Urteil des KG Berlin vom 16.08.2006

KG Berlin: umkehrung der beweislast, treu und glauben, mangelhaftigkeit, mängelrüge, werbung, bestätigungsschreiben, vertragsschluss, werkvertrag, rücknahme, zugang

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Gericht:
KG Berlin 11.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
11 U 35/06
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 307 Abs 1 S 1 BGB, § 631 Abs
1 BGB, § 640 Abs 1 S 1 Halbs 2
BGB
Werkvertrag: Darlegung der Fälligkeitsvoraussetzungen des
Werklohns für die Verteilung von Werbewurfsendungen;
Anforderungen an die Darlegung der Mangelhaftigkeit der
erbrachten Leistung; Wirksamkeit der Befristung der
Mängelrüge in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des
Unternehmers
Tenor
In Sachen V. GmbH ./. W. GmbH & Co. KG beabsichtigt der Senat, die Berufung gegen
das am 16. August 2006 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin – 11 O 58/06 – durch
einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.
Die Berufung ist zwar zulässig, insbesondere an sich statthaft sowie form- und
fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie bietet aber keine Aussicht auf Erfolg.
Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die
Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine
Entscheidung des Berufungsgerichts. Die mit der Berufung bezeichneten Umstände
lassen keine für die angefochtene Entscheidung erheblich gewordene Rechtsverletzung
erkennen. Die Ausführungen des angefochtenen Urteils sind überzeugend.
Gründe
I.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte gemäß § 631 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem
Werkvertrag vom 18.10.2005 einen Anspruch auf Zahlung von 5.985,60 €.
1. Unstreitig haben die Parteien am 18.10.2005 einen Werkvertrag geschlossen, mit
dem sich die Klägerin zur Verteilung von 240.000 von der Beklagten gelieferten
Werbewurfsendungen im Zeitraum 21. bis 23.10.2005 in einem von den Parteien
vereinbarten Gebiet verpflichtete. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Klägerin
eine Verteilquote von 90% übernommen hatte. Die Beklagte verpflichte sich zur Zahlung
von 21,50 € je 1.000 Exemplare.
Die Werklohnforderung der Klägerin ist fällig, da sie die vereinbarte Leistung, die sich
einer Abnahme gemäß § 640 Abs. 1 Satz 1 2. HS BGB entzieht, ordnungsgemäß
erbracht hat. Die Erfüllung dieser Pflicht hat die Klägerin substantiiert dargelegt, indem
sie Kontrollberichte der von ihr selbst vorgenommenen stichprobenartigen
Überprüfungen der Verteilung der Werbewurfsendungen vorgelegt hat. Die Richtigkeit
der Kontrollberichte ist von der Beklagten nicht konkret angegriffen worden. Da es sich
bei der vereinbarten Leistung um den bloßen Einwurf von 240.000 Exemplaren
Werbematerial in Hausbriefkästen handelte, ist ein konkreter Nachweis der einzelnen
Zustellungen der Sache nach ausgeschlossen.
Soweit das Landgericht ausführt, dass die Beklagte demgegenüber nicht die
Mangelhaftigkeit der Leistung dargelegt hat, ist dies – anders als die Beklagte meint –
keine Umkehrung der Beweislast. Der Vortrag der Beklagten, wonach 2.353 von 2.547
der im Zeitraum vom 25. bis 29.10.2005 befragten Kunden das Werbematerial nicht
erhalten haben wollen, ist angesichts der vereinbarten Verteilquote von 90% nicht
geeignet, die Mangelhaftigkeit der Leistung der Klägerin darzutun. Wie das Landgericht
zutreffend ausführt, sind dies lediglich ca. 1% der mit der Werbung zu versehenden
Haushalte. Im Übrigen ist nicht vorgetragen, unter welchen Adressen die befragten
Kunden keine Werbung erhalten haben sollen, so dass der Klägerin eine Erklärung zu
ihrer Leistungserbringung nicht möglich ist.
2. Zutreffend geht das Landgericht in seiner ergänzenden Argumentation davon aus,
dass die Beklagte mit der Mängelrüge ausgeschlossen ist, weil durch die in Ziffer 6. der
Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin enthaltene Pflicht zur Mängelrüge
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Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin enthaltene Pflicht zur Mängelrüge
binnen einer Woche nach der jeweiligen Verteilung nicht gegen § 307 BGB verstößt.
Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin sind – anders als die Beklagte
meint - wirksam in den Vertrag einbezogen worden. Selbst wenn sie nicht bei
Vertragsschluss vorgelegen haben sollten, sind sie durch das Bestätigungsschreiben der
Klägerin vom 18.10.2005 einbezogen worden. Auch wenn diese – wie die Beklagte
behauptet – nicht beigefügt gewesen sein sollten, werden sie mangels Widerspruch
Vertragsinhalt, und zwar unabhängig davon, ob sie Gegenstand der
Vertragsverhandlungen waren (vgl. BGH NJW 1978, 2244) oder dem
Bestätigungsschreiben beigefügt waren (BGHZ 7, 190). Denn auf den Vertragsschluss
zwischen Unternehmern finden die § 305 Abs. 2 und 3 BGB keine Anwendung (vgl. § 310
Abs. 1 BGB).
Das Landgericht hat in seinem Urteil zu Recht ausgeführt, dass die Regelung in Ziffer 6.
der AGB der Klägerin die Beklagte nicht entgegen der Gebote von Treu und Glauben
unangemessen benachteiligt. Dabei sind für Unternehmer die Maßstäbe der
Inhaltskontrolle nicht an der Schutzbedürftigkeit im Einzelfall orientiert; vielmehr erfolgt
eine generalisierende Betrachtung. Bei der Beurteilung zu berücksichtigen ist daher zum
einen das gemeinsame Interesse an der raschen Vertragsabwicklung. Angesichts der
Flüchtigkeit des Eindrucks von Werbewurfsendungen bei den empfangenden Haushalten
besteht das Interesse der Klägerin an einer raschen Mängelanzeige, um
Beweisproblemen auch durch die ausführenden Verteiler zu begegnen. Dies ist auch im
Interesse der Auftraggeber, da eine Werbewirkung – wie hier mit der Verteilung von
240.000 Flyern beabsichtigt - in der Konzentration der Maßnahme liegt. Zum anderen
sind auch Handelsbräuche zu berücksichtigen, die z.B. Kaufleuten gemäß §§ 377, 381
Abs. 2 HGB die unverzügliche Überprüfungen erhaltener Waren und ggf. die
unverzügliche Mängelanzeige vorschreiben. Der dieser gesetzlichen Regelung zugrunde
liegende Rechtsgedanke lässt sich hier auch auf die vereinbarte Werkleistung
übertragen.
II.
Den Parteien wird Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen seit Zugang
dieses Hinweisbeschlusses gegeben. Es wird darauf hingewiesen, dass bei Rücknahme
der Berufung Gerichtsgebühren gespart werden können (Ermäßigung der Gebühr für das
Verfahren im Allgemeinen von 4,0 auf 2,0 gem. Nr. 1222 KV).
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