Urteil des KG Berlin vom 24.02.2006

KG Berlin: wiedereinsetzung in den vorigen stand, pflichtverteidiger, gebühr, rüge, bewährung, rücknahme, quelle, link, sammlung, vergütung

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Gericht:
KG Berlin 5.
Strafsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
(5) 1 Ss 194/06
(30/06)
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 464a StPO, § 473 Abs 1 S 1
StPO
Verfahrensgebühr für den Pflichtverteidiger im
Revisionsverfahren: Erstattungsanspruch bei sinnloser
Verteidigertätigkeit
Leitsatz
Eine zwar zulässige, aber offensichtlich sinnlose Tätigkeit des Verteidigers löst keinen
Erstattungsanspruch hinsichtlich der vom Verteidiger geltend gemachten Gebühren aus
Tenor
[Anmerkung der Dokumentationsstelle des Bundesgerichtshofs: Der Tenor wurde vom
Gericht nicht mitgeteilt.]
Gründe
Der Angeklagte hat die Kosten seiner Revision gegen das Urteil des Landgerichts Berlin
vom 24. Februar 2006 zu tragen, nachdem er das Rechtsmittel mit Schreiben seines
Verteidigers vom 7. Juni 2006 zurückgenommen hat (§ 473 Abs. 1 Satz 1 StPO).
Der Fall gibt dem Senat Anlaß darauf hinzuweisen, daß die Prüfung veranlaßt sein wird,
ob dem beigeordneten Verteidiger die Verfahrensgebühr für das Revisionsverfahren (Nr.
4130 VVRVG) in Höhe von 412 Euro erstattet werden darf. Denn eine zwar zulässige
aber sinnlose Tätigkeit des Verteidigers löst keinen Erstattungsanspruch hinsichtlich der
entstandenen Gebühren aus (vgl. KG, Beschluß vom 13. Februar 2006 - 3 Ws 463/05 -;
Meyer-Goßner, StPO 49. Aufl., § 464 a Rdn. 10). Dem Senat ist bekannt, daß der
Verteidiger, der in Verfahren wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei häufig tätig ist,
gegen Urteile unabhängig von ihrem Ausspruch und Inhalt (hier: zehn Monate
Gesamtfreiheitsstrafe mit Strafaussetzung zur Bewährung für einen mehrfach - auch
einschlägig - vorbestraften, unter Bewährung stehenden umfassend geständigen
Angeklagten) regelmäßig Berufung (in einem Falle auch eine Sprungrevision) und
sodann Revision einlegt, diese nur mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts
begründet und sie - so in letzter Zeit - wie auch hier, sodann zurücknimmt.
So ist der Verteidiger auch bezüglich des hier gemäß § 329 Abs. 1 Satz 1 StPO
ergangenen Urteils verfahren, was hier durchaus sinnlos war, da es ein reines
Prozeßurteil ist, und auf diese Rüge hin folglich nur geprüft wird, ob – was hier gänzlich
fern liegt - Verfahrenshindernisse vorliegen (vgl. Meyer-Goßner, § 329 StPO Rdn. 49).
Bemerkenswert ist auch, daß der Pflichtverteidiger zuvor gegen die Versäumung der
Berufungshauptverhandlung Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt,
diesen aber mit keinem Wort begründet hatte, was zwingend zur Verwerfung des
Antrages als unzulässig führte. Diese Vorgehensweise legt den Schluß nahe, daß mit
dem Rechtsmittel nicht die Interessen des Angeklagten vertreten und ein sachgerechtes
Urteil zu seinen Gunsten erreicht werden sollte, sondern nur – zu seinen Lasten - die
Begründung eines weiteren Gebührenanspruchs. Denn die von der Landeskasse dem
Pflichtverteidiger zu zahlende Vergütung gehört zu deren Auslagen, die der
kostenpflichtig verurteilte Angeklagte zu tragen hat (vgl. Meyer-Goßner, § 464 a StPO
Rdn. 1 mit weit. Nachw.). Ebenfalls zu Lasten des Verurteilten treten bei dieser
Vorgehensweise die gerichtlichen Gebühren hinzu, die im Falle der Entscheidung des
Revisionsgerichts, auch durch Beschluß gemäß § 349 Abs. 2 StPO (gemäß Nr. 3111
i.V.m. Nr. 3130 KVGVG), 480 Euro betragen. Der Verurteilte würde in diesem Falle –
abgesehen von den baren Auslagen des Gerichts und des Pflichtverteidigers - mit 892
Euro zusätzlich belastet.
Wird - wie hier - die Revision zurückgenommen, entfällt (nach Nr. 3131 KVGVG) die bei
Erledigung des Revisionsverfahrens ohne Urteil oder Beschluß nach § 349 Abs. 2 StPO
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Begründungsfrist erfolgt. Dies ist hier nicht geschehen. Nach Einlegung der Revision
wurde das Urteil dem Pflichtverteidiger am 2. März 2006 zugestellt. Die Begründungsfrist
von einem Monat (§ 345 Abs. 1 StPO) endete folglich (gemäß § 43 StPO; der 1. April
2006 war ein Samstag, der 2. April 2006 ein Sonntag) am 3. April 2006. Der Verurteilte
bleibt also mit Gerichtsgebühren von 240 Euro belastet.
Hinsichtlich der - durch den Inhalt der Rücknahmeerklärung nahegelegten - etwaigen
Geltendmachung einer Gebühr für die Rücknahme der Revision (Nr. 4141 Abs. 1 Nr. 3
erster Halbsatz VVRVG) verweist der Senat auf die maßgebliche Rechtsprechung (vgl.
OLG Zweibrücken AGS 2006, 74; KG, Beschlüsse vom 4. Mai 2006 - 4 Ws 57/06 -; 4. April
2006 - 4 Ws 28/06 - mit ablehnender Erörterung in der Entscheidung des OLG Düsseldorf
RVGreport 2006, 67; NStZ 2006, 239, 240).
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