Urteil des KG Berlin vom 13.03.2017

KG Berlin: culpa in contrahendo, gesellschafter, anleger, wirtschaftliche einheit, beschränkte haftung, gesellschaftsvertrag, immobilienfonds, vertrauensschutz, privatvermögen, dokumentation

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Gericht:
KG Berlin 26.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
26 U 38/04
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 9 VerbrKrG, § 128 HGB, § 130
HGB
Immobilienfonds: Haftung neu eintretender Gesellschafter für
Altverbindlichkeiten
Leitsatz
Neu in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (Immobilienfonds) eintretende Gesellschafter
haften auch in Altfällen für die vor ihrem Beitritt begründeten Verbindlichkeiten, wenn sie in
dem Prospekt und in dem Gesellschaftsvertrag auf die vorgesehene quotale Haftung mit
ihrem Privatvermögen hingewiesen wurden.
Gegen die entsprechend §§ 128, 130 HGB begründete Haftung kommt ein
Einwendungsdurchgriff gem. § 9 VerbrKG nicht in Betracht.
Zu den Voraussetzungen einer deliktischen Haftung des das Objekt finanzierenden
Kreditinstituts.
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das am 3. Februar 2004 verkündete Urteil des
Landgerichts Berlin - 21 O 591/03 - wird auf ihre, jeweils hälftig zu tragenden Kosten
zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Klägern wird nachgelassen, die
Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des
beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung
Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I
Die Kläger begehren die Feststellung, gegenüber der Beklagten nicht aus einem
Darlehensvertrag zwischen der K... -A... -H. Grundstücksgesellschaft bR (im Folgenden:
GbR) und der Beklagten verpflichtet zu sein.
Die GbR wurde durch Gesellschaftsvertrag vom 05. November 1993 errichtet. (Anlage
BB 2). Laut Vertrag ist ihr Zweck auf den Neubau eines Wohn- und Gewerbekomplexes
mit 26 Komfort-Wohnungen, 14 Büroeinheiten, einem Laden und einer Tiefgarage, auf
die Modernisierung und Instandsetzung eines vorhandenen Gebäudes auf dem
gesellschaftseigenen Grundstück in B... -C..., K... -A... -A. 8. sowie auf die
gemeinschaftliche Nutzung und Bewirtschaftung des Bauvorhabens in Form eines
geschlossenen Immobilienfonds gerichtet.
Zur Werbung von Interessenten wurde ein Prospekt herausgegeben. Auf die sog.
„Dokumentation“ als „Bestandteil des Angebotsprospektes vom 15. November 1993“
(Anlage BB1) wird Bezug genommen.
Am 18. November 1993 schloss die GbR, vertreten durch ihren einen
Gründungsgesellschafter W... -D... S.., mit der Beklagten einen Darlehensvertrag (Anlage
A 5).
Die Kläger erklärten am 15. Dezember 1993 ihren Beitritt zur GbR. Sie erteilten zugleich
dem jeweiligen Geschäftsführenden Gesellschafter und der Geschäftsbesorgerin eine der
Anlage A 8 entsprechende Vollmacht.
Mit notarieller Urkunde vom 10. Dezember 1997 (Anlage B 1) erklärte P. J. K., der
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Mit notarieller Urkunde vom 10. Dezember 1997 (Anlage B 1) erklärte P. J. K., der
zugleich Geschäftsführer der Geschäftsbesorgerin war, u.a. namens der Kläger die
Übernahme der persönlichen Haftung und die Unterwerfung unter die
Zwangsvollstreckung wegen aller Ansprüche aus der Grundschuld wegen eines
Teilbetrages von 6,2 Mio. DM (Anl. B1, Bl. 68 ff).
Am 12. Dezember 1993 unterzeichnete P. J. K.- als Geschäftsführer der GbR und für
deren Gesellschafter einerseits und die Beklagte andererseits eine „Ergänzung des
Darlehensvertrages“ vom 18.11.1993 über 6,2 Mio. DM, wonach das Darlehensverhältnis
fortgeführt werden sollte zwischen der Beklagten und „der K. -A. -H.
Grundstücksgesellschaft b.R., bestehend aus den in der als Anlage I beigehefteten
Übersicht aufgeführten Personen“ als Darlehensnehmer, die als Gesamtschuldner, aber
beschränkt auf die in der Anlage angegeben Beträge haften sollten. (Anlage A 1, Bl. 8f).
Die Kläger haben aus mehreren Gründen die Unwirksamkeit der
Ergänzungsvereinbarung geltend gemacht. Weiterhin haben sie der Beklagten
Schadensersatzansprüche entgegen gehalten, da sie das Darlehen ausbezahlt habe,
ohne dass die Auszahlungsvoraussetzungen vorgelegen hätten.
Die Beklagte hat sich demgegenüber auf eine unmittelbare Haftung gem. §§ 128, 130
HGB berufen und eine Unwirksamkeit bzw. zum Schadensersatz verpflichtende
Handlungen ihrerseits in Abrede gestellt.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien erster Instanz einschließlich der gestellten
Anträge wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Das Landgericht hat mit Urteil vom 03.02.2004 die Ergänzungsvereinbarung vom
12.12.1997 für wirksam erachtet und die Klage abgewiesen
Gegen das ihnen am 09.02.2004 zugestellte Urteil haben die Kläger am 24.02.2004
Berufung eingelegt und diese fristgerecht begründet.
Sie behaupten, die Beklagte habe aufgrund ihrer Zusammenarbeit mit den Initiatoren in
der Aufbereitungsphase des Prospektes einen entscheidenden Wissensvorsprung über
die Risiken des Projekts gehabt. Durch die Darlehenszusage habe sie eine
Vermögensgefährdung der noch zu werbenden Anleger bewusst in Kauf genommen.
Eine sorgfältig arbeitende Bank hätte auf der Basis des offensichtlichen
Gefälligkeitsgutachtens des von der Beklagten beauftragten Sachverständigen A... S...
weder eine Darlehenszusage erteilt noch aktiv die Auflage eines zur Vermarktung
anstehenden Prospekts gefördert. Da die Vertragsverhandlungen zwischen der
Beklagten und dem Gründungsgesellschafter auch dazu dienten, Darlehensverhältnisse
mit den noch eintretenden Gesellschaftern anzubahnen, seien die Kriterien maßgebend,
die im Zusammenhang für eine Haftung aus culpa in contrahendo entwickelt worden
seien.
Die Beklagte habe ferner mit dem Initiator und späteren Geschäftsführer der
Publikumsgesellschaft kollusiv zusammengewirkt. Die Vereinbarung von 1997 sei daher
unwirksam; auch die in der Vereinbarung selbst genannten Voraussetzungen seien nicht
erfüllt.
Es liege ein einheitliches Geschäft vor, so dass, unter Berücksichtigung der engen
Zusammenarbeit zwischen Bank und Initiator, die Täuschungen nicht zu Lasten der
Anleger gehen könnten.
Die Kläger beantragen,
in Abänderung des angegriffenen Urteils des Landgerichts Berlin festzustellen,
dass sie gegenüber der Beklagten nicht aus dem Darlehensvertrag gemäß der
Ergänzung des Darlehensvertrages vom 01./02.12.1997 zwischen der K... -A... -H.
Grundstücksgesellschaft bR. und der Beklagten zur Darlehensnummer 3.02258.02.4
bzw. vom 18.11.1993 verpflichtet sind.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Nach ihrer Auffassung greife bereits die Haftung
entsprechend §§ 128, 130 HGB ein, ohne dass sich die Kläger auf
Vertrauensschutzgesichtspunkte berufen könnten. Auch die Ergänzungsvereinbarung
von 1997 sei wirksam. Da es sich um eine Objekt- und keine Beitrittsfinanzierung
handele, könnte ein etwaiges Fehlverhalten des Initiators ihr nicht entgegengehalten
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handele, könnte ein etwaiges Fehlverhalten des Initiators ihr nicht entgegengehalten
werden. Darüber hinaus seien die erhobenen Vorwürfe, soweit nicht bereits verspätet,
unzutreffend.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien in zweiter Instanz wird auf die dort
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung ist unbegründet, da das Landgericht im Ergebnis zu Recht die
Klage abgewiesen hat. Die Kläger haften gemäß §§ 128, 130 HGB entsprechend für die
von der Gesellschaft durch Vertrag vom 18.11.1993 mit der Beklagten begründete
Darlehensverbindlichkeit. Diese Haftung ist mit ihrem Beitritt zur Gesellschaft 1993
begründet worden, so dass es auf die Umstände der ergänzenden
Darlehensvereinbarung von 1997 nicht ankommt (1.). Etwaige
Schadensersatzansprüche gegen die Gründer und Initiatoren können die Kläger der
Beklagten nicht entgegenhalten (2.). Es bestehen auch keine vertraglichen oder
gesetzlichen Schadensersatzansprüche der Kläger direkt gegen die Beklagte (3.).
1. Aufgrund ihres Beitritts gemäß Erklärung vom 15.12.1993 sind die Kläger
Gesellschafter der GbR geworden mit der Folge, dass sie für die von der Gesellschaft am
15.11.1993 gegenüber der Beklagten begründeten Darlehensverbindlichkeiten auch
persönlich - quotal - entsprechend §§ 128, 130 HGB haften. Da diese Haftung bereits mit
dem Beitritt begründet worden ist, kommt es auf die Frage, ob die Kläger (erstmals) mit
der Ergänzungsvereinbarung vom 12.12.1997 eine Schuld gegenüber der Beklagten
übernommen haben, nicht an.
a) Die Kläger sind Gesellschafter der GbR.
Die Wirksamkeit ihres Beitritts stand in erster Instanz außer Zweifel.
Soweit sie erstmals in ihrem Schriftsatz vom 05.10.2004 (Bl. Bd. II) darauf hinweisen,
dass ihr Beitritt möglicherweise unwirksam sein könnte, steht ihr Vorbringen in
Widerspruch zu den eingereichten Unterlagen. Sie behaupten, nicht unmittelbar der GbR
beigetreten zu sein, sondern über die T... - Verwaltungs- GmbH als Treuhänder, was im
Hinblick auf den Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz von Bedeutung sei.
Die dazu eingereichten Anlagen bestätigen diesen Vortrag allerdings nicht. Sie belegen
vielmehr, dass die Kläger direkt der Gesellschaft beigetreten sind.
Die Kläger überreichen hierzu keine Kopie ihrer eigenen Beitrittserklärung, sondern eines
Musters (Anlage AA 16). Dieses Muster enthält eingangs den Hinweis
„Treuhandgesellschafter“. Die sich anschließende Überschrift lautet „Beitrittserklärung“
und enthält nachfolgend die Erklärung, dass der/die Unterzeichner ihren Beitritt zur GbR
erklären. Mithin sind die Kläger unmittelbar - ohne Zwischenschaltung eines Treuhänders
- durch Unterzeichnung dieser Beitrittserklärung (und Annahme durch die Gesellschaft
bzw. Gesellschafter) der Gesellschaft beigetreten.
Das erwähnte Treuhandverhältnis bezieht sich lediglich, wie aus der Beitrittsurkunde
ersichtlich, auf die T... -Verwaltungs-GmbH als Grundbuchtreuhänder. Gemäß der Anlage
III zur Beurkundung vom 05.11.1993 (UR 612/1993 des Notars W... M.), auf die in der
Beitrittserklärung Bezug genommen wird, beschränkt sich das Treuhandverhältnis auf
das Halten der gesellschaftsrechtlichen Stellung gegenüber dem Grundbuchamt. Alle
sonstigen mit der Beteiligung nach dem Gesellschaftsvertrag verbundenen Rechte und
Pflichten verbleiben dagegen den Klägern als sog. Treuhandgesellschafter (§ 2).
b) Für die von der Gesellschaft vor ihrem Beitritt begründete Darlehensverbindlichkeit
gegenüber der Beklagten haften die Kläger entsprechend §§ 128, 130 HGB quotal mit
ihrem Privatvermögen.
Seit dem Urteil des BGH in NJW 2001, 1056 ist anerkannt, dass es sich bei der Außen-
GbR um eine rechtsfähige Personengesellschaft handelt. Die im Rahmen der
gesellschaftlichen Tätigkeiten entstehenden Verpflichtungen begründen zunächst eine
Haftung der Gesellschaft. Die persönliche Gesellschafterhaftung ist dann, wie bei der
OHG, entspr. § 128 HGB nur noch Rechtsfolge dieser Gesellschaftsschuld, und zwar eine
gesetzliche Rechtsfolge (K. Schmidt, NJW 2003, 1897, 1898). Dabei dürfen sich
Anlagegesellschafter bereits existierender geschlossener Immobilienfonds, die als
Gesellschaften bürgerlichen Rechts ausgestaltet sind, auch nach der geänderten
Rechtsprechung des BGH für die davor abgeschlossenen Verträge weiterhin auf eine im
Gesellschaftsvertrag vorgesehene Haftungsbeschränkung berufen, sofern die
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Gesellschaftsvertrag vorgesehene Haftungsbeschränkung berufen, sofern die
Haftungsbeschränkung dem Vertragspartner mindestens erkennbar war (BGH Z 150,
1ff). Mehr als die quotale Haftung der Gesellschafter begehrt die Beklagte jedoch auch
nicht.
Anerkannt ist nunmehr auch aufgrund des Urteils des BGH in NJW 2003, 1803 die
Altschuldenhaftung entsprechend § 130 HGB für einen in die GbR eintretenden
Gesellschafter.
c) Der Haftung der Kläger für Altschulden stehen keine Vertrauengesichtspunkte
entgegen.
Der BGH hat zwar in der erwähnten Entscheidung (NJW 2003, 1803 <1805>, Nr. 2) für
Altfälle einen Vertrauensschutz angenommen und dazu ausgeführt, dass es
„Erwägungen des Vertrauensschutzes gebieten, den Grundsatz der persönlichen
Haftung des in eine GbR Eintretenden für Altverbindlichkeiten der Gesellschaft erst auf
künftige Beitrittsfälle anzuwenden“. Die (frühere)...gefestigte Rechtsprechung des BGH
...habe auf Seiten der Neugesellschafter schützenswertes Vertrauen dahin begründet,
dass sie für Altverbindlichkeiten nicht mit ihrem Privatvermögen einzustehen hätten. Die
Neugesellschafter hätten sich aufgrund dieser Rechtsprechung vor ihrem
Gesellschaftsbeitritt weder um Informationen über etwa bestehende
Gesellschaftsschulden bemühen noch wirtschaftliche Vorkehrungen für eine eventuelle
persönliche Haftung für solche Verbindlichkeiten treffen müssen. Es träfe sie deshalb, so
der BGH, unverhältnismäßig hart, wenn sie nunmehr rückwirkend der persönlichen
Haftung für Altverbindlichkeiten unterworfen würden, wie sie sich als Folge des
geänderten Verständnisses von der Haftungsverfassung der GbR ergibt.
„Aspekte, die der Gewährung von Vertrauensschutz entgegenstünden“, waren für den
BGH in dem von ihm entschiedenen Fall nicht ersichtlich.
Danach ist in Altfällen zunächst von einem der Haftung entgegenstehenden
Vertrauensschutz auszugehen, es sei denn, es liegen Gesichtspunkte vor, die keinen
Vertrauensschutz rechtfertigen.
Im vorliegenden Fall liegen solche besonderen Aspekte vor, da die Kläger aufgrund der
ihnen vorliegenden Unterlagen stets von einer anteiligen persönlichen - über ihr
Gesellschaftsvermögen hinausgehenden - Haftung ausgehen mussten. Sowohl der
Prospekt als auch der dem Prospekt beigefügte Gesellschaftsvertrag weisen auf eine
persönliche Haftung der Gesellschafter für das hier streitige Darlehen hin:
In der sog. „Dokumentation“ (Anlage BB 1) wird unter „I. Grundlagen“ auf Seite 12 das
Finanzierungskonzept vorgestellt. Danach beläuft sich das Brutto-Fremdkapital auf
insgesamt 44.000.000,00 DM und wird in drei Einzeldarlehen aufgeteilt, wobei das
streitgegenständliche Darlehen über 12.200.000,00 DM als „Darlehen III“ bezeichnet
wird und Näheres, wie auch bei den anderen beiden Darlehen, zu Zins, Tilgung und
Damnum angegeben wird. Weiter wird ausgeführt, dass die Darlehen vertraglich
vereinbart bzw. verbindlich zugesagt sind, so dass mit Änderungen nicht mehr
gerechnet werden müsse. Sämtliche von der Grundstücksgesellschaft aufgenommenen
Kredite würden regelmäßig von der Sicherung durch ein Grundpfandrecht abhängig
gemacht und zu den Bedingungen gewährt, die für Grundpfandrechte üblich seien.
Auf Seite 25 heißt es unter der Überschrift „Die Haftung der Gesellschafter: Die
Gesellschafter haften gegenüber Gläubigern der Gesellschaft mit dem
Gesellschaftsvermögen als Gesamtschuldner. Mit ihrem sonstigen Vermögen haften sie
nur quotal entsprechend ihrer kapitalmäßigen Beteiligung an der Gesellschaft.“
Auf Seite 60 ist zu III „Chancen und Risiken“ u.a. vermerkt, dass die Gesellschafter
anteilig für die Schulden der Gesellschaft einschließlich der Fremdmittel der
Darlehensgeber haften. Die Darlehen würden durch Grundschulden dinglich auf dem
Objekt gesichert.
Entsprechende Hinweise finden sich auch in dem Gesellschaftsvertrag (Anlage I zur
Beurkundung vom 05.11.1993, Anlage BB 2). Gemäß dessen §4 haften die
Gesellschafter den Gläubigern der Gesellschaft gegenüber im Rahmen des § 8 (also mit
dem Gesellschaftsvermögen und mit ihrem sonstigen Vermögen quotal, in der Höhe
jedoch unbegrenzt); „insbesondere haben sie auch anteilig persönliche
Schuldverpflichtungen zu übernehmen und deswegen persönliche Schuldanerkenntnisse
abzugeben“.
In der Vollmachtsurkunde (Anlage IV zur Beurkundung am 05.11.93, Anlage BB 1)
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In der Vollmachtsurkunde (Anlage IV zur Beurkundung am 05.11.93, Anlage BB 1)
zugunsten der geschäftsführenden Gesellschafter und dem Geschäftsbesorger werden
diese ermächtigt, „Darlehensverträge zur Vor-, Zwischen- und Endfinanzierung des
Gesamtaufwandes abzuschließen,..., die persönliche Haftung der Gesellschafter
hinsichtlich der Grundpfandrechtsbeträge ... in persönlicher und dinglicher Hinsicht zu
übernehmen sowie die Gesellschaft und die einzelnen Gesellschafter persönlich und
dinglich hinsichtlich der der Gesellschafts- und Gesellschafterverbindlichkeiten der
sofortigen ZV aus notariellen Urkunden auch in ihr persönliches Vermögen zu
unterwerfen“.
Aus alledem lässt sich entnehmen, dass der Anleger auf seine (beschränkte)
persönliche Haftung aufmerksam gemacht worden ist, gerade auch für die
Darlehensverbindlichkeiten und unabhängig davon, ob die entsprechenden
Darlehensverträge schon abgeschlossen oder noch abzuschließen waren. Dabei kann
offen bleiben, ob der Prospekt Hinweise auf eine generelle Haftung der Gesellschafter -
bzw. aus damaliger Sicht, ihre Pflicht, eine anteilige persönliche Haftung zu übernehmen
- für alle auch vor ihrem Beitritt schon begründeten Verbindlichkeiten enthält.
Hinsichtlich des hier streitigen Darlehens verbleibt kein Zweifel, dass die Anleger dafür
auch persönlich einzustehen hatten. Denn das von der Beklagten gewährte (bzw.
verbindlich zugesicherte) Darlehen wird ausdrücklich in der Dokumentation erwähnt
ebenso wie die persönliche, anteilige Haftung der Gesellschafter für die Schulden der
Gesellschaft „einschließlich der Fremdmittel der Darlehensgeber“.
Die Erwägungen, die den BGH einen Vertrauensschutz annehmen ließen - keine
Notwendigkeit der Informationsbeschaffung über Altverbindlichkeiten und der
Schutzvorsorge - treffen hier gerade nicht zu. Den Klägern waren sowohl die
Verbindlichkeiten bekannt als auch ihre anteilige Haftung. Sie konnten nach den ihnen
vorliegenden Unterlagen nicht darauf vertrauen, für die Verbindlichkeiten gegenüber der
Beklagten nicht auch quotal mit ihrem Privatvermögen zu haften. Es verbleibt kein
Gesichtspunkt, der ein Abweichen von der gesetzlichen, bereits mit dem Eintritt 1993
entstehenden Haftungsfolge rechtfertigen könnte. (Vgl. auch LG Potsdam 8 O 587/03,
Urteil vom 30.06.2004, Anl. BB 5 und LG Köln 5 O 406/03, Urteil vom 31.08.2004, Anlage
BB 6).
Die Kläger können sich in diesem Zusammenhang auch nicht mit Erfolg darauf berufen,
ihnen seien die möglichen Auswirkungen der persönlichen Haftung nicht in ihrer ganzen
Tragweite erkennbar gewesen. Um das bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts für
den einzelnen Anleger kaum einzuschätzende, ihn möglicherweise wirtschaftlich völlig
überfordernde Haftungsrisiko zu begrenzen, ist in dem Gesellschaftsvertrag, wie bei
Gesellschaftsverträgen geschlossener Immobilienfonds üblich, die Haftung der
Gesellschafter auf eine quotale Haftung beschränkt worden.
Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob in Altfällen der neu eintretende Gesellschafter
auch für die vor seinem Beitritt begründeten Verbindlichkeiten haftet; es kommt nur
darauf an, ob er von einer solchen Haftung ausgehen konnte und musste. Die
vorstehenden, auch in der mündlichen Verhandlung besprochenen Ausführungen, ob für
die Kläger eine solche (beschränkte) Haftung erkennbar war, stellen daher keine, aus
Sicht der Kläger wohl unangebrachte „Detailverliebtheit“ des Senats dar, sondern die
notwendige Erörterung und Begründung der Entscheidung.
2.) Etwaige Schadensersatzansprüche gegen die Gründer und Initiatoren der GbR
können die Kläger nicht der Beklagten entgegenhalten.
Die Voraussetzungen eines Einwendungsdurchgriffs gemäß § 9 VerbrKG oder
entsprechend § 242 BGB liegen nicht vor.
Dabei kann offen bleiben, ob für die 1997 getroffene Darlehensergänzungsvereinbarung
eine andere Beurteilung gerechtfertigt wäre. Denn vorliegend kommt es allein auf die
aufgrund gesetzlicher Rechtsfolge des Beitritts schon 1993 begründete Haftung der
Kläger an.
Der Beitritt und die damit gesetzlich verbundene Haftung der Gesellschafter auch für
Altverbindlichkeiten stellt kein verbundenes - oder gar einheitliches - Geschäft dar.
Dies setzte u.a. voraus, dass das Darlehen ganz oder teilweise der Finanzierung eines
anderen Vertrages dient und beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden. Der
Verbraucher soll durch die Bestimmungen des § 9 VerbrKG bzw. §§ 358, 359 BGB vor
den Risiken geschützt werden, die ihm durch die Aufspaltung eines wirtschaftlichen
einheitlichen Vertrages in ein Bargeschäft und einen damit verbundenen Kreditvertrag
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einheitlichen Vertrages in ein Bargeschäft und einen damit verbundenen Kreditvertrag
drohen.
Diese Voraussetzungen liegen bei den gesetzlichen Haftungsfolgen entsprechend §§
128, 130 HGB nicht vor. Es geht hier nicht um den kreditfinanzierten Beitritt zu einem
geschlossenen Immobilienfonds, indem sich aus Sicht des Interessenten
Anlagenverkäufer und Bank als eine Einheit darstellen. Die Beklagte hatte vielmehr das
Objekt finanziert, d.h. Fremdmittel zur Verfügung gestellt, während die Kläger ihren
Beitritt selbst oder durch eine andere Bank finanziert und damit der Gesellschaft das
benötigte Eigenkapital verschafft haben. Die Haftung der Kläger ist gesetzliche Folge des
Beitritts, nicht aber Folge einer durch Vereinbarung begründeten (Darlehens-) Schuld.
3. Die Kläger haben aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt heraus einen
Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte, der eine Befreiung von der
Darlehensverbindlichkeit rechtfertigte.
a) Die Beklagte trifft keine Prospekthaftung.
Unabhängig von der Frage, ob die Angaben in dem Prospekt richtig und vollständig sind,
zählt die Beklagte jedenfalls nicht zu dem Kreis der Haftenden. Für die Richtigkeit und
Vollständigkeit des Prospektes haften zunächst dessen Herausgeber und die für dessen
Herstellung Verantwortlichen, insbesondere die das Management bildenden Gründer,
Initiatoren und Gestalter der Gesellschaft, sowie die Personen, die hinter der Gesellschaft
stehen und neben der Geschäftsleitung besonderen Einfluss ausüben und
Mitverantwortung tragen. Insoweit ist die Haftung an standardisiertes, diesen Personen
typischerweise entgegengebrachtes Vertrauen angeknüpft und nicht davon abhängig,
dass die jeweiligen Personen und ihr Einfluss im Prospekt offenbar werden oder den
Anlegern sonst bekannt geworden sind (BGH NJW 2001, 360 <363>).
Von einer solchen Stellung der Beklagten kann hier nicht ausgegangen werden. Es ist
nicht ersichtlich, dass sie zu dem Personenkreis gehörte, der für den Inhalt des
Prospektes verantwortlich war. Allein die Tatsache, dass die Beklagte zusammen mit
dem Initiator bereits zuvor mehrere Fonds aufgelegt hatte und ihr das konkrete Konzept
bekannt war, beinhaltet keine Anhaltspunkte, dass die Beklagte, über ihre Rolle als
Kreditgeberin hinaus, besonderen Einfluss auf die Gestaltung der Gesellschaft
genommen hatte.
Weiterhin trifft eine Prospektverantwortlichkeit auch diejenigen, die aufgrund ihrer
besonderen beruflichen und wirtschaftlichen Stellung oder aufgrund ihrer Fachkunde eine
Garantenstellung einnehmen, sofern sie durch ihr nach außen in Erscheinung tretendes
Mitwirken an dem Prospekt einen Vertrauenstatbestand geschaffen haben (BGH a.a.O).
Diese Voraussetzungen liegen ebenfalls nicht vor, da die Beklagte durch keine
vertrauensbildenden Erklärungen nach außen hervor getreten und nicht als Referenz
benannt worden ist.
In der Dokumentation heißt es unter „I. Grundlagen“ auf S. 13 lediglich: „Die
Gewerbemieten im Bestandsgebäude sollen nach dessen Umbau und Sanierung in ein
Bürogebäude 32,50 DM/qm betragen; die Mieten für Büroflächen im Neubau 45,00
DM/qm und die Ladenmieten 60,00 DM/qm...Diese Mietansätze entsprechen den
Ansätzen, die der für die Beleihungsprüfung zuständige Sachverständige seinem
Gutachten zugrunde gelegt hat.“
Diese Angaben enthalten keine eigene Erklärung der Beklagten. Es wird nur auf die vom
Sachverständigen ermittelten Werte Bezug genommen. Der Text beinhaltet dagegen
keine Bestätigung der Beklagten, dass auch sie die Mieten nach eigener Überprüfung für
zutreffend hält. Allenfalls die Wiedergabe eines eigenen Prüfungsergebnisses könnte
möglicherweise einen Vertrauenstatbestand schaffen; allein ihre Rolle als Kreditgeberin
der Anlage bzw. der Initiatoren begründet ihn dagegen nicht. Dass ihre Bereitschaft zur
Kreditgewährung das Vertrauen der Kläger auf die Verlässlichkeit des Prospekts gestärkt
haben mag, genügt nicht (BGH NJW 1988, 1583 <1585>.
b) Im Übrigen kommt eine Haftung aus culpa in contrahendo nicht in Betracht. Die von
der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze, unter denen eine Aufklärungspflicht der
Bank zu den Risiken des beabsichtigten Geschäfts gegenüber dem Anleger
angenommen wird, finden hier keine Anwendung. Sie sind sämtlichst für die Finanzierung
eines Beitritts entwickelt worden und betreffen daher nicht die hier vorliegende
Objektfinanzierung. Die Grundsätze sind auf die Objektfinanzierung auch nicht
übertragbar. Die Verpflichtung der Kläger besteht nicht aufgrund einer durch
Vereinbarung zwischen ihnen und der Beklagten begründeten Darlehensschuld, sondern
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Vereinbarung zwischen ihnen und der Beklagten begründeten Darlehensschuld, sondern
aufgrund einer - infolge der mit den Gesellschaftern getroffenen - Vereinbarung über den
Beitritt zu der Gesellschaft entstandenen gesetzlichen Haftung.
b. Es bestehen auch keine deliktischen Ansprüche der Kläger gegen die Beklagte.
aa) Etwaige Pflichtverletzungen gem. § 12 HypBankG begründen keine
Schadensersatzpflicht gem. § 823 II BGB, da diese Bestimmung keinen drittschützenden
(d.h. die Darlehensnehmer schützenden) Charakter hat.
bb) Der Beklagten kann in Zusammenhang mit der Darlehensgewährung 1993 keine
sittenwidrige, vorsätzliche Schädigung der Kläger als Anleger gem. § 826 BGB
vorgeworfen werden.
Selbst wenn ihr bewusst gewesen wäre, dass, wie die Kläger behaupten, das Gutachten
Schmidt grob fehlerhaft ist, insbesondere von völlig überhöhten (allenfalls bei günstiger
Entwicklung in Zukunft zu erwartender) Gewerbemieten ausgeht, war die
Finanzierungszusage zunächst ihr alleiniges Risiko. Die Beklagte hatte die Vor- und
Nachteile des Projekts intern für sich abzuwägen und zu entscheiden. Es steht ihr frei,
sich trotz eines hohen Risikos für das Projekt zu engagieren und die Finanzierung zu
übernehmen.
Ob die Beklagte im Rahmen einer Beitrittsfinanzierung ausnahmsweise
Aufklärungspflichten über die Risiken des Geschäfts gehabt hätte, kann hier offen
bleiben, da die Beklagte nicht den Beitritt der Kläger finanziert hat.
Die Grenze zur Sittenwidrigkeit im Rahmen der Objektfinanzierung wäre erst dann
überschritten, wenn auf ihre Veranlassung hin unrichtige Angaben in dem Prospekt
gemacht worden wären oder sie bei einem arglistigen Verhalten der Initiatoren
mitgewirkt hätte, um die Anleger zu täuschen. Die Kläger behaupten dazu unter
Berufung auf eine Äußerung des Herrn K., die Beklagte habe das Gutachten, das ein
reines Gefälligkeitsgutachten darstelle, dem Initiator zur freien Verfügung überlassen.
Die Beklagte bestreitet dies, da das Gutachten nur für ihre internen Zwecke bestimmt
gewesen sei.
Selbst wenn man mit den Klägern davon ausginge, dass dem Initiator das Gutachten
von der Beklagten überlassen worden wäre, reicht dies jedoch nicht für die Annahme
einer sittenwidrigen Schädigung aus. Zunächst beinhalten weder die
Finanzierungszusage noch ein etwaiges Überlassen des Gutachtens für sich genommen
eine Bestätigung der inhaltlichen Richtigkeit der Angaben des Sachverständigen durch
die Beklagte.
Es ist allein Aufgabe der Initiatoren und Prospektherausgeber, nicht aber der das Objekt
finanzierenden Bank, einen vollständigen und richtigen Prospekt zu verfassen. Es liegt in
deren Entscheidung und Verantwortung, wie sie welche Informationen verwerten und auf
welche Risiken sie hinweisen. Ein etwaiges Überlassen des Gutachtens stellte dabei
lediglich ein Verschaffen von Informationen dar, ohne dass die Beklagte damit die
Richtigkeit des Gutachtens bescheinigt hätte. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass sie
Einfluss auf den Inhalt des Prospektes genommen oder gar die Initiatoren dazu
bestimmt hätte, die Zahlen des Sachverständigen in den Prospekt zu übernehmen.
(Gegen eine solche Annahme spricht sogar ausdrücklich der Umstand, dass der
Prospekt für die Wohnungen eine andere, geringere, qm-Miete ausweist als das
Gutachten.)
Entsprechendes gilt für die von den Klägern geltend gemachte vorzeitige
Darlehensauszahlung. Es ist nicht bekannt, weshalb die Darlehensvaluta, entgegen den
Darlehensbedingungen, bereits ausgezahlt wurde, obwohl noch keine vollständige
Baugenehmigung vorlag. Allein die Tatsache einer vorzeitigen Auszahlung stellt aber
noch keine sittenwidrige Schädigung der Anleger dar. Umstände, aus denen ein
kollusives Zusammenwirken der Beklagten mit den Initiatoren zu Lasten der Anleger
zum Zeitpunkt der Auszahlung abgeleitet werden könnte, sind weder ersichtlich noch
vorgetragen.
Da danach eine Schadensersatzverpflichtung der Beklagten bereits dem Grunde nach
ausscheidet, kommt es auf die Frage, ob die Kläger überhaupt einen Schaden
nachvollziehbar dargelegt haben, nicht an.
4. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 I, 708 Nr. 10, 711, 543
ZPO. Die Revision war zuzulassen, da die Sache hinsichtlich der Frage einer Haftung der
Gesellschafter für die vor ihrem Beitritt begründeten Verbindlichkeiten der GbR sowie
Gesellschafter für die vor ihrem Beitritt begründeten Verbindlichkeiten der GbR sowie
insbesondere angesichts der Vielzahl der von diesem Sachverhalt betroffenen Fälle eine
grundsätzliche Bedeutung hat.
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