Urteil des KG Berlin vom 08.11.2007

KG Berlin: gegendarstellung, einstweilige verfügung, firma, erlass, firmenbezeichnung, handelsregister, kaufmann, rechtshängigkeit, quelle, anonymität

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Gericht:
KG Berlin 9. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
9 W 160/07
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 269 Abs 3 S 3 ZPO, § 10 Abs 2
S 4 PresseG BE, § 10 Abs 2 S 5
PresseG BE
Gegendarstellungsverlangen gegen eine
Presseberichterstattung in Berlin: Notwendige Bezeichnung
einer betroffenen juristischen Person
Leitsatz
Eine Gegendarstellung muss die Person des Betroffenen eindeutig erkennen lassen. Bei einer
juristischen Person ist deshalb grundsätzlich die vollständige Firmenbezeichnung anzugeben.
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts
Berlin vom 8. November 2007 – 27 O 1003/07 – wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens bei einem Wert bis zu 2500
€ zu tragen.
Gründe
Das gemäß §§ 269 Abs. 5, 557 ff. ZPO zulässige Rechtsmittel der Antragstellerin ist
unbegründet.
I. Nach der Rücknahme ihres Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hat das
Landgericht der Antragstellerin zu Recht die Kosten des Verfahrens auferlegt.
1. Zwar folgt diese Kostenentscheidung nicht bereits aus § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO, weil die
besonderen Voraussetzungen des § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO erfüllt sind. Nach dem insoweit
übereinstimmenden Vortrag der Parteien ist durch den Abdruck einer redaktionellen
Richtigstellung am 25. Oktober 2007 der Anlass für die beantragte einstweilige
Verfügung entfallen. Da der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung erst am 29.
Oktober 2007 beim Landgericht eingegangen ist, hätte er sich bereits vor dem Eintritt
der Rechtshängigkeit erledigt. Dass die Erledigung damit auch schon vor Anhängigkeit
eintreten wäre, ist unschädlich. Denn nach seinem Wortlaut und Normzweck ist § 269
Abs. 3 S. 3 ZPO auch auf derartige Fälle anwendbar (OLG München, OLGR 2004, 218;
Musielak/Foerste, ZPO, 5. Aufl., § 269 Rn. 13b; Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., § 269
Rn. 18d). Entsprechendes muss auch beim einstweiligen Verfügungsverfahren gelten, wo
nach herrschender Meinung die Rechtshängigkeit nicht erst mit der Zustellung an den
Antragsgegner, sondern bereits mit dem Eingang des Antrags bei Gericht begründet
wird (Zöller/Vollkommer, a. a. O., vor § 916 Rn. 5 m. w. N.).
2. Allerdings führt die nach § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO vorgesehene Ermessensentscheidung
dazu, dass der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen sind, weil ihr
Antrag unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstand voraussichtlich
ohne Erfolg geblieben wäre. Dabei kann dahin stehen, ob die von der Antragstellerin
begehrte Gegendarstellung als irreführend anzusehen ist, wie das Landgericht in der
angefochtenen Entscheidung angenommen hat. Denn der Antrag auf Erlass einer
einstweiligen Verfügung wäre bereits deshalb zurückzuweisen gewesen, weil die
Antragstellerin sich selbst in der abzudruckenden Erklärung nicht hinreichend bezeichnet
hatte und es deshalb an den formellen Voraussetzungen für den Abdruck der
Gegendarstellung fehlte.
Eine Gegendarstellung muss eindeutig erkennen lassen, in wessen Namen sie abgeben
werden soll. Dies folgt bereits aus dem Umstand, dass ihr Abdruck gemäß § 10 Abs. 2 S.
4 Berliner PresseG nur von dem Betroffenen oder seinem Vertreter verlangt werden
kann. Um die Authentizität der Erklärung sicherzustellen, muss die Gegendarstellung
deshalb schriftlich abgegeben werden (§ 10 Abs. 2 S. 5 Berliner Presse G), womit die
Notwendigkeit einer einhändigen Unterschrift des Ausstellers verbunden ist (§ 126 Abs. 1
BGB). Auch wenn im Anwendungsbereich des Berliner PresseG eine rechtsgeschäftliche
Vertretung bei der Abgabe der Gegendarstellungserklärung grundsätzlich zulässig ist
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Vertretung bei der Abgabe der Gegendarstellungserklärung grundsätzlich zulässig ist
(KG, NJW 1970, 2029 [2031]), bedeutet dies nicht, dass damit die Anforderungen an die
Identifizierbarkeit des Betroffenen gelockert wären (Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der
Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 11 Rn. 155). Ausnahmen von diesen
Erfordernissen kommen vielmehr nur dann in Betracht, wenn die Person des
entgegnenden Betroffenen bereits aus der redaktionellen Einleitung hinreichend deutlich
hervorgeht oder wenn der Betroffene ein berechtigtes Interesse an der Wahrung seiner
Anonymität hat (Seitz/Schmidt, Der Gegendarstellungsanspruch, 3. Aufl., Rn. 433 m. w.
N.).
Diesen Anforderungen wird die vorliegend zum Abdruck bestimmte Gegendarstellung
nicht gerecht. Die Antragstellerin hat die betreffende Erklärung unter der Bezeichnung
„V. GmbH“ abgegeben. Tatsächlich ist sie aber unter der Firma „V. V. - und Z.
Vertriebsgesellschaft mit beschränkter Haftung“ in das Handelsregister eingetragen.
Aufgrund dieser ungenauen Bezeichnung ist sie nicht eindeutig als Betroffene der
Gegendarstellung zu identifizieren. Hieran vermag auch der Einwand der Antragstellerin,
sie agiere in der Öffentlichkeit unter der „Firma“ V. GmbH, nichts zu ändern. Zwar kann
ein Kaufmann die Gegendarstellung auch mit seiner Firma zeichnen, wenn die
beanstandete Äußerung sich auf ein von ihm betriebenes Handelsgewerbe bezogen hat
(Burkhardt, in: Wenzel, a. a. O., Kap. 11 Rn. 149). Jedoch handelt es sich bei der von der
Antragstellerin benutzten Bezeichnung gerade nicht um ihre zutreffende
Firmenbezeichnung, weil es hierfür allein auf die Eintragung ins Handelsregister
ankommt. Der Kaufmann hat seine Firma so zu führen, wie sie dort eingetragen ist
(Baumbach/Hopt, 32. Aufl., HGB, § 37 Rn. 4). Ebenso wenig überzeugend ist der Einwand
der Antragstellerin, dass in Ausnahmefällen auf eine Namensnennung des Betroffenen
ganz verzichtet werden könne, da sie zu den Voraussetzungen einer solchen Ausnahme
nichts vorgetragen hat und hierfür auch nichts ersichtlich ist.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, diejenige zur Wertfestsetzung auf
§ 3 ZPO.
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