Urteil des KG Berlin vom 13.03.2017

KG Berlin: anschrift, adresse, absender, link, quelle, sammlung, auflage, wohnung, bekanntgabe, verhinderung

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Gericht:
KG Berlin 8. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
8 W 92/05
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 178 Abs 1 Nr 1 ZPO, § 380 Abs
1 ZPO, § 569 Abs 1 ZPO
Zustellung: Wirksamkeit der Ersatzzustellung bei Verhinderung
der Bekanntgabe der Adresse
Leitsatz
Nur dann, wenn ein Zustelladressat in zurechenbarer Weise ständig den Anschein setzt, dass
er unter einer bestimmten Anschrift wohne und dadurch zugleich verhindert, dass dem
Absender die tatsächliche Anschrift bekannt wird, kann eine Ersatzzustellung unter der vom
Zustelladressaten angegebenen Anschrift wirksam sein, obgleich er dort tatsächlich nicht
wohnt.
Tenor
Auf die Beschwerde des Zeugen ..., wird der gegen ihn gerichtete
Ordnungsgeldbeschluss der Zivilkammer 12 des Landgerichts Berlin vom 12. September
2005 aufgehoben.
Gründe
Die gemäß §§ 380 Abs. 3, 567 Abs. 1, 569 ZPO zulässige Beschwerde des Zeugen ...
gegen den Ordnungsgeldbeschluss vom 12. September 2005 ist begründet.
Entgegen der im Nichtabhilfebeschluss vom 28. November 2005 vertretenen Auffassung
der Zivilkammer 12 des Landgerichts Berlin hat der Zeuge rechtzeitig gemäß § 569 Abs.
1 Satz 2 ZPO am 23. November 2005 gegen den Beschluss vom 12. September 2005
Beschwerde eingelegt. Der Beschluss vom 12. September 2005 ist ihm nicht wirksam
am 30. September 2005 gemäß § 178 Abs. 1 Ziffer 1 ZPO durch Ersatzzustellung
zugestellt worden, da er, wie er am 19. Dezember 2005 an Eides statt versichert hat,
unter der Zustelladresse ... seid über 4 Jahren keinen Wohnsitz mehr hat. Entgegen der
vom Landgericht in dem Nichtabhilfebeschluss vom 28. November 2005 vertretenen
Auffassung indiziert im vorliegenden Fall auch die fortgesetzte und unwidersprochen
vollzogene Entgegennahme von Schriftstücken durch Familienangehörige (...) unter der
Adresse ... nicht die persönliche Beziehung des Adressaten zu dieser Wohnung. Nur
dann wenn ein Zustelladressat in zurechenbarer Weise ständig den Anschein gesetzt
hat, dass er unter einer bestimmten Anschrift wohne und dadurch zugleich verhindert,
dass dem Absender die tatsächliche Anschrift bekannt wird, kann eine Ersatzzustellung
unter der vom Zustelladressaten angegebenen Anschrift wirksam sein, obgleich er dort
tatsächlich nicht wohnt (Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, NVwZ-RR 2005,
760; OLG Nürnberg, MDR 2000, 902; OLGR Naumburg 2002, 449; OLG Karlsruhe, NJW-RR
1992, 700). Im vorliegenden Fall hat aber der Zeuge nach Aktenlage selbst keinen
Anschein gesetzt, dass er nach wie vor unter der Adresse ... wohnhaft sei. Wenn
überhaupt, hat Frau ..., die das zuzustellende Schriftstück entgegengenommen hat, den
Anschein gesetzt, dass der Zeuge nach wie vor unter der Adresse wohnhaft sei. Dieses
Verhalten ist dem Zeugen jedenfalls so lange nicht zuzurechnen, so lange er nicht selbst
Frau ... angehalten hat, Schriftstücke für ihn entgegen zu nehmen. Dafür, dass er dies
getan haben könnte, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich.
Der Zeuge hat nach Aktenlage auch weder gegenüber dem Gericht noch gegenüber der
ihn als Zeuge benennenden Partei einen zurechenbaren Anschein gesetzt, dass er
immer noch unter der Adresse ... wohnhaft ist.
Da der Zeuge nicht unter seiner tatsächlichen Wohnanschrift, sondern am 7. Mai 2005
durch Ersatzzustellung unter der Adresse ... und damit nicht ordnungsgemäß geladen
worden ist, lagen die Voraussetzungen des § 380 Abs. 1 ZPO für den Erlass eines
Ordnungsgeldbeschlusses nicht vor. Der Beschluss vom 12. September 2005 war
demzufolge aufzuheben.
Einer Kostenentscheidung bedarf es im Verfahren der erfolgreichen Beschwerde nicht
(Zöller, ZPO, 25. Auflage, § 380, Rdnr. 10).
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