Urteil des KG Berlin vom 29.08.2002

KG Berlin: allgemeine geschäftsbedingungen, zustandekommen des vertrages, spielbank, auszahlung, zugang, agb, sperre, report, zukunft, beschränkung

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Gericht:
KG Berlin 8. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
8 U 237/02
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 133 BGB, § 154 BGB, § 3
AGBG
Gewinnauszahlungsanspruch gegen die Spielbank bei
Selbstsperre eines Spielers
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 29. August 2002 verkündete Urteil der
Zivilkammer 13 des Landgerichts Berlin wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Auszahlung des Gewinns in
Höhe von 5.181,00 EUR, weil zwischen den Parteien ein Spielvertrag nicht zustande
gekommen ist. Dies hat das Landgericht im Ergebnis zu Recht angenommen.
1.
Der Spielvertrag ist – entgegen der Ansicht des Klägers – nicht bereits durch Entrichtung
des Eintrittsgeldes zustande gekommen. Denn nach dem im Bereich des
Eingangsdrehkreuzes aufgestellten Hinweisschild wird ausdrücklich darauf hingewiesen,
dass die Bezahlung des Eintrittsgeldes von 1 EUR einmalig zum Betreten des
Automatensaales berechtigt. Damit ist ein konkretes Vertragsangebot auf Abschluss
eines auf ein bestimmtes Spiel konkretisierter Spielvertrag indes nicht verbunden.
2.
Ein Spielvertrag ist auch nicht durch das Betätigen der Automaten durch Einwurf von
Geld oder Chips zustande gekommen. Zutreffend ist das Landgericht davon
ausgegangen, dass zwischen den Parteien eine Vereinbarung über eine sogenannte
Spielsperre geschlossen worden ist, die dem wirksamen Abschluss eines Spielvertrages
entgegensteht.
a)
Der Kläger hat unstreitig am 26. März 1996 einen Antrag auf Erteilung einer Spielsperre
bei der Spielbank B N gestellt. Dieser Antrag ist durch die Spielbank auch angenommen
worden, indem sie die Spielsperre erteilt hat und den Spielvermerk in ihre Unterlagen
aufgenommen hat. Die Beklagte hat hierzu die Sperrmeldung der Spielbank B N, in der
die Spielvermerke mit den Angaben der gesperrten Spieler aufgenommen und
registriert sind, vorgelegt. Die Annahme des Angebots bedurfte – wie das Landgericht
zutreffend angenommen hat – gemäß § 151 Satz 1 BGB keiner Erklärung gegenüber
dem Antragenden. Denn es kann davon ausgegangen werden, dass der Kläger auf den
Zugang der Annahmeerklärung verzichtet hat, wenn er nicht eine ausdrückliche
schriftliche Bestätigung der gewünschten Selbstsperre verlangt hat. Die Parteien haben
damit einen Vertrag mit dem Inhalt geschlossen, dass der Spieler in Zukunft nicht mehr
zugelassen werden soll. Die sogenannte Spielsperre ist ein gebräuchliches Instrument,
durch das ein Spieler sich selbst mit Hilfe der Spielbank durch den für ihn gefahrträchtig
erkannten Zugang verstellen will. Inhalt dieses Vertrages ist, dass die Parteien sich
darüber einig sind, dass in Zukunft keine Verträge bestimmter Art mehr zwischen ihnen
zustande kommen sollen. Die Parteien haben damit eine vorverlagerte Einigung
getroffen, die darauf gerichtet ist, späteren Willenserklärungen vorab die rechtliche
Verbindlichkeit zu nehmen (OLG Hamm Urteil vom 07. Oktober 2002 – 13 U 119/02, OLG
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Verbindlichkeit zu nehmen (OLG Hamm Urteil vom 07. Oktober 2002 – 13 U 119/02, OLG
– Report Hamm 2003,85). So hat auch das Landgericht Berlin in seinem Urteil vom 05.
Dezember 1996 – 51 S 309/96 (unveröffentlicht) angenommen, dass dem Abschluss
eines wirksamen Spielvertrages der ausdrücklich gegenteilige Wille des Spielers aufgrund
einer bestehenden Spielsperre entgegensteht. Soweit der Kläger sich auf die
Entscheidung des BGH vom 31. Oktober 1995 – XI ZR 6/95 – (NJW 1996,248) beruft,
steht diese dem nicht entgegen. Denn hierin ging es um die Frage der Auszahlung vom
Spieleinsätzen und wurde gerade die Frage des Zustandekommens eines Spielvertrages
nicht problematisiert. Soweit der Kläger weiter die Entscheidung des Landgericht Aachen
vom 13. März 2001 – 10 O 543/00 – (unveröffentlicht) anführt, in dem die Wirksamkeit
des Spielvertrages trotz Spielsperre angenommen worden ist, folgt der Senat dem nicht.
Denn jedenfalls in dem Falle, in dem der Spieler einen Antrag auf Erteilung einer
Spielsperre stellt und die Spielbank diesen Antrag annimmt, ist davon auszugehen, dass
die Beteiligten sich wechselseitig binden und ihnen daraus auch Rechte und Pflichten
erwachsen. Der Spielsperre jegliche rechtliche Qualität abzusprechen, würde dem
objektiven Erklärungsgehalt der beantragten Spielsperre nicht gerecht.
b)
Die vom Kläger am 26. März 2002 beantragte Selbstsperre bezog sich sowohl auf das
Automatenspiel als auch auf das sog. Klassische Spiel an Spieltischen. Hiervon ist nach
Würdigung des Vortrags beider Parteien auszugehen. Denn der Kläger hat die konkrete
Behauptung, dass der von ihm selbst gestellte Antrag auf Erteilung der Spielsperre eine
solche Einschränkung ausdrücklich enthielt, nicht aufgestellt. Der Antrag auf Erteilung
der Spielsperre liegt nicht vor. Die Beklagte hat die Mitteilung der Selbstsperre der
Spielbank B N vorgelegt, aus der eine nur eingeschränkte Spielsperre nicht hervorgeht.
Auch der von der Beklagten aufgrund der Angaben der Spielbank B N gefertigte
Spielvermerk enthält in der Rubrik "Sperrart" die Eintragung "Allgemeine". Ferner spricht
das Schreiben der Spielbank B N vom 10. April 2002 dafür, dass die Sperre sich auf das
Spiel allgemein in Spielbanken bezogen hat. Denn hierin teilt die Spielbank ausdrücklich
mit, dass die "Eintrittssperre" für die Spielbank aufgehoben worden ist und diese
Information auch an die übrigen Spielbanken Deutschlands und Österreich
weitergegeben worden sind. Dass diese Spielsperre sich nur auf bestimmte Spielarten
beschränkt war, ist dem Schreiben nicht zu entnehmen. Der Kläger hat mit der Berufung
auch nicht mehr geltend gemacht, dass die Spielsperre sich nicht auf das Spielcasino
der Beklagten bezogen haben soll.
c)
Das Landgericht hat auch zutreffend angenommen, dass die Vereinbarung über die
Spielsperre nicht durch faktisches Handeln aufgehoben werden konnte. Denn nach Sinn
und Zweck der Vereinbarung über die Spielsperre, nämlich dem Spieler durch die
Eigensperre den Zugang zum Spiel zu verstellen, kommt nur eine ausdrückliche
Aufhebung der Spielsperre in Betracht. Für die Entscheidung kann dahingestellt bleiben,
ob die Spielbank verpflichtet gewesen ist – wie der Kläger geltend macht – durch
Eingangskontrollen dafür Sorge zu tragen, dass gesperrte Spieler keinen Zugang
erhalten. Es kann daher auch offen bleiben, ob und welche rechtlichen Konsequenzen
sich daraus ergeben.
3.
Aber selbst wenn der Spielsperre ein solche rechtliche Qualität nicht beigemessen
werden könnte, so ist der Spielvertrag auch aus anderen Gründen nicht zustande
gekommen. Denn die Beklagte hat ihr durch Aufstellung der Automaten an potentielle
Spieler gerichtetes Angebot zum Abschluss eines Automatenspielvertrages insoweit
beschränkt, als es für gesperrte Spieler nicht gelten soll.
Die Beklagte hat im Automatensaal an verschiedenen Stellen Hinweisschilder
angebracht, nach denen gesperrten Spielern (Minderjährigen und zum Spiel nicht
zugelassenen Spielern) der Zutritt zum Automatensaal und Spielsaal nicht gestattet ist
und, dass im Falle eines eventuellen Gewinnes weder ein Anspruch auf Rückerstattung
der Spieleinsätze noch ein Anspruch auf Auszahlung der Gewinne besteht. Damit hat die
Beklagte hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass sie mit gesperrten Spielern nicht in
vertragliche Beziehungen treten will und sie gleichzeitig auch auf die Konsequenzen
hingewiesen (vgl. auch OLG Hamm, Urteil vom 17.07.2002 – 8 U 19/02, OLG Hamm-
Report 2003, 1ff.)
Soweit der Kläger bestreitet, dass sich solche Hinweisschilder im Automatensaal
befinden, ist sein Bestreiten unerheblich. Die Beklagte hat unter Vorlage eines
Grundrisses des Automatensaales und entsprechender Fotos im einzelnen dargelegt,
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Grundrisses des Automatensaales und entsprechender Fotos im einzelnen dargelegt,
dass sich im Bereich der Kassen drei dieser Hinweisschilder sowie ein weiteres in der
Mitte des Automatensaal befinden. Diesem Vortrag ist der Kläger nicht substantiiert
entgegengetreten. Das pauschale Bestreiten, dass sich Schilder dort befinden, reicht
nicht aus. Dies insbesondere auch vor dem Hintergrund der eigenen Erklärung des
Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht. Hier hat der Kläger – nach
Vorlage des Planes des Automatensaales und der Fotos – erklärt, dass er im Bereich der
Kassen ein Schild gesehen habe, auf dem gestanden habe, dass Minderjährige nicht
spielen dürfen. Damit hat der Kläger selbst zumindest das Vorhandensein eines Schildes
eingeräumt, so dass er sich hätte konkret dazu erklären müssen, dass und welche
Schilder nicht vorhanden gewesen sein sollen. Mangels substantiierten Bestreitens ist
daher der Vortrag der Beklagten zugrunde zu legen (§ 138 Abs. 3 ZPO).
Da die Beklagte damit dem Kläger kein Angebot zum Abschluss eines Spielvertrages
unterbreitet hat, konnte durch Geld- oder Chipeinwurf und Betätigen der Automaten
zwischen den Parteien ein Spielvertrag nicht zustande kommen.
Für die Entscheidung kann offen bleiben, ob – wie der Kläger geltend macht – die
Hinweisschilder Allgemeine Geschäftsbedingungen der Beklagten darstellen und diese
nach dem AGB- Gesetz unwirksam sind. Allgemeine Geschäftsbedingungen i. S. des
AGB- Gesetzes sind nur Regelungen, die den Inhalt eines Vertrages zum Gegenstand
haben (BGH NJW 1985, 1394), nicht aber solche, die das Zustandekommen des
Vertrages betreffen. Selbst wenn man jedoch eine dem AGBG unterfallende
Vertragsklausel annehmen wollte, wäre diese nicht nach dem AGBG unwirksam. Eine
überraschende Klausel gemäß § 3 AGBG liegt nicht vor, weil für den Kläger, der sich
selbst hat sperren lassen, es nicht so ungewöhnlich ist, wenn die Bank ihn vom Spiel
ausschließt, dass er damit nicht zu rechnen braucht. Dem steht auch nicht entgegen,
dass die Beklagte zum Automatensaal keine Zugangskontrollen vornimmt und der
Kläger auch in der Vergangenheit trotz Sperre wiederholt am Automatenspiel
teilgenommen hat. Der Kläger konnte daraus nicht den Schluss ziehen, dass das
ausgesprochene Zutrittsverbot nicht für ihn gelten würde. Eine Inhaltskontrolle nach den
§§ 9 ff. AGBG ist schon nicht zulässig, weil die Beklagte keine von Rechtsvorschriften
abweichende Regelung getroffen hat (8 AGBG). Da die Beklagten keinem
Kontrahierungszwang unterliegt (BGH NJW 1996,248), kann sie frei den Personenkreis
bestimmen, mit sie in vertragliche Beziehungen treten will. Eine dabei vorgenommene
Beschränkung unterliegt nicht der Inhaltskontrollen nach den Vorschriften der §§ 9, ff
AGBG (vgl. OLG Hamm – Urteil vom 17. Juli 2002, a.a.O.).
4.
Das Verhalten der Beklagte ist – entgegen der Ansicht des Klägers – nicht treuwidrig,
weil sie durch das Unterlassen von Zugangskontrollen gesperrten Spielern ermöglicht,
Geldbeträge einzusetzen und dann im Falle eines hohen Gewinnes, die Auszahlung zu
verweigern. Denn durch die Hinweisschilder wird dem gesperrten Spieler deutlich vor
Augen gehalten, dass er im Falle des Gewinns keinen Anspruch auf deren Auszahlung
hat. Der Kläger kann auch nichts daraus herleiten, dass kleinere Gewinne ohne
Personenkontrolle ausgezahlt worden sind. Wenn der Spieler trotz der Spielsperre
gleichwohl an den Automaten spielt und er auf Auszahlung von etwaigen Gewinnen hofft,
geschieht dies auf eigenes Risiko. Im übrigen ist der Kläger auch insoweit nicht
schutzwürdig. Denn der Kläger setzt sich durch sein Verhalten, nämlich dass er trotz
Eigensperre am Spiel teilnimmt, bewusst über die mit der Beklagten getroffene
Vereinbarung hinweg und verhält sich damit selbst nicht vertragstreu.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Die Revision war nicht
zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die
Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine
Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 1 Ziff. 1 und 2 ZPO). Eine
Abweichung von der Entscheidung des BGH vom 31. Oktober 1995 – XI ZR 6/95 – (NJW
1996,248) liegt nicht vor, weil es in dem dort entschiedenen Fall um die Auszahlung von
Verlusten ging und das Angebot auf Abschluss von Spielverträgen nicht beschränkt war.
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