Urteil des KG Berlin vom 13.03.2017

KG Berlin: wiedereinsetzung in den vorigen stand, darlehen, rechtshängigkeit, vermittler, vermögensanlage, gesellschafter, realisierung, miteigentumsanteil, konkurs, bruttoeinkommen

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Gericht:
KG Berlin 7. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
7 U 278/01
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 276 BGB, § 675 Abs 2 BGB
Haftung des Kapitalanlageberaters:
Aufklärungspflichtverletzung bei Vermittlung einer
Vermögensanlage als "Steuersparmodell"
Leitsatz
Unter den besonderen Umständen des Einzelfalles (vermögensloser Arbeiter mit geringem
Einkommen) kann die ohne entsprechende Aufklärung erfolgte Vermittlung einer
Vermögensanlage als "Steuerparmodell" (hier: geschlossener Immobilienfonds) unabhängig
von der Frage, ob das eingezahlte Kapital veruntreut worden ist, eine objektive
Pflichtwidrigkeit darstellen, die zum Schadensersatz verpflichtet, wobei der Schaden bereits in
Höhe des eingesetzten Kapitals mit der Anlageentscheidung und dem damit verbundenen
(wirtschaftlichen) Vermögenslust entstanden sein kann.
Tenor
Dem Kläger wird wegen Versäumung der Berufungs- und der
Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
Auf die Berufung des Klägers wird das am 23. Juli 2001 verkündet Urteil der
Zivilkammer 14 des Landgerichtes Berlin – 14 O 96/01 – teilweise abgeändert und
insgesamt wie folgt neu gefasst:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 50.635,72 Euro (49.919,98 DM)
nebst 4 % Zinsen seit dem 22. April 2001 zu zahlen Zug um Zug gegen das Angebot auf
Rückübertragung des Geschäftsanteils des Klägers an der Gesellschaft bürgerlichen
Rechts unter dem Namen "...", beurkundet unter dem 28. Februar 1995 zur UR-Nr. 1.../...
des Notars M G, ....
2. Es wird festgestellt, dass der Beklagte für alle auch zukünftigen Schäden über
den im Tenor zu 1. bezifferten Betrag hinaus aus dem vom Kläger eingegangenen
Rechtsverhältnis "Beitritt zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts unter dem Namen ...",
beurkundet unter dem 28. Februar 1995 zur UR-Nr. 1.../... des Notars M G u, ..., haftet.
Im Übrigen wird die Klage (wegen der Zinsen) abgewiesen.
Die weitergehende Berufung (wegen der Zinsen) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreites hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des
beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher
Höhe geleistet hat.
Gründe
Für den Sachvortrag und die Anträge der Parteien in erster Instanz und die Entscheidung
des Landgerichtes wird auf das angefochtene Urteil verwiesen.
Das Urteil ist dem Kläger am 23. August 2001 zugestellt worden. Er hat am 24.
September 2001 (Montag) einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine
Berufung gegen dieses Urteil beim Senat eingereicht. Nachdem der Senat dem Kläger
mit Beschluss vom 30. September 2003 Prozesskostenhilfe bewilligt hatte, hat der
Kläger am 9. Oktober 2003 Wiedereinsetzung beantragt, Berufung eingelegt und diese
sogleich begründet.
Die Parteien setzen ihren Streit im Wesentlichen mit den gleichen und teilweise
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Die Parteien setzen ihren Streit im Wesentlichen mit den gleichen und teilweise
vertieften Argumenten fort. Der Kläger hat seinen Sachvortrag auf die Auflage des
Senates vom 9. Mai 2003 zum Grund des Anspruchs und zu dessen Höhe ergänzt. Für
die Berechnung des Schadensersatzanspruches wird auf Seite 3 bis 5 (Bl. 130 bis 133 d.
A.) Bezug genommen.
Der Kläger beantragt auf dieser Grundlage nunmehr,
das angefochtene Urteil abzuändern und
1. den Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 50.635, 72 Euro nebst 4 % Zinsen seit
dem 21. April 2001 (Rechtshängigkeit) zu zahlen Zug um Zug gegen Übereignung des
Gesellschaftsanteils des Klägers an der Gesellschaft Bürgerlichen Rechts unter dem
Namen "V" beurkundet unter dem 28. Februar 1995 zur UR-Nr. 1... des Notars M G, A;
2. festzustellen, dass der Beklagte für alle auch zukünftigen Schäden über die im
Klageantrag zu 1) bezifferten Forderungen hinaus aus dem vom Kläger eingegangenen
Rechtsverhältnis "Beitritt zur Gesellschaft Bürgerlichen Rechts unter dem Namen "V",
beurkundet unter dem 28. Februar 1995 zur UR-Nr. 1... des Notars M. G, A, haftet.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt unter Vertiefung seines bisherigen Vorbringens das angefochtene Urteil,
bestreitet den geltend gemachten Anspruch dem Grunde und der Höhe nach und hält
die getätigte Anlage nicht für wertlos. Des weiteren hält er die beantrage Verurteilung
zur Zug-um-Zug-Leistung für unbegründet, da dafür keine Anspruchsgrundlage
ersichtlich sei.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den vorgetragenen
Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Berufung ist zulässig, denn dem Kläger war die form- und fristgerecht beantragte
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§§ 233 ff ZPO) zu bewilligen, nachdem er durch
seine Bedürftigkeit gehindert war, das Rechtsmittel fristgerecht einzulegen. In der Sache
hat das Rechtsmittel auch Erfolg, denn dem Kläger stehen der mit der Klage verfolgte
Zahlungsanspruch und der Anspruch auf die begehrte Feststellung zu. Der Senat hat
den Urteilstenor lediglich sprachlich dem in der Berufungsverhandlung erläuterten
Begehren des Klägers angepasst und den Zinszeitpunkt (ab Rechtshängigkeit) korrigiert.
Auf das Berufungsverfahren waren grundsätzlich die Vorschriften der
Zivilprozessordnung in der vor dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung anzuwenden,
denn die mündliche Verhandlung, auf die das angefochtene Urteil ergangen ist, wurde
vor diesem Zeitpunkt geschlossen (§ 26 Nr. 5 EGZPO). Die materielle Rechtslage richtet
sich nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches in der vor Inkrafttreten des
Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechtes geltenden Fassung, denn das den
Rechtsbeziehungen der Parteien zugrundeliegende Schuldverhältnis ist vor dem 1.
Januar 2002 entstanden (Art. 229 § 5 EGBGB). Die zitierten Vorschriften des
Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) beziehen sich daher auf diese Fassung des Gesetzes.
I. Anspruch auf Zahlung
Zum Grund
Dem Kläger steht der geltend gemachte Zahlungsanspruch bereits aus dem
Rechtsinstitut der positiven Forderungsverletzung eines Auskunftsvertrages (§ 676 BGB)
dem Grunde nach zu, so dass es auf die streitige Frage, ob zwischen den Parteien ein
Anlagevermittlungsvertrag tatsächlich zustande gekommen war, nicht mehr ankam.
Der Bundesgerichtshof hat die hier anzuwendenden Grundsätze in seiner wohl letzten
Entscheidung zu diesem Problemkreis (Urteil vom 11. September 2003, III ZR 381/02,
Seite 4 f der UA.) nochmals wie folgt zusammengefasst:
"Im Rahmen der Anlagevermittlung kommt zwischen dem Anlageinteressenten und dem
Anlagevermittler ein Auskunftsvertrag mit Haftungsfolgen zumindest stillschweigend
zustande, wenn der Interessent deutlich macht, dass er, auf eine bestimmte
Anlageentscheidung bezogen, die besonderen Kenntnisse und Verbindungen des
Vermittlers in Anspruch nehmen will, und der Anlagevermittler die gewünschte Tätigkeit
beginnt. Ein solcher Vertrag verpflichtet den Vermittler zu richtiger und vollständiger
Information über diejenigen tatsächlichen Umstände, die für den Anlageentschluss des
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Information über diejenigen tatsächlichen Umstände, die für den Anlageentschluss des
Interessenten von besonderer Bedeutung sind ..."
Dem liegen wiederum die Urteile vom 13. Mai 1993 (NJW-RR 1993, 1114) und vom 13.
Januar 2000 (VersR 2001, 240) zugrunde, wobei der Bundesgerichtshof in letzterem auch
klargestellt hat, dass der Vermittler offenbaren muss, wenn er die Anlage nicht geprüft
hat oder keine Informationen über diese besitzt. Nach Palandt-Sprau (BGB, 61. Aufl., §
675 Rn. 34) handelt es sich letztlich um eine Haftung aus positiver
Forderungsverletzung, die dazu führt, dass der Anlageinteressent nach §§ 249 ff BGB so
zu stellen ist, wie er bei richtiger und vollständiger Information, notfalls über die
Unkenntnis des Vermittlers, gestanden hätte.
Nach diesen Grundsätzen haftet der Beklagte ohne weiteres schon nach seinem
eigenen Vorbringen, denn er hat sich in der Klageerwiderung als selbständiger
Handelsvertreter bezeichnet (Bl. 26 d.A.), stand mit der P, die dem Kläger die von ihm
gezeichnete Anlage unmittelbar empfohlen hatte, in einem Vertragsverhältnis und sollte
für diese Finanzdienstleistungen vermitteln (Bl. 27 d.A.). Er hatte dem Kläger bereits
1994 bei dessen Steuererklärung "geholfen", wobei er mit einer Visitenkarte als
"Steuerrückführer" (Bl. 58 d.A.) im Geschäftsverkehr aufgetreten war. Der Kläger war
unstreitig an ihn herangetreten und wollte "auch über Anlagemöglichkeiten und
Steuersparmodelle informiert ... werden" (Bl. 26 d.A.). Der Beklagte nahm die für die
Selbstauskunft erforderlichen Daten des Interessenten auf (Bl. 27 d.A.), wobei
dahinstehen kann, ob er die Berechnungsbeispiele der Anlage K 1 zur Klageschrift selbst
ausfüllte. Er übermittelte dem Kläger das von der P vorgeschlagene Anlagemodell oder
Anlageangebot mit dem Informationsmaterial der "Firmen", und er vermittelte das zur
Finanzierung erforderliche Darlehen der S.
Damit hat der Kläger die besonderen Kenntnisse und Verbindungen des Beklagten in
Anspruch genommen und erwartete von ihm auch richtig und vollständig informiert zu
werden. Dies schloss hier die Information über die besonderen Risiken dieser Anlageform
ein. Hierbei waren der – inzwischen eingetretene – Totalverlust des Kapitals, die nicht
erfolgte Prüfung der Bonität der kapitalsuchenden Gesellschaft und des Treuhänders und
die Nichtverfügbarkeit des Kapitals für unabsehbare Zeit Risiken, über die der Beklagte
den Kläger unbedingt aufklären musste. Hinzu traten die weiteren Risiken, die aus der
selbst für Fachleute schwer durchschaubaren Konzeption der Anlage und den damit
verbundenen, unabsehbaren Konsequenzen folgten, wobei insbesondere auf die
Möglichkeit einer Nachschusspflicht des Anlegers bei der zur Anlage ausgewählten
Gesellschaft bürgerlichen Rechtes hinzuweisen war (§ 5 des Gesellschaftsvertrages in III.
der Urkunde des Notars M G vom 26. August 1994, Anlage K 1 zu Bl. 128 d.A., Seite 3).
In Anbetracht des Umstandes, dass der Kläger die Anlage in voller Höhe über ein
Darlehen fremdfinanzieren musste, traten weitere Risiken, wie ein möglicher
Arbeitsplatzverlust des Klägers, hinzu. Dies ist alles vor dem Hintergrund bedeutsam,
dass der Kläger als Maurerpolier offenkundig keinerlei Kenntnisse über derartige
Anlagenformen hatte und auch die vom Beklagten jedenfalls übermittelten
Berechnungsbeispiele für eine mögliche Steuerersparnis (Anlage K 1 zur Klageschrift)
aus sich selbst heraus nicht verständlich sind.
Der Senat ist davon überzeugt, dass der Kläger die Verträge nicht abgeschlossen hätte,
wenn er ordnungsgemäß informiert worden wäre, denn eigentlich hätte der Beklagte ihm
insgesamt von einer solchen Anlageform abraten müssen. Der Beklagte kannte die
wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers. Zumindest hätte er ihm eindringlich die Risiken
vor Augen führen müssen, soweit sie für ihn selbst überschaubar waren, und im Übrigen
seine eigene Unkenntnis offenbaren müssen. Dies alles hat der Beklagte selbst nach
seinem eigenen Vorbringen im Rechtsstreit nicht getan und hat damit eklatant gegen
seine Pflichten aus dem Auskunftsvertrag verstoßen.
Vor diesem Hintergrund kommt es auf die vom Beklagten aufgeworfene Frage nicht an,
wie der Kläger sich verhalten hätte, wenn er ihm sein eigenes Provisionsinteresse
offengelegt hätte, denn dieses hatte in Anbetracht der sonstigen Risiken für den Kläger
nur eine untergeordnete Bedeutung.
2. Zur Höhe
Dem Kläger steht der Schadensersatzanspruch auch in der nunmehr geltend
gemachten Höhe zu, denn der Kläger hat inzwischen nachvollziehbar dargetan, dass die
Kapitalanlage insgesamt verloren ist.
Der Kläger hatte Anteile an der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) in der Weise
erworben, dass ihm 0,83 % zu Lasten der S S GmbH (S GmbH) übertragen wurden.
Dafür sollten ihm bei Beendigung der Gesellschaft am 31. Dezember 2006 10/56 ideeller
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Dafür sollten ihm bei Beendigung der Gesellschaft am 31. Dezember 2006 10/56 ideeller
Miteigentumsanteil verbunden mit dem entsprechenden Anteil am Sondereigentum an
der noch zu errichtenden Wohnung Nr. 3, S in H mit ca. 73 qm übertragen werden (Seite
4 der Anlage, K 2 zur Klageschrift). Die S GmbH hatte die Errichtungsverpflichtung
gegenüber der GbR übernommen (Seite 2 der Anlage K 1 zur Bl. 128 d.A.). Die S GmbH
ist aber zahlungsunfähig, denn das Gesamtvollstreckungsverfahren wurde bereits am 5.
Mai 1997 mangels Masse abgelehnt (Bl. 157 d.A.). Wo die an die Treuhänderin, die A. G
GmbH, gezahlten Gelder geblieben sind, ist nicht bekannt. Aus dem Gutachten der
Staatsanwaltschaft Berlin, dass in dem Ermittlungsverfahren 21 Js 14/01 am 22.
November 2002 erstellt worden ist, folgt nur, dass die Gelder kurze Zeit nach dem
Eingang auf die "S" verteilt worden sind (Seite 12 der Anlage K 2 zu Bl. 128 d.A.). Fest
steht jedenfalls, dass die S GmbH weder ernsthaft gebaut hat noch jemals wird bauen
können. Aus dem Umstand der Masselosigkeit folgt, dass ihr keine einbringbaren
Forderungen zum Beispiel gegen die A G GmbH mehr zustanden. Über deren Vermögen
ist am 20. August 1998 der Konkurs eröffnet worden.
Der Beklagte hat den Vortrag des Klägers in der Regel mit Nichtwissen bestritten.
Hinsichtlich der Vermögenslosigkeit der GbR und ihrer Gesellschaften ist dies nach
Auffassung des Senates unzulässig (§ 138 Abs. 4 ZPO). Nachdem der Kläger zu den
Vermögensverhältnissen der GbR und deren Gesellschafter im Einzelnen vorgetragen
hatte, war es Sache des Beklagten wenigstens Anhaltspunkte dafür vorzutragen, dass
noch realisierbares Vermögen vorhanden sein könnte. Die Gesamtumstände lassen nur
den Schluss zu, dass dies nicht der Fall ist, zumal bei der komplizierten
Fondskonstruktion eine Realisierung von Restwerten praktisch unmöglich ist. Konkrete
Anhaltspunkte für noch realisierbare vorhandene Werte hat der Beklagte nicht dargetan.
Soweit der Beklagte den Wert der Grundstücke angeführt hat, ist der Vortrag des Klägers
zwar etwas allgemein geblieben. Unstreitig ist aber, dass auf den Grundstücken keine
relevante Bautätigkeit entfaltet worden ist und das von den Anlegern eingezahlte Kapital
verschwunden ist. Es spricht alles dafür, dass der Wert der Grundstücke tatsächlich
gegen "Null" tendiert. Es war nun wiederum Sache des Beklagten, konkret zu einem
möglichen Wert vorzutragen, denn die Grundstücke sind benannt und er hätte
wenigstens Anhaltspunkte für deren Wert ermitteln und vortragen müssen. Bei der auch
hier gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung kann der Senat bereits jetzt feststellen,
dass die Beteiligung praktisch wertlos ist, denn auch mögliche Restwerte wären zu kaum
vertretbaren Kosten realisierbar und gerade darin verwirklichen sich die konkreten
Risiken der vom Beklagten vermittelten Anlageform.
Im Ergebnis sind die Einwendungen des Beklagten nach Auffassung des Senates aber
auch deshalb unerheblich, weil er unter den gegebenen besonderen Umständen selbst
dann zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet wäre, wenn die Anlagebeträge nicht
veruntreut worden wären. Dem Beklagten war ohne weiteres erkennbar, dass die von
ihm vermittelte Anlagenform für den Kläger schlicht ungeeignet war, denn der Kläger
übernahm zur Finanzierung der Anlage Verbindlichkeiten (70.786,52 DM Nennbetrag,
123.304,60 DM einschließlich aller Kosten; Seite 3 der Anlage K 1 zur Klageschrift), die
sein jährliches Bruttoeinkommen (43.000,00 DM im Jahre 1994) um ein Mehrfaches
überstiegen. Selbst unterstellt, er hätte seine (relativ geringe) Steuerschuld (7.000 bis
8.750 DM 1995/1996) bei Durchführung der Bauvorhaben entsprechend der
Modellrechnungen verringern können, ist er andererseits auf unabsehbare Zeit mit
monatlichen Zahlungen an die S-B in Höhe von zunächst 480,76 DM belastet worden
und zugleich hoch verschuldet, denn den Verbindlichkeiten stand von Anfang an eine
Anlageform gegenüber, die praktisch nicht oder kaum verkehrsfähig ist und deren
Gegenwert (Anteil an einer Eigentumswohnung) nur schwer oder gar nicht zu realisieren
ist. Der Senat ist der Auffassung, dass der Beklagte vor diesem Hintergrund und in
Anbetracht der dargelegten sonstigen Risiken diese Anlageform dem Kläger nicht hätte
vermitteln dürfen, es sei denn, er hätte ihm die gesamt Problematik dieser Anlageform
eindringlich vergegenwärtigt. Allein die vorbehaltlose Vermittlung dieser Anlageform
stellt daher unter den hier gegeben besonderen Bedingungen nicht nur eine objektive
Pflichtwidrigkeit, sondern auch einen Schaden in Höhe des bereits mit der
Anlageentscheidung entstandenen Vermögensverlustes dar.
Der Kläger hat seinen Schaden wie folgt berechnet (Bl. 131 ff. d. A.):
Darlehensbetrag
36.192,57 Euro
zuzüglich bisher gezahlter Zinsen18.075,92 Euro
abzüglich Steuerersparnis
3.632,77 Euro
zusammen
50.635,72 Euro
Soweit der Beklagte eingewandt hat, dass die Berechnung der Steuerersparnis insoweit
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Soweit der Beklagte eingewandt hat, dass die Berechnung der Steuerersparnis insoweit
unzutreffend sei, als der Kläger ihr nicht die Veränderung der Bemessungsgrundlage
zugrunde gelegt habe, hat der Kläger hierzu dargelegt, dass er bei der Berechnung der
Minderungsbeträge gerade so verfahren ist. Dem ist der Beklagte nicht mehr erheblich
entgegengetreten.
Soweit der Beklagte sich gegen die Verurteilung zur Zug-um-Zug – Leistung wendet, ist
zunächst festzuhalten, dass der Kläger nach § 249 ff BGB so zu stellen ist, als wenn er
diese Anlage nicht getätigt hätte, denn auch die Mitgliedschaft in einer solchen GbR ist
eine Belastung. Darauf kommt es aber im Ergebnis nicht an, denn der Beklagte scheint
die Folgen einer solchen Verurteilung zu verkennen. Diese besteht nur darin, dass der
Kläger ihm die Übertragung anbieten muss, nicht aber darin, dass er dieses Angebot
auch anzunehmen hat (§ 756 ZPO). Abgesehen davon ermöglicht die Übertragung der
Anlage auf den Beklagten es diesem, mögliche Restwerte aus der GbR zu realisieren.
II. Feststellung (§ 256 Abs. 1 ZPO)
Auch dieser Anspruch ist begründet, denn die Schadensentwicklung ist noch nicht
abgeschlossen, zumal unklar ist, ob und wann der – nach seiner Erklärung in der
Berufungsverhandlung inzwischen zahlungsunfähige – Beklagte auf den Titel zu 1. zahlen
wird, und der Kläger in der Lage sein wird, den Kredit abzulösen.
Der Zinsanspruch ist aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB begründet, wobei hinsichtlich des
Zinszeitpunktes zu beachten war, dass am Tage der Zustellung in der Regel keine
Zahlung mehr erwartet werden kann, so dass die Zinsverpflichtung erst mit dem
nächsten Tage beginnt.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs.1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung
hat und weder die Fortbildung des Rechtes noch die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichtes erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO
n. F.).
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