Urteil des KG Berlin vom 13.03.2017

KG Berlin: einheit, verwalter, vorauszahlung, wohnung, grundbuch, verkäuferin, verwaltungsvermögen, eigentümer, gegenüberstellung, gesellschafter

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Gericht:
KG Berlin 24.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
24 W 87/03
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 28 Abs 3 WoEigG, § 28 Abs 5
WoEigG, § 329 BGB
Wohnungseigentum: Keine Zahlungsverpflichtung bei Guthaben
in Einzelabrechnung und vollzogener Erfüllungsübernahme
durch den Wohnungskäufer
Leitsatz
1. Weist die bestandskräftig beschlossene Einzelabrechnung ein Guthaben für den
Wohnungseigentümer auf, kann er nicht mit der einfachen Behauptung, die in der
Einzelabrechnung ausgewiesenen Zahlungen seien nicht erbracht worden, auf Zahlung in
Anspruch genommen werden.
2. Erstattet der Verwalter dem Käufer auf dessen Verlangen Wohngeldvorschüsse, die dieser
im Hinblick auf eine im Kaufvertrag vereinbarte Erfüllungsübernahme ab Übergabe der
Wohnung für den Verkäufer erbracht hat, oder stimmt der Verwalter später der Verrechnung
mit anderen Zeiträumen zu, entfällt damit nicht nachträglich die Erfüllungswirkung.
3. Für Nachzahlungsverpflichtungen aus der Wirtschaftsperiode vor dem Lastenübergang
bleibt der Verkäufer zahlungspflichtig, wenn er bei Festlegung der Nachzahlungspflicht durch
Eigentümerbeschluss noch als Eigentümer im Grundbuch eingetragen war, weil der Käufer im
Zweifel nicht ohne Verpflichtung dazu Rückstände des Verkäufers begleicht.
Tenor
Unter teilweiser Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und auf die Erstbeschwerde
der Antragsgegner wird der Beschluss des Amtsgerichts Schöneberg vom 3. April 2002 -
76 II 464/01 WEG – teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:
Die Antragsgegner werden verpflichtet, wie Gesamtschuldner den Antragstellern zu
Händen der Verwalterin 187,44 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über
dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 7. Juni 2001 zu zahlen.
Im Übrigen wird der Zahlungsantrag der Antragsteller zurückgewiesen.
Von den Gerichtskosten aller drei Instanzen werden dem Verwaltungsvermögen der
Gemeinschaft 7/8 und den Antragsgegnern als Gesamtschuldnern 1/8 auferlegt. Aus
dem Verwaltungsvermögen sind den Antragsgegnern auch deren außergerichtliche
Kosten aller drei Instanzen zu 7/8 zu erstatten, während die Antragsgegner als
Gesamtschuldner dem Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft 1/8 zu erstatten haben.
Der Geschäftswert wird auch für die dritte Instanz auf 1.522,89 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragsteller und die Antragsgegnerin zu 1), eine Kommanditgesellschaft i.L., sind
die Wohnungseigentümer der Wohnanlage. Die Antragsgegnerin zu 1) war Eigentümerin
der Einheit Nr. 26. Mit notariellem Vertrag vom 4. Dezember 1997 verkaufte die
Antragsgegnerin die Einheit Nr. 26 an eine Käuferin. Nach Vorlage des Kaufvertrages
erteilte die Verwalterin die Zustimmung zur Veräußerung gemäß § 12 WEG und der
Teilungserklärung. Die Übergabe des Kaufgegenstandes und der Übergang der
Nutzungen, Gefahren und Lasten sowie der Verrechnungsstichtag wurden auf den 1.
Januar 1998 festgelegt. Ausweislich der eingereichten Bankunterlagen zahlte die Käuferin
unstreitig am 9. Oktober 1998 gemäß dem festgelegten Wirtschaftsplan zehn
monatliche Beitragsvorschüsse in Höhe von je 269,-- DM mit der ausdrücklichen
Zweckbestimmung „Wohngeld TE 26, 1-10/98“ und am 10. November 1998 eine weitere
Rate von 269,-- DM mit der Zweckbestimmung „11/98“, deren Eingang die Verwalterin
auch zunächst verbuchte. Der Antragsgegner zu 2) ist Liquidator und persönlich
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auch zunächst verbuchte. Der Antragsgegner zu 2) ist Liquidator und persönlich
haftender Gesellschafter der Antragsgegnerin zu 1).
Auf der Eigentümerversammlung vom 2. Juni 1998 genehmigte die Gemeinschaft unter
TOP 3 die Jahresabrechnung 1997. Aus dieser ergibt sich ein Rückstand zu Lasten der
Antragsgegnerin zu 1) in Höhe von 811,75 DM. Auf der weiteren
Eigentümerversammlung vom 23. April 1999 genehmigte die Gemeinschaft unter TOP 4
die Heizkostenabrechnung 1997. Das sich daraus ergebende Guthaben von 445,15 DM
reduzierte den Rückstand aus der Jahresabrechnung 1997 auf 366,60 DM (187,44 Euro).
Unter TOP 3 genehmigte die Gemeinschaft außerdem die Jahresabrechnung 1998, die
nach den eingereichten Unterlagen für die Einheit Nr. 26 einen Betriebskostenanteil von
insgesamt 2.611,92 DM ausweist, denen eine „Gesamt-Vorauszahlung“ von 3.228,00
DM gegenübergestellt ist, so dass sich als Ergebnis eine Gutschrift von 616,08 DM für
das Kalenderjahr 1998 ergibt. Mit der Behauptung, dass es sich bei der „Gesamt-
Vorauszahlung“ lediglich um die im Wirtschaftsplan vorgesehenen, aber nicht gezahlten
Vorschüsse handele und die in der Einzelabrechnung ausgewiesene Gutschrift von
616,08 DM demgemäß irrtümlich festgelegt worden sei, hat die
Wohnungseigentümergemeinschaft von den Antragsgegnern den Rückstand 1997 in
Höhe von 366,60 DM und den Betriebskostenanteil für 1998 in Höhe von 2.611,92 DM
verlangt.
Unter Berufung darauf, dass die Umschreibung der Einheit Nr. 26 im Grundbuch erst am
27. Juli 1999 erfolgt sei, hat die Käuferin mit Schreiben vom 22. November 1999 von der
Verwalterin die Erstattung der „irrtümlich bis einschließlich 27. Juli 1999 ihnen
ausbezahlte Beträge“ (2.670,00 DM + 269,00 DM sowie 1.387,50 DM als „Zahlung
06/99“) verlangt, die Aufrechnung mit diesen Zahlungen erklärt und diese Zahlungen
auf die nach dem 27. Juli 1999 fällig gewordenen Wohngelder verrechnet sowie die
bereits aufgelaufene Überzahlung zurückverlangt.
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 3. April 2002 die Antragsgegner antragsgemäß
verpflichtet, an die Antragsteller zu Händen der Hausverwaltung 1.522,89 EUR nebst
Zinsen seit dem 7. Juni 2001 (Zustellung der Mahnbescheide) zu zahlen. Das
Landgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss vom 6. März 2003 die
Erstbeschwerde der Antragsgegner zurückgewiesen. Deren sofortige weitere
Beschwerde hat weitgehend Erfolg, soweit nämlich nicht die Rückstände aus der Zeit vor
dem 1. Januar 1998 betroffen sind.
II.
Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner ist gemäß §§ 27, 29 FGG, 45 WEG
zulässig und auch in der Sache gerechtfertigt. Der angefochtene Beschluss des
Landgerichts ist nicht rechtsfehlerfrei (§ 27 Abs. 1 FGG).
Ohne Rechtsirrtum geht das Landgericht davon aus, dass die Eigentümerbeschlüsse
hinsichtlich der Jahresabrechnung jeweils die Eigentümer treffen, die im Zeitpunkt der
Beschlussfassung im Grundbuch als Eigentümer eingetragen sind. Das war bei den
Beschlussfassungen am 2. Juni 1998 und am 23. April 1999 jeweils die Antragsgegnerin
zu 1). Die bestandskräftige Jahresabrechnung 1997 endet mit einem
Nachzahlungsbetrag von 811,75 DM, der sich durch das am 23. April 1999 zu TOP 4
abgerechnete Heizkosten-Guthaben von 445,15 DM auf 366,60 DM reduziert hat.
Zahlungen hierauf haben die Antragsgegner selbst nicht behauptet. Es ist auch nicht
ersichtlich, dass die Käuferin auf Rückstände der Verkäuferin aus der Zeit vor dem 1.
Januar 1998 gezahlt hat. Die anschließend zu erörternde Erfüllungsübernahme bezog
sich auf die Zeit seit dem 1. Januar 1998. Die gesamtschuldnerische Haftung des
Antragsgegners zu 2) ergibt sich aus § 128 HGB. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288
BGB. Aus der Jahresabrechnung 1998 bestehen dagegen keine Ansprüche der
Gemeinschaft gegen die Antragsgegner, weil die für die Wohnung Nr. 26 beschlossene
Einzelabrechnung keine Nachzahlungsverpflichtung ausweist und darüber hinaus auch
Zahlungen der Käuferin in einer den Betriebskostenanteil der Wohnung deckenden Höhe
festzustellen sind.
Die am 23. April 1999 beschlossene Jahresabrechnung 1998 endet nach den
eingereichten Unterlagen für die Einheit Nr. 26 mit einer Gutschrift oder einem Guthaben
von 616,08 DM als dem eindeutigen Endergebnis in der Einzelabrechnung. Weist die
bestandskräftig beschlossene Einzelabrechnung eines Wohnungseigentümers ein
Guthaben auf, können für das Wirtschaftsjahr keine Nachforderungen gerichtlich geltend
gemacht werden. Dazu reicht es insbesondere nicht aus, dass der Verwalter die in der
Einzelabrechnung positiv verrechnete „Gesamt-Vorauszahlung“ nachträglich und ohne
überzeugenden Grund als die geschuldeten, aber nicht beglichenen
Wohngeldvorschüsse deklariert, zumal wenn er unter Gegenüberstellung mit dem
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Wohngeldvorschüsse deklariert, zumal wenn er unter Gegenüberstellung mit dem
Betriebskostenanteil ausdrücklich eine Gutschrift oder ein Guthaben errechnet und hat
beschließen lassen. Angesichts der beschlossenen Einzelabrechnung 1998 kann auch
nicht mit dem Landgericht argumentiert werden, die Antragsgegner müssten die
Zahlung der im Wirtschaftsplan für das Jahr 1998 festgelegten monatlichen
Beitragsvorschüsse noch nachweisen. Denn mit der Gegenüberstellung der „Gesamt-
Vorauszahlung“ in der Einzelabrechnung werden die gezahlten Vorschüsse quittiert. Die
Einzelabrechnung bestätigt die als erbracht angesehenen Vorauszahlungen. Das in der
Einzelabrechnung ausgewiesene Guthaben ist ebenso verbindlich wie eine festgelegte
Nachzahlungsverpflichtung.
Es kann dahinstehen, inwieweit der auf Zahlung der Abrechnungsspitze in Anspruch
genommene Wohnungseigentümer im gerichtlichen Zahlungsverfahren noch weitere
Zahlungen nachweisen kann, die weder in der Gesamtabrechnung noch in seiner
Einzelabrechnung verbucht sind. Zumindest hat der Wohngeldschuldner insoweit die
Beweis- oder Feststellungslast. Weist die Einzelabrechnung dagegen – wie hier – ein
Guthaben zugunsten des Wohnungseigentümers aus, kann allenfalls angenommen
werden, dass der Verwalter die objektive Feststellungslast dafür hat, dass die in der
bestandskräftig beschlossenen Einzelabrechnung ausgewiesenen Zahlbeträge eindeutig
unrichtig sind, wenn man nicht insoweit sogar einen ergänzenden
Berichtigungsbeschluss der Wohnungseigentümer verlangen muss. Nach den durch die
vorgelegten Bankunterlagen eindeutig feststellbaren Zahlungsvorgängen kann
zumindest mit Sicherheit festgestellt werden, dass die in der Einzelabrechnung der
Einheit Nr. 26 ausgewiesene „Gesamt-Vorauszahlung“ wahrscheinlich nicht in voller
Höhe von 3.228,00 DM, sondern nur in Höhe von 2.959,00 DM geleistet worden ist
(Fehlbetrag Dezember 1998 in Höhe von 269,00 DM). Denn es liegen unbestrittene
Überweisungsträger vor, wonach die Käuferin der Einheit Nr. 26 am 9. Oktober 1998 die
gemäß Wirtschaftsplan festgesetzten monatlichen Beitragsvorschüsse für Januar bis
Oktober 1998 einschließlich mit ebendieser ausdrücklichen Zweckbestimmung gezahlt
hat und am 10. November 1998 den Wohngeldvorschuss für November 1998, ebenfalls
mit dieser ausdrücklichen Zweckbestimmung. Die unstreitige Zahlung von 2.959,00 DM
übersteigt den Betriebskostenanteil der Wohnung Nr. 26 von 2.611,92 DM, so dass von
den Antragsgegnern aus der Jahresabrechnung 1998 nichts mehr verlangt werden kann.
Entgegen der Rechtsauffassung des Landgerichts kann die Eigentümergemeinschaft
auch nicht geltend machen, die Verwalterin habe berechtigterweise noch nach der
Beschlussfassung vom 23. April 1999 auf Verlangen der Käuferin eine Neuverrechnung
der bereits im Jahre 1998 und ausdrücklich für die Monate Januar bis einschließlich
November 1998 gezahlten Wohngeldvorschüsse vorgenommen. Allerdings hat sich die
Käuferin mit Schreiben vom 22. November 1999 gegenüber der Verwalterin darauf
berufen, dass ihre Umschreibung im Grundbuch erst am 27. Juli 1999 erfolgt sei und sie
die zuvor gezahlten Beträge nunmehr auf die nach dem 27. Juli 1999 fällig gewordenen
Wohngeldvorschüsse verrechnet wissen wolle. Dies berechtigt den Verwalter nicht, die im
Jahre 1998 mit eindeutiger Zweckbestimmung (monatliche Beitragsvorschüsse von
Januar bis November 1998) gezahlten Beträge nachträglich anderweitig zu verrechnen,
insbesondere nachdem in der Jahresabrechnung 1998 die erbrachten Zahlungen
bestandskräftig festgelegt worden sind. Entgegen der Ansicht des Landgerichts hat die
Käuferin nicht gemäß § 267 BGB auf eine fremde Schuld eine eigene Leistung erbracht.
Denn kein Dritter ist, wer für den Schuldner als Erfüllungsübernehmer leistet
(Palandt/Heinrichs, BGB 63. Aufl., § 267 Rdnr. 2 unter Bezugnahme auf BGHZ 72,
246/50). Nach dem Kaufvertrag war jedenfalls vorgesehen, dass die Käuferin im Wege
der Erfüllungsübernahme (zwar nicht gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft,
wohl aber gegenüber der Verkäuferin) vom 1. Januar 1998 an die Lasten der Einheit Nr.
26 tragen sollte. Wenn dies dann auch im Oktober (rückwirkend bis Januar) und im
November 1998 mit der ausdrücklichen Zweckbestimmung so geschah und von der
Verwalterin entgegengenommen wurde, können die Antragsgegner, die Antragsgegnerin
zu 1) als Verkäuferin und der Antragsgegner zu 2) als deren persönlich haftender
Gesellschafter, darauf verweisen, dass die Wohngeldvorauszahlungen auf ihr Geheiß im
Wege der Erfüllungsübernahme erfolgt sind und damit auch ihnen zugerechnet werden
müssen. Nicht anders hat die Verwalterin als Vertreterin der Gläubiger das Verhalten
auch verstehen dürfen (Palandt/Heinrichs a.a.O. Rdnr. 3). Die Zahlungen sind mit
Rechtsgrund erfolgt und können demgemäß auch weder von der Käuferin noch von der
Verwalterin nachträglich anderweitig verrechnet werden. Dass sich aus der
Erfüllungsübernahme der Käuferin nach § 329 BGB kein einklagbares Forderungsrecht
der Antragsteller ergab, steht dem nicht entgegen, wenn nur die Erfüllungsübernehmerin
die Leistung freiwillig zu Gunsten der eigentlichen Schuldnerin erbracht hat.
Es entspricht billigem Ermessen, dass die Gerichtskosten den Beteiligten anteilig
auferlegt werden (§ 47 Satz 1 WEG). Angesichts dessen, dass die Jahresabrechnung
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auferlegt werden (§ 47 Satz 1 WEG). Angesichts dessen, dass die Jahresabrechnung
1998 eindeutig ein Guthaben der Antragsgegner auswies, das nicht nachträglich in eine
Nachzahlungspflicht geändert werden kann, besteht auch hinreichender Anlass, teilweise
die Erstattung außergerichtlicher Kosten anzuordnen (§ 47 Satz 2 WEG).
Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 48 Abs. 3 WEG.
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