Urteil des KG Berlin vom 13.03.2017

KG Berlin: wohnung, balkon, treu und glauben, mieter, negatives schuldanerkenntnis, betriebskosten, minderung, auskunft, abrechnung, vollstreckung

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Gericht:
KG Berlin 12.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
12 U 211/03
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 2 MietHöReglG
Wohnraummiete in Berlin: Berechnung der Zusatzmerkmale bei
fehlendem Balkon
Leitsatz
Bei Anwendung des Berliner Mietspiegel ist ein fehlender Balkon wie ein "nicht nutzbarer
Balkon" zu behandeln; dies folgt sowohl aus dem Sinn und Zweck der Zusatzmerkmale als
auch daraus, dass nach Auskunft des Herausgebers des Berliner Mietspiegels bei
Berechnung der Zusatzmerkmale ein "nicht nutzbarer Balkon" einem nicht vorhandenem
Balkon gleichgesetzt wurde.
Tenor
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Auf die Berufung des Beklagten, die im Übrigen zurückgewiesen wird, wird das am 10. Juli
2003 verkündete Urteil der Zivilkammer 12 des Landgerichts Berlin - 12 0 776/02 -
teilweise abgeändert:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 98.866,64 EUR Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 18. Januar 2003 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten der ersten Instanz tragen die Klägerin zu 25% und der Beklagte zu 75%. Die
Kosten der Zweiten Instanz haben die Klägerin zu 20% und der Beklagte zu 80% zu
tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei darf die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages zuzüglich
10% abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher
Höhe leistet.
Gründe
I.
Die Berufungen der Parteien richten sich gegen das am 10. Juli 2003 verkündete und am
30. Juli 2003 zugestellte Urteil der Zivilkammer 12 des Landgerichts, auf dessen
Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird. Die Klägerin hat ihre am
1. September 2003 eingelegte Berufung wurde nach Verlängerung der
Berufungsbegründungsfrist bis zum 30. November 2003 mit einem an diesem Tage bei
Gericht eingegangenen Schriftsatz begründet. Der Beklagte hat seine am 21. August
2003 eingelegte Berufung nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um einen
Monat mit einem am 23. Oktober 2003 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz
begründet.
Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Klägerin u. a. vor:
Das Landgericht komme auf Grund einer falschen Interpretation des anzuwendenden
Mietspiegels zu einem falschen Ergebnis. Es gehe irrig davon aus, dass die Nichtexistenz
eines Balkons genauso (negativ) zu bewerten sei wie das Vorliegen eines zwar
vorhandenen, jedoch nicht nutzbaren Balkons. Richtigerweise stehe der Klägerin deshalb
ein Mehrbetrag von 15.889,97 € zu. Die Berechnung dieses Betrages auf den Seiten 5 ff
des Schriftsatzes der Klägerin vom 30. November 2003 wird in Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
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unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu
verurteilen, an sie weitere 15.889,97 € nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem
Basiszinssatz seit dem 18. Januar 2003 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen
sowie in Bezug auf seine Berufung
die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen, soweit er zur
Zahlung von mehr als 5.492,88 € nebst anteiliger Zinsen verurteilt worden ist.
Der Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung, soweit durch diese die Klage
abgewiesen worden ist.
Zur Begründung seiner Berufung trägt der Beklagte u. a. vor:
Er wende sich nicht dagegen, dass das Landgericht das Vertragsverhältnis der Parteien
als ein Mietverhältnis angesehen habe. Er berufe sich aber bezüglich der Miethöhe nach
§ 9 AGB-Gesetz auf die Unwirksamkeit der den Mietzins betreffenden Abreden. Die
Ausführungen des Beklagten auf den Seiten 3-5 seiner Berufungsbegründung werden in
Bezug genommen.
Die Klägerin könne nicht mehr beanspruchen, als aufgrund der vorgelegten
Zwischenabrechnung von ihm, dem Beklagten festgestellt und gezahlt worden sei. Die
Abrechnungsvereinbarung in § 4 Nr. 6 des Vertrages schließe das Argument des
Landgerichts aus, dass es der Klägerin jahrelang bis zur Grenze der Verjährung
freistehe, Ansprüche zu stellen und Forderungen zu berechnen. Das Landgericht habe
den Verwirkungsgesichtspunkt abstrakt richtig formuliert, aber in unzutreffender Weise
auf den vorliegenden Fall angewandt. Dies gelte vor allem für die Annahmen, er, der
Beklagte, habe nicht dargelegt, Dispositionen über das eigene Vermögen getroffen zu
haben. Er habe sich auf die Endgültigkeit eingerichtet, er könne nach Ablauf der Mietzeit
von seinen Mietern nicht noch Mietspiegelmieten nachverlangen, die er auf Grund der
zwischenzeitlich erfolgten Abrechnung im Vertrauen auf deren Richtigkeit nicht
eingefordert hatte.
Über den bisher erhobenen Einwand einer Verwirkung hinaus werde von ihm, dem
Beklagten, darauf abgestellt, dass die Verhaltensweise der Klägerin unter
Berücksichtigung der Quartals-Abrechnungspflicht Erklärungswert habe.
Er sei mit dem vom Landgericht übernommenen Abzug von vier Rechnungsposten aus
dem Abrechnungsschreiben vom 4. November 2002 (Anlage K 5) nicht einverstanden. Er
sei unverändert bemüht, die nicht vorliegenden Rechnungen von seiner Verwaltung zu
erhalten und nachzureichen.
Es treffe nicht zu, dass er, der Beklagte seit dem 1. April 1999 über eine Ersatzwohnung
im Hause T. Str. ... verfügt habe. Die Klägerin habe insoweit keinerlei Unterlagen
vorgelegt. Auch seien die Betriebskosten für nicht vermietbare Wohnungen abzuziehen.
Das Landgericht habe in diesem Zusammenhang einfach die Ansätze der Klägerin
übernommen.
Entgegen der Ansicht des Landgerichts könne die Klägerin nicht beanspruchen,
außerhalb der Rechtsordnung zu stehen und wegen der von ihm auf Seite 11 seines
Schriftsatzes vom 8. April 2003 angesprochenen Umständen nicht den normalen
Rechtsregeln unterworfen zu sein. Die Klägerin habe die Pflicht gehabt,
Zwischenablesungen und Zwischenabrechnungen vorzunehmen. Die Klägerin habe
durch ihr Verhalten die Uneinbringlichkeit der Nachforderungen ausgelöst, sie hafte
deshalb auf Ersatz des hierdurch entstandenen Schadens.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung, soweit durch diese ihrer Klage
stattgegeben worden ist.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens in beiden Rechtszügen wird auf
die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen
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die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen
Verhandlungen verwiesen.
II.
A.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, hat aber in der Sache aus den zutreffenden
Gründen der angefochtenen Entscheidung keinen Erfolg.
Insbesondere geht das Landgericht auf Seite 16 der angefochtenen Entscheidung
zutreffend davon aus, dass bereits das Merkmal „keine nutzbaren Balkone“ einen
Abschlag von 25% der Spannendifferenz rechtfertigt.
Entgegen der Auffassung der Klägerin geht das Landgericht zu Recht davon aus, dass
die Nichtexistenz eines Balkons genauso negativ zu bewerten ist wie die Existenz eines
nicht nutzbaren Balkons (so auch LG Berlin, ZK 65, GE 2001, 136; LG Berlin, ZK 63, MM
1994, 66; AG Schöneberg, MM 1990, 261). Der gegenteiligen Auffassung (LG Berlin, ZK
62, GE 2001, 1404; GE 1999, 1212; GE 1992, 673; AG Schöneberg, GE 2002, 469; AG
Neukölln, GE 1993, 163) vermag sich der Senat nicht anzuschließen.
Es ist nicht zutreffend, dass ein nicht vorhandener Balkon sich weder wohnwerterhöhend
noch wohnwertmindernd auswirkt. Es ist auch nicht richtig, dass das Merkmal „kein
nutzbarer Balkon“ das Gegenstück zu dem wohnwerterhöhenden Merkmal „großer
geräumiger Balkon...“ ist. Aus der Beschreibung dieses Merkmals ergibt sich gerade,
dass es kleinere Balkone gibt, die nicht wohnwerterhöhend sind. Wenn eine Wohnung
überhaupt keinen Balkon besitzt, muss dies schon nach den modernen
Wohnbedürfnissen als ein Minus angesehen werden, da die Nutzer der Wohnung, wenn
sie sich im Freien aufhalten wollen, jeweils die Wohnung verlassen müssen. Deshalb ist
mit dem Merkmal „kein nutzbarer Balkon“ gemeint, dass entweder überhaupt kein
Balkon vorhanden ist oder ein Balkon vorhanden ist, der aber - aus welchen Gründen
auch immer - nicht benutzt werden kann.
Diese Ansicht deckt sich im Übrigen mit einer Auskunft der Erstellerin des Berliner
Mietspiegels 2000, der GEWOS Institut für Stadt-, Regional- und Wohnwertforschung
GmbH, die diese in dem beim Kammergericht rechtshängigen Berufungsverfahren 8 U
54/03 abgegeben hat. Unter dem Betreff „Balkone im Berliner Mietspiegel 2000“ wird in
dieser Auskunft vom 17. Mai 2004 ausgeführt:
„Der Mittelwert im Berliner Mietspiegel repräsentiert alle Wohnungen eines Typs,
der durch die Tabellenrasterung vorgegeben wird. Daher ist es nötig, durch die einzelnen
wohnwerterhöhenden und wohnwertmindernden Merkmale in einer Merkmalsgruppe die
Miete innerhalb des Spannenraums festzulegen. Hierbei erfolgt je Merkmalgruppe eine
Summierung der wohnwerterhöhenden und wohnwertmindernden Merkmale.
Zur Festlegung der Miete für eine Wohnung werden daher alle Merkmale der
Orientierungshilfe abgeprüft. Ein nicht vorhandener Balkon wird hierbei einem nicht
nutzbaren Balkon gleichgesetzt. Somit führt ein nicht vorhandener Balkon zum
Zeitpunkt der Vermietung zu einem negativen Punkt in der 3. Merkmalsgruppe.“
Auf die weiteren vom Beklagten genannten negativen Merkmale kommt es deshalb nach
den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts nicht mehr an.
B.
Die Berufung des Beklagten ist zulässig, hat aber in der Sache aus den überwiegend
zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung nur in dem aus dem Tenor
ersichtlichen Umfang Erfolg.
Im Hinblick auf die Ausführungen des Beklagten im zweiten Rechtszug ist - entsprechend
der Gliederung der angefochtenen Entscheidung - ergänzend auf das Folgende
hinzuweisen:
I. Anspruchsgrundlage
Das Landgericht ist in der angefochtenen Entscheidung zutreffend davon ausgegangen,
dass es sich bei dem streitgegenständlichen Vertrag vom 17. November 1994 nebst
Nachträgen Nr. 1 und 2 um ein Zwischenmietverhältnis im Sinne des § 535 BGB und
nicht um einen Verwaltervertrag handelt (so auch KG, Urteil vom 5. Mai 2003 - 8 U 70/02
-; KG, Urteil vom 14. April 2003 - 8 U 398/01 -). Beide Parteien nehmen dies im zweiten
Rechtszug auch ausdrücklich hin.
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Entgegen der Ansicht des Beklagten ist die Regelung in § 4 der Anlage K1 nicht nach
dem AGBG unwirksam.
Es kann dahingestellt bleiben, ob es sich um eine von der Klägerin gestellte Allgemeine
Geschäftsbedingung handelt. Aber selbst wenn zugunsten des Beklagten vom Vorliegen
einer AGB ausgegangen würde, so hält die Klausel doch der Inhaltskontrolle nach dem
AGBG stand.
Eine Unklarheit i.S. des § 5 AGBG liegt nicht vor. Für die Anwendung von § 5 AGBG
genügt nicht, dass Streit über die Auslegung besteht; ergibt die Auslegung einen
eindeutigen Inhalt ist, § 5 AGBG unanwendbar (BGH NJW 1993,658). Voraussetzung ist
vielmehr, dass nach Ausschöpfung der in Betracht kommenden Auslegungsmethoden
ein nicht behebbarer Zweifel bleibt und mindestens zwei Auslegungen rechtlich
vertretbar sind (Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 5 AGBG, Rdnr. 8). Die Regelungen in § 4 Ziff.
1 und 2 sind aber nicht auslegungsfähig, sondern eindeutig. Es ist ausdrücklich
bestimmt, dass die Beklagte die Zahlungen in Höhe der sich aus dem jeweils gültigen
Mietspiegel ergebenden Mieten auf das Sonderkonto auch vorzunehmen hat, wenn die
Wohnungen nicht vermietet sind. Dies ergibt sich eindeutig aus der in § 4 Absatz 2 Satz
2 enthaltenen Bezugnahme auf § 4 Absatz 1. Für die Anwendung des § 5 AGBG ist damit
kein Raum (so auch KG, Urteil vom 14. April 2003 - 8 U 398/01 - für dieselben
Vertragsklauseln).
Diese Regelung ist auch nicht gemäß § 9 AGBG unwirksam. Der Beklagte benennt zwar
ausdrücklich diese Vorschrift, zur Begründung beruft er sich aber nicht auf eine
unangemessene Benachteiligung sondern auf Unklarheiten. Die Frage der Unklarheit ist
aber in § 5 AGBG abschließend geregelt. Ausführungen zu seiner unangemessenen
Benachteiligung macht der Beklagte in seiner Berufungsbegründung nicht.
Aber selbst unter Berücksichtigung des gesamten Parteivortrags vermag der Senat eine
unangemessene Benachteiligung nicht festzustellen. Zu berücksichtigen ist, dass die
Beklagte die als solche bezeichneten “Verwaltungskosten“ beanspruchen konnte, deren
Höhe nicht von vornherein als so gering einzuschätzen wäre, dass die Gegenleistung der
Klägerin unangemessen wäre.
Da mithin eine wirksame Mietzinsvereinbarung vorliegt, kommt ein
Leistungsbestimmungsrecht nicht in Betracht.
II. Verwirkung
Zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass der Anspruch der Klägerin gegen den
Beklagten auf Zahlung von Mietzins für die Zeit vom 1. April 1996 bis zum 30. Juni 2000
nicht verwirkt ist.
Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers
über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und
eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die
verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt (BGH NJW-RR 1992,
1240) . Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten
beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen,
der Berechtigte werde seinen Anspruch nicht mehr geltend machen (BGH NJW 2001,
1649; BGH Urteil vom 14.11.2002 - VII ZR 23/02 -).
Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die geltend gemachten Rückstände beziehen
sich auf den Zeitraum von April 1996 bis Juni 2000. Es bestehen schon Bedenken
dagegen, ob überhaupt das Zeitmoment erfüllt ist. Unabhängig von der Frage, ob die
verstrichene Zeit überhaupt für die Annahme der Verwirkung ausreichen könnte, fehlt es
jedenfalls an dem so genannten Umstandsmoment. Die Tatsache, dass die Klägerin
untätig gewesen ist, erfüllt nicht das Umstandsmoment, sondern ist eine Frage des
Zeitmoments. Auch die Tatsache, dass die Klägerin die von der Beklagten erteilten
Abrechnungen nicht unmittelbar zeitnah geprüft hat, sondern erst später
Nachforderungen erhoben hat, betrifft letztlich das Zeitmoment. Es fehlt zudem an den
erforderlichen Anhaltspunkten dafür, dass sich die Beklagte darauf einrichten durfte und
eingerichtet hat, dass die Klägerin die Forderung nicht mehr erheben würde. Sofern die
Beklagte die Vorstellung gehabt haben sollte, dass die Klägerin weitere Forderungen
gegen sie nicht erheben würde, war diese jedenfalls durch ein Verhalten der Klägerin
nicht veranlasst. Eine Pflicht oder Obliegenheit der Klägerin, die Abrechnungen des
Beklagten zeitnah zu prüfen, ergibt sich weder aus dem Vertragstext noch aus den
sonstigen Umständen.
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Auch hat das Schweigen der Klägerin auf die Abrechnungen nicht den Erklärungswert
einer Billigung dieser Abrechnungen. Selbst eine jahrelange widerspruchslose Hinnahme
von Provisionsabrechnungen des Unternehmers kann nicht als ein sich ständig
wiederholendes negatives Schuldanerkenntnis eines Handelsvertreters ausgelegt
werden, dass ihm Ansprüche auf Zahlung weiterer Provision nicht zustehen (BGH, NJW
1996, 588). Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass
an die Annahme eines konkludent erklärten Verzichts grundsätzlich strenge
Anforderungen zu stellen sind (BGH, WM 1994, 13).
III. Mietzinshöhe
Die Ausführungen des Landgerichts zu diesen Positionen sind nicht zu beanstanden. Sie
werden von dem Beklagten auch nicht gesondert angegriffen, vielmehr legt er sie für die
Zeit ab Juli 2000 selbst seinen Berechnungen auf den Seiten 8 ff seiner
Berufungsbegründung zugrunde.
IV. Minderung/Unvermietbarkeit
Die Ausführungen des Landgerichts zu diesen Positionen sind nicht zu beanstanden. Sie
werden von dem Beklagten auch nicht gesondert angegriffen,
d. Unvermietbarkeit von Wohnungen
aa. F. Str. ... 2. OG rechts
Zu Unrecht hat das Landgericht bei dieser Position die Minderung des Beklagten für die
zeit ab April 1999 nicht anerkannt, so dass die Berufung insoweit begründet ist.
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass diese Wohnung bis März 1999 wegen
Schadstoffbelastung gesperrt worden war. Dass die Wohnung ab April 1999 wieder
vermietbar war, wird von der Klägerin nicht behauptet.
Aus der Behauptung der Klägerin, dem Mieter dieser Wohnung habe ab dem 1. April
1999 eine Ersatzwohnung in der T. Str. ... zur Verfügung gestanden, ergibt sich ein
Wegfall der Minderung nicht. Wie sich aus den Anlagen B 38 und BB 1 ergibt, erfolgte die
Umsetzung des Mieters ohne Mitwirkung des Beklagten oder der von diesem
beauftragten Verwaltung. In Ermangelung entsprechender Vereinbarungen der Parteien
können sich aus dieser Mieterumsetzung Mietzinsansprüche des Klägers nicht ergeben.
Bereicherungsansprüche scheiden schon deshalb aus, weil der Beklagte unstreitig für die
Zeit ab April 1999 von dem Mieter der Wohnung F. Str. ... 2. OG rechts keine
Mieteinnahmen erzielt hat.
Daher ist der vom Landgericht ausgeurteilte Betrag entsprechend der Berechnung auf
Seite 16 der Berufungsbegründung des Beklagten für die Zeit von April 1999 bis Januar
15.488,23 DM
bb. F. Str. ..., 2. OG rechts
Für seine von der Klägerin bestrittene Behauptung, diese Wohnung sei auch in der Zeit
vor März 2000 unbewohnbar gewesen und der Mieter dieser Wohnung habe deshalb die
Miete auch vor März 2000 um 100% gemindert, hat der Beklagte in beiden Instanz
Beweis nicht angeboten. Aus dem Schreiben der Klägerin vom 25. April 2000 (Anlage B
12) ergibt sich, dass den Parteien die Schadstoffbelastung erst im April 2000 durch
Messungen festgestellt wurde. Dass und warum der Mieter dieser Wohnung vor diesem
Zeitpunkt Kenntnis von dieser Belastung gehabt und die Miete deshalb gemindert haben
soll, ist nicht dargetan. Soweit der Beklagte in erster Instanz beweislos vorgetragen hat,
die Wohnung habe wegen der Schadstoffbelastung in der Zeit vom 1. November 1999
bis zum 28. Februar 2000 nicht vermietet werden können, hält er diesen Vortrag in
zweiter Instanz offensichtlich nicht aufrecht, da er nunmehr eine 100% Mietminderung
durch den Mieter behauptet.
cc. Bezüglich der Minderung/Unvermietbarkeit der Wohnungen F. Str. ..., 1. OG links
sowie F. Str. ... EG links und 2. OG links enthält die Berufungsbegründung des Beklagten
keine Angriffe gegen die angefochtene Entscheidung.
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V. Reparaturmaßnahmen gem. § 6 Nachtrag Nr. 2
Die Ausführungen des Landgerichts zu dieser Position werden von dem Beklagten mit
seiner Berufung nicht angegriffen.
VI. Betriebskosten für unvermietbare Wohnungen
1. Im Ansatz zutreffend hat das Landgericht seinem Urteil (S. 25) die beiden
Abrechnungen der Klägerin über 11.194,07 DM (Anlage K 5) und 12.876,23 DM (Seiten 6
ff des Schriftsatzes vom 8. April 2003) zugrunde gelegt. Die auf den Anlagen B13 bis B
17 beruhende Berechnung des Beklagten über 43.059,76 DM steht dem nicht entgegen.
Sie ist teilweise - nämlich soweit sie nachvollziehbar ist - von der Klägerin auf den Seiten
5 ff ihres Schriftsatzes vom 8. April 2003 berücksichtigt worden und im Übrigen nicht
nachvollziehbar und in vielen Positionen offensichtlich unrichtig. So werden zum Beispiel
für die Wohnung F. Str. ..., 1. OG links für das zweite Halbjahr 1999 Heizkosten in Höhe
von 1.049,27 DM berechnet, obwohl - wie sich aus der Anlage B 14 ergibt - der Mieter
dieser Wohnung Vorschüsse in Höhe von 665,00 DM geleistet hat und zur Zahlung der
restlichen 384,27 DM aufgefordert worden ist. Die Betriebskosten für 2000 werden mit
2.746,10 DM (1.404,06 €) in Ansatz gebracht, obwohl der Mieter ausweislich der Anlage
B 14 hierauf Vorschüsse in Höhe von 2.100,09 DM (1.073,76 €) erbracht hat.
In welcher Höhe die Betriebskostenart Antenne/Kabelanschluss für die nicht vermieteten
Wohnungen zu berücksichtigen ist, hat der Beklagte ebenfalls nicht nachvollziehbar
dargelegt. Es ist nicht Aufgabe des Senats, sich die hierzu erforderlichen Angaben aus
den Anlagenkonvoluten B 13 bis B 17 herauszusuchen.
2. Zu berücksichtigen ist bei der Position „Betriebskosten für unvermietbare
Wohnungen“ aber, dass die Wohnung F. Str. ... 2. OG rechts auch in der Zeit ab April
1999 und damit für weitere 22 Monate nicht vermietbar war.
Ausgehend von den Berechnungen der Klägerin bis April 1999 - abweichende Zahlen hat
der Beklagte schlüssig nicht dargelegt - schätzt der Senat (§ 287 Absatz 2 ZPO) die
folgenden von der Klageforderung zusätzlich in Abzug zu bringende Beträge:
VII. Schadensersatz wegen verspäteter Heizkostenabrechnung
Zu Recht geht das Landgericht auf Seite 26 der angefochtenen Entscheidung davon aus,
dass dem Beklagten ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 37.896,16 DM wegen
Abrechnungsrückständen aus Heizkosten gegenüber Mietern aus den Jahren 1998 und
1999 nicht zusteht.
Der Zugang der Heizkostenabrechnung für den Zeitraum 1. Juli 1998 bis 30. Juni 1999
am 15. November 2000 war schon nicht verspätet. Entgegen der Ansicht des Beklagten
war der Kläger nicht verpflichtet, diese Abrechnung innerhalb von einem Jahr nach Ende
des Abrechnungszeitraums zu erstellen. § 556 Absatz 3 BGB ist auf die
Heizkostenabrechnungen für 1998 und 1999 schon deshalb nicht anzuwenden, weil
diese noch dem alten Mietrecht unterfielen. Im Übrigen betrifft diese Vorschrift nur
Wohnraummietverhältnisse, das Vertragsverhältnis der Parteien unterfällt aber dem
Mietrecht für Gewerberäume.
Der Beklagte hat auch nicht dargelegt, dass ihm hieraus ein Schaden in Höhe von
37.896,16 DM entstanden ist. Eine solche Ursächlichkeit ergibt sich schon nicht aus der
Anlage B 18.
Die dieser Anlage beigefügte Liste enthält eine Vielzahl von Positionen, die mit der
Heizkostenabrechnung für die Jahre 1998 und 1999 bzw. deren Erstellung erst im
November 2000 in keinerlei Zusammenhang stehen. So zum Beispiel NK 2001
(Nebenkosten für 2001), BK 99 (Betriebskosten 1999), Miete 01/01 (Miete Januar 2001),
NK 2000 (Nebenkosten 2000) usw. Bei diesen Positionen fehlt es an jeglicher Kausalität
der Verspätung der Heizkostenabrechnung für 1998 und 1999.
Bezüglich der alleine in diesem Zusammenhang zu berücksichtigenden Positionen HK 98
(Heizkosten 1998) und HK 99 (Heizkosten 1999) hat der Beklagte in erster Instanz nicht
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(Heizkosten 1998) und HK 99 (Heizkosten 1999) hat der Beklagte in erster Instanz nicht
dargelegt, ob und mit welchem Ergebnis er nach Eingang der Heizkostenabrechnung am
15. November 2000 versucht hat, Zahlungen der Mieter zu erlangen. Aufgrund der ihm
gegenüber der Klägerin obliegenden Schadensminderungspflicht wäre der Beklagte
verpflichtet gewesen, unabhängig von der Regelung in § 8 Nr. 4 der mit den Mietern
bestehenden Mietverträge den Versuch zu unternehmen, Zahlungen seitens der Mieter
zu erlangen. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil es der Beklagte entgegen § 254
Absatz 2 Satz 1 BGB unterlassen hat, den Kläger auf das sich aus § 8 Nr. 4 der mit den
Mietern bestehenden Mietverträge ergebende Risiko eines Anspruchsverlustes
hinzuweisen. Hierzu hätte aber spätestens nach Zugang der Schreiben des Klägers vom
13. und 15. Dezember 1998 Anlass bestanden. Auch wäre der Beklagte verpflichtet
gewesen, das ihm spätestens seit Eingang des Schreibens vom 15. Dezember 1998
bekannte Risiko durch Anpassung der Abschlagszahlungen zu mindern.
Soweit der Beklagte in zweiter Instanz erstmalig behauptet, seine Verwalterin habe für
1998 und 1999 Abrechnungen erstellt und die Mieter zur Zahlung aufgefordert, ist dieser
Vortrag gemäß § 531 Absatz 2 ZPO nicht zuzulassen.
VIII. Abrechnung Instandhaltungspauschale
Bei dieser Position hat das Landgericht auf den Seiten 26 f der angefochtenen
Entscheidung die von der Klägerin vorgenommenen Kürzungen um zwei (nicht, wie der
Beklagte meint, vier) Beträge (851,23 DM für 1997 und 10.351,80 DM für 1998) zu Recht
übernommen. Der Beklagte hat Aufwendungen in Höhe dieser beiden Positionen trotz
des Bestreitens der Klägerin weder substantiiert vorgetragen noch durch Vorlage von
Rechnungen belegt.
IX. Heiz- und Warmwasserkosten 7/00 - 1/01
Die Ausführungen des Landgerichts zu dieser Position werden von dem Beklagten mit
seiner Berufung nicht angegriffen.
X. Gesamtabrechnung
C.
Die Revision war nicht zuzulassen, da weder die Sache grundsätzliche Bedeutung hat,
noch eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Rechtsfortbildung oder zur Sicherung
einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (§ 543 Absatz 1 Nr. 1, Absatz 2 ZPO
n. F.).
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 97 Absatz 1 ZPO. Die weiteren prozessualen
Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711.
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