Urteil des KG Berlin vom 13.03.2017

KG Berlin: post, report, psychose, anhörung, behinderung, krankheit, fortdauer, gefahr, miete, abstammung

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Gericht:
KG Berlin 1. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 W 60/06
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 1903 BGB, § 22 GKG, § 14
FGG, § 114 ZPO
Betreuungsverfahren: Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts
bei massenhafter Erhebung von vornherein aussichtsloser
Klagen; Voraussetzungen der Prozesskostenhilfebewilligung im
Beschwerdeverfahren
Tenor
Die weitere und die sofortige weitere Beschwerde sowie der Antrag auf Gewährung von
Prozesskostenhilfe werden zurückgewiesen.
Gründe
A.
I. Die weitere Beschwerde, mit der sich der Betroffene gegen die Verlängerung der
Betreuung unter Erweiterung der Aufgabenkreise wendet (dazu unten II.) ist zulässig.
Dies gilt ebenso für die sofortige weitere Beschwerde, mit der sich der Betroffene gegen
die Verlängerung und die Erweiterung des Einwilligungsvorbehalts wendet (dazu unten
III.).
II. Die weitere Beschwerde ist unbegründet. Die angefochtene Entscheidung des
Landgerichts beruht nicht auf der Verletzung des Rechts, § 27 Abs. 1 S. 1 FGG.
1. Das Landgericht hat ausgeführt: Der Betroffene leide an einer paranoiden Psychose
mit einem ausgedehnten systematisierten Wahn einschließlich Größenideen. Dies zeige
sich konsequent in allen seinen Schriftsätzen, in denen er darauf poche, adeliger
Abstammung zu sein und deswegen besondere Behandlung, insbesondere eine
Apanage, beanspruchen zu können.
Wegen seiner Erkrankung könne er seine Angelegenheiten auf dem Gebiet der
Vermögenssorge und der Wohnungsangelegenheiten nicht besorgen. Es sei deutlich,
dass er sich insoweit nicht von den alltäglichen Notwendigkeiten, sondern von seinen
Größenideen leiten lasse. Er glaube, ihm stünde wegen seiner „adeligen Abstammung“
mehr als Sozialhilfe zu; die Bemühungen des Betreuers, sein Geld zusammenzuhalten,
habe er unterlaufen und ihm zur Verfügung gestelltes Geld nicht zur Zahlung seiner
Miete verwendet. Die Wohnung habe er gekündigt, weil sie ihm nicht „angemessen“
erschienen sei, ohne jedoch für anderweitigen Wohnraum gesorgt zu haben.
Aufgrund unzähliger grundloser Schreiben an Behörden und vieler aussichtsloser
Rechtsstreite sei die Betreuung auch im Hinblick auf den Bereich der
Behördenangelegenheiten und gerichtlicher Auseinandersetzungen erforderlich.
Wegen des nicht an der Realität orientierten Verhaltens des Betroffenen bezüglich der
vorgenannten Angelegenheiten, welches das Zurückweisen von Postsendungen
umfasse, sei es auch nötig, dem Betreuer die Entgegennahme und das Öffnen der Post
zu übertragen.
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand. Rechtsfehler, auf die
die weitere Beschwerde allein mit Erfolg gestützt werden kann, §§ 27 Abs. 1 FGG, 546
ZPO, enthält die angefochtene Entscheidung nicht.
Gemäß § 1896 Abs. 1 S. 1 BGB bestellt das Vormundschaftsgericht für einen
Volljährigen einen Betreuer, wenn dieser auf Grund einer psychischen Krankheit oder
einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz
oder teilweise nicht besorgen kann. Ein Betreuer darf nur für die Angelegenheiten
bestellt werden, in denen die Betreuung erforderlich ist, d.h. in denen der Betroffene auf
entsprechende Hilfen angewiesen ist und weniger einschneidende Maßnahmen nicht in
Betracht kommen (BayObLG, FamRZ 2001, 1244 f.). Die Bestellung eines Betreuers von
Amts wegen, also ohne Antrag des Betroffenen und ohne oder gegen seinen Willen,
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Amts wegen, also ohne Antrag des Betroffenen und ohne oder gegen seinen Willen,
setzt weiter voraus, dass der Betroffene aufgrund seiner Krankheit oder Behinderung
seinen Willen nicht frei bestimmen kann, § 1896 Abs. 1a BGB (vgl. Senat, Beschluss vom
26. April 2005 - 1 W 414/04, KG-Report Berlin 2005, 709; BayObLG, FamRZ 2001, 1244f;
2001, 1245f.). Die Vorschriften über die Bestellung eines Betreuers gelten für die
Erweiterung des Aufgabenkreises entsprechend, § 1908d Abs. 3 BGB.
Das Landgericht ist in tatsächlicher Hinsicht ohne Rechtsfehler und damit für den Senat
bindend, vgl. §§ 27 Abs. 1 S. 2 FGG in Verbindung mit § 559 ZPO, vom weiteren
Vorliegen dieser Voraussetzungen ausgegangen mit der Folge, dass die bestehende
Betreuung über den Ablauf der ursprünglich mit Beschluss des Vormundschaftsgerichts
vom 22. Juni 2000 festgesetzten Überprüfungsfrist, § 69 Abs. 1 Nr. 5 FGG, hinaus zu
verlängern und auf die Befugnis zur Entgegennahme und zum Öffnen der Post zu
erweitern war.
a) Verfahrensrechtlich ist die angegriffene Entscheidung fehlerfrei ergangen. Für die
Verlängerung der Bestellung eines Betreuers gelten die Vorschriften für die erstmalige
Entscheidung entsprechend, § 69i Abs. 6 FGG. Das Gleiche gilt für die Erweiterung des
Aufgabenkreises des Betreuers auf die Entgegennahme, das Öffnen und das Anhalten
der Post des Betroffenen, § 69i Abs. 1 S. 1 und 3 FGG. Danach ist das Gutachten eines
Sachverständigen über die Notwendigkeit der Betreuung einzuholen, § 68b Abs. 1 S. 1
FGG, und der Betroffene persönlich anzuhören, § 68 FGG. Hier hat das Amtsgericht das
Gutachten der Ärztin H.. vom Sozialpsychiatrischen Dienst des Bezirksamts M... von B...
eingeholt und den Betroffenen am 7. Februar 2005 persönlich angehört.
Von der Einholung eines weiteren Gutachtens hat das Landgericht abgesehen. Das ist
rechtlich nicht zu beanstanden. Gemäß § 69g Abs. 5 S. 4 FGG kann das
Beschwerdegericht seine Entscheidung auf im ersten Rechtszug eingeholte Gutachten
stützen. Das Landgericht musste kein neues Gutachten einholen, auch wenn das
vorliegende Gutachten im Zeitpunkt der Entscheidung des Landgerichts bereits knapp
10 Monate alt war (zum Erfordernis einer zeitnahen Begutachtung: OLG Köln, OLG-
Report 2000, 154; Mertens, in: Jürgens, Betreuungsrecht, 3. Aufl., § 69g FGG, Rdn. 16;
Sonnenfeld, in: Jansen, FGG, 3. Aufl., § 69g, Rdn. 59). Auf ältere Gutachten kann dann
zurückgegriffen werden, wenn sich das Krankheitsbild des Betroffenen seit längerem
nicht entscheidend verbessert hat (BayObLG, FamRZ 2001, 1558). So ist es hier. Die
Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. B... hat in ihrem im Rahmen der
erstmaligen Betreuerbestellung gefertigten Gutachten vom 2. August 1995 festgestellt,
dass der Betroffene bereits damals seit ca. 10 Jahren an einer paranoiden Psychose litt.
Diese Diagnose wurde von dem Arzt S... im Jahr 2000 bestätigt. Auch die Ärztin H... ist in
ihrem Gutachten vom 7. Februar 2005 zu dem Ergebnis gekommen, der Betroffene leide
an einer paranoiden Psychose mit einem ausgedehnten systematischen Wahn; die
Vorgeschichte, der bisherige Verlauf und die bestehende Krankheitsuneinsichtigkeit
erforderten die Verlängerung der Betreuung um weitere fünf Jahre.
Mit der zutreffenden Erwägung, angesichts des gesamten Akteninhalts, insbesondere
der Schreiben des Betroffenen selbst, seien von einer erneuten Anhörung des
Betroffenen keine neuen Erkenntnisse zu erwarten, hat das Landgericht von einer
solchen abgesehen, § 69g Abs. 5 S. 3 FGG.
Ebenfalls nicht zu beanstanden sind die Ausführungen des Landgerichts im Hinblick
darauf, dass dem Betroffenen kein Verfahrenspfleger bestellt worden war. Durch die von
ihm zur Akte gereichten Schreiben, insbesondere durch jene, mit denen er form- und
fristgerecht Rechtsmittel gegen die vormundschaftsgerichtlichen Entscheidungen
eingelegt hat, hat er gezeigt, dass er in der Lage ist, seine Rechte im vorliegenden
Verfahren selbst wahrzunehmen, vgl. § 67 Abs. 1 S. 1 FGG. Dagegen spricht nicht, dass
das Landgericht die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts für
Behördenangelegenheiten und gerichtliche Auseinandersetzungen gebilligt hat. Der
Verfahrenspfleger soll dem Betroffenen als Helfer zur Seite stehen, um, soweit möglich
dem Verfahren folgen zu können (Bienwald, Betreuungsrecht, 4. Aufl., § 67 FGG, Rdn. 7).
Hierzu war der Betroffene aber ungeachtet seiner krankheitsbedingt mangelnden
Einsichtsfähigkeit selbst in der Lage. Die Bestellung eines Verfahrenspflegers war
deshalb zur Wahrung der Rechte des Betroffenen nicht erforderlich, §§ 69g Abs. 5 S. 1,
67 Abs. 1 S. 1 FGG.
b) Auch materiell-rechtlich bestehen gegen die angegriffene Entscheidung keine
Bedenken.
aa) Die fortdauernde Betreuungsbedürftigkeit des Betroffenen hat das Landgericht
fehlerfrei auf der Grundlage des Gutachtens der Sachverständigen H.. bejaht. Die
Tatsachenfeststellung, wozu auch die Würdigung der Gutachten eines Sachverständigen
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Tatsachenfeststellung, wozu auch die Würdigung der Gutachten eines Sachverständigen
zählt (BayObLG, FamRZ 1999, 817), ist Sache des Tatrichters und vom Senat als
Rechtsbeschwerdegericht lediglich auf Rechtsfehler zu überprüfen, das heißt dahin, ob
der Sachverhalt ausreichend und ohne Gesetzesverletzung aufgeklärt worden ist und
der Tatrichter bei der Erörterung des Beweisstoffes alle wesentlichen Gesichtspunkte
berücksichtigt und nicht gegen gesetzliche Beweisregeln, Denkgesetze oder
feststehende Erfahrungssätze verstoßen hat (Senat, Beschluss vom 24. Mai 2005 - 1 W
91/05 -, OLG-Report 2005, 621, 623). Bei der Würdigung des Gutachtens eines
Sachverständigen hat das Rechtsbeschwerdegericht zusätzlich zu prüfen, ob der
Tatrichter das Ergebnis des Gutachtens nur kritiklos hingenommen hat oder ob er unter
Nachvollziehung der Gedankengänge des Sachverständigen dessen tatsächliche
Feststellungen wie auch die von ihm gezogenen Schlüsse auf ihre Tragfähigkeit geprüft
und sich eine eigene Überzeugung gebildet hat (BayObLG, FamRZ 1999, 817). Diesen
Anforderungen genügen die Ausführungen des Landgerichts.
Das Gutachten entspricht den gesetzlichen Anforderungen (vgl. hierzu Senat, Beschluss
vom 20. Dezember 1994 - 1 W 6687/94 -, FamRZ 1995, 1379ff). Der Sachverständige
hat den Betroffenen vor Erstattung des Gutachtens persönlich zu untersuchen oder zu
befragen, § 68b Abs. 1 S. 4 FGG. Dies ist vorliegend geschehen. Die Sachverständige H..
hat den Betroffenen im Rahmen der Anhörung vom 7. Februar 2005 untersucht und
befragt.
Kommt nach Auffassung des Sachverständigen die Bestellung eines Betreuers in
Betracht, so hat sich das Gutachten auch auf den Umfang des Aufgabenkreises und die
voraussichtliche Dauer der Betreuungsbedürftigkeit zu erstrecken, § 68b Abs. 1 S. 5
FGG. Die Sachverständige hat die Aufrechterhaltung der bestehenden Aufgabenkreise,
die Erweiterung um die Regelung der Wohnungsangelegenheiten, das Öffnen und die
Entgegennahme der Post von Behörden, Gerichten, Vermietern sowie eine Verlängerung
um weitere fünf Jahre vorgeschlagen.
Die Feststellung des Landgerichts, der Betroffene leide weiterhin an einer paranoiden
Psychose mit einem ausgedehnten systematisierten Wahn einschließlich Größenideen,
lässt sich ohne weiteres mit den Ausführungen der Sachverständigen H.. in
Übereinstimmung bringen. Bestätigt wird dies in den vielen zur Akte gelangten
Schreiben des Betroffenen, in denen er sich „J... von L... und R... “ nennt und sich als
„bestätigter Staatsinhaber“ und „bestätigter H... von P... “ bezeichnet. Die Vielzahl der
von ihm geführten Verfahren vor Behörden und Gerichten wird durch die zahlreichen, in
den Akten befindlichen Anfragen dieser Institutionen an das Vormundschaftsgericht
bestätigt. Es ist nicht zu beanstanden, dass das Landgericht daraus eine weiterhin
bestehende Betreuungsbedürftigkeit des Betroffenen und die Erforderlichkeit einer
Betreuung für die Aufgabenkreise „Vermögenssorge“, „Behördenangelegenheiten und
gerichtliche Auseinandersetzungen“ und „Wohnungsangelegenheiten“ gefolgert hat.
Das gilt auch für die „Entgegennahme und Öffnen der Post im Rahmen des
übertragenen Aufgabenkreises“, was ausdrücklich anzuordnen war, § 1896 Abs. 4 BGB.
Der Betroffene hat an ihn gerichtete Briefe des Vormundschaftsgerichts ungeöffnet
zurückgesandt. Deshalb ist die Befürchtung gerechtfertigt - und hat sich im Hinblick auf
die Rücksendung des Schreibens des Berichterstatters vom 16. Dezember 2006 auch
bestätigt -, dass er dies auch mit weiterer Post so handhabt und dem Betreuer wichtige
Schreiben nicht oder erst mit Verzögerung zur Kenntnis gelangen, was im Hinblick auf
die vielen von dem Betroffenen angestrengten Verfahren zu einer Gefährdung seiner
Vermögensinteressen führt.
Soweit der Betroffene die Feststellungen des Landgerichts in Zweifel zieht und vorträgt,
er sei gesund und in der Lage, seine Angelegenheiten selbst zu regeln, setzt er seine
Sachverhaltsdarstellung an die Stelle der Feststellungen des Landgerichts. Dies ist im
Rahmen der weiteren Beschwerde nicht zulässig. Die Prüfung des Gerichts der weiteren
Beschwerde beschränkt sich darauf, ob die tatsächlichen Feststellungen des
Landgerichts unter Verstoß gegen verfahrensrechtliche Vorschriften zustande
gekommen sind. Ansonsten ist die Tatsachenwürdigung durch das Landgericht für das
Gericht der weiteren Beschwerde bindend. Es hat nicht erneut zu prüfen, ob die
tatsächlichen Feststellungen auch richtig sind (Meyer-Holz, in: Keidel/Kuntze/Winkler,
FGG, 15. Aufl., § 27, Rdn. 42).
bb) Die Festlegung des Überprüfungszeitpunktes der Fortdauer der Betreuung ist
rechtlich nicht zu beanstanden. Die Sachverständige H... hat die Verlängerung der
Betreuung um die Dauer von fünf Jahren vorgeschlagen. Hiergegen ist nichts
einzuwenden angesichts der Dauerhaftigkeit der Erkrankung des Betroffenen und dem
Umstand, dass im Zeitpunkt der Entscheidung des Landgerichts auch bereits eine
Verlängerung um sieben Jahre möglich gewesen wäre, § 69a Abs. 1 Nr. 5 FGG.
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cc) Die Betreuung war auch gegen den erklärten Willen des Betreuten zu verlängern.
Das Landgericht konnte ohne Rechtsfehler unter Bezugnahme auf die Ausführungen der
Sachverständigen H.. davon ausgehen, dass der Betroffene krankheitsbedingt seinen
Willen nicht frei bilden kann. Dem Gutachten der Sachverständigen H... ist zu
entnehmen, dass bei dem Betroffene keinerlei Einsichtsfähigkeit und eine verminderte
Kritik- und Urteilsfähigkeit bezüglich der Notwendigkeit zur Regelung seiner
Angelegenheiten besteht.
III. Die sofortige weitere Beschwerde, die gegen die Anordnung der
Einwilligungsvorbehalte gerichtet ist, ist ebenfalls unbegründet.
Das Landgericht hat die Verlängerung und Erweiterung des Einwilligungsvorbehalts auf
die Aufgabenbereiche Vermögenssorge, Behördenangelegenheiten und gerichtliche
Auseinandersetzungen für erforderlich gehalten, weil die massenhafte Erhebung von
vornherein aussichtsloser Klagen zu erheblichen Kosten und damit zu einer
Vermögensgefährdung des Sozialhilfe beziehenden Betroffenen führen könne.
Auch diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand.
Soweit dies zur Abwendung einer erheblichen Gefahr für die Person oder das Vermögen
des Betreuten erforderlich ist, ordnet das Vormundschaftsgericht an, dass der Betreute
zu einer Willenserklärung, die den Aufgabenkreis des Betreuers betrifft, dessen
Einwilligung bedarf, § 1903 Abs. 1 S. 1 BGB. Von einer erheblichen Gefahr ist dann
auszugehen, wenn festgestellt wird, dass der Betreute am Rechtsverkehr teilnimmt und
er hierbei Willenserklärungen abgibt, die ihm nachteilig sind (Jürgens, Betreuungsrecht,
3. Aufl., § 1903, Rdn. 2). Die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts setzt weiter
voraus, dass der Betroffene aufgrund seiner Krankheit oder Behinderung seinen Willen
nicht frei bestimmen kann (BayObLG, FamRZ 1998, 454). Diese Grundsätze gelten auch,
soweit die Erweiterung eines Einwilligungsvorbehalts erforderlich wird, § 1908d Abs. 4
BGB.
Das Landgericht ist in tatsächlicher Hinsicht ohne Rechtsfehler und somit für den Senat
bindend vom Vorliegen dieser Voraussetzungen ausgegangen, so dass der
Einwilligungsvorbehalt entsprechend der Entscheidung über die Fortdauer der Betreuung
zu verlängern und zu erweitern war.
Verfahrensrechtlich ist die angefochtene Entscheidung nicht zu beanstanden. Für die
Verlängerung der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts gelten die Vorschriften über
die erstmalige Entscheidung entsprechend, § 69i Abs. 6 S. 1 FGG. Gemäß §§ 68 Abs. 1,
68b Abs. 2 und Abs. 1 S. 1 FGG hat das Vormundschaftsgericht den Betroffenen
persönlich anzuhören und das Gutachten eines Sachverständigen über die
Notwendigkeit der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts einzuholen. Beides ist
vorliegend geschehen. Das Vormundschaftsgericht hat den Betroffenen am 7. Februar
1995 auch im Hinblick auf die Verlängerung der Einwilligungsvorbehalte persönlich
angehört und das Gutachten der Sachverständigen H.. befasst sich ebenfalls mit der
Verlängerung, dem Umfang und der Dauer der anzuordnenden Einwilligungsvorbehalte.
Das Landgericht konnte ohne Rechtsfehler von der erneuten Anhörung und der
Einholung eines weiteren Gutachtens absehen, § 69g Abs. 5 S. 3 und 4 FGG. Insoweit
kann auf die obigen Ausführungen zur Verlängerung und Erweiterung der Betreuung
verwiesen werden.
Auch materiell-rechtlich begegnet die angefochtene Entscheidung keinen Bedenken.
Neben der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts für die Vermögenssorge ist eine
solche Anordnung auch für Behördenangelegenheiten und gerichtliche
Auseinandersetzungen grundsätzlich möglich (BayObLG, FamRZ 1998, 454; im Ergebnis
wohl auch OLG Schleswig, OLG-Report 2005, 350, das im konkreten Fall einen
entsprechenden Einwilligungsvorbehalt zur Abwehr einer Vermögensgefährdung für
ungeeignet hielt; Bier, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, 13.
Ergänzungslieferung 2006, § 62, Rdn. 14).
Die Erwägungen des Landgerichts, die massenhafte Erhebung von vornherein
aussichtsloser Klagen könne zu erheblichen Kosten und damit zu einer
Vermögensgefährdung des Betroffenen führen, sind nicht zu beanstanden. Dagegen
spricht nicht, dass es dem Betreuer auch ohne die Anordnung eines entsprechenden
Einwilligungsvorbehalts möglich wäre, in einen von dem Betroffenen angestrengten
Rechtsstreit einzutreten und diesen etwa durch Klagerücknahme zu beenden, vgl. § 53
ZPO oder § 62 Abs. 4 VwGO. Das änderte aber etwa in zivilrechtlichen Gerichtsverfahren,
die der Betroffene vor allem eingeleitet hat, nichts am Entstehen mindestens einer
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die der Betroffene vor allem eingeleitet hat, nichts am Entstehen mindestens einer
Verfahrensgebühr nach GKG-VV Nr. 1210, 1211. Sind jedoch die Verfahrenshandlungen
des Betroffenen auf Grund eines Einwilligungsvorbehalts von vornherein unwirksam,
können auch keine gerichtlichen Gebühren entstehen oder erhoben werden, weil Anträge
eines Prozessunfähigen keine Haftung begründen (Oestreich/Winter/Hellstab, GKG,
Loseblatt 62. Lieferung 2006, § 22, Rdn. 3; Hartmann, Kostengesetze, 36. Aufl., § 22
GKG, Rdn. 12; a.A. OLG Schleswig, OLG-Report 2005, 350).
Vor diesem Hintergrund ist die angefochtene Entscheidung auch nicht zu beanstanden,
soweit das Landgericht die sofortige Beschwerde gegen die Aufrechterhaltung des
Einwilligungsvorbehalts für die Vermögenssorge zurückgewiesen hat. Indem der Beklagte
Geldbeträge, an die er ohne Wissen des Betreuers gelangt war, nicht zweckgerichtet zur
Begleichung der laufenden Miete sondern anderweitig verwendete, hat sich gezeigt, dass
nur durch eine ständige Kontrolle seiner Ausgaben eine weitere Vermögensgefährdung
vermieden werden kann.
IV. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, § 131 Abs. 3 KostO.
B.
Der Antrag des Betroffenen auf Gewährung von Prozesskostenhilfe war zurückzuweisen,
weil die Voraussetzungen von § 14 FGG in Verbindung mit §§ 114 S. 1, 121 Abs. 2 ZPO
nicht vorliegen. Danach erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und
wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Verfahrensführung nicht, nur zum Teil oder
nur in Raten aufbringen kann, auf seinen Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die
beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht
mutwillig erscheint, § 114 S. 1 ZPO.
Prozesskostenhilfe war zu versagen, weil die Rechtsverfolgung durch den Betroffenen
aus den Gründen, die zur Zurückweisung seiner Rechtsmittel führte, keine hinreichende
Aussicht auf Erfolg hatte.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Besonderheiten des betreuungsrechtlichen
Verfahrens. Ob in Betreuungsverfahren die Voraussetzungen des § 114 S. 1 ZPO immer
schon dann bejaht werden können, wenn schwerwiegende Eingriffe in die Rechte und die
Lebensstellung des Betroffenen im Raume stehen (vgl. LG Karlsruhe, FamRZ 1999,
1091f.; Baronin von König, in: Jansen, FGG, 3. Aufl., § 14, Rdn. 5; Zimmermann, in:
Keidel/Kuntze/Winkler, a.a.O., § 14, Rdn. 9a), kann dahinstehen. Entsprechende
Erwägungen können jedenfalls nicht im Beschwerdeverfahren gelten. Insoweit bleibt es
dabei, dass Prozesskostenhilfe zu verweigern ist, wenn ein Rechtsmittel keine
genügende Aussicht auf Erfolg bietet (Philippi, in: Zöller, ZPO, 26. Aufl., § 114, Rdn. 60).
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