Urteil des KG Berlin vom 26.11.1997

KG Berlin: laden, rechtshängigkeit, aktiengesellschaft, anschlussberufung, bürgschaftsurkunde, rückzahlung, zwangsvollstreckung, grundbuchamt, vollstreckbarkeit, widerklage

Gericht:
KG Berlin 24.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
24 U 241/01
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 633 Abs 1 BGB, § 633 Abs 1aF
BGB
Bauträgervertrag: Maximal 20 Gastplätze als Mangel eines zur
Nutzung als Café gekauften Ladens
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung der Rechtsmittel der Parteien im
Übrigen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 26. November 1997 - 28 O 358/98 -
geändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 307.707,38 EUR nebst 6,75% seit dem 27.
August 1997 zu zahlen Zug um Zug gegen
a) Löschungsbewilligung des Klägers betreffend die in Abteilung II der Grundbücher
eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts M. Grundbuch von F. Blatt 4… N und Blatt
4… N eingetragenen Auflassungsvormerkung für den Kläger,
b) Löschungsbewilligung der H. AG H. betreffend die in Abteilung III lfd. Nr. 2 zur
eingetragenen Gesamtgrundschuld über 300.000,-- DM in Blatt 4… N und Blatt 4… N
des Amtsgerichts M. Grundbuch von F.,
c) schriftliche Erklärung des Klägers gegenüber der B. Landesbank dahingehend,
dass die B. Landesbank aus der Bürgschaftsurkunde Nr. 40 über insgesamt 797.117,--
DM in Höhe eines Betrages von 601.823,33 DM = 307.707,38 EUR entlassen wird.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 47.422,00 EUR nebst 6,75% Zinsen ab
dem 23. Februar 1999 zu zahlen.
Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt,
a) eine notarielle Löschungsbewilligung der H. in H. g Aktiengesellschaft H. an den
Notar H. in grundbuchmäßiger Form beizubringen und an die Beklagte herzureichen, die
zu des Klägers Gunsten eingetragene Grundschuld über 300.000,-- DM zzgl. 15% Zinsen
zugunsten der H. in H. Aktiengesellschaft H. in Abt. III lfd. Nr. 1, eingetragen im
Grundbuch von F. Bl. 4… (Laden Nr. 1) und Bl. 4… N (Stellplatz Nr. 119), eingetragen
gemäß Bewilligung vom 12.4.1996 auf Grund Ur.-Nr. 1…/1… des Notars H. zu löschen,
oder in anderer Weise für Lastenfreiheit des Grundbuchs von allen von ihnen
eingetragenen Lasten zu sorgen; sowie die Rückauflassung für die zu Gunsten des
Klägers eingetragene Auflassung in dem Grundbuchblatt Grundbuchamt F. 4… N (Laden
Nr. 1) und Bl. 4… N (Stellplatz Nr. 119), eingetragen am 5.5.1999 zu erklären,
b) die die Grundbuchblätter im Grundbuch von … Bl. 4… N (Laden Nr. 1) und Bl. 4…
N (Stellplatz Nr. 119) betreffenden Immobilien an die Beklagte geräumt herauszugeben,
c) die Bürgschaftsurkunde Nr. 40 der B. L. über 797.117,-- DM an die Beklagte
zurückzugeben
Zug um Zug gegen Rückzahlung von 299.556,36 EUR.
Im Übrigen werden die Klage und die Widerklage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben. Die Beklagte hat die
Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Streithelfers des Klägers und der Kläger die
Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Streithelfers der Beklagten zu tragen. Im
Übrigen tragen die Streithelfer ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Gegenseite durch
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Gegenseite durch
Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn
nicht die andere Partei vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit
leistet.
Gründe
Es wird Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Senats vom 18.1.1999 –
24 U 598/98 –, das der Bundesgerichtshof auf die Revision des Klägers durch Urteil vom
5.7.2001 – VII ZR 399/99 – aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung
und Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens an das
Berufungsgericht zurückverwiesen hat.
Der Kläger zahlte am 22.2.1999 die von der Beklagten geforderte „Bezugfertigkeitsrate“
von 83.697,28 DM nebst Zinsen in Höhe von 9.052,09 DM, insgesamt 92.749,37 DM =
47.422,00 EUR. Mit seiner Klageschrift vom 3.11.1999 zum Aktenzeichen 36 O 495/99
des Landgerichts Berlin verlangte er u.a. erneut Rückzahlung der 601.823,33 DM =
307.707,38 Euro und erstmals Erstattung der 47.422,00 Euro, die Gegenstand seiner
Klageerweiterung mit Schriftsatz vom 26.6.2003 in diesem Berufungsverfahren ist. Die
Beklagte erhob mit Schriftsatz vom 31.5.2000 in jenem Rechtsstreit Hilfswiderklage, die
der später mit Schriftsatz vom 5.12.2001 in diesem Berufungsverfahren eingereichten
entspricht.
Der Kläger behauptet, die Räume seien nicht zum gewöhnlichen Gebrauch als Café
geeignet.
Der Kläger und sein Streithelfer beantragen sinngemäß,
1. die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde vom 28.12.1994 für
unzulässig zu erklären,
2. die Beklagte zur Zahlung vom 307.707,38 Euro nebst 6,75% Zinsen seit
Rechtshängigkeit der Klage (27.8.1997) zu zahlen,
hilfsweise, Zug um Zug gegen
a) Löschungsbewilligung des Klägers betreffend die in Abteilung II der Grundbücher
eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts Mitte Grundbuch von Friedrichshain Blatt
4051 N und Blatt 4169 N eingetragenen Auflassungsvormerkung für den Kläger,
b) Löschungsbewilligung der Hypothekenbank AG Hamburg betreffend die in
Abteilung III lfd. Nr. 2 zur eingetragenen Gesamtgrundschuld über 300.000,-- DM in Blatt
4051 N und Blatt 4169 N des Amtsgerichts Mitte Grundbuch von Friedrichshain,
c) schriftliche Erklärung des Klägers gegenüber der Bayerischen Landesbank
dahingehend, dass die Bayerische Landesbank aus der Bürgschaftsurkunde Nr. 40 über
insgesamt 797.117,-- DM in Höhe eines Betrages von 601.823,33 DM = 307.707,38 EUR
entlassen wird.
3. die Beklagte zu verurteilen, 92.749,37 DM = 47.422,00 EUR nebst 6,75% Zinsen
für die Zeit vom 23.2.1999 an ihn zu zahlen
und die Anschlussberufung zurückzuweisen.
Die Beklagte und ihr Streithelfer beantragen sinngemäß
die Berufung zurückzuweisen und
hilfswiderklagend
den Kläger zu verurteilen,
a) eine notarielle Löschungsbewilligung der H. in H. Aktiengesellschaft H. an den
Notar H. in grundbuchmäßiger Form beizubringen und an die Beklagte herzureichen, die
zu des Klägers Gunsten eingetragene Grundschuld über 300.000,-- DM zzgl. 15% Zinsen
zugunsten der H. in H. Aktiengesellschaft H. in Abt. III lfd. Nr. 1, eingetragen im
Grundbuch von F. Bl. 4… (Laden Nr. 1) und Bl. 4… N (Stellplatz Nr. 119), eingetragen
gemäß Bewilligung vom 12.4.1996 auf Grund Ur.-Nr. 1…/1… des Notars H. zu löschen,
oder in anderer Weise für Lastenfreiheit des Grundbuchs von allen von ihnen
eingetragenen Lasten zu sorgen; sowie die Rückauflassung für die zu Gunsten des
Klägers eingetragene Auflassung in dem Grundbuchblatt Grundbuchamt F. 4… N (Laden
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
31
32
33
Klägers eingetragene Auflassung in dem Grundbuchblatt Grundbuchamt F. 4… N (Laden
Nr. 1) und Bl. 4… N (Stellplatz Nr. 119), eingetragen am 5.5.1999 zu erklären,
b) die die Grundbuchblätter im Grundbuch von F. Bl. 4… N (Laden Nr. 1) und Bl. 4…
N (Stellplatz Nr. 119) betreffenden Immobilien an die Beklagte geräumt herauszugeben,
c) die Bürgschaftsurkunde Nr. 40 der B. L. über 797.117,-- DM an die Beklagte
zurückzugeben
Zug um Zug gegen Rückzahlung von DM 601.823,33 abzüglich 15.942,-- EUR.
Den angekündigten Feststellungsantrag zu d), dass weitergehende Ansprüche des
Klägers aus dem gescheiteren Kaufvertragsverhältnis der Parteien nicht bestehen,
haben sie ausdrücklich nicht gestellt.
Die Beklagte meint, das Gutachten habe erwiesen, dass es keine allgemeinen Standards
zur Relation von Gastraumgrundfläche zur Gastzahl gebe und dass der Laden als Café
genutzt werden könne. Sie wendet doppelte Rechtshängigkeit ein.
Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 7. Januar 2004. Wegen des
Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das schriftliche
Sachverständigengutachten der Dipl. Betriebswirtin M. C. vom 2.10.2004.
Die Berufung des Klägers hat überwiegend Erfolg, die Anschlussberufung der Beklagten
bleibt erfolglos.
- Berufung
1. Vollstreckungsgegenklage
Die Zwangsvollstreckungsgegenklage gemäß § 767 ZPO ist zulässig. Insbesondere hat
der Kläger noch ein Rechtsschutzbedürfnis, obwohl er die Bezugsfertigkeitsrate gezahlt
hat. Die Zwangsvollstreckung ist jedenfalls noch nicht beendet, da keine Anhaltspunkte
dafür bestehen, dass die Beklagte den Titel nicht mehr in den Händen hat (vgl. BGH NJW
1994, 1161, 1162; Zöller/Herget, 24. Aufl., ZPO, § 767 Rdnr. 8).
Der Kläger hat Einwendungen erhoben, die den in der notariellen Urkunde titulierten
Anspruch selbst betreffen, §§ 794 Abs. 1 Nr. 5, 795, 767 Abs. 1 ZPO. Ihm steht ein
Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung nach § 635 BGB a.F. zu. Das von der
Beklagten errichtete Teileigentum des Klägers ist mangelhaft im Sinne des § 633 Abs. 1
BGB a.F., weil ein Café mit den genehmigten 20 Gastplätzen unrentabel ist.
Das steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Senats fest.
Auf diese wirtschaftliche Beurteilung kommt es nach der Entscheidung des
Bundesgerichtshofs vom 5.7.2001 – VII ZR 399/99 – an, weil die Sachverständige
nachvollziehbar ausgeführt hat, dass allgemein anerkannte Standards zur Relation
zwischen Gastraumgrundfläche und Gastzahl nicht bestehen, wovon nun auch die
Beklagte ausgeht. Bei der Wirtschaftlichkeitsberechnung nach Abschlägen wegen des
eingeschränkten Speisenangebots und der erschwerten Außengastronomie und
Zuschlägen für eine optimierte Stuhlauslastung und Umsätzen aus dem Verkauf von
Handelswaren kommt sie auf einen Gewinn vor Miete und Unternehmerlohn in Höhe von
knapp 5.000 Euro jährlich, der nicht einmal das Existenzminimum sichere. Danach ist es
nicht möglich, aus dem Café nachhaltig eine Miete zu erwirtschaften. Eine dauerhafte
Rentabilität ist nicht gegeben, auch wenn man ein Betriebskonzept unterstellt, das die
Möglichkeiten des Standorts und des Objekts bestmöglich ausschöpft.
Die Beseitigung dieses Mangels der zu geringen Nutzbarkeit ist, wie schon der
Bundesgerichtshof im Revisionsurteil ausgeführt hat, nicht möglich, § 634 Abs. 2 BGB
a.F.
2. Zahlungsklage über 307.707,38 Euro
Dieser Zahlungsklage steht keine anderweitige Rechtshängigkeit gemäß § 261 Abs. 3 Nr.
1 ZPO entgegen. Der Kläger hat den Rückzahlungsanspruch bereits mit seiner
streitgegenständlichen Klage geltend gemacht, über die das Landgericht mit dem
angefochtenen Urteil vom 26.11.1997 entschieden hat, bevor er mit seiner Klage vom
3.11.1999 diese Forderung beim Landgericht Berlin zum Aktenzeichen 36 O 495/99
erneut erhoben hat.
Für die Klage hat der Kläger auch ein Rechtsschutzbedürfnis, weil er über die mit der
Vollstreckungsgegenklage erstrebte Beseitigung der Vollstreckbarkeit des Titels hinaus
34
35
36
37
38
39
40
41
Vollstreckungsgegenklage erstrebte Beseitigung der Vollstreckbarkeit des Titels hinaus
nur auf diese Weise bezüglich der bereits erbrachten Leistungen eine Titulierung seines
Rückzahlungsanspruches gegen die Beklagte erreichen kann.
Die Klage auf Zahlung der 307.707,38 Euro als Teil der Rückabwicklung des Vertrages im
Rahmen des großen Schadensersatzes ist aus den Gründen zu 1. unter
Berücksichtigung der unstreitigen Gegenrechte der Beklagten nach dem Hilfsantrag
begründet.
Der Zinsanspruch seit Rechtshängigkeit folgt aus § 286 Abs. 1 BGB a.F.
3. Zahlungsklage über 47.422,00 Euro
Dieser Klageantrag ist unzulässig, da ihm eine anderweitige Rechtshängigkeit
entgegensteht, § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO. Der Kläger hat diesen Anspruch zunächst mit
seiner Klageschrift vom 3.11.1999 vor dem Landgericht – 36 O 495/99 – geltend
gemacht, bevor er in diesem Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 26.6.2003 insoweit
die Klage erweitert hat. Seine erste Klage stellt sich als Prozesshindernis für die zweite
identische Klage dar (vgl. Zöller/Greger, a.a.O., § 261 Rdnr. 8).
Der Anspruch ist auch nicht ausnahmsweise gemäß § 717 Abs. 2 ZPO als zur Zeit der
Zahlung am 22.2.1999 rechtshängig geworden anzusehen. § 717 Abs. 2 ZPO ist nicht
auf vollstreckbare Urkunden nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO anwendbar (vgl. BGH KTS
1995, 67; BGH WM 1977, 656; Zöller/Herget, a.a.O., § 717 Rdnr. 5).
- Anschlussberufung
Mit ihrer Hilfswiderklage hat die Beklagte zugleich wirksam Anschlussberufung gemäß §§
521, 522a ZPO a.F. eingelegt. Soweit sie den Feststellungsantrag zu d) nicht gestellt hat,
hat sie die Klage konkludent und wirksam vor dem Beginn der mündlichen Verhandlung
des Klägers zurückgenommen, § 269 Abs. 1 ZPO a.F. Die übrige Hilfswiderklage der
Beklagten, die den Senat nachdrücklich auf die Problematik der anderweitigen
Rechtshängigkeit hingewiesen hat, ist jedoch ebenfalls nach § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO
unzulässig. Die Beklagte hat diese bereits mit Schriftsatz vom 31.5.2000 beim
Landgericht zum Aktenzeichen 36 O 495/99 eingereicht und erst mit Schriftsatz vom
5.12.2001 in diesem Berufungsverfahren anhängig gemacht.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1 Satz 1 2. Alt., 101 ZPO. Die Entscheidung
über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gründe,
die Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, lagen nicht vor.
Datenschutzerklärung Kontakt Impressum