten des Beklagten im Wege der
Schätzung eines Mindestschadens davon auszugehen, dass ihm der Rechtsrat erteilt
worden wäre, dass für beide Aufträge bei WPP jeweils ein Vergütungsanspruch in Höhe
der gesetzliche Höchstgebühren entstanden ist.
Eine davon abweichende Beurteilung ist im Hinblick auf die Honorarvereinbarung vom 9.
September 2004 auch nicht durch das Vorbringen des Beklagten im nachgelassenen
Schriftsatz vom 3. Februar 2011 gerechtfertigt. Soweit der Beklagte dort erstmals
vorgetragen hat, die Gründungsgesellschafter der Klägerin wären mit dem Abschluss der
vorgenannten Honorarnote zu Lasten der Klägerin auch einverstanden gewesen, wenn
ihnen zuvor nach Einholung fachkundigen Rechtsrates mitgeteilt worden wäre, dass die
von W. verlangte Vergütung die auf Grundlage der gesetzlichen Gebühren bereits
entstandenen Honoraransprüche - aus den nachstehen Erwägungen um 311.988,00
EUR - überschreiten würde, konnte sein Vortrag gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO keine
Berücksichtigung finden, da der Beklagte entsprechenden Vortrag bereits im ersten
Rechtszug hätte erbringen müssen, ihn aber aus Gründen prozessualer Nachlässigkeit
unterlassen hat. Spätestens nachdem die Klägerin erstinstanzlich mit Schriftsatz vom
14. Mai 2010 ausdrücklich nicht nur eine Weisung oder Billigung durch die Gesellschafter
bestritten, sondern auch die fehlenden Substantiierung des entsprechenden Vortrags
gerügt hatte, gebot dem Beklagten seine allgemeine Prozessförderungspflicht, bereits
im ersten Rechtszug vollständig und umfassend zu einer Billigung oder Weisung der
Gesellschafter vorzutragen (Heßler, in: Zöller, a.a.O., § 531 Rz. 30). Eine Zulassung
konnte auch nicht gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erfolgen, da das verspätete Vorbringen
keinen Gesichtspunkt betraf, der vom Gericht des ersten Rechtszug erkennbar
übersehen oder für unerheblich gehalten wurde. Die Weisung oder Billigung der
Gesellschafter im Hinblick auf den Abschluss der Honorarvereinbarung vom 9.
September 2004 war auch für die vom Landgericht angenommene Pflichtverletzung
wegen der dem Beklagten zur Last gelegten unterlassenen Sondierung des
Anwaltsmarktes entscheidungserheblich und ist dementsprechend Gegenstand des
erstinstanzlichen Urteils. Davon abgesehen gebieten Sinn und Zweck des § 531 Abs. 2
Nr. 1 ZPO die Zulassung neuen Vorbringens nur dann, wenn die Rechtsansicht des
erstinstanzlichen Gerichts den erstinstanzlichen Sachvortrag der Partei auch beeinflusst
hat und daher, ohne dass deswegen ein Verfahrensfehler gegeben wäre, ursächlich
dafür geworden ist, dass sich Parteivorbringen in das Berufungsverfahren verlagert
(BGH, NJW-RR 2005, 167 Tz. 18). Auch diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
Der nachgeschobene Vortrag des Beklagten kann allerdings nicht nur prozessual keine
Berücksichtigung finden, sondern er ist unabhängig davon auch in der Sache
unerheblich. Ob die Gründungsgesellschafter der Klägerin mit dem Abschluss der
Honorarvereinbarung auch bei Kenntnis des sich daraus für die Klägerin ergebenden
erheblichen Honorarmehraufkommens einverstanden gewesen wären, ist für die
Kausalität der Pflichtverletzung des Beklagten ohne Bedeutung . Die vom Beklagten
pflichtwidrig unterlassene Einholung fachkundigen Rechtsrates wäre allenfalls dann nicht
ursächlich für den der Klägerin entstandenen Schaden geworden, wenn er die
Honorarvereinbarung vom 9. September 2004 gleichwohl zu Lasten der Klägerin
unterzeichnet hätte. Dies hat der Beklagte jedoch nicht vorgetragen.
cc.
Der der Klägerin erwachsene Schaden ergibt sich aus der Differenz zwischen den von der
Klägerin und W. vereinbarten Honoraren und den W. aufgrund vorheriger Beauftragung
bereits zustehenden gesetzlichen Höchstgebühren. Dabei sind für die anwaltlichen
Tätigkeiten, die Gegenstand der Honorarvereinbarung vom 9. September 2004
geworden sind, Gebührenansprüche von W. in Höhe von maximal 63.012,00 €,
hinsichtlich derer, die Gegenstand der Honorarvereinbarung vom 25. August 2005
geworden sind, solche von 72.110,00 € zu Grunde zu legen.
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(1)
Für die von W. aufgrund der Beauftragung vom April 2004 entfalteten Tätigkeiten, die
später Gegenstand der Honorarvereinbarung vom 9. September 2004 geworden sind,
belaufen sich die gesetzlichen Höchstgebühren auf allenfalls 63.012,00 €.
Die Bemessung der gesetzlichen Gebühren richtet sich insoweit gemäß §§ 61 Abs. 1
Satz 1, 60 Abs. 1 RVG nach der BRAGO a.F., da der Auftrag W. im April 2004 und damit
vor dem 1. Juli 2004 erteilt worden ist.
Der Tätigkeit von W. ist gemäß §§ 7 Abs. 1, 8 Abs. 2 BRAGO a.F. ein Gegenstandswert
von 10.000.000,00 € zu Grund zu legen. Diese Bemessung, die zunächst auch keinem
Angriff durch die Berufung unterlag, hat das Landgericht zwar auf Grundlage des RVG,
aber im Ergebnis ermessenfehlerfrei vorgenommen. Gemäß § 8 Abs. 2 BRAGO a.F. ist
der Wert für Angelegenheiten außerhalb von gerichtlichen Verfahren, soweit er sich – wie
hier – nicht nach den dort genannten Vorschriften der Kostenordnung richtet und auch
sonst nicht feststeht, nach billigem Ermessen zu bestimmen. Danach war es geboten,
für die Bemessung des Gegenstandswertes vom Interesse der Klägerin bzw. dem ihrer
Gründungsgesellschafter an der Realisierung des Fonds auszugehen; dieses ist mit dem
Wert des von allen Beteiligten erstrebten Eigenkapitalanteils von 10.000.00,00 € zu
bemessen. Das entspricht im Bewertungsansatz der Rechtsprechung des BGH, den Wert
des Neuabschlusses eines Gesellschaftsvertrages mit dem Wert der Leistungen der
Gesellschafter ohne Schuldenabzug zu bemessen (BGH, ZIP 1995, 118 Tz. 18;
Fraunholz, in: RVG, 9. Aufl. 2009, § 23 Rz. 43 “Gesellschaftsverträge”). Das Interesse der
Klägerin war nicht mit einem 10.000,000,00 EUR übersteigenden Betrag zu bewerten.
Die vom Beklagten im nachgelassenen Schriftsatz in Abweichung zur
Berufungsbegründung in Ansatz gebrachten Gegenstandswerte von 13.200.000,00 EUR
und 25.340.000,00 EUR sind überzogen, da ihnen lediglich ungesicherte und nicht durch
Tatsachen belegte Expektanzen zum Zeitpunkt der Auftragserteilung zu Grunde lagen;
diese aber sind für die Bemessung des Interesses des Mandanten nicht maßgebend,
sondern das seiner Mandatserteilung zu Grunde liegende - realistisch bewertete -
tatsächliche wirtschaftliche Interesse (OLG Celle, OLGR Celle 2008, 186 Tz. 21-23).
Dieses indes ist angesichts des später tatsächlichen eingeworbenen Anlegerkapitals von
lediglich 1.800.000,00 EUR mit nicht mehr als 10.000.000,00 EUR zu bemessen.
Eine darüber hinausgehende Erhöhung des Gegenstandswertes hatte auch nicht über §
7 Abs. 2 BRAGO a.F. zu erfolgen. Zwar war W. ausweislich des “Vertrages über Rechts-
und Steuerberatung” vom 9. September 2004 neben der Beratung bei der Ausarbeitung
eines Emissionsprospektes auch mit der Beratung bei der Erstellung eines
Gesellschaftsvertrages und der Erstellung und den Abschlüssen “der wesentlichen
Verträge” betraut. Im Vordergrund der Beauftragung stand jedoch – wie das Landgericht
zutreffend festgestellt hat – die Konzeption des Emissionsprospekts der Klägerin, so
dass die weiter beauftragten und erbrachten anwaltlichen Leistungen allenfalls dem
Hauptgegenstand der Beauftragung dienende Neben- oder Hilfsgeschäfte darstellten;
solche bilden gebührenrechtlich keinen gesondert zu berücksichtigenden Gegenstand
des Auftrags und sind deshalb – dem Rechtsgedanken der §§ 8 Abs. 2 BRAGO a.F. i.V.m.
§ 18 Abs. 2 KostO entsprechend – neben dem für den Hauptgegenstand geltend
gemachten Geschäftswert so lange gesondert zu bewerten, als sie nicht Gegenstand
eines gesonderten Geschäfts gewesen sind (BGH, WM 1976, 594 Tz. 23).
Bei den von W. entfalteten Tätigkeiten, die Gegenstand der Honorarvereinbarung vom 9.
September 2004 sind, handelte es sich nur um eine Angelegenheit i.S.d. § 13 Abs. 1, 2
BRAGO a.F. Die Frage, ob von einer oder von mehreren Angelegenheiten auszugehen
ist, lässt sich nach gefestigter Rechtsprechung des BGH nicht allgemein, sondern nur im
Einzelfall unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände beantworten, wobei
insbesondere der Inhalt des erteilten Auftrags maßgebend ist (BGH v. 19.10.2010 - VI
ZR 237/09, - juris -, Tz. 17-20 m.w.N. (zu § 15 RVG)). Von einem einheitlichen Rahmen
der anwaltlichen Tätigkeit kann selbst dann noch gesprochen werden, wenn der Anwalt
zur Wahrnehmung der Rechte des Mandanten verschiedene, in ihren Voraussetzungen
voneinander abweichende Anspruchsgrundlagen zu prüfen bzw. mehrere getrennte
Prüfungsaufgaben zu erfüllen hat. Denn unter einer Angelegenheit im
gebührenrechtlichen Sinne ist das gesamte Geschäft zu verstehen, das der
Rechtsanwalt für den Auftraggeber besorgen soll. Ihr Inhalt bestimmt den Rahmen,
innerhalb dessen der Rechtsanwalt tätig wird. Die Angelegenheit ist von dem
Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit abzugrenzen, der das konkrete Recht oder
Rechtsverhältnis bezeichnet, auf das sich die anwaltliche Tätigkeit bezieht. Eine
Angelegenheit kann durchaus mehrere Gegenstände umfassen. Für einen einheitlichen
Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit reicht es grundsätzlich aus, wenn die verschiedenen
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Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit reicht es grundsätzlich aus, wenn die verschiedenen
Gegenstände in dem Sinn einheitlich vom Anwalt bearbeitet werden können, dass sie in
einem einheitlichen Vorgehen geltend gemacht werden können (BGH a.a.O.).
Gemessen an diesen Grundsätzen handelt es bei den Tätigkeiten, die Gegenstand der
Honorarvereinbarung vom 9. September 2004 sind, um eine Angelegenheit i.S.d. § 13
Abs. 1, 2 BRAGO a.F. Der Auftrag an W. beinhaltete die Konzeption des
Emissionsprospekts der Klägerin einschließlich der hierfür erforderlichen Verträge. Ziel
des Auftrags war die Ablieferung eines fertigen Prospekts, zu dem sowohl die textliche
Darstellung des Beteiligungsangebotes, als auch die beispielhaften Prognoserechnungen
und die im Prospekt abgedruckten Verträge gehörten. Der Auftrag sollte ersichtlich alles
erfassen, was mit der Erstellung des Prospekts verbunden war, so dass klägerseits
keinerlei Aufträge mehr vergeben werden mussten. Diese unterschiedlichen anwaltlichen
Aufgaben stimmen insbesondere in der Zielsetzung so weitgehend überein, dass von
einem einheitlichen Rahmen und damit auch von einer Angelegenheit im
gebührenrechtlichen Sinne auszugehen ist.
Der W. unter Zugrundelegung der gesetzlichen Gebühren gegenüber der Klägerin
zustehende Honoraranspruch hat sich hinsichtlich der Geschäftsgebühr nicht gemäß § 6
Abs. 1 BRAGO a.F. dadurch erhöht, dass die Beauftragung im April 2004 im
Gründungsstadium der Klägerin durch deren Gesellschafter und den Beklagten
persönlich erfolgte. Die Beauftragung ist unter Zugrundelegung der
Auslegungsparameter der §§ 133, 157 BGB allein für die zu gründende Klägerin erfolgt;
das entspricht dem Grundsatz, dass Personengesellschaften des Handelsrechts
selbständige Auftraggeber des Rechtsanwalts sind, ohne Rücksicht darauf, wie viele
Gesellschafter neben der Gesellschafter bei Auftragserteilung für die Gesellschaft
handeln mussten oder gehandelt haben (Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt,
Rechtsanwaltsvergütungs-gesetz, 19. Aufl. 2010, VV 1008, Rz. 104, 106). Dieses
Auslegungsergebnis steht auch in Einklang mit dem für die Auslegung
heranzuziehenden späteren Verhalten der Parteien (BGH, NJW 2005, 3205 Tz. 29): Auf
Honorarforderungen von W. sind lediglich von der Klägerin Zahlungen geleistet worden,
nicht hingegen von den Gründungsgesellschaftern und dem Beklagten persönlich,
obwohl dieser ausweislich seines Vorbringens im Schriftsatz vom 3. Februar 2011
ebenfalls an der Auftragserteilung beteiligt war. Unabhängig davon hätte selbst im Falle
einer sich aus § 6 Abs. 1 Satz 1 BRAGO a.F. ergebenden Erhöhung ein durchsetzbarer
gesetzlicher Gebührenanspruch von W. gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 1. Halbsatz BRAGO a.F.
gegenüber der Klägerin lediglich in Höhe der gesetzlichen Gebühren bestanden, die
angefallen wären, wenn der Auftrag nur von ihr als einziger Auftraggeberin erteilt worden
wäre (Müller-Rabe, a.a.O. Rz. 265).
Vor diesem Hintergrund ergeben sich für die von W. entfalteten Tätigkeiten, die
Gegenstand der Honorarvereinbarung vom 9. September 2004 geworden sind, allenfalls
gesetzliche Höchstgebühren in Höhe von 63.012,00 €. Dabei konnte dahinstehen, ob
neben einer 10/10 Geschäftsgebühr (§§ 11, 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO a.F) und dem
pauschalen Entgelt für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen (§ 26 BRAGO) für
die vorgenannten Tätigkeiten von W. auch eine 10/10 Besprechungsgebühr (§ 118 Abs. 1
Nr. 2 2. Halbsatz BRAGO a.F.) angefallen ist. Selbst wenn eine solche angefallen wäre,
beläuft sich der der Klägerin entstandene Schaden auf 311.988,00 EUR (375.000,00 EUR
- 63.012,00 EUR) und liegt damit über dem vom Landgericht insoweit ermittelten
Schaden von 296.240,00 EUR (375.000,00 EUR - 78.760,00 EUR).
(2)
Für die von W. aufgrund der Beauftragung Ende 2004 entfalteten Tätigkeiten, die später
Gegenstand der Honorarvereinbarung vom 25. August 2005 geworden sind, belaufen
sich die gesetzlichen Höchstgebühren auf 72.110,00 €.
Die Gebührenbemessung richtet sich insoweit gemäß §§ 61 Abs. 1 Satz 1, 60 Abs. 1
Satz 1 RVG nach dem RVG, da die mündliche Auftragserteilung im Nachgang zur
Gesellschafterversammlung vom 28. Dezember 2004 und damit nicht vor dem für die
Anwendung des RVG maßgeblichen 1. Juli 2004 erfolgte.
Der Tätigkeit von W., die Gegenstand der Honorarvereinbarung vom 25. August 2005
geworden ist, ist gemäß § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG ein Gegenstandswert von 9.100.000,00
€ zu Grund zu legen. Insoweit ist nach billigem Ermessen davon auszugehen, dass sich
das Interesse der Klägerin zum Zeitpunkt der W. erteilten Aufträge auf die Differenz
zwischen dem von den Beteiligten weiterhin erstrebten Eigenkapitalanteil von
10.000.00,00 € und den mittlerweile erzielten Einnahmen von 900.000,00 € belaufen hat.
Soweit das Landgericht stattdessen an die in § 4 der Honorarvereinbarung vom 25.
August 2005 beinhaltete Besserungsmöglichkeit angeknüpft und daraus einen dazu ins
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August 2005 beinhaltete Besserungsmöglichkeit angeknüpft und daraus einen dazu ins
Verhältnis gesetzten Gegenstandswert abgeleitet hat, fehlt einerseits eine Anknüpfung
an den Wert des tatsächlichen Mandanteninteresses an der weiteren anwaltlichen
Tätigkeit, andererseits ist die Honorarvereinbarung erst im Nachgang zu den zuvor
erteilten Aufträgen abgeschlossen worden, so dass ihr für die Bestimmung des
anzusetzenden Gegenstandswertes keine ins Gewicht fallende Indizwirkung zukommt.
Eine über den Wert von 9.100.000,00 EUR hinausgehende Bemessung des
Gegenstandswertes kam aus den Erwägungen zur Bemessung des für die von der
Honorarvereinbarung vom 9. September 2004 erfassten anwaltlichen Tätigkeiten nicht in
Betracht.
Bei den von den Beklagten entfalteten Tätigkeiten, die Gegenstand der
Honorarvereinbarung vom 9. September 2004 sind, handelte es sich nur um eine
Angelegenheit i.S.d. §§ 15 Abs. 1, 2 RVG. Ausweislich § 2 der Honorarvereinbarung vom
25. August 2005 diente diese der Honorierung von Beratungsleistungen von W. bei der
Erstellung von im Frühjahr und Sommer 2005 veröffentlichten Folgeprospekten der
Klägerin. Die Beauftragungen gehen auf den Ende 2004 im Rahmen der
Gesellschafterversammlung der Klägerin gefassten Beschluss, auch im Jahre 2005
weiteres Kommanditkapital einzuwerben, zurück. Damit diente sowohl die
Veröffentlichung des Prospekts Tranche 2005 als auch die des Prospekts Tranche II/2005
dem alleinigen übergeordneten Ziel, auch im Jahre 2005 weiter Kommanditkapital für die
Klägerin einzuwerben. Dem dienten auch die im nachgelassenen Schriftsatz vom 3.
Februar 2011 ohne nähere Substantiierung dargetanen weiteren anwaltlichen Tätigkeiten
von WPP, bei denen es sich zudem nicht ausnahmslos um beratende Tätigkeiten
handelte; nur solche aber sind Gegenstand der Honorarvereinbarung vom 25. August
2005 und für die Bemessung des gesetzlichen Honoraranspruchs von W. maßgebend.
Daraus folgend steht auch der Umstand, dass W. – womöglich entgegen der
ursprünglichen Planung Ende 2004 – nicht nur bei der Erstellung des ersten, sondern
auch der des zweiten Prospekts beratend tätig geworden ist, der Bewertung sämtlicher
anwaltlicher Tätigkeiten als eine Angelegenheit nicht entgegen. Ob W. tatsächlich erst im
Verlaufe des Jahres 2005 der Auftrag zur Beratung im Zusammenhang mit dem
Prospekt Tranche II/2005 erteilt wurde oder nicht, kann dahinstehen; selbst wenn eine
spätere Nachbeauftragung erfolgt sein sollte, würden sich die W. zustehenden
gesetzlichen Höchstgebühren so bemessen, als wären sie von vornherein mit der
Beratung bei der Erstellung beider Prospekte beauftragt worden, § 15 Abs. 5 Satz 1 RVG.
Allerdings handelt es sich bei den vorgenannten Tätigkeiten um eine andere – und damit
gesondert zu vergütende – Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 1, 2 RVG als diejenige, die
bereits Gegenstand der Honorarvereinbarung vom 9. September 2004 geworden ist.
Dies ergibt sich daraus, dass W. zuvor nur mit anwaltlicher Tätigkeit im Zusammenhang
mit der – mittlerweile abgeschlossenen - Emission beauftragt war. Dieser Auftrag war
jedoch mit erfolgter Emission gemäß § 15 Abs. 1 RVG erledigt, da W. damit seine
Verpflichtungen aus dem mündlich geschlossenen Anwaltsdienstvertrag, der
Gegenstand der Honorarvereinbarung vom 9. September 2004 geworden ist, vollständig
erfüllt hatte (BGH, VersR 2010, 1664 Tz. 14).
Für die von W. entfalteten Tätigkeiten, die Gegenstand der Honorarvereinbarung vom 25.
August 2005 geworden sind, waren aus obigen Erwägungen die höchstzulässige
Geschäftsgebühr und die Auslagenpauschale anzusetzen. Das führt dazu, dass statt der
vom Landgericht zu Grunde gelegten 1,8- eine 2,5-Geschäftsgebühr in Ansatz zu
bringen ist: Damit ergeben sich als gesetzliche Höchstgebühren unter Zugrundelegung
eines Gegenstandswertes von 9.100.000,00 € bei Ansatz einer 2,5-Geschäftsgebühr (Nr.
2400 VV a.F (Nr. 2300 VV n.F.)) sowie des pauschalen Entgeltes für Post- und
Telekommunikationsleistungen (Nr. 7002 VV) gesetzliche Höchstgebühren von
72.110,00 €.
Davon ausgehend beläuft sich der der Klägerin im Zusammenhang mit der
Honorarvereinbarung vom 25. August 2005 entstandene Schaden lediglich auf
77.890,00 € (150.000,00 € - 72.110,00 €) und nicht auf die vom Landgericht ermittelten
109.487,20 € (150.000,00 € - 40.512,80 €).
ee.
Eine Kürzung des der Klägerin erwachsenen Schadens im Wege der Vorteilsausgleichung
führt zu keiner - weiteren - Abänderung des erstinstanzlichen Urteils.
Zwar sind in den Fällen, in denen das zum Schadensersatz verpflichtende Ereignis neben
Nach- auch Vorteile gebracht hat, letztere grundsätzlich vom Ersatzanspruch
abzuziehen (Grüneberg, in: Palandt, BGB, 70. Aufl. 2011, Vorb v § 249 Rz. 67 ff.).
Abzugsfähig sind deshalb auch ersparte Aufwendungen (Grüneberg, a.a.O, Vorb v § 249
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Abzugsfähig sind deshalb auch ersparte Aufwendungen (Grüneberg, a.a.O, Vorb v § 249
Rz. 93), zu denen die Rechtsanwaltskosten zählen, die der Klägerin für die Überprüfung
der Honorarvereinbarung vom 9. September 2004 nicht entstanden sind, da der
Beklagte pflichtwidrig die Einholung von Rechtsrat unterlassen hat.
Diese belaufen sich im Hinblick auf die Honorarvereinbarung vom 9. September 2004
unter Zugrundelegung eines sich aus dem von W. angebotenen Honorarumfangs
ergebenden Gegenstandswert von 375.000,00 € sowie einer 1,3-Geschäftsgebühr (Nr.
2400 VV a.F (Nr. 2300 VV n.F.)) und des pauschalen Entgelts für Post- und
Telekommunikationsleistungen (Nr. 7002 VV) auf insgesamt aber lediglich 3.301,20 EUR.
Davon ausgehend ergibt sich bei Vornahme des Vorteilsausgleichs ein der Klägerin im
Hinblick auf die Honorarvereinbarung vom 9. September 2004 entstandener Schaden
von 308.686, 80 € (375.000,00 € - 63.012,00 - 3.301,20 €), der über dem vom
Landgericht insoweit ermittelten Schaden von 296.240,00 € (375.000,00 € - 78.760,00 €)
liegt.
Hinsichtlich der Honorarvereinbarung vom 25. August 2005 scheidet eine
Vorteilsausgleichung für ersparte anwaltliche Aufwendungen aus. Insoweit sind der
Klägerin keine Anwaltskosten erspart worden. Der Beklagte hätte bei pflichtgemäßem
Verhalten vor Abschluss der Honorarvereinbarung vom 25. August 2005 keine
zusätzliche anwaltliche Beratung mehr eingeholt, da er bereits aufgrund des im Hinblick
auf die Honorarvereinbarung vom 9. September 2004 eingeholten anwaltlichen - und im
Rahmen der Vorteilsausgleichung berücksichtigten - Rates über die auch für den
Abschluss der Honorarvereinbarung vom 25. August 2005 maßgeblichen Rechtsfragen
hinreichend in Kenntnis gesetzt gewesen wäre.
f.
Der Beklagte kann die Leistung nicht wegen Verjährung gemäß § 214 Abs. 1 BGB
verweigern. Die erstinstanzlich erhobene Verjährungseinrede verfängt nicht, da die
streitgegenständlichen Ansprüche gemäß § 43 Abs. 4 GmbHG in 5 Jahren verjähren. Da
die dem Beklagten zu Last gelegten Pflichtverletzungen aus den Jahren 2004 und 2005
herrühren, wäre die – teilweise –Verjährung frühestens mit Ablauf des Jahres 2009
eingetreten. Die Klägerin hat die Verjährung jedoch bereits am 27. Februar 2009, dem
Tag der Klagezustellung gehemmt, § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB.
g.
Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1 Satz 2, 288 Abs. 1 BGB. Der
Zinslauf beginnt indes erst am 28. Februar 2009, einen Tag nach Klagezustellung (BGH,
NJW-RR 1990, 518 Tz. 25). Die Zinshöhe beläuft sich auf lediglich fünf Prozentpunkte über
dem Basiszinssatz, da § 288 Abs. 2 BGB auf die streitgegenständliche Hauptforderung
nicht anwendbar ist. Es handelt sich um keine “Entgeltforderung” i.S.d. § 288 Abs. 2 BGB
ist. Eine solche ist nur gegeben, wenn die Geldforderung die Gegenleistung für eine von
dem Gläubiger erbrachte oder zu erbringende Leistung darstellt (BGH, NJW 2010, 1872
Tz. 23). Das ist bei einem Schadensersatzanspruch nicht der Fall (Grüneberg, a.a.O., §
286 Rz. 27).
2.
Soweit das Landgericht festgestellt hat, dass der Beklagte der Klägerin zum Ersatz des
aus dem Abschluss der Kooperationsvereinbarung vom 4. April 2005 erwachsenden
Schadens verpflichtet ist, hat die Berufung keinen Erfolg. Die Klage ist insoweit zulässig
und begründet.
a.
Der Feststellungsantrag ist zulässig. Der Zulässigkeit steht insbesondere nicht die
grundsätzliche Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der Leistungsklage
entgegen. Die Erhebung der Feststellungsklage ist zulässig, wenn der Kläger seinen
Anspruch nicht oder nicht mit hinreichender Sicherheit beziffern kann (Greger, a.a.O, §
256 Rz. 7 a). So liegt der Fall hier, in der der Klägerin die Abrechnungen der Erlöse für
ausländische Einspielungen aus der streitgegenständlichen Musikproduktion bis heute
nicht vorliegen.
Der Feststellungsantrag entspricht den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Ein
Klageantrag ist hinreichend bestimmt, wenn er den erhobenen Anspruch konkret
beziffert oder gegenständlich bezeichnet, den Rahmen der gerichtlichen
Entscheidungsbefugnis im Hinblick auf § 308 Abs. 1 ZPO erkennbar abgrenzt, den Inhalt
und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung erkennen lässt und
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und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung erkennen lässt und
das Risiko eventuellen Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeit
auf den Beklagten abwälzt (Greger, a.a.O., § 253 Rz. 13 a). Dem werden sowohl der
erstinstanzliche Feststellungsantrag als auch der Feststellungstenor des angegriffenen
Urteils gerecht.
Soweit der Antrag zur Konkretisierung und Einschränkung der festzustellenden
Schadensersatzpflicht auf der Klägerin “allein zustehende Auswertungsrechte” abhebt,
steht dies der Zulässigkeit des Antrags nicht entgegen. Durch die erfolgte Tenorierung
über die Feststellung zum Schadensersatz werden entgegen der Annahme der Berufung
einerseits keine Leistungspflichten des Beklagten begründet und andererseits auch
keine selbständigen Feststellungen zu Rechten getroffen, die über die aus dem
streitgegenständlichen Kooperationsvertrag im Verhältnis der Klägerin zur T. GmbH
begründeten Rechte hinausgehen.
b.
Die Feststellungsklage ist auch begründet. Der Beklagte ist der Klägerin gegenüber
gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG zum Ersatz des aus dem Abschluss der
Kooperationsvereinbarung vom 4. April 2005 herrührenden Schadens verpflichtet.
aa.
Der Beklagte hat pflichtwidrig gehandelt.
Der Abschluss der Kooperationsvereinbarung war einerseits pflichtwidrig, weil der
Beklagte die Vereinbarung geschlossen hat, ohne sich zuvor in Kenntnis zu setzen oder
setzen zu lassen, ob, ggfs. welche rechtlichen und wirtschaftlichen Nachteile der Klägerin
aus dem Abschluss der Kooperationsvereinbarung im Hinblick auf ihr aus dem
Produktionsdienstleistungsvertrag zustehenden Rechte erwachsen. Die Pflichtwidrigkeit
ergibt sich zum anderen daraus, dass die Kooperationsvereinbarung entgegen § 16 Nr. 2
c des Gesellschaftsvertrages ohne vorherigen Gesellschafterbeschluss herbeigeführt
worden ist.
(1)
Der Beklagte war als Geschäftsführer gemäß § 43 Abs. 1 GmbHG verpflichtet, in der
konkreten Entscheidungssituation alle verfügbaren Informationsquellen tatsächlicher und
rechtlicher Art auszuschöpfen und auf dieser Grundlage die Vor- und Nachteile der
bestehenden Handlungsoptionen sorgfältig abzuschätzen und den erkennbaren Risiken
Rechnung zu tragen (BGH, NZG 2008, 751 Tz. 8). Davon ausgehend hätte er –
insbesondere angesichts der sich aus der Kooperationsvereinbarung ergebenden
erheblichen Modifikationen des Produktionsdienst-leistungsvertrages zu Lasten der
Klägerin – erwägen müssen, ob eine Rechtspflicht für die Klägerin bestand, die
Vereinbarung abzuschließen und welche wirtschaftlichen Nachteile damit verbunden
waren. Dabei kann dahinstehen, ob der Beklagte über die hinreichende Fachkunde zur
Beurteilung der entscheidungserheblichen Fragen verfügte, da ein Geschäftsführer bei
fehlender eigener Fachkunde - wie bereits ausgeführt - zur sorgfältigen Vorbereitung
seiner Entscheidung verpflichtet ist, speziellen (Rechts-)Rat eines fachlich qualifizierten
Berufsträgers außerhalb oder innerhalb des Unternehmens einzuholen (BGH, ZIP 2007,
1265 Tz. 15; OLG Stuttgart, NZG 2010, 120 Tz. 33 (jeweils zu § 93 Abs. 3 AktG);
Haas/Ziemons, a.a.O., § 43 Rz. 70 a; Kleindiek, a.a.O., § 43 Rz. 43).
Der Beklagte hat auch pflichtwidrig gehandelt, indem er gegen § 16 Nr. 2 c des
Gesellschaftsvertrages, ausweislich dessen Entscheidungen über die Änderung von
Produktionsverträgen eines vorherigen Gesellschafterbeschlusses bedürfen, verstoßen
hat. Ein Geschäftsführer handelt pflichtwidrig, wenn er den aus der Satzung folgenden
Verhaltensregeln oder Pflichten zuwider handelt (Zöllner/Hueck, a.a.O., § 43 Rz. 17). Ein
Gesellschafterbeschluss, der den Beklagten zur Änderung des
Produktionsdienstleistungsvertrages befugt hätte, ist nicht gefasst worden; der am 28.
Dezember 2004 unter TOP 4 gefasste Beschluss betrifft einen Dienstleistungsvertrag mit
der H. GmbH, nicht hingegen mit der T. GmbH. Der Berufung zuwider bedurfte es
hinsichtlich des Abschlusses der Kooperationsvereinbarung vom 4. April 2005 eines
Gesellschafterbeschlusses, da es sich bei dem geänderten Vertrag nicht um eine
“Kooperations- oder Künstlervereinbarung”, sondern bereits ausweislich der
Vertragsüberschrift um einen Produktions(dienstleistungs-)vertrag handelte.
(2)
Hinsichtlich der Missachtung der Vorgaben des Gesellschaftsvertrages ist der
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Hinsichtlich der Missachtung der Vorgaben des Gesellschaftsvertrages ist der
Pflichtenverstoß des Beklagten unstreitig. Im Hinblick auf die sorgfaltswidrige
Vorbereitung des Abschlusses der Kooperationsvereinbarung ist der Beklagte der ihm
insoweit obliegenden Darlegungs- und Beweislast, nicht gerecht geworden. Er hätte
dartun und ggfs. beweisen müssen, dass die Entscheidung zum Abschluss der
Kooperationsvereinbarung auf einer sorgfältigen Ermittlung der
Entscheidungsgrundlagen und ausreichender Information beruhte (BGH, NZG 2008, 751
Tz. 4). Dazu fehlt indes fehlt jeglicher Vortrag.
(3)
Die Pflichtverletzung des Beklagten entfällt nicht aufgrund einer Billigung oder Weisung
der Gesellschafter. Soweit der Beklagte erstmals mit der Berufung vorgetragen hat, der
Gesellschafterversammlung sei bekannt gewesen, dass bei dem streitgegenständlichen
Projekt erhebliche Lizenzbeteiligungen eingeräumt werden müssten und die T. GmbH
nicht alleiniger Rechteinhaber sei, war sein Vortrag auf das erhebliche Bestreiten der
Klägerin gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht zu berücksichtigen, da dieser neue Vortrag
bereits erstinstanzlich hätte erbracht werden können und das Unterlassen des Vortrags
nachlässig war. Davon abgesehen war sein Vortrag auch mangels hinreichender
Substantiierung unbeachtlich und fehlte es zudem an einem Beweisantritt.
bb.
Der Beklagte hat schuldhaft gehandelt; er hat als insoweit darlegungs- und
beweisbelastete Partei nichts zu seiner Entschuldigung vorgetragen.
cc.
Der Klägerin ist durch den Abschluss der Kooperationsvereinbarung vom 4. April 2005
ein Schaden entstanden, da sie mit der Kooperationsvereinbarung auf ihr im Verhältnis
zur T. GmbH aufgrund des Produktionsdienstleistungsvertrages vom 29. Dezember 2004
allein zustehende werthaltige Auswertungsrechte an der Vermarktung der Boy Group
“U.“ ganz oder zum Teil verzichtet hat; zumindest ist der Schadenseintritt
wahrscheinlich. Die bloße Wahrscheinlichkeit der Schadensentstehung reicht bei
Erhebung einer Feststellungsklage aus (Greger, a.a.O., § 256 Rz. 18).
Der Senat hält es für hinreichend wahrscheinlich, dass der Verlust der im
Produktionsdienstleistungsvertrag vom 29. Dezember 2004 für die Klägerin gegenüber
der Beklagten begründeten Rechte an der Vermarktung von “U.“ einen Schaden zu
Lasten der Klägerin verursacht hat. Dies ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass der
Klägerin nach ihrem unbestrittenen Vortrag mindestens Einnahmen in Höhe von
100.000,00 € aus dem mit dem Abschluss der Vereinbarung vom 4. April 2005
verbundenen Verlusts der Vermarktungsrechte zu Gunsten der T. GmbH entgangen
sind.
Soweit der Beklagte den Schadeneintritt pauschal bestritten und vorgetragen hat, ohne
den Abschluss der Kooperationsvereinbarung hätte die Klägerin “nicht über die Künstler
verfügt”, sie habe “ohne die Künstler und ohne die Produktion nichts besessen”, da der
Produktionsdienstleistungsvertrag ohne Künstler- und Kooperationsvereinbarung “Papier
ohne Wert” gewesen sei, steht dies der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts nicht
entgegen. Zum einen ist der Vortrag des Beklagten, der wegen des ihm - auch - zu Last
zu legenden Verstoßes gegen die Kompetenzordnung die Darlegungs- und Beweislast
für den eintritt des klägerseits behaupteten Schadens trägt (BGH, NZG 2008, 622
Tz. 8; OLG Köln, NZG 2009, 1223 Tz. 42), nicht hinreichend substantiiert, zum anderen
ist der Beklagte mangels Beweisantritts beweisfällig geblieben. Sein von der Klägerin
bestrittener Vortrag wäre allenfalls erheblich gewesen, wenn er substantiiert vorgetragen
hätte, dass es der Klägerin tatsächlich oder rechtlich nicht möglich gewesen wäre, die
streitgegenständliche Produktion ohne den Abschluss der für die Klägerin – für sich
genommen – rechtlich und wirtschaftlich nachteiligen Kooperationsvereinbarung
durchzuführen. Dazu fehlt jeglicher substantiierte Vortrag. Zwar hat der Beklagte
unbestritten vorgetragen, die T. GmbH wäre für den Fall des Nichtabschlusses der
Kooperationsvereinbarung vom Produktionsdienstleistungsvertrag zurückgetreten, doch
besagt dies angesichts der sich aus nachstehenden Erwägungen ergebenden
Unwirksamkeit eines entsprechenden Rücktritts nichts darüber, ob die Klägerin die
streitgegenständliche Produktion mit oder ohne Beteiligung der T. GmbH nicht doch
durchgeführt hätte.
Aus denselben Erwägungen unerheblich ist auch der Einwand des Beklagten, die Frage
nach einem Schaden verbiete sich angesichts eines Produktionsinvestments von
70.000,00 € und eines Umsatzes von 3.000.000,00 €. Abgesehen davon, dass die
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70.000,00 € und eines Umsatzes von 3.000.000,00 €. Abgesehen davon, dass die
Klägerin diesen Vortrag substantiiert bestritten hat, wäre das Vorbringen nur erheblich,
wenn ausgeschlossen wäre, dass der – der Höhe nach streitige – Gewinn nicht auch
ohne Abschluss der Kooperationsvereinbarung erzielt worden wäre. Davon kann aus den
vorstehenden Gründen nicht ausgegangen werden.
Der Eintritt eines Schadens bleibt auch vor dem Hintergrund wahrscheinlich, dass die T.
GmbH im Falle des Nichtabschlusses den Rücktritt vom
Produktionsdienstleistungsvertrag erklärt hätte. Zwar räumt ihr § 9 des Vertrages ein
entsprechendes Rücktrittsrecht für den Fall ein, dass die Klägerin bis zum Ablauf des 30.
Juni 2005 keine entsprechenden Künstlerverträge abgeschlossen haben sollte. Die T.
GmbH wäre aber auch weiterhin an den geschlossenen
Produktionsdienstleistungsvertrag gebunden gewesen, wenn es der Klägerin nicht
gelungen wäre, “U.“ bis zum 30. Juni 2005 mit einem Künstlervertrag zu binden. Der T.
GmbH war nämlich die wirksame Ausübung des Rücktrittsrechts im Lichte von § 162 Abs.
2 BGB verwehrt.
Eine Bedingung gilt nach § 162 Abs. 2 BGB als nicht eingetreten, wenn deren Eintritt von
der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben herbeigeführt
wird. Ob die Beeinflussung des Geschehensablaufs treuwidrig ist, ist aufgrund einer
umfassenden Würdigung des Verhaltens der den Bedingungseintritt beeinflussenden
Vertragspartei nach Anlass, Zweck und Beweggrund unter Berücksichtigung aller
Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Inhalts des Rechtsgeschäfts, festzustellen
(BGH, NJW 2007, 3057 Tz. 33). Gemessen an diesen Grundsätzen wäre es von der T.
GmbH treuwidrig gewesen, sich auf das ihr formal zustehende Rücktrittsrecht zu
berufen.
Dabei kann dahinstehen, ob “U.“ bereits vor Abschluss des
Produktionsdienstleistungsvertrages an die T. GmbH und T. und ihren Geschäftspartner
gebunden war oder ob ein entsprechender Vertrag dem Vorbringen der Klägerin
entsprechend erst im Nachgang zum Produktionsdienstleistungsvertrag vom 29.
Dezember 2004 geschlossen wurde. Sofern der Künstlervertrag zwischen der T. GmbH
und “U.“ erst im Nachgang zum Produktionsdienstleistungsvertrag geschlossen worden
wäre, hätte sich die T. GmbH nicht auf ihr Rücktrittsrecht berufen dürfen, weil der
nachträgliche Abschluss des Künstlervertrages mit “U.“ gegenüber der Klägerin
treuwidrig gewesen wäre. Die T. GmbH war nämlich einerseits aus dem
Produktionsdienstleistungsvertrag der Klägerin gegenüber ohnehin gemäß § 241 Abs. 2
BGB zur Rücksichtnahme verpflichtet und hatte bereits deshalb eigenständige
Vertragsschlüsse mit den zu produzierenden Künstlern zu unterlassen. Andererseits
ergibt eine verständige Auslegung des Produktionsdienstleistungsvertrages im Lichte
der §§ 133, 157 BGB, dass es allein der obliegen sollte, “U.“ mit einem
Künstlervertrag an sich zu binden. Das folgt insbesondere aus § 9 des Vertrages selbst,
der es dem “Tonträgerhersteller” - und damit der Klägerin – auferlegt, binnen der
genannten Frist einen Künstlervertrag mit den zu produzierenden Künstlern
herbeizuführen.
Wäre “U.“ hingegen schon vor Abschluss des Produktionsdienstleistungsvertrages an die
T. GmbH und ihren Geschäftspartner gebunden gewesen, hätte diese sich ebenfalls
nicht auf ihr Rücktrittsrecht berufen können. In diesem Falle hätte die Treuwidrigkeit
daher gerührt, dass die T. GmbH die Klägerin über einen für diese wesentlichen Umstand
vor Vertragsschluss nicht ungefragt aufgeklärt hätte (Grüneberg, a.a.O., § 242 Rz. 37).
Dass bereits vertragliche Beziehungen der T. GmbH gegenüber “U.“ bestanden, die
dem Abschluss eines eigenen Künstlervertrages zwischen der Klägerin und “Us 5”
entgegenstanden, stellte einen derartigen wesentlichem Umstand dar, da davon wegen
des in § 9 des Vertrages geregelten Rücktrittsrechts der Fortbestand des Vertrages
abhing.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 97 Abs. 1 ZPO; die
Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zuzulassen, um eine höchstrichterliche
Klärung der Frage zu ermöglichen, ob eine Haftung des Geschäftsführers einer
Komplementär-GmbH gegenüber der Kommanditgesellschaft unabhängig vom
Bestehen eines Dienstverhältnisses allein mit der drittschützenden Wirkung seiner
Organstellung zu begründen ist.
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