Urteil des KG Berlin vom 13.03.2017

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Gericht:
KG Berlin 22.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
22 U 271/01
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 92 ZPO, § 97 ZPO, § 100 Abs 1
ZPO, § 100 Abs 3 ZPO, § 240
ZPO
Mietzahlungsklage gegen Gewerberaummieter und Mietbürgen:
Insolvenz des mit dem Mieter verflochtenen Bürgen in der
Berufungsinstanz und Teilkostenentscheidung zu lasten des
verurteilten Mieters
Tenor
Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Klägerin, die bis zum
und durch den Erlass dieses Beschlusses entstandenen sind, hat die Beklagte zu 1) die
Hälfte zu tragen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
Die Klägerin verlangt Zahlung rückständigen Mietzinses, und zwar von der Beklagten zu
1) als Mieterin und von der Beklagten zu 2) als Bürgin.
Durch das am 28. Juni 2001 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin – 29 O 308/00 –
sind beide Beklagte verurteilt worden, einen Teil der Forderung zu bezahlen, im Übrigen
ist die Klage abgewiesen worden. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung
eingelegt. Danach ist über das Vermögen der Beklagten zu 2) das Insolvenzverfahren
eröffnet worden, der Insolvenzverwalter hat erklärt, den Rechtsstreit nicht aufzunehmen
(Blatt 199, 207).
Durch Versäumnisteilurteil des Senats vom 27. März 2003 ist die Berufung der
Beklagten zu 1) zurückgewiesen worden; zugleich ist die Beklagte zu 1) auf die Berufung
der Klägerin in teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils in vollem Umfang dem
Klageantrag entsprechend verurteilt worden.
Im Hinblick auf die Ungewissheit, wann der Rechtsstreit wird fortgesetzt und mit einer
Kostenentscheidung versehen werden können, insbesondere wegen der aus der
personellen und wirtschaftlichen Verknüpfung beider Beklagten folgenden Gefahr, dass
auch die Beklagte zu 1) insolvent werde, beantragt die Klägerin eine
Kostenteilentscheidung zu Lasten der Beklagten zu 1).
Über die Kosten des Rechtsstreits ist grundsätzlich einheitlich zu entscheiden; soweit
eine Aufteilung der Kostenlast angezeigt ist, hat diese nach Bruchzahlen oder
Prozentsätzen zu erfolgen.
Es ist jedoch anerkannt, dass Prozesssituationen eintreten können, die ein Abweichen
von diesen Grundsätzen erfordern. Insbesondere dann, wenn mehrere Beklagte in
Anspruch genommen werden und der Rechtsstreit gegen einen von Ihnen durch Teilurteil
abschließend beschieden wird, kann der Erlass einer Teilkostenentscheidung in Frage
kommen (BGH, NJW 1960, 484; NJW-RR 2001, 642; Hartmann in
Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO, 60. Aufl. 2002, § 301 Rdnr. 19; Musielak,
ZPO, 2. Aufl. 2002, § 301 Rdnr. 27; Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl. 2002, § 301 Rdnr.
11). Unproblematisch ist dies zumindest für die Fälle, in denen ein ausgeschiedener
Streitgenosse die Erstattung seiner Kosten von der Gegenseite verlangen kann (BGH,
AnwBl. 1991, 53; Schneider, Die Kostenentscheidung im Zivilurteil, 2. Aufl. 1977, Seite
215; jeweils mit Nachweisen).
Ob eine solche Ausnahme auch für den hier gegebenen Fall zuzulassen ist, in dem der
ausscheidende Streitgenosse dem Gegner zur Erstattung dessen Kosten verpflichtet ist,
hat der Bundesgerichtshof in der zuletzt genannten Entscheidung (AnwBl. 1991, 53)
ausdrücklich offen gelassen.
Der Senat bejaht diese Frage jedenfalls für den Fall, dass die Gegenseite eine
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Der Senat bejaht diese Frage jedenfalls für den Fall, dass die Gegenseite eine
Teilkostenentscheidung unter Darlegung ihres schutzwürdigen Interesses daran
ausdrücklich beantragt (ebenso OLG München, NJW 1969, 1123 f; OLG Zweibrücken,
JurBüro 1983, 1881; Schneider a.a.O., Seite 216 f). Beide Voraussetzungen sind hier
erfüllt.
Über das Vermögen der Beklagten zu 2) ist nach Berufungseinlegung das
Insolvenzverfahren eröffnet worden, der Insolvenzverwalter hat erklärt, den Rechtsstreit
nicht aufnehmen zu wollen. Ob und wann das Verfahren fortgesetzt und abgeschlossen
werden kann, ist unter diesen Umständen gänzlich ungewiss. Zudem ist die Befürchtung
der Klägerin nicht von der Hand zu weisen, dass mit zunehmendem Zeitablauf die
Gefahr besteht, dass ihr Kostenerstattungsanspruch auch gegen die Beklagte zu 1)
nicht mehr zu realisieren sein könnte. Dies beruht insbesondere auf der engen
Verbindung beider Beklagten, sowie dem Umstand, dass das Unterliegen der Beklagten
zu 1) im Wege eines Versäumnisurteils auszusprechen war, nachdem ihr
Prozessbevollmächtigter mitgeteilt hatte, diese nicht mehr zu vertreten, und ein neuer
Bevollmächtigter nicht benannt worden ist. Das damit hinreichend belegte
schutzwürdige Interesse der Klägerin an einer Teilkostenentscheidung rechtfertigt
ausnahmsweise auch ein Abweichen von dem Grundsatz, die Kosten nicht nach
Zeitabschnitten zu verteilen (OLG München a.a.O.; Schneider a.a.O.).
Bei der Entscheidung, in welchem Umfang die Beklagte zu 1) mit Kosten zu belasten ist,
geht der Senat zu ihren Gunsten davon aus, dass die Berufung der Klägerin im Übrigen
erfolglos bleiben könnte. Die Kostenentscheidung beruht somit auf §§ 92, 97, 100 Abs. 1
und 3 ZPO (so auch OLG München a.a.O.).
Da – soweit ersichtlich – eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes zu der Frage der
Zulässigkeit einer Teilkostenentscheidung in der hier gegebenen Fallkonstellation bislang
nicht ergangen ist (in BGH, AnwBl. 1991, 53 ausdrücklich offen gelassen), hat der Senat
die Rechtsbeschwerde gemäß § 574 Abs. 1 Nummer 2, Abs. 3 und 2 ZPO zugelassen.
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