Urteil des KG Berlin vom 22.01.2003

KG Berlin: aktiengesellschaft, grundkapital, gründung der gesellschaft, gründer, mietvertrag, auflage, musical, versprechen, stammkapital, formerfordernis

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Gericht:
KG Berlin 8. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
8 U 170/03
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 125 BGB, § 326 BGB, § 23
AktG
Aktiengesellschaft: Formerfordernis für einen
Vorgründungsvertrag; Formfreiheit für einen
Verpflichtungsvertrag vor Gesellschaftsgründung
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 22. Januar 2003 verkündete Urteil der
Zivilkammer 99 des Landgerichts Berlin wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe
des vollstreckbaren Betrages zuzüglich 10 % abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Berufung der Beklagten richtet sich gegen das am 22. Januar 2003 verkündete Urteil
der Zivilkammer 99 des Landgerichts Berlin, auf dessen Tatbestand und
Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.
Die Beklagte trägt zur Begründung der Berufung vor:
Das Landgericht sei unzutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte zur Gründung
einer neuen Aktiengesellschaft oder jedenfalls zur Ausstattung einer bestehenden
Aktiengesellschaft mit einem Grundkapital von 100 Mio. DM aufgrund der Vereinbarung
vom 17. Februar 2002 wirksam verpflichtet worden sei. Denn die Vereinbarung sei als
Vorvertrag zur Errichtung einer Aktiengesellschaft mangels Einhaltung der notariellen
Form nichtig. Entgegen der Annahme der Klägerin und des Landgerichts liege ein
Vorvertrag nicht nur vor, wenn sich die Vertragsparteien verpflichten gemeinsam eine
Aktiengesellschaft zu gründen, sondern auch wenn einer oder mehrere Gründer sich
gegenüber einem Dritten zur Gründung verpflichten. Ein solcher Vorgründungsvertrag
bedürfe der notariellen Form, wenn er zu einem klagbaren Anspruch auf Beteiligung an
einer Aktiengesellschaft führen solle. Der Vertrag vom 17. Februar 2000 enthalte alle
erforderlichen Einzelheiten, so dass auf die Errichtung der Aktiengesellschaft hätte
geklagt werden können. Denn es sei die Gesellschaftsform (Aktiengesellschaft)
bestimmt, das Grundkapital von 100 Mio. DM sei festgelegt und darüber hinaus seien
auch der Unternehmensgegenstand (Erwerb und Betrieb von ertragsstarken
Bestandteilen des Unternehmensverbundes, zu dem auch das Betriebsvermögen der "D
G" M gehört, als Betreibergesellschaft) und sogar die Beteiligung der Klägerin mit 4 %
oder 4,0 Mio. DM bestimmt. Aber selbst wenn der Vorgründungsvertrag nicht alle
Essentialia enthalten würde, so sei die Vereinbarung bereits wegen nicht hinreichender
Bestimmtheit unwirksam.
Das Landgericht habe die Regelung in Ziff. 5.2 der Vereinbarung unzutreffend ausgelegt.
So ergebe sich aus den vorgelegten Entwürfen der Vereinbarung mit den
handschriftlichen Anmerkungen, dass diese Regelung Gegenstand umfangreicher
Verhandlungen gewesen sei. Entgegen der Annahme des Landgerichts sei die
Beteiligung von 4,7 % nicht mit dem Betrag von 4,7 Mio. DM gleichzusetzen. Die
Beteiligung hätte nach oben hin mit dem Betrag von 4,7 Mio. DM gedeckelt sein sollen.
Wenn die Beteiligung einen Wert von mehr als 4,7 Mio. DM ausmachen würde, wäre der
Prozentsatz entsprechend geringer ausgefallen. Inhalt der Regelung in Ziff. 5.2 sei es
gerade, die Klägerin entweder mit 4,7 % an einer mit einem Grundkapital von 100 Mio.
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gerade, die Klägerin entweder mit 4,7 % an einer mit einem Grundkapital von 100 Mio.
DM ausgerüsteten neuen Aktiengesellschaft oder aber an einer Aktiengesellschaft mit
geringerem oder höherem Grundkapital in einer wertmäßigen Höhe von 4,7 Mio. DM zu
beteiligen. Davon sei auch die Klägerin ausgegangen. Die Möglichkeit, auch eine nicht
neu gegründete Aktiengesellschaft, sondern eine bereits bestehende Aktiengesellschaft
als Betreibergesellschaft zu nutzen, sei von der Beklagten auch schon vor Abschluss der
Vereinbarung angedacht worden. Dazu sei es dann auch gekommen, ohne dass dies die
Klägerin moniert habe. So sei der Klägerin mit Schreiben vom 02. März 2001 die
Beteiligung an der S E mit einem Grundkapital von 36 Mio. DM angeboten worden. Nach
den Börsenkursen habe der Wert der angebotenen Aktien 4.262.400,00 Euro
entsprochen. Am 19. März 2002 habe die Beklagte dann die Übertragung eines
Aktienpaketes von 11,11 % angeboten, welche einen Gesamtwert von 2.431.756,80 Euro
gehabt hätten. Daher sei ein Schaden der Klägerin nicht zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
1. unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Rechtsstreit zur erneuten
Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen;
2. im Falle der eigenen Sachentscheidung durch das Berufungsgericht abändernd die
Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin erwidert:
Entgegen der Ansicht der Beklagten sei die Vereinbarung vom 17.Februar 2000 nicht
formbedürftig, weil sie keinen beurkundungspflichtigen Vorgründungsvertrag enthalte.
Die Beklagte sei verpflichtet gewesen, ihr, der Klägerin, eine Unternehmensbeteiligung
an der M in bestimmter Höhe einzuräumen. Diese Beteiligung hätte unmittelbar nach
erfolgter Einigung zwischen der Beklagten und dem Insolvenzverwalter der S eingeräumt
werden sollen. Hieraus folge, dass die Beklagte nicht etwa verpflichtet gewesen sei, eine
M ohne oder unter Mitwirkung der Klägerin zu gründen, sondern der Klägerin im
Nachhinein eine Beteiligung daran einzuräumen. Die Einordnung von Haupt- und
Ergänzungsvereinbarung als Austauschvertrag und nicht als Vorgründungsvertrag
ergebe sich zudem auch aus dem Hintergrund des Zustandekommens dieser
Vereinbarungen. So habe die Beklagte in den Musical- Markt einsteigen wollen und zu
diesem Zwecke die Vermögenswerte der S übernehmen wollen. Der Insolvenzverwalter
der S habe seine Entscheidung darüber, ob er die Vermögenswerte an die Beklagte oder
den weiteren Interessenten, nämlich den niederländischen Musical- Veranstalter v,
veräußere, davon abhängig gemacht, mit wem die Klägerin eine Einigung über die
Anmietung des Musical- Theaters erziele. Beiden Interessenten gegenüber habe die
Klägerin deutlich gemacht, dass nur derjenige, der die ausstehenden Mietforderungen
bar begleiche, als Mieter in frage komme. Hierzu sei nur die Beklagte, nicht jedoch das
niederländische Unternehmen, bereit gewesen. Allein deswegen habe die Beklagte den
Zuschlag für die Anmietung erhalten. Erst im Zuge der Besprechung am 18. Januar 2000
habe der Vorstandsvorsitzende der Beklagten als Gegenleistung für einen
Mietvertragsabschluss an Stelle der ursprünglich versprochenen Barzahlung Aktien
angeboten. Die Beklagte habe dann mit Schreiben vom 15. Februar 2000 die
Einräumung einer unentgeltliche geringeren Beteiligung von 3 % an der
Betreibergesellschaft angeboten, später habe man sich dann auf 4,7 % geeinigt.
Soweit die Beklagte der Ansicht sei, die Beklagte habe entweder 4,7 % der Aktien an
einer mit einem Grundkapital von 100 Mio. DM ausgestatteten Aktiengesellschaft oder
aber im Falle einer Aktiengesellschaft mit abweichendem Grundkapital Aktien in Höhe
eines Börsenwertes von 4,7 Mio. DM zu übertragen, so treffe dies nicht zu. Vielmehr
habe die Beklagte kein Wahlrecht, sondern sei verpflichtet, Aktien im Werte vom 4 Mio.
DM an einer mit einem Grundkapital von 100 Mio. DM ausgestatteten Aktiengesellschaft
zu übertragen.
Die von der Beklagten unterbreiteten Angebote seien nicht vertragsgerecht gewesen.
Die Klägerin hat den im Wege der Zwischenfeststellungsklage zunächst angekündigten
Antrag, festzustellen, dass sich die Beklagte im Verzug mit der Annahme der von der
Klägerin angebotenen Abtretung sämtlicher bis zum 17. Februar 2000 aufgelaufenen
Mietzins- und Nebenkostenforderungen der Klägerin gegen die "D" M aus dem
Mietvertrag zwischen der Klägerin und der "D" M vom 09. Juni 1996 befindet,
zurückgenommen.
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II.
Die zulässige Berufung der Beklagte hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat
die Beklagte zu Recht zum Schadensersatz wegen Nichterfüllung der Hauptvereinbarung
vom 17. Februar 2000 in der Fassung der Ergänzungsvereinbarung vom 15. August 2000
verurteilt (§§ 437,440 Abs. 1, 326 Abs. 1 Satz 2 BGB).
1.
Die Hauptvereinbarung vom 17. Februar 2000 ist – entgegen der Ansicht der Beklagten
– nicht gemäß § 23 AktG in Verbindung mit § 125 BGB nichtig. Die Vereinbarung ist
formlos wirksam, weil darin kein die Gründung einer Aktiengesellschaft betreffender
Vorvertrag enthalten ist.
a)
Nach nahezu einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur bedarf der
Abschluss eines Vorvertrages oder Vorgründungsvertrages, mit dem sich die künftigen
Gründer zur Gründung einer Aktiengesellschaft verpflichten, wegen der Warnfunktion des
§ 23 AktG der notariellen Form (Hüffer, Aktiengesetz, 5. Auflage, § 23 AktG, Rdnr.14;
Pentz in Münchener Kommentar Aktiengesetz, 2. Auflage, § 41 AktG, Rndr.14; Kraft in
Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, 2. Auflage, § 41 AktG, Rdnr.11;
Geßler/Hefermehl/Eckart/Kropff, Aktiengesetz, Band I, 1984, § 19 AktG, Rdnr.42). Der
Formverstoß führt zur Nichtigkeit des Vertrages (§ 125 BGB). Hingegen sind einzelne
schuldrechtliche Verpflichtungen für den Fall, dass es zu der Gründung der Gesellschaft
kommt, formfrei wirksam (Hefermehl, u.a., a.a.O., § 29 AktG, Rdnr.42; vgl. auch BGH WM
1969,291 = BB 1969,772; RGZ 130, 73). Die Hauptvereinbarung vom 17. Februar 2000
in der Fassung der Ergänzungsvereinbarung vom 15. August 2000 ist nicht als
Vorgründungsvertrag einer Aktiengesellschaft anzusehen. Zunächst ist entscheidend,
dass die Klägerin selbst nicht Gründerin der Aktiengesellschaft sein sollte. Die Parteien
schlossen vielmehr einen schuldrechtlichen Vertrag, mit dem die Beklagte sich
verpflichtete, der Klägerin nach Gründung einer mit einem Grundkapital von 100 Mio. DM
ausgestatteten Aktiengesellschaft hieran eine Beteiligung in bestimmter Höhe
einzuräumen. Ein solcher schuldrechtlicher Vertrag bedarf nicht der notariellen Form.
b)
Der in der Vereinbarung vom 17. Februar 2000 festgelegte Zweck und die Gesamtheit
der Regelung haben von ihrem Inhalt her nicht den Abschluss eines
Vorgründungsvertrages zum Gegenstand. Vielmehr handelt es sich nach dem Wortlaut
des § 5 Ziff. 5.2 um eine Vereinbarung, mit der die Klägerin einen Ausgleich für
Forderungen in Höhe von 4,7 Mio. DM aus dem Mietvertrag mit der M erhalten sollte.
Anlass der Vereinbarung war, dass die Beklagte mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter
der S über den Erwerb von ertragsstarken Bestandteilen des Unternehmensverbundes
verhandelte. Unstreitig ist auch, dass die Entscheidung des Insolvenzverwalters über die
Veräußerung maßgeblich davon mitbeeinflusst wurde, welcher Bieter mit der Klägerin
eine Einigung über die Anmietung des Musical- Theaters erzielen würde. Dies findet
mittelbar auch seinen Niederschlag in § 1, in dem der Zweck der Vereinbarung
festgelegt wird. Danach erklärte sich die Klägerin bereit, die Beklagte bei ihren
Verhandlungen mit dem Insolvenzverwalter zu unterstützen. Die Klägerin verpflichtete
sich ferner, unmittelbar nach Zustandekommen einer Einigung zwischen der Beklagten
und dem Insolvenzverwalter einen Mietvertrag mit der Beklagten bzw. der
Betreibergesellschaft abzuschließen (§§ 2,3 der Vereinbarung). Da die Klägerin den
Abschluss des Mietvorvertrages bzw. künftigen Mietvertrages jedoch an die Bedingung
knüpfte, dass der neue zukünftige Mieter auch einen Ausgleich der Mietrückstände
garantierte, vereinbarten die Parteien in § 5, dass die Klägerin eine Beteiligung an der M
einzuräumen ist. Nach § 1 Ziff.1.2 der Vereinbarung haben die Parteien vorausgesetzt,
dass die Beklagte eine Betreibergesellschaft – nämlich die M – gründet, die mit einem
Stammkapital von 100 Mio. DM ausgestattet ist. In Ziff.5.2 hat sich dann die Beklagte
verpflichtet, der Klägerin an dieser (zuvor bereits gegründeten) M eine Beteiligung in
einer bestimmten Höhe einzuräumen. Dies entspricht auch der Formulierung in der
Ergänzungsvereinbarung, in der von einer "einzuräumenden Beteiligung" die Rede ist.
Dies stellt selbst aber keine Verpflichtung der Beklagten gegenüber der Klägerin dar,
eine solche Aktiengesellschaft zu begründen. Vielmehr haben die Parteien aufgrund
beiderseitigen Interessenlagen vertragliche Vereinbarungen getroffen, die das Entstehen
einer Aktiengesellschaft sicher voraussetzen, ohne aber selbst eine Verpflichtung zur
Gründung zu schaffen (vgl. RG, a.a.O., Seite 75 für GmbH). Die Einräumung der
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Gründung zu schaffen (vgl. RG, a.a.O., Seite 75 für GmbH). Die Einräumung der
Beteiligung stellt einen Ausgleich für die der Klägerin gegen die M zustehenden
Forderungen aus dem Mietvertrag in Höhe von 4,7 Mio. DM (Mietrückstände und
verauslagte Ausbaukosten) dar und ist zugleich die Gegenleistung für den Abschluss des
Mietvorvertrages bzw. künftigen Mietvertrages. Insoweit hat das Landgericht auch das
Schreiben des Vorstandsvorsitzenden der Beklagten vom 15. Februar 2000 zutreffend
gewürdigt, wonach die einzuräumende Gesellschaftsbeteiligung als "Ersatz für die
entgangenen Mieten" geleistet werden sollte. Auch die zunächst vereinbarte Höhe der
Beteiligung von 4,7 Mio. DM bzw. 4,7 % des Grundkapitals spricht dafür, dass für die
Klägerin ein Ausgleich für die Mietforderung geschaffen werden sollte. Solche im
Gegenseitigkeitsverhältnis stehenden Vereinbarungen unterliegen nicht dem
Formerfordernis des § 23 AktG. Denn sie sind schon vom Charakter her kein eigentlicher
Gründungsvorvertrag (vgl. RG, a.a.O.).
Aus der von der Beklagten in Bezug genommene Entscheidung des BGH vom 21.
September 1987 (WM 1988, 163) ergibt sich für den vorliegenden Fall nichts anderes.
Denn in diesem Fall ging es von vornherein darum, dass die Vertragspartner (die
Eheleute Dr. G.) gemeinsam mit dem dortigen Beklagten zu 1) eine GmbH gründen
wollten. Der dortige Beklagte zu 1) war gerade nicht verpflichtet, worauf die Klägerin
zutreffend hinweist, zunächst eine GmbH zu gründen und dann den Eheleuten Dr. G.
daran eine Beteiligung einzuräumen. Auch in dieser Entscheidung geht der BGH davon
aus, dass ein Versprechen eines Vertragspartners, für den Fall, dass dieser eine GmbH
gründen würde, einen anderen an dieser GmbH zu beteiligen, grundsätzlich formfrei ist
(BGH, a.a.O., Seite 164 rechte Spalte oben). Der BGH hat hier ausgeführt, dass ein
solches formfreies Versprechen in dem dortigen Falle deswegen ausscheidet, weil eine
Gründung der GmbH ohne die Eheleute Dr. ... von Anfang an nicht in Betracht gezogen
worden sei und es daher von vornherein an einem Objekt fehle, auf dass sich ein solches
Versprechen hätte beziehen können (BGH, a.a.O.). In dem vorliegenden Fall sollte die M
ohne Einbeziehung der Klägerin gegründet werden und der Klägerin erst danach eine
Beteiligung eingeräumt werden.
Soweit die Beklagte mit der Berufung geltend macht, dass das Landgericht unzutreffend
davon ausgegangen sei, dass eine Formbedürftigkeit nur anzunehmen sei, wenn beide
Parteien sich als Gründer einer zukünftigen Aktiengesellschaft verpflichten, jedoch das
Formerfordernis gerade dann Bedeutung hat, wenn sich einer oder mehrere Gründer
gegenüber Dritten verpflichten, kommt es darauf für die Entscheidung nicht an. Zwar
kann der Vorgründungsvertrag auch Personen umfassen, die nicht Gründer werden
sollen. Die Frage der Formbedürftigkeit richtet sich aber ausschließlich nach dem Inhalt
der Vereinbarung (Kraft, a.a.O., § 41 AktG, Rdnr.13). Vorliegend handelt es sich aus den
dargelegten Gründen gerade nicht um einen Vorgründungsvertrag, so dass diese Frage
sich hier nicht stellt. Aus diesem Grunde sind auch die Ausführungen der Beklagten zur
inhaltlichen Bestimmtheit des Vertrages und sich daraus ergebener Konsequenzen für
die Entscheidung letztlich ohne Belang. Allerdings spricht der Umstand, dass in der
Vereinbarung bereits die Gründer der beabsichtigten Betreibergesellschaft nicht
ersichtlich sind, gerade dagegen, dass der Vertrag als Vorgründungsvertrag einzuordnen
wäre, worauf die Klägerin zutreffend hinweist.
2.
Das Landgericht hat die Regelung in § 5 Ziff.5.2 zutreffend auch dahingehend ausgelegt,
dass die Beklagte die Einräumung einer Beteiligung in Höhe von 4 % an einer mit einem
Grundkapital von 100 Mio. DM ausgestatteten Aktiengesellschaft schuldete. So ist in § 1
Ziff.1.2. geregelt, dass die Betreibergesellschaft mit einem "Stammkapital von 100 Mio.
DM ausgestattet ist". Hinsichtlich des gewählten Begriffes Stammkapital hat das
Landgericht ausgeführt, dass es sich insoweit um eine von beiden Parteien verwendete
unbeachtliche Falschbezeichnung handelt. Denn unstreitig war die Übertragung der
Beteiligung an einer Aktiengesellschaft angestrebt. Der aus dem GmbH-Recht
stammende Begriff des Stammkapitals entspricht dem im Aktienrecht verwendete
Begriff "Grundkapital", gemeint ist in beiden Fällen die Kapitalausstattung der
Gesellschaft. Die Beklagte ist diesen Ausführungen mit der Berufung auch nicht mehr
entgegentreten. Wenn aber in § 1 Ziff.1.2. das Grundkapital mit 100 Mio. DM
vorausgesetzt wird, so kann die Regelung in § 5 Ziff.5.2. nur dahin ausgelegt werden,
dass die Beteiligung von 4,7 % dem Betrag von 4,7 Mio. DM gleichzusetzen ist (später
durch die Ergänzungsvereinbarung herabgesetzt auf 4,0 % bzw. 4,0 Mio. DM). In § 5
Ziff.5.2 ist von der "Beteiligung an der M" die Rede, für die gerade das Grundkapital mit
100 Mio. DM vorausgesetzt war. Wenn es dann weiter heißt, dass die Beteiligung "in
Höhe von voll stimmberechtigten Kapitalanteilen von 4,7 %" erfolgen soll, so kann dies
nur bedeuten, dass 4,7 % des Grundkapitals von 100 Mio. DM (= 100%) gemeint ist, was
wiederum einem Wert von 4,7 Mio. DM entspricht. Das Schreiben des
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wiederum einem Wert von 4,7 Mio. DM entspricht. Das Schreiben des
Vorstandsvorsitzenden der Beklagten vom 15. Februar 2000 deutet darauf hin, worauf
das Landgericht zutreffend hinweist, dass die Beklagte ebenso angenommen hat, dass
der seinerzeit angebotenen Anteil von 3 % des Grundkapitals auch dem Betrag von 3
Mio. DM entsprechen würde. Offenbar ist auch die Beklagte von einer solchen
Gleichsetzung ausgegangen ist. Für diese Auslegung spricht auch die Formulierung "voll
stimmberechtigte Kapitalanteile". Denn wenn man darunter die Stimmberechtigung
nach § 12 AktG versteht, so kann hier nur auf das Grundkapital und nicht den
Börsenwert abgestellt werden. Das volle Stimmrecht gewährt nach § 12 AktG nur jede
Aktie. Der Umfang des Stimmrechts, die sogenannte Stimmkraft, richtet sich gemäß §
134 Abs.1 Satz 1 AktG in der Regel nach der Höhe der Kapitalbeteiligung. Die
Kapitalbeteiligung errechnet sich bei Nennbetragsaktien aus dem Verhältnis des
Aktiennennbetrages zum Nennbetrag des Grundkapitals, während die Stückaktien einer
Gesellschaft am Grundkapital jeweils im gleichem Umfang beteiligt sind (Heider in
Münchener Kommentar zum AktG, a.a.O., § 12 AktG, Rndr.7).
Soweit die Beklagte sich darauf beruft, dass in einem ersten Entwurf die
Kapitalbeteiligung von "bis zu 4,7 %" aufgenommen worden sei und dies dafür spreche,
dass nur der Börsenwert von 4,7 Mio. DM maßgeblich sei, kann dem nicht gefolgt
werden. Zum einem kommt es letztlich auf den von beiden Parteien in der Endfassung
unterzeichneten Vertrag, der eine solche Einschränkung nicht enthält, an. Zum anderen
spricht die Streichung sogar eher gegen die Darstellung der Beklagten, nämlich, dass
damit die konkrete Beteiligung am Grundkapital vereinbart werden sollte.
3.
Die von der Beklagten mit Schreiben vom 02. März 2001 und 19. März 2001
unterbreiteten Angebote zur Übertragung der Gesellschaftsanteile entsprachen –
entgegen der Ansicht der Beklagten – nicht den vertraglichen Vereinbarungen. Da die
Einräumung einer Beteiligung von 4,7 % (später auf 4 % herabgesetzt) an einer mit
einem Grundkapital von 100 Mio. DM ausgestatteten Aktiengesellschaft geschuldet war,
konnte die Beklagte diese Verpflichtung nicht dadurch erfüllen, indem sie eine
Beteiligung an einer Aktiengesellschaft mit einem Grundkapital von 36 Mio. DM anbot.
Auch das Angebot zur Übernahme von 11,11 % war nicht vertragsgemäß. Denn dies
entsprach nicht dem geschuldeten wirtschaftlichen Gegenwert. Insoweit wird auf die
zutreffenden Ausführungen des Landgerichts verwiesen. Diese Ausführungen hat die
Beklagte mit der Berufung auch nicht angegriffen. Das Angebot war auch deswegen der
geschuldeten Leistung nicht immanent, weil die Beklagte die Übertragung der
Beteiligung von 11,11 % an weitere Bedingungen geknüpft hat. So sollte die Klägerin
verpflichtet sein, die Aktien 12 Monate lang nicht zu verwerten und der Beklagten das
Recht gewähren, diese innerhalb der Frist zu einem Betrag von 4 Mio. DM zu erwerben
oder an einen Dritten zu übertragen.
4.
Die Klägerin hat mit Schreiben vom 29. April 2002 die Leistung der Beklagten
angemahnt und der Beklagten mit Schreiben vom 16. Mai 2002 eine Nachfrist mit
Ablehnungsandrohung gesetzt. Die Beklagte ist dem nicht nachgekommen, so dass sie
zum Schadensersatz wegen Nichterfüllung gemäß § 326 BGB verpflichtet ist. Ohne
Erfolg beruft sich die Beklagte darauf, dass die Mahnung und die Fristsetzungen der
Klägerin ins Leere gegangen seien, weil die Klägerin mit ihren Schreiben den Nachweis
der Gründung der Aktiengesellschaft angemahnt habe. Dies trifft nämlich nicht zu,
vielmehr hat die Klägerin in dem Schreiben vom 29. April 2002 die Beklagte
unmissverständlich aufgefordert, "der vertraglichen Verpflichtung auf Einräumung der
vereinbarten Beteiligung nachzukommen", wobei die Klägerin die Einräumung der
Beteiligung an einer neu gegründeten M mit einem Grundkapital von 100 Mio. DM oder
eine solche an der S mit einem zuvor auf 100 Mio. DM erhöhten Grundkapital verlangte.
Damit hat die Klägerin die geschuldete Leistung angemahnt und die Beklagte in Verzug
gesetzt. Die Nachfristsetzung mit Schreiben vom 16. Mai 2002 war auch auf diese
Leistung gerichtet.
Als Schadensersatz ist das positive Interesse zu ersetzen. Der Schaden besteht in der
Differenz zwischen der Vermögenslage, die eingetreten wäre, wenn der Schuldner
ordnungsgemäß erfüllt hätte und der durch Nichterfüllung tatsächlich entstandenen
Vermögenslage (Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Auflage, § 325 BGB, Rdnr.14; BGH NJW
1998, 2901). Bei ordnungsgemäßer Erfüllung hätte die Klägerin eine Beteiligung am
Grundkapital von 4 Mio. DM erhalten. Da die Beklagte nach der Ergänzungsvereinbarung
eine Beteiligung an einer zuvor neu gegründeten Aktiengesellschaft hätte einräumen
müssen, wäre die Beteiligung zum Zeitpunkt der Übertragung auch 4 Mio. DM wert
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müssen, wäre die Beteiligung zum Zeitpunkt der Übertragung auch 4 Mio. DM wert
gewesen. Daher steht der Klägerin ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 4 Mio. DM
zu.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 291,288 Abs. 2 BGB.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 97,92 Abs. 2 Nr.1, 269 ZPO. Die Entscheidung
zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision
zum Bundesgerichtshof wird nicht zugelassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche
Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 1 Ziff.1
und 2 ZPO).
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