Urteil des KG Berlin vom 29.10.2009

KG Berlin: verkehr, fahrverbot, fahrstreifen, gefährdung, abbiegen, quelle, sammlung, behinderung, link, verbotsirrtum

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Gericht:
KG Berlin 3. Senat für
Bußgeldsachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 Ws (B) 138/10, 3 Ws
(B) 138/10 - 2 Ss
41/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 37 Abs 2 Nr 1 S 7 StVO
Verkehrsordnungswidrigkeit: Rotlichtverstoß bei Benutzung
eines Sonderstreifens
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten in
Berlin vom 29. Oktober 2009 im Rechtsfolgenausspruch mit den insoweit
zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.
Die weitergehende Rechtsbeschwerde gegen das vorbezeichnete Urteil wird nach §§ 79
Abs. 3 Satz 1 OWiG, 349 Abs. 2 StPO verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung –
auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde – an das Amtsgericht zurückverwiesen.
Gründe
Das Amtsgericht Tiergarten in Berlin hat den Betroffenen am 29. Oktober 2009 wegen
fahrlässiger Zuwiderhandlung gegen §§ 37 Abs. 2 Nr. 1 Satz 7, 49 Abs. 3 Nr. 2 StVO
nach § 24 StVG zu einer Geldbuße von 200.—Euro verurteilt und nach § 25 StVG ein
Fahrverbot von einem Monat angeordnet, dessen Wirksamwerden sich nach § 25 Abs. 2a
StVG richtet. Hiergegen wendet sich der Betroffene mit seiner Rechtsbeschwerde und
rügt die Verletzung formellen und sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat lediglich
hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruches (vorläufig) Erfolg.
1. Die Verfahrensrüge ist nicht formgerecht ausgeführt und die Sachrüge ist, soweit sie
den Schuldspruch betrifft, nach §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 349 Abs. 2 StPO unbegründet.
Für den Führer eines Kraftfahrzeuges, der unbefugt einen Sonderfahrstreifen mit
eigenen Lichtzeichen benutzt, gelten nicht diese, sondern die Lichtzeichen, die für den
allgemeinen Verkehr auf den übrigen Fahrstreifen vorgesehen sind. Die Lichtzeichen
eines Sonderfahrstreifens sind bestimmten Fahrzeugen, beispielsweise Linienbussen
oder Taxen, zugeordnet, sofern sie den Sonderfahrstreifen benutzen (§ 37 Abs. 2 Nr. 4
StVO). Wird daher die Weiterfahrt für Fahrzeuge freigegeben, für die der
Sonderfahrstreifen eingerichtet ist, während diejenige für den allgemeinen Verkehr auf
den übrigen Fahrstreifen durch Rotlicht gesperrt ist, handelt der Regelung des § 37 Abs.
2 Nr. 1 Satz 7 StVO zuwider, wer seine Fahrt auf dem Sonderfahrstreifen fortsetzt,
obwohl sein Fahrzeug nicht zu denjenigen gehört, für die dieser eingerichtet ist [vgl. OLG
Frankfurt NStZ-RR 2002, 55; OLG Hamburg VRS 100, 205].
Das Amtsgericht ist daher zutreffend von einem fahrlässigen Rotlichtverstoß des
Betroffenen ausgegangen und hat auch das Vorliegen eines Notstandes ohne
Rechtsfehler verneint. Hierbei kann dahinstehen, ob der Betroffene berechtigterweise auf
den Sonderfahrstreifen wechselte, weil er eine Fahrzeugpanne zu haben glaubte. Denn
auch in diesem Fall hatte er sich nach den für den allgemeinen Verkehr vorgesehenen
Lichtzeichen zu richten und deren Missachtung war auch nicht deshalb gerechtfertigt,
weil er die Weiterfahrt eines Linienbusses verhinderte. Zutreffend weist die
Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme darauf hin, dass ein rechtfertigender
Notstand nur dann anzunehmen wäre, wenn dem Verstoß ein wesentlich höherwertiges
Interesse gegenüberstünde [vgl. Göhler, OWiG, 15. Aufl., § 16 Rdn. 2 und 11]. Davon ist
vorliegend nicht auszugehen, denn die Beachtung des Haltegebotes eines roten
Lichtzeichens hat selbst bei – wie hier – geringerem Gefährdungspotential Vorrang vor
der Weiterfahrt des Linienbusses. Soweit der Betroffene dies anders gewertet haben
sollte, hätte er sich in einem vermeidbaren Verbotsirrtum befunden, der den
Schuldspruch nicht berührt.
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2. Hingegen kann der Rechtsfolgenausspruch nicht bestehen bleiben. Die Tatrichterin
hat sich bei der Bemessung der Geldbuße zwar an der Regelung des Bußgeldkataloges
orientiert, jedoch lassen die Urteilsausführungen nicht erkennen, ob sie dem Umstand
Rechnung getragen hat, dass sich die Lichtzeichenanlage nach den Urteilsfeststellungen
ca. 20m vor der Kreuzung Brunsbütteler Damm/Klosterstraße befindet und „
“ (UA S. 3). Sie diente nicht dem Schutz des Querverkehrs, sondern sollte
das ungehinderte Fortkommen des öffentlichen Nahverkehrs sicherstellen. Angesichts
dessen liegt die Annahme nahe, dass es durch das Verhalten des Betroffenen weder zu
einer Gefährdung des Querverkehrs noch zu einer des Linienbusverkehrs kommen
konnte, so dass eine Unterschreitung der Regelbuße des Bußgeldkataloges und ein
Absehen vom Fahrverbot geboten sein könnten [vgl. OLG Frankfurt a.a.O.].
Da dies jedoch weitere Feststellungen erfordert und wegen der nur unzureichend
mitgeteilten Vorbelastungen nicht auszuschließen ist, dass die verhängte Geldbuße und
die Anordnung des Fahrverbotes wegen einer beharrlichen Pflichtverletzung
gerechtfertigt sein könnten, ist der Senat an einer eigenen Entscheidung gehindert. Er
hebt daher das Urteil im Rechtsfolgenausspruch auf und verweist die Sache insoweit an
das Amtsgericht zurück.
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