Urteil des KG Berlin vom 13.03.2017

KG Berlin: räumung, kündigung, zugang, verzug, vermieter, sammlung, link, quelle, prozesskosten, hauptsache

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Gericht:
KG Berlin 12.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
12 W 41/06
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 91a Abs 1 S 1 ZPO, § 93 ZPO
Kostentragungpflicht: Erledigung der Räumungsklage durch
Räumung am Tage der Klagezustellung
Leitsatz
Die Kosten der Räumungsklage fallen gem. § 91a ZPO dem Vermieter zur Last, der
gleichzeitig mit Erklärung der Kündigung wegen Zahlungsrückstands mit
Räumungsaufforderung bereits Klage auf Zahlung und Räumung einreicht und dann den
Rechtsstreit wegen der Räumung in der Hauptsache für erledigt erklärt, weil am Tage der
Klagezustellung die Räumung erfolgte.
Denn der Mieter, der erst im Kündigungsschreiben unter Klageandrohung zur sofortigen
Räumung aufgefordert wurde, hatte für die gleichzeitige Einreichung der Räumungsklage
(noch) keine Veranlassung (vgl. § 93 ZPO) gegeben.
Tenor
Das Teilanerkenntnis- und Schlussurteil des Landgerichts Berlin vom 15. Juni 2006 - 90 O
45/06 - wird im Kostenpunkt abgeändert:
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Gründe
Die sofortige Beschwerde des Beklagten vom 20. Juni 2006, eingegangen am 21. Juni
2006, ist zulässig und begründet.
1. Die sofortige Beschwerde ist nach § 91a Abs. 2 Satz 1 und 2 ZPO zulässig.
Sie richtet sich nur gegen den in der einheitlich formulierten Kostenentscheidung
enthaltenen Teil, der das Räumungsbegehren (Klageantrag zu 1) betrifft.
Der entsprechende Streitwertanteil für die Räumung beträgt 10.779,00 EUR und
übersteigt daher den in § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO genannten Betrag.
2. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
Da die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich des Räumungsanspruchs übereinstimmend
für erledigt erklärt haben, entscheidet das Gericht über die Kosten unter
Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen (§ 91
a Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Bei Ausübung des Ermessens ist auch der Grundgedanke des § 93 ZPO zu
berücksichtigen; danach fallen dem Kläger die Prozesskosten zur Last, wenn der
Beklagte nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben hat.
Nach Auffassung des Landgerichts war dies nicht nur hinsichtlich der Zahlungsklage der
Fall, sondern auch hinsichtlich der im Wege der Klagehäufung (§ 260 ZPO) gleichzeitig
erhobenen Räumungsklage; denn „der Beklagte hat durch die Nichtzahlung der Miete für
die gemieteten Gewerberäume über Monate hinweg Veranlassung gegeben“ (UA 2).
Dem vermag der Senat im vorliegenden Fall so nicht zu folgen:
Der Beklagte hat zwar durch Nichtzahlung der Miete über Monate zwar Veranlassung zur
Zahlungsklage, nicht aber - entgegen der Auffassung des Landgerichts - dadurch zur
gleichzeitigen Erhebung der Räumungsklage Veranlassung gegeben, ohne dass zuvor
das Mietverhältnis durch Kündigung beendet wurde.
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a) Nach den Darlegungen der Kläger hat der Beklagte einen kündigungsbegründenden
Mietrückstand entstehen lassen. Entsprechend war Zahlungsklage veranlasst, und es ist
ein Teilanerkenntnisurteil ergangen.
b) Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob bereits an dem Tag der Abfassung der
Kündigung vom 26. April 2006 der Beklagte Veranlassung gegeben hatte, an demselben
Tage gleichzeitig, also vor Zugang der Kündigung, auch Räumungsklage zu erheben, die
am 28. April 2006 bei Gericht eingegangen und dem Beklagten am 8. Mai 2006
zugestellt worden ist, ohne zuvor eine freiwillige Räumung durch den Beklagten nach
Erhalt der Kündigung abzuwarten.
Grundsätzlich besteht kein Anlass zur Klage, wenn der Beklagte weder in Verzug war
noch den Anspruch bestritten oder die Leistung verweigert hat (vgl. OLG Köln NJW-RR
1992, 1529).
Der Mieter gibt keinen Anlass für die Räumungsklage, wenn er die Kündigung erst bei
oder nach der Klagezustellung erhalten hat und der Vermieter vorher weder zur
Räumung aufgefordert noch ihm einen Räumungsprozess angekündigt hat (vgl. OLG
Karlsruhe NJW-RR 1990, 978).
Erst die Kündigung vom 26. April 2006 hat die rechtlichen Voraussetzungen und die
Notwendigkeit für den Beklagten geschaffen, die Räume herauszugeben.
Vor Zugang des Kündigungsschreibens am 2. Mai 2006, das eine
Räumungsaufforderung enthält, war das Mietverhältnis nicht beendet und ein
Räumungsanspruch nicht entstanden und fällig.
So heißt es auch auf S. 2 des Kündigungsschreibens vom 26. April 2006 u. a. wörtlich:
„Wir machen Sie darauf aufmerksam, daß für den Fall, daß die Räumung nicht sofort
erfolgt, gerichtlich konsequent gegen Sie vorgegangen werden wird“.
Die Klägerin hat jedoch keine Reaktion des Beklagten auf die Kündigung mit
Räumungsaufforderung vor Erhebung einer Räumungslage abgewartet, sondern diese -
zeitgleich mit der Kündigung - am 26. April 2006 gefertigt und an das Gericht abgesandt,
wo sie am 28. April 2006 eingegangen ist.
Denn nach dem Vorbringen der Klägerin mit Schriftsatz vom 18. Mai 2006 sei sie am 8.
Mai 2006 gezwungen gewesen „aufgrund des desolaten Zustandes der Kellerräume
diese zu räumen... Die Räumung selbst ist am 8. Mai 2006 erfolgt.“
An diesem Tage ist dem Beklagten die Räumungsklage zugestellt worden.
Der Beklagte befand sich also vor Klagezustellung weder mit der Räumung in Verzug
noch ist ersichtlich, dass er nach Erhalt der Kündigung (deren Zustellung durch
Gerichtsvollzieher am 2. Mai 2006 erfolgte) den Räumungsanspruch bestritten hätte. Er
hat daher keine Veranlassung gegeben, bereits am 26. April 2006 eine Räumungsklage
zu fertigen und an das Gericht abzusenden.
Der Umstand, dass die Klägerin sich am 8. Mai 2006 zu einer gewaltsamen Räumung
des Kellers veranlasst sah, ändert nichts.
3. Daher fallen die Kosten der Zahlungsklage dem Beklagten zur Last, die der
Räumungsklage hat jedoch die Klägerin zu tragen.
Bei Festsetzung der Kostenquote wurden die vom Landgericht festgesetzten Streitwerte
der Räumungsklage einerseits und der Streitwert der bezifferten Zahlungsklage
andererseits berücksichtigt.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
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