Urteil des KG Berlin vom 13.03.2017

KG Berlin: arglistige täuschung, versicherungsnehmer, versicherer, verdacht, beratung, link, quelle, sammlung, wiederbeschaffungswert, vermögensvorteil

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Gericht:
KG Berlin 6. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
6 U 203/08
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 6 Abs 3 VVG, § 7 Abs 1 UAbs 2
S 3 AKB, § 7 Abs 5 UAbs 4 AKB
Leistungsfreiheit der Kfz-Kaskoversicherung: Arglistige
Täuschung durch Falschangaben zur Laufleistung eines
entwendeten Fahrzeuges trotz möglicher Vorkenntnisse des
Versicherers infolge der Regulierung eines Vorschadens
Leitsatz
1. Die bloße Möglichkeit, einen im Rahmen der Regulierung eines Vorschadens ca. ½ Jahr vor
Einreichung der Schadenanzeige erstellten Gutachten einen bestimmten Kilometerstand
entnehmen zu können, lässt - anders als ein bereits sicher erworbenes Wissen - das
Aufklärungsinteresse des Versicherers noch nicht entfallen.
2. Der Umstand, dass der Versicherungsnehmer mehrfach falsche, aber offensichtlich
aufeinander abgestimmte Angaben gemacht hat, rechtfertigt den Verdacht, dass er diese
falschen Angaben ganz bewusst gemacht hat, um den Versicherer arglistig zu täuschen.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der Zivilkammer 17 des
Landgerichts Berlin vom 7. August 2008 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Gründe
Die Berufung des Klägers war gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen, weil sie
keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und
auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert. Entgegen der Ansicht des
Klägers gibt auch die vorliegend zu beurteilende Obliegenheitsverletzung durch falsche
Angaben zur Gesamtfahrleistung des angeblich entwendeten Fahrzeugs der
Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung, noch würde diese (im Falle einer
Entscheidung durch Urteil) die Zulassung der Revision zwecks Fortbildung des Rechts
veranlassen.
Wie der Senat bereits in dem hiermit in Bezug genommenen Hinweisbeschluss nach §
522 Abs. 2 Satz 2 ZPO vom 20. Januar 2009 ausgeführt hat, ist die Beklagte aufgrund
einer von dem Kläger begangenen Obliegenheitsverletzung im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 2
Satz 3 AKB von einer etwaigen Leistungspflicht gemäß § 7 Abs. 5 Nr. 4 AKB i. V. m. § 6
Abs. 3 VVG a. F. frei geworden, weil der Kläger die Frage in dem von ihm am 25.
September 2006 ausgefüllten Fragebogen nach der Gesamtfahrleistung des Fahrzeugs
eindeutig und zugleich vorsätzlich unrichtig beantwortet hat.
Auch das Vorbringen des Klägers in seinem Schriftsatz vom 12. Februar 2009
rechtfertigt keine andere Beurteilung.
Die Beklagte hatte zwar Kenntnis von einem ca. ½ Jahr zurückliegenden Vorschaden an
dem Fahrzeug des Klägers, dadurch hatte sie aber noch "nicht Kenntnis von der
tatsächlichen Gesamtkilometerlaufleistung zur Zeit des Versicherungsfalles", wie der
Kläger auf S. 3 seines Schriftsatzes vom 12. Februar 2009 selbst einräumt.
Die bloße Möglichkeit, einem im Rahmen der Regulierung dieses Vorschadens erstellten
Gutachten zu entnehmen, dass der Verfasser dieses Gutachtens am 29. März 2006
einen Kilometerstand von 6.470 abgelesen und die Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs
auf 204.000 km geschätzt hatte, vermag den Kläger nicht zu entlasten. Denn eine
derartige Erkenntnismöglichkeit lässt - anders als ein bereits sicher erworbenes Wissen -
das Aufklärungsinteresse des Versicherers noch nicht entfallen (vgl. BGH VersR 2007,
1267 f.; 2007, 481 f.).
Wie ebenfalls bereits in dem Beschluss vom 20. Januar 2009 ausgeführt, steht einer
Leistungsfreiheit der Beklagten auch nicht die Verletzung einer sie treffenden
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Leistungsfreiheit der Beklagten auch nicht die Verletzung einer sie treffenden
Nachfrageobliegenheit entgegen. Denn aufgrund der eindeutigen und in sich stimmigen
Angaben des Klägers im Rahmen des streitbefangenen Versicherungsfalls musste die
Beklagte nicht annehmen, dass ihre Frage nach der Gesamtfahrleistung unrichtig
beantwortet worden war. Dies gilt um so mehr, als der Umstand, dass der Kläger
mehrfach falsche aber offensichtlich aufeinander abgestimmte Angaben gemacht hat,
den Verdacht rechtfertigt, dass er diese falschen Angaben ganz bewusst gemacht hat,
um die Beklagte arglistig zu täuschen und sich ggf. einen nicht gerechtfertigten
Vermögensvorteil zu verschaffen. Von einem arglistigen Verhalten ist auszugehen, wenn
ein Versicherungsnehmer nicht nur wissentlich falsches bekundet hat, sondern bewusst
auf die Regulierungsentscheidung des Versicherers Einfluss nehmen wollte. Das ist in
aller Regel der Fall, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherer über den Wert der
versicherten und zu entschädigenden Sache oder über diesen Wert bestimmende
Faktoren in erheblichem Maße zu täuschen versucht (vgl. OLG Saarbrücken, zfs 2008,
631 f.). Davon ist vorliegend auszugehen, weil die Falschangabe des Klägers hinsichtlich
der Gesamtfahrleistung von 119.870 km zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles zu
einem erheblich höheren als dem tatsächlichen Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs
führt und diese falsche Angabe darüber hinaus nicht nur mit seiner weiteren
Falschangabe des Kilometerstandes zum Zeitpunkt eines Kaskoschadens vom 22.
Dezember 2005, sondern auch mit der von ihm unter Angabe einer - ebenfalls
unzutreffenden - Laufleistung von 119.870 km eingeholten und der Beklagten
übersandten Fahrzeugbewertung vom 21. September 2006 korrespondiert.
Auch sonst sieht der Senat nach erneuter Beratung keine Veranlassung von der in dem
Hinweis vertretenen Auffassung abzuweichen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
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