Urteil des KG Berlin vom 18.02.2005

KG Berlin: arglistige täuschung, gesellschaftsvertrag, nachschusspflicht, dispositives recht, eigenkapital, fremdmittel, hauptsache, gesellschafterversammlung, auflage, vollmacht

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Gericht:
KG Berlin 14.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
14 U 43/05
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 707 BGB
Gesellschaft bürgerlichen Rechts: Satzungsmäßige
Nachschusspflicht in einer Publikums-GbR
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 18. Februar 2005 verkündete Urteil des
Landgerichts Berlin – 8 O 281/04 – wird auf ihre Kosten mit der Maßgabe
zurückgewiesen, dass das vorgenannte Urteil des Landgerichts im Punkt der
Verurteilung der Beklagten zur Zahlung aufgehoben und insofern die Erledigung des
Rechtsstreits in der Hauptsache festgestellt wird.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird gestattet, eine Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung
oder Hinterlegung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages zuzüglich
10 % abzuwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils
vollstreckbaren Betrages zuzüglich 10 % leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Beklagte ist der 1995 gegründeten Klägerin als Gesellschafterin beigetreten. In § 4
des Gesellschaftsvertrages, wegen dessen Inhalt auf die Anlage 2 zur Klageschrift
verwiesen wird, heißt es u.a.:
„(1) Das Eigenkapital wird auf insgesamt DM 4.417.500,00 DM (…) festgesetzt. (…)
Die Erhöhung des Eigenkapitals ist nur mit Zustimmung aller Gesellschafter zulässig,
sofern bei Überschreitung der Herstellungskosten für das gesellschaftseigene
Bauvorhaben aus von der Geschäftsführung nicht zu vertretenden Gründen, Eigengelder
so weit zu erhöhen sind, wie es die Beendigung des Bauvorhabens erforderlich macht.
(…).
(6) Neben dem in Absatz 1 bezeichneten Eigenkapital, das ca. 30,00 % der für die
Durchführung des Gesellschaftszwecks erforderlichen Gesamtmittel ausmachen wird,
nimmt die Gesellschaft durch sämtliche Mitgesellschafter –entsprechend der
Gesellschaftereinlagen zueinander- Fremdmittel auf, um die Investitionen dem
Gesellschaftszweck entsprechend durchführen zu können. Dabei sollen die
Gesamtkosten bis zur vollständigen Durchführung des Bauvorhabens DM 14.725.000,00
(…) nicht überschreiten. Werden der Gesellschaft Darlehen von Gesellschaftern gewährt,
sind dies Fremdmittel in Sinne dieses Absatzes.
§ 9 Abs. 3 bestimmt u.a.:
(…) Der Zins- und Tilgungsdienst des Grundschulddarlehens wird über die
Gesellschaft abgewickelt. Die anfallenden Beträge werden von der Gesellschaft aus ihr
zufließenden Miet- und sonstigen Einnahmen nach Abzug der für die Gesellschaft
entstehenden Aufwendungen, wie z. B. Bewirtschaftungskosten des Hauses und Kosten
der Gesellschaft, gezahlt. Sofern der erwirtschaftete Überschuss nicht für die Bedienung
der Darlehen ausreicht, sind die Gesellschafter verpflichtet, anteilig Einzahlungen
aufzubringen. Die zu leistenden Einzahlungen werden den Gesellschaftern vierteljährlich
zur Zahlung aufgegeben. Bei nicht rechtzeitiger Zahlung ist jeder Gesellschafter
verpflichtet, Verzugszinsen zu zahlen, die mit 1,0 % pro Monat festgelegt werden.
Die Klägerin verlangte im vorliegenden Rechtsstreit von der Beklagten auf der Grundlage
des am 20. Oktober 2003 beschlossenen Wirtschaftsplans für 2004 wegen nicht
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des am 20. Oktober 2003 beschlossenen Wirtschaftsplans für 2004 wegen nicht
gedeckter Zins- und Tilgungszahlungen auf die Hypothekendarlehen eine
Nachschussleistung von 6.327,11 Euro. Am 02. Mai 2005 ist der Jahresabschluss der
Klägerin für 2004 festgestellt worden. Die Gesellschafterversammlung der Klägerin hat
nach unwidersprochen gebliebener Angabe der Klägerin (Schriftsatz vom 23. Juni 2005)
einem Vergleich mit der kreditgebenden Bank zugestimmt, nach dem die
möglicherweise unwirksamen Darlehensverträge für die Vergangenheit genehmigt
werden. Nach dem Protokoll der Gesellschafterversammlung der Klägerin vom 13.
Dezember 2005 haben nicht alle Gesellschafter der Genehmigung der Verträge
zugestimmt. In dieser Gesellschafterversammlung wurde die Beklagte aus der
Gesellschaft ausgeschlossen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage B 10 der
Beklagten verwiesen. Die Klägerin hat für die Beklagte eine Auseinandersetzungsbilanz
erstellt und sie ihr am 06. Juni 2006 zugesandt.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen im ersten Rechtszug wird im Übrigen auf das
am 18. Februar 2005 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin Bezug genommen, durch
das die Beklagte antragsgemäß unter Abweisung der Widerklage zur Zahlung von
6.327,11 Euro nebst 12 % Zinsen aus je 1.581,77 Euro seit dem 02. Februar, 02. Mai, 02.
August und 02. November 2004 verurteilt worden ist.
Gegen dieses ihr 07. März 2005 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem am 10.
März 2005 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 06.
April 2005 eingegangenen Schriftsatz begründet. Mit Schriftsatz vom 25. Oktober 2006
hat die Klägerin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.
Die Beklagte wendet sich mit der Berufung gegen die erstinstanzliche Verurteilung,
widerspricht der Erledigungserklärung der Klägerin und erstrebt Klageabweisung. Ihren
ursprünglich im zweiten Rechtszug für den Fall fehlender Zurückverweisung an das
Landgericht weiterverfolgten Widerklageantrag auf Feststellung, dass die Klägerin gegen
sie keine weiteren Ansprüche habe, hat sie zurückgenommen.
Die Beklagte ist der Auffassung, es liege kein den Rechtsstreit erledigendes Ereignis vor.
Auch sei die ursprüngliche Klage unbegründet gewesen. Insoweit beruft sie sich zum
einen auf eine fehlende wirksame Vertragsgrundlage für den verlangten Nachschuss und
auf die ihrer Ansicht nach gegebene Nichtigkeit der dem Nachschuss zugrunde
liegenden Darlehen, weiter auf die Grundsätze der Prospekthaftung, die Nichteinhaltung
des Verbraucherkreditgesetzes, auf das Vorliegen eines Haustürgeschäftes und die ihrer
Auffassung nach vorliegende arglistige Täuschung nach Anlagebetrug. Sie ist deshalb
weiterhin der Auffassung, sie habe sich im Dezember 2003 zu Recht vom
Gesellschaftsvertrag lösen können. Die von der Treuhänderin abgeschlossenen
Darlehensverträge mit der den Beitritt finanzierenden Bank seien im Übrigen nichtig und
könnten Nachschussanforderungen nicht begründen. Es liege eine fremdfinanzierte
Fondsbeteiligung wegen der mit der ... abgeschlossenen Darlehensverträge vor. Da sie
die ... auf die Rückzahlung ihrer Einzahlungen in Anspruch nehmen könne, schulde sie
auch der Beklagten als der Fondsgesellschaft nichts. Eine Verpflichtung zu
Nachschussbeträgen ergebe sich aus dem Gesellschaftsvertrag nicht. Die Finanzierung
habe hier annähernd 300 % des tatsächlichen Wertes der Immobilie betragen. Die
Kontaktaufnahme zum Vertragsabschluss sei am 05. Dezember 1995 in ihrem Haus bei
einem spontanen Besuch ihres Steuerberaters zusammen mit einem Makler nach Art
eines Haustürgeschäfts geschehen. Den Anlegern der Klägerin sei nicht gesagt worden,
dass sie eine wegen der Gewinnanteile der Gründer überteuerte Immobilie finanzieren
würden, bei der die normale Tilgungszeit bei 1 % Kapitaldienst annähernd 100 Jahre
dauern würde. Es sei ein unzutreffender Objektwert von 2.750.000,00 Euro dargestellt
worden. Die Prospektangaben seien nicht zutreffend gewesen. Die Immobilie sei ein
Zuzahlungsobjekt gewesen. Das Objekt sei darauf angelegt gewesen, etwaige
Gewinnchancen über die Kosten zu vernichten. Die Beklagte meint, sie sei so zu stellen,
wie sie stehen würde, wenn der fremdfinanzierte Beitritt nicht erfolgt wäre. Sie habe
deshalb ihr Eigenkapital als auch ihre verlorenen Beiträge von der ...
zurückzubekommen. Sie könne ihre Einwendungen aus dem verbundenen
Kreditgeschäft auch der Klägerin entgegenhalten. Eine Auseinandersetzungspflicht mit
der Klägerin bestehe nicht.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen,
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass wegen der
Klageforderung die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache festgestellt wird.
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Die Klägerin verteidigt die angegriffene Entscheidung als zutreffend. Die Berufung sei
bereits unzulässig, weil die Beklagte allein ihre Ansprüche gegen die Bank und die
Initiatoren darlege. Angesichts der notariellen Beurkundung des Beitritts komme es auf
die Frage der Anwendbarkeit des Haustürwiderrufsgesetzes nicht an. Ein spontaner
Besuch mit der Folge des Gesellschaftsbeitritts habe im Übrigen nicht vorgelegen. Die
Prospektangaben seien zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den
vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig.
Mit der Berufung macht die Beklagte ihr erstinstanzliches tatsächliches Vorbringen unter
Vertiefung der Darlegungen insbesondere zur Haustürsituation und zu den
wirtschaftlichen Umständen der Klägerin ab Gründung weiter geltend und rügt
fehlerhafte Rechtsanwendung. Das genügt den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Nrn. 2 –
4 ZPO.
Die Berufung hat aber insgesamt in der Sache keinen Erfolg. Wegen der Klageforderung
ist die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache festzustellen.
Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die
Entscheidung auf einer Rechtsverletzung gemäß § 546 ZPO beruht oder nach § 529 ZPO
zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Beide
Berufungsgründe greifen hier nicht durch.
Das gilt zunächst für die Klageforderung:
Die beantragte Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache setzt
den Eintritt eines erledigenden Ereignisses voraus. Das ist hier der Ausschluss der
Beklagten in der Gesellschafterversammlung der Klägerin vom 13. Dezember 2005.
Denn damit geht auch die Klägerin nunmehr davon aus, dass die Beklagte nicht mehr
Gesellschafterin ist. Die Beklagte meint, bereits seit 2003 nicht mehr Gesellschafterin zu
sein. Nach § 738 Abs. 1 BGB ist deshalb über die Gesellschafterstellung der Beklagten
jetzt insgesamt abschließend unter Einstellung aller einzelnen Forderungen und
Guthaben abzurechnen. Für einen ausgeschiedenen Gesellschafter besteht danach
ggfls. ein einheitlicher Abfindungsanspruch. Einzelforderungen können grundsätzlich
nach Ausscheiden nicht mehr geltend gemacht werden (allg. Palandt-Sprau, BGB, 65.
Auflage 2006, § 738 Rn. 2 m. w. Nachw.). Auf die Voraussetzungen einer möglichen
Ausnahme von diesem Grundsatz beruft sich die Klägerin nicht und trägt insoweit keine
Tatsachen vor.
Die Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits ist weiter nur möglich, wenn die
ursprüngliche Klage zulässig und begründet war. Das ist hier der Fall.
Das Landgericht hat mit zutreffender Begründung zunächst eine ordnungsgemäße
Klageerhebung durch die wirksam von der Geschäftsbesorgerin beauftragten
Prozessbevollmächtigten der Klägerin angenommen. Die Beklagte rügt im zweiten
Rechtszug eine unwirksame Klageerhebung nicht mehr. Angesichts der Feststellungen
des Landgerichts zur vertraglichen Stellung der Geschäftsbesorgerin bestehen
Bedenken gegen die Wirksamkeit der Vollmacht aus § 1 RberG nicht (vgl. allg. BGH,
Urteil vom 15. Februar 2005, XI ZR 396/03 = WM 2005, S. 1698).
Der Klageanspruch war begründet aus den §§ 9 Abs. 3, 4 Abs. 6 des
Gesellschaftsvertrages.
Den Nachschussbestimmungen des Gesellschaftsvertrages steht § 707 BGB nicht
entgegen.
Im Gesellschaftsvertrag einer Publikumsgesellschaft können über die betragsmäßig
festgelegte Einlageschuld hinausgehende Beitragspflichten vereinbart werden, wenn eine
derartige Aufspaltung der Beitragspflicht aus dem Gesellschaftsvertrag eindeutig
hervorgeht und die Höhe der nachzuschießenden Beiträge im Gesellschaftsvertrag
zumindest in objektiv bestimmbarer Weise ausgestaltet ist. Die - dispositives Recht
enthaltende - Regelung in § 707 BGB greift u. a. dann nicht ein, wenn sich die
Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag zum einen eine betragsmäßig festgelegte
Einlage, zum anderen laufende Beiträge versprochen haben. Allerdings ist die in § 707
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Einlage, zum anderen laufende Beiträge versprochen haben. Allerdings ist die in § 707
BGB getroffene Grundentscheidung, dass ein Gesellschafter während des Bestehens der
Gesellschaft grundsätzlich nicht zu Nachschüssen verpflichtet ist, bei der Auslegung des
Gesellschaftsvertrags zu beachten. Danach muss aus dem Gesellschaftsvertrag
eindeutig hervorgehen, dass über die eigentliche Einlageschuld hinausgehende
Beitragspflichten begründet werden sollen. Zudem muss auch im Falle einer derartigen
Aufspaltung der Beitragspflicht die Höhe der laufenden Beiträge im Gesellschaftsvertrag
zumindest in objektiv bestimmbarer Weise ausgestaltet sein. Eine Beschränkung der
Nachschussverpflichtung auf den Fall, dass die laufenden Einnahmen die laufenden
Ausgaben nicht decken, stellt insofern kein geeignetes Kriterium zur Eingrenzung des
Erhöhungsrisikos dar. Ebenso ist eine Nachschussregelung nicht wirksam, wenn sich aus
dem Gesellschaftsvertrag nicht ergibt, dass die Nachschusspflicht auf die
Finanzierungskosten des Fremdkapitals begrenzt sein sollte. Diese bilden aber auch
noch keine ausreichende Obergrenze, wenn die Höhe der erforderlichen Fremdmittel im
Gesellschaftsvertrag nicht festgelegt ist (vgl. zusammenfassend BGH, Urteil vom 23.
Januar 2006, II ZR 126/04, NJW-RR 2006, S. 829ff., dort insbesondere Ziffer 21; s.a. BGH,
Urteil vom 23. Januar 2006, II ZR 306/04, NJW-RR 2006, S. 827ff; BGH, Urteil vom 04. Juli
2005, II ZR 354/03, NJW-RR 2005, S. 1347/1348).
Im vorliegenden Fall ist in § 4 des Gesellschaftsvertrages festgelegt, dass die
Gesellschafter einerseits einen bestimmten Baranteil am Eigenkapital zu leisten haben
und andererseits ein sogenannter Fremdmittelanteil zur Investitionsdurchführung
notwendig ist, für den Darlehen aufgenommen werden dürfen. Dieser Fremdmittelanteil
soll nach dem Gesellschaftsvertrag die Gesamtsumme von 14.725.000,00 DM abzüglich
des Eigenkapitalanteils von 4.417.500,00 DM (= 10.307.500,00 DM) nicht überschreiten.
Er ist damit hinreichend begrenzt. Der Gesellschaftsvertrag enthält keine Bestimmung,
nach der etwa die Erhöhung dieser Fremdmittel im Belieben einer zukünftigen
Gesellschaftermehrheit steht, die darüber nach freiem Ermessen entscheiden könnte. §
4 Abs. 1 S. 2 des Gesellschaftsvertrages bestimmt vielmehr ausdrücklich, dass die
sachlich gerechtfertigte Erhöhung der zur Baufertigstellung notwendigen Baukosten nur
mit Zustimmung aller Gesellschafter als Eigenkapitalerhöhung umgelegt werden kann.
Damit ist die wesentliche denkbare Ursache für unabdingbare Nachschussleistungen aus
dem Bereich einfacher Mehrheitsbildung explizit herausgenommen. Die
Nachschusspflicht in § 9 Abs. 3 S. 3 – 5 bezieht sich allein auf die im Rahmen des § 4
Abs. 6 aufgenommenen Darlehen. Deren Höhe ist durch die Bindung an den bestimmt
ausgewiesenen Fremdmittelanteil vorgegeben. Es war für jeden Gesellschafter von
vornherein auch klar, dass die Aufnahme der in der Gesamthöhe begrenzten Darlehen
die Zahlung von Zinsen zur Folge haben würde. Zinsen und Tilgung sind als
Erhöhungsrisiken gegenüber dem Bareinlageteil damit überschaubar. Insofern sind die
Gesellschafter neben ihrer Barleistungspflicht im vorliegenden Fall zur Leistung von
laufenden Beiträgen verpflichtet, die objektiv bestimmbar waren. Denn die hier
vorliegende Nachschusspflicht aus § 9 Abs. 3 gestattet gerade nicht die Abwälzung
uferloser Kostenanforderungen aller für den Fonds tätigen Unternehmen wie
Geschäftsbesorger, Treuhänder, Banken. § 9 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages sieht
einen Nachschuss nur insoweit vor, als er zur Bedienung der gemäß § 4 Abs. 6
aufgenommenen Darlehen erforderlich ist. Für die Darlehen sind aber zuerst die Erträge
zu verwenden. Im äußersten Fall können nach der Regelung des § 9 Abs. 3 die davon
wiederum abzuziehenden “Aufwendungen” zwar jeglichen Ertrag aufzehren. Auf die
Nachschusspflicht wirkt sich dies aber nur in der Form aus, dass die Annuitäten der
gemäß § 4 Abs. 6 begrenzten Darlehen dann ungemindert durch Nachschüsse der
Gesellschafter aufgebracht werden müssen. Auch in diesem Fall bleibt also die
Nachschusshöhe bestimmbar. An der Bestimmbarkeit ändert sich auch nichts, wenn
man noch die weiteren Vertragsbestimmungen z.B. über die Anwachsung bei
Ausscheiden anderer Gesellschafter mit in Betracht ziehen will. Die direkt im
Gesellschaftsvertrag vereinbarte Nachschusspflicht muss objektiv bestimmbar aber
nicht in der Höhe für alle Zeiten unveränderlich bestimmt sein. Schließlich bestehen
keine Bedenken wegen fehlender Erkennbarkeit der in § 9 des Gesellschaftsvertrages
vorgesehenen Nachschussregelung, die auch an dieser Stelle nicht übersehen werden
konnte. Bei einer Vertragsbestimmung mit der Überschrift “Ergebnis” kann ein
Gesellschafter auch Bestimmungen zur Folge eines ungenügenden Ergebnisses, also
zum Nachschuss, erwarten.
Bei der Berechnung der hier fraglichen Nachschusspflicht ist schließlich auch nicht
vorgetragen oder erkennbar, dass die Klägerin in der Höhe tatsächlich
Darlehensschulden ansetzt, die im Ausgangspunkt nicht mehr der Begrenzung gemäß §
4 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrags entsprechen. Die hier geltend gemachte
Nachschussberechnung stammt aus dem im Jahre 2003 beschlossenen Wirtschaftsplan
für 2004. Sie beruht mithin auf vorläufigen Werten. Die Beklagte hat nun zwar auf den
mittlerweile vorliegenden Jahresabschluss der Klägerin für 2004 hingewiesen. Sie hat
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mittlerweile vorliegenden Jahresabschluss der Klägerin für 2004 hingewiesen. Sie hat
aber nicht dargelegt, dass die der Klageforderung zugrunde liegenden Ansätze sich
dadurch zu ihren Gunsten verändert hätten.
Gegen die wirksame Beschlussfassung über den Wirtschaftsplan 2004 bestehen aus den
zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, denen die Beklagte mit
weiterem Sachvortrag in der Berufung nicht mehr entgegentritt, keine Bedenken.
Das Landgericht ist in der angefochtenen Entscheidung sodann mit Recht davon
ausgegangen, dass die Beklagte der vertraglichen Nachschusspflicht weiter
nachkommen musste. Auch ihr Berufungsvorbringen hat daran nichts geändert.
Durchgreifende Anhaltspunkte für eine Sittenwidrigkeit des Beitritts der Beklagten zur
Klägerin, die nicht nur zur Anwendung der Regelungen über die fehlerhafte Gesellschaft
führen würden (vgl. dazu allg. BGH NJW-RR 2005, S. 1217), sind nicht erkennbar.
Der wirksamen Begründung der Nachschusspflicht kann im Weiteren nicht die mögliche
Unwirksamkeit der unstreitig von der nicht zur Rechtsberatung befugten Treuhänderin
abgeschlossenen Darlehensverträge entgegengehalten werden. Bedenken können hier
nach § 134 BGB, Art. 1 § 1 RBerG bestehen. Ansonsten wäre § 7 Abs. 5 des
Gesellschaftsvertrages für sich gesehen die hinreichende Vollmachtsgrundlage für die
Treuhänderin.
Entscheidend ist, dass eine etwaige Unwirksamkeit der Darlehensverträge wegen
fehlender wirksamer Vollmacht nicht zu einer Unwirksamkeit der gesellschaftsvertraglich
festgelegten Nachschussforderung führen kann, da die Zahlungen für Zins und Tilgung
im hier streitigen Zeitraum 2004 unstreitig geleistet wurden, so dass die durch die
Nachschüsse auszugleichende Deckungslücke tatsächlich entstanden ist. Dem Vortrag
beider Parteien in der Berufungsinstanz kann im Weiteren nur entnommen werden, dass
die kreditgebende Bank in der Folgezeit auch nicht teilweise etwa auf Zinsen für den hier
fraglichen Zeitraum verzichtete. Nach den Angaben der Klägerin sollen die
Darlehensverträge insoweit sogar vergleichsweise bestätigt worden sein.
§ 9 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags stellt zunächst auf die wirtschaftlichen Vorgänge
der tatsächlichen Kreditrückführung ab. Die Frage, ob die Gesellschaft z. B. durch
Zahlungseinstellung einen - aus welchem Grund auch immer - unwirksamen
Darlehensvertrag zur Rückabwicklung bringen will, ist ggfls. von allen Gesellschaftern zu
entscheiden. Die Geschäftsführung der Klägerin musste mangels anders lautender
Beschlüsse deshalb davon ausgehen, dass die Darlehensverträge vereinbarungsgemäß
weiter zu erfüllen waren und sie durfte Zahlungen darauf weiter leisten. Mit der
vorstehenden Auffassung befindet sich der Senat in Übereinstimmung mit einer
Entscheidung des 23. Zivilsenats des Kammergerichts vom 16. Juni 2005
(Geschäftsnummer 23 U 113/04).
Auch wenn man der vorstehenden Auffassung nicht folgen wollte, hat der Senat auf der
Grundlage der Ausführungen des BGH im Urteil vom 15. Februar 2005
(Geschäftsnummer XI ZR 396/03, BB 2005, S.1701) zur Wirksamkeit von
Geschäftsbesorgervollmachten für den hier gegebenen Fall der ausdrücklichen
Bevollmächtigung der Treuhänderin mit der reinen Geschäftsführungsaufgabe der
Darlehensaufnahme keine Bedenken eine insoweit gegebene (ggfls. teilweise)
Vollmachtswirksamkeit anzunehmen (so auch KG, 26. Zivilsenat, Urteil vom 11.
September 2006 – 26 U 3/06 - für die im vorliegenden Fall zugrunde liegenden
Kreditverträge). Die Entscheidung des BGH vom 25. April 2006, Geschäftsnummer XI ZR
29/05, NJW 2006, S. 1952) steht dem nicht entgegen. Die Frage der teilweisen
Wirksamkeit einer im Bereich der Geschäftsbesorgung erteilten Treuhändervollmacht
trotz generellen Verstoßes der Vollmacht gegen Art. 1 § 1 RberG ist dort nicht
entschieden worden.
Die Widerrufserklärung der Beklagten vom 03. Dezember 2003 (Anlage 1 zum
Schriftsatz der Beklagten vom 04. August 2004) führte wegen § 1 Abs. 2 Nr. 3 HausTWG
nicht zur Unwirksamkeit des Gesellschaftsbeitritts bzw. zum Ausscheiden ab Widerruf.
Denn der Gesellschaftsbeitritt ist unter ihrer Mitwirkung selbst am 22. Dezember 1995
notariell beurkundet worden. Für eine Abwägung, ob trotz des umfassenden
Beurkundungsvorgangs die vom HausTWG vorausgesetzte Überrumpelungssituation
wegen der hier möglicherweise beim zunächst vorgenommenen privatschriftlichen
Beitritt vorhandenen “Haustürsituation” vorliegt, ist kein Raum, weil der
entgegenstehende Gesetzeswortlaut eindeutig ist (BGH, Urteil vom 14. Oktober 2003, XI
ZR 134/02, NJW 2004, S. 154/155, unter II. 4. b.).
Auf das weitere Vorbringen der Beklagten zu den tatsächlichen Voraussetzungen des § 1
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Auf das weitere Vorbringen der Beklagten zu den tatsächlichen Voraussetzungen des § 1
Abs. 1 Nr. 1 HausTWG kommt es deshalb nicht an.
Die Beklagte kann sich auch nicht auf das für ihren Beitritt zur Klägerin im Jahre 1995
hier noch ggfls. anzuwendende Verbraucherkreditgesetz berufen. Erste Voraussetzung
dafür wäre ein Kreditvertrag zur Finanzierung des Entgelts für den Beitritt der Beklagten
zur Klägerin (§§ 1, 9 Abs. 1,4 VerbrKrG). Die Klägerin hat eine derartige Finanzierung
nicht vorgetragen. Sie will sich augenscheinlich nur auf die der Klägerin gegebenen
Darlehen berufen. Dabei handelt es sich aber nicht um die Finanzierung ihres Beitritts.
Beitrittsleistung war allein ihr Eigenkapitalanteil gemäß § 4 Abs. 1 des
Gesellschaftsvertrages. Die hier fraglichen Darlehen sind eine Fremdfinanzierung
gegenüber der Klägerin. Diese ist als (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts
gegenüber der Beklagten, die ihre Gesellschafterin ist, eine eigenständige
teilrechtsfähige Rechtspersönlichkeit.
Der Beitritt der Beklagten zur Klägerin ist im Weiteren nicht wirkungslos geworden wegen
einer Anfechtung aus dem Gesichtspunkt arglistiger Täuschung gemäß den §§ 123 Abs.
1, 143 BGB (vgl. zu den Folgen der Anfechtung gegenüber der Fondsgesellschaft BGH
NJW 2003, S. 2821/2823, Palandt-Sprau, BGB, 65. Auflage 2006, § 705 Rn. 19b).
Das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung auf der Grundlage des
erstinstanzlichen Sachvortrags der Beklagten eine arglistige Täuschung zu Recht nicht
annehmen können. Auch in der Berufungsinstanz kann die Erheblichkeit der
entsprechenden Ausführungen der Beklagten nicht beurteilt werden, weil hinreichend
genaue Angaben insbesondere zu den Täuschungsvorgängen fehlen. Der Vortrag ist
also weiterhin unsubstanziiert. Bereits im Widerrufsschreiben vom 03. Dezember 2003
werden keine konkreten Täuschungsvorgänge benannt. Es hätte der Beklagten oblegen,
exakt anzugeben, welche Prospektangaben oder sonstigen mündlichen Angaben welcher
Personen welche finanziellen und wirtschaftlichen Gegebenheiten als sicher oder
wahrscheinlich erscheinen ließen und wie sich tatsächlich die Wertverhältnisse und –
Entwicklungen demgegenüber auch aus der Sicht im Zeitpunkt des Beitritts bei
wahrheitsgemäßer Angabe richtig nur hätten beschreiben lassen. Dem Vorbringen der
Beklagten lassen sich weder konkrete unzutreffend in Aussicht gestellte
Steuerersparnisse noch der annähernd genaue Umfang überflüssiger aber als notwendig
dargestellter Kosten entnehmen. Aus den mitgeteilten ungefähren Größenordnungen
von behauptetem Grundstückswert und den entstandenen Kosten bzw. dem Wertverlust
kann kein annähernd sicherer Schluss auf arglistige Täuschungen bei Vertragsbeitritt
gezogen werden, die sich auch nicht aus der von der Beklagten eingereichten
Gesprächsunterlage des Fondsvermittlers ergeben (Anlage 1 zum Schriftsatz der
Beklagten vom 04. Mai 2005). Das Landgericht hat vielmehr angesichts des
vorliegenden Verkaufsprospekts (Anlage 2 zum Schriftsatz der Beklagten vom 04.
August 2004) zu Recht darauf hingewiesen, dass aus dem Prospekt eindeutig zu
entnehmen war, dass zunächst nur Verluste erwirtschaftet werden. Die Beklagte hat
ferner auch in der Berufungsinstanz nicht deutlich gemacht, inwiefern aus welchen
Gegebenheiten die im Prospekt angegebenen Steuervorteile nicht zu erzielen gewesen
wären. Wenn nach dem Prospekt (Seiten 5, 18) das Eigenkapital fast ganz, d. h. zu 90 %
aus der wegen Verlusten ersparten Steuer zu finanzieren gewesen sein soll, dann
mussten die daneben angesetzten erheblichen, aber offen ausgewiesenen und
begrenzten Fremdmittel langfristig durch die Gewinne des Objekts getilgt werden. Der
langfristige Risikocharakter einer derartigen Anlage war mithin erkennbar. Die
Darlegungen der Beklagten beziehen sich demgegenüber nur auf die generellen
Wertverhältnisse und die bei Vertragsschluss nicht absehbare Wertentwicklung
insbesondere durch die zukünftige Mietentwicklung. Damit aber ist nichts für
beitrittsentscheidende Täuschungshandlungen im Sinne des § 123 BGB ersichtlich, die
das durch den Prospekt zu erkennende Geschäftsrisiko vertuscht haben.
Die Beklagte kann sich schließlich gegenüber der Klägerin nicht auf eine
schadensersatzmäßige Freistellung von den Nachschusspflichten aus dem
Gesichtspunkt einer direkten Prospekthaftung der Klägerin berufen. Ein derartiger
Anspruch kann hier nicht festgestellt werden. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass die
Klägerin selbst in irgendeiner Form für den Prospekt verantwortlich sein kann. Allgemein
richten sich die Ansprüche aus der Prospekthaftung gegen Gründungsgesellschafter,
Fondsinitiatoren, maßgebliche Betreiber, Manager und Prospektherausgeber und
ähnliche im Vorfeld als Garanten auftretende Personen bzw. die Vermittler (allg.
Jauernig-Vollkommer, BGB, 11. Auflage 2004, § 311 Rn. 65).
Die zutreffende Zinsentscheidung war nicht mit gesonderter Begründung angefochten.
Der Senat hat klarstellend wegen des Eintritts der Erledigung das angefochtene Urteil im
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Der Senat hat klarstellend wegen des Eintritts der Erledigung das angefochtene Urteil im
Punkt der Zahlungsverurteilung aufgehoben (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 25. Auflage
2005, § 91 a Rn. 45).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 ZPO zur Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen. Der Senat weicht vorliegend in der
entscheidungserheblichen Frage der Nachschusspflicht von dem am 11. September
2006 verkündeten Urteil des 23. Zivilsenats des Kammergerichts – 23 U 11/06 - ab.
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