Urteil des KG Berlin vom 13.03.2017

KG Berlin: vaterschaftsanerkennung, öffentliche beurkundung, jugendamt, urkunde, geburt, prüfungspflicht, anerkennungserklärung, botschaft, abgabe, beweiskraft

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Gericht:
KG Berlin 1. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 W 88/05
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 20 PersStdG, § 29 PersStdG, §
1598 BGB
Vaterschaftsanerkennung: Identitätsfeststellung ohne gültiges
Personaldokument
Leitsatz
1. Für die Wirksamkeit des in öffentlicher Urkunde abgegebenen Vaterschaftsanerkenntnisses
ist es ohne Bedeutung, ob sich der Erklärende durch gültiges Personaldokument ausweisen
konnte.
2. Hat der Standesbeamte die Identität des als Vater Einzutragenden im Rahmen der ihm
obliegenden Identitätsprüfung festgestellt, so kann er die Eintragung nicht mit der
Begründung verweigern, dass bei Abgabe der vom Jugendamt beurkundeten
Vaterschaftsanerkennung ein gültiges Personaldokument als Identitätsnachweis des
Anerkennenden nicht vorgelegen habe.
Tenor
Die weitere Beschwerde wird nach einem Wert von 3.000,- EUR zurückgewiesen.
Gründe
A.
Der Beteiligte zu 1) hat durch Erklärungen vom 21. Februar 2002 gegenüber dem
Bezirksamt ... und vom 20. Januar 2003 gegenüber dem Landratsamt ... ... anerkannt,
Vater des Beteiligten zu 3) zu sein. Er verlangt die Beischreibung eines entsprechenden
Randvermerks im Geburtenbuch des Standesamtes ... von Berlin.
Der Standesbeamte hat dies mit der Begründung abgelehnt, die Identität des
Beteiligten zu 1) sei nicht hinreichend nachgewiesen. Auf Antrag des Beteiligten zu 1)
hat das Amtsgericht ... den Standesbeamten mit Beschluss vom 22. Dezember 2004
zur Eintragung angewiesen. Das Landgericht Berlin hat die hiergegen gerichtete
sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 4) mit Beschluss vom 17. Februar 2005
zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere sofortige Beschwerde der Beteiligten
zu 4).
B.
Die sofortige weitere Beschwerde ist nach §§ 45 Abs. 1, 49 Abs. 1 und 2 PStG i.V.m. §§
22, 27 Abs. 1, 29 Abs. 2 FGG zulässig. Sie ist jedoch erfolglos, denn die Entscheidung
des Landgerichts beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts, § 27 Abs. 1 FGG.
I. Das Landgericht hat unter anderem zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
Das Amtsgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass der Beteiligte zu 1) am 21.
Februar 2002 wirksam anerkannt habe, Vater des Beteiligten zu 3) zu sein. An der
Identität des Beteiligten zu 1) sowie daran, dass er die Vaterschaftserklärung vom 21.
Februar 2002 abgegeben habe, gebe es keine Zweifel. Er habe nunmehr einen gültigen
Reisepass vorgelegt. Die zuvor vorgelegte Geburtsurkunde Nr. ... sei zwar nicht durch die
deutsche Botschaft in ... verifiziert worden; die darin enthaltenen Personalien würden
jedoch durch das in Kopie und Übersetzung vorgelegte Familienbuch Nr. ... bestätigt. Die
von der Botschaft aufgezeigten Unstimmigkeiten reichten nicht aus, um die so
gewonnene Gewissheit über die Identität in Zweifel zu ziehen. Ein Bedürfnis, auf die
Vaterschaftsanerkennung vom 20. Januar 2003 abzustellen, bestehe nicht, da bei dieser
Erklärungen keine anderen Urkunden vorgelegt oder nachgereicht worden seien als bei
der Erklärung vom 21. Februar 2002.
II. Dies hält im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand.
1) Das Landgericht ist bei seiner Entscheidung von zutreffenden rechtlichen
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1) Das Landgericht ist bei seiner Entscheidung von zutreffenden rechtlichen
Voraussetzungen ausgegangen (Darlegungen auf Seite 5f. des angefochtenen
Beschlusses).
Nach § 20 PStG ist der Standesbeamte gehalten, die Angaben über eine zu
beurkundende Geburt nachzuprüfen, wenn Anlass zu Zweifeln an ihrer Richtigkeit
bestehen. Dies gilt auch im Fall eines nach § 29 Abs. 1 PStG bei Anerkennung der
Vaterschaft nach Geburt beizuschreibenden Randvermerkes. § 25 Satz 1 Nr. 2 PStV
konkretisiert diese Prüfungspflicht: Der Standesbeamte soll - bei wirksamer
Vaterschaftsanerkennung - verlangen, dass ihm die Geburtsurkunde des Vaters
vorgelegt wird. Nach Satz 3 kann er die Vorlage weiterer Urkunden verlangen, soweit
dies zum Nachweis von Angaben erforderlich ist (vgl. BayObLG, StAZ 2004, 110; StAZ
2005, 45).
2) Diese Grundsätze hat das Landgericht rechtsfehlerfrei angewendet.
Die Identitätsprüfung stellt eine im Rahmen der Rechtsbeschwerde nur auf Rechtsfehler
überprüfbare Tatsachenwürdigung dar (vgl. BayObLG, StAZ 2004, 111). Solche
Rechtsfehler (etwa unzureichende Erforschung des Sachverhalts, Verletzung von
Vorschriften über die Beweisaufnahme oder sonstiger Verfahrensvorschriften oder
fehlerhafte Tatsachenwürdigung) liegen hier nicht vor; die Beteiligte zu 4) hat in der
Beschwerdebegründung denn auch davon Abstand genommen, solche Fehler zu rügen.
3) Der Einwand der Beteiligten zu 4), das Vaterschaftsanerkenntnis vom 21. Februar
2002 sei im Hinblick auf die Grundsätze aus dem Beschluss des Landgerichts vom 1.
Oktober 2003 - 84 T 371/03 - (StAZ 2004, 202) formunwirksam, weil der Beteiligte zu 1)
sich vor dem Bezirksamt ... - anders als bei dem späteren Anerkenntnis vor dem
Landratsamt ... - nicht mittels eines Identitätspapiers habe ausweisen können, verhilft
der weiteren Beschwerde nicht zum Erfolg.
a) Die Prüfungspflicht des Standesbeamten nach § 20 PStG bezieht sich bei einer
Vaterschaftsanerkennung - wie dargestellt - zunächst auf die Identität der Person, die
die Vaterschaft anerkannt hat. Bezüglich der Anerkennungserklärung selbst, die
gegenüber einer anderen Behörde abgegeben worden ist, ist die Nachprüfung nach dem
Gesetz beschränkt. Nach §§ 1592 Nr. 2, 1594, 1595, 1597 und 1598 Abs. 1 BGB genügt
für eine wirksame Vaterschaftsanerkennung eine entsprechende Erklärung des Mannes,
eine Zustimmungserklärung der Mutter und die öffentliche Beurkundung beider
Erklärungen. Fehlen diese Voraussetzungen, ist die Erklärung ohne weiteres unwirksam
(vgl. Staudinger/Rauscher, BGB, Neubearb. 2004, § 1598 BGB, Rn. 5 ff.). Liegen sie
jedoch vor, ist die Anerkennung wirksam und nur in einem besonderen gerichtlichen
Anfechtungsverfahren angreifbar. Die rechtspolitisch erwünschte Klarstellung des Status
soll dadurch erreicht werden, dass die Vaterschaftsanerkennung den allgemeinen
Vorschriften über Willenserklärungen entzogen wird (vgl. Palandt/Diederichsen, BGB, 64.
Auflage 2005, § 1598 BGB, Rn. 1). Außerhalb einer Anfechtungsklage sind daher andere
Mängel der Vaterschaftsanerkennung nicht zu berücksichtigen, auch nicht im
Personenstandsverfahren vor dem Standesamt (vgl. auch Senat, Beschluss vom 11.
Dezember 2001 - 1 W 193/01 -, Seite 5). Dies gilt auch für die Identitätsfeststellung bei
Abgabe der Anerkennungserklärung. Unvollständigkeiten insoweit führen nicht zur
Unwirksamkeit der Vaterschaftsanerkennung (vgl. Staudinger/Rauscher, a.a.O., § 1597
BGB, Rn. 14).
Insbesondere ist auch die Formwirksamkeit der öffentlichen Beurkundung nicht davon
abhängig, dass der Erklärende seine Identität durch Vorlage eines gültigen
Personaldokuments nachweist. Nach § 1 Abs. 2 BeurkG gelten die Vorschriften des
BeurkG für die vom Jugendamt innerhalb seiner Zuständigkeit gemäß § 59 SGB VIII
vorgenommenen Beurkundungen entsprechend. Die Art der Identitätsfeststellung ist
nach § 10 BeurkG dem Ermessen der Urkundsbehörden überlassen; die Beweiskraft der
öffentlichen Urkunde gemäß § 415 ZPO bezieht sich dann auf die in der Urkunde
angegebene Identitätsfeststellung (vgl. Jansen, FGG, 3. Band, BeurkG § 10, Rn. 6 und 9).
b) Der entgegenstehenden Auffassung der Beteiligten zu 4), die sich auf den Beschluss
des Landgerichts Berlin vom 1. Oktober 2003 - 84 T 371/03 (StAZ 2004, 202) beruft,
kann nicht gefolgt werden. Das Landgericht hat in diesem Beschluss, der in einem
Prozesskostenhilfeverfahren ergangen ist, unter anderem ausgeführt, eine am 14. März
2002 vor dem Jugendamt mit Zustimmung der Mutter abgegebene
Vaterschaftsanerkennung sei unwirksam, weil der in diesem Zusammenhang vorgelegte
Pass des Mannes - anders als vom Jugendamt vermerkt - schon am 31. Dezember 2001
abgelaufen sei; die Ausstellung eines gültigen Reisepasses am 16. Mai 2003 legitimiere
den Mann erst ab diesem Zeitpunkt und heile den Mangel der Erklärung vom 14. März
2002 nicht. Soweit diesen Ausführungen die Auffassung zugrunde liegt, der
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2002 nicht. Soweit diesen Ausführungen die Auffassung zugrunde liegt, der
Standesbeamte sei - über die Identitätsprüfung hinaus - auch zu einer eigenständigen
und über die dargestellten Wirksamkeitsvoraussetzungen hinausgehenden Prüfung der
Vaterschaftsanerkennung befugt, wird verkannt, dass § 1598 Abs. 1 BGB eine solche
Prüfung nicht zulässt.
c) Im vorliegenden Verfahren hat das Landgericht allerdings - den zutreffenden
Ausführungen des Amtsgerichts folgend (dort Seite 2) - die Vaterschaftsanerkennung
vom 21. Februar 2002 zu Recht als formwirksam angesehen. Auf die mit der weiteren
Beschwerde beanstandete Erwägung des Landgerichts, bei der erneuten Anerkennung
vom 20. Januar 2003 habe der Beteiligte zu 1) keine anderen Urkunden vorgelegt (was
für den erst am 28. März 2002 ausgestellten Pass nicht zutrifft), kommt es für die
Entscheidung nicht an.
III. Eine Entscheidung im Kostenpunkt ist nicht veranlasst. Der Festsetzung des
Beschwerdewertes beruht auf §§ 131 Abs. 2, 30 KostO.
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