Urteil des KG Berlin vom 05.04.2006

KG Berlin: widerruf, mieter, herausgabe, räumung, auflage, hauptsache, nutzungsrecht, vorrang, form, gestaltung

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Gericht:
KG Berlin 8. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
8 U 83/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 535 BGB, § 985 BGB
Wohnraummietvertrag: Widerruf der Nutzung eines Teils der
Hoffläche durch den Mieter
Leitsatz
Zum Widerruf des Vermieters hinsichtlich einer Gartennutzung durch den Mieter
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 5. April 2006 verkündete Urteil der
Zivilprozessabteilung 5 des Amtsgerichts Tiergarten abgeändert:
Die Beklagten werden verurteilt, die auf dem Grundstück ... auf dem zweiten
Hinterhof vor den letzten beiden Garagen in voller Breite des Hinterhofs durch Zäune,
einen Schlagbaum, Pflanzenkübel und Pflanzen errichtete Eingrenzung zu beseitigen und
die derart begrenzte Fläche an den Kläger herauszugeben.
Die Kosten der ersten und zweiten Instanz tragen die Beklagten zu je 1/2.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Berufung des Klägers ist begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagten gemäß § 985 BGB einen Anspruch auf Räumung und
Herausgabe der im Tenor näher bezeichneten Fläche.
Die Beklagten haben kein Recht zum Besitz an der streitgegenständlichen Fläche,
dessen Eigentümer der Kläger ist. Die Fläche ist nicht von der zwischen der Beklagten zu
1) und dem Kläger gemäß § 535 BGB geschlossenen mietvertraglichen Vereinbarung
umfasst. Nach dem Vortrag der Beklagten kann auch nicht davon ausgegangen werden,
dass zwischen den Parteien ein Leihvertrag gemäß § 598 BGB zustande gekommen ist.
Ein derartiger Vertrag setzte einen vertraglichen Bindungswillen seitens des Klägers
voraus. Nach dem Vortrag der Beklagten soll die Hausverwaltung die Nutzung der Fläche
durch die Beklagten „gestattet“ haben. Zu den Einzelheiten dieser „Gestattung“ haben
die Beklagten nichts vorgetragen. Es bestehen daher auch keine Anhaltspunkte dafür,
dass dies behauptete „Gestattung“ von einem rechtlichen Bindungswillen getragen war.
Eine etwaige Gestattung der Nutzung hat der Kläger ausdrücklich – zuletzt mit Schreiben
vom 17. Oktober 2005 – widerrufen. Hierzu war er auch berechtigt. Fehlt es – wie hier –
an einer vertraglichen Regelung der Nutzung einer Fläche, so ist die Gestattung - egal ob
diese ausdrücklich oder stillschweigend durch bloße Duldung erteilt worden ist – frei
widerruflich (Kinne/Schach/Bieber, Miet- und Mietprozessrecht, 4. Auflage, § 535, Rdnr.
26; Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Auflage, III B, Rdnr.
1225; LG Wuppertal, WuM 1996, 267). Dem Widerruf der Gestattung steht § 242 BGB
nicht entgegen. Zum einen hat der Kläger, nachdem er die entsprechende
Mieterbefragung abgeschlossen hat, einen die streitgegenständliche Fläche
betreffenden Umgestaltungsplan zu den Akten gereicht. Dieser Umgestaltungsplan, der
eine Nutzung durch alle Mieter vorsieht, ist nur durchsetzbar, wenn die Beklagten die
streitgegenständliche Fläche räumen und an den Kläger herausgeben. Da der Kläger
nachvollziehbar dargelegt hat, dass ihm die Vorlage eines Umgestaltungsplanes erst in
der Berufungsinstanz möglich war, ist er mit diesem Vortrag nicht gemäß § 531 ZPO
ausgeschlossen. Das Interesse des Klägers, die Hoffläche allen Mietern zur Verfügung zu
stellen, hat vor dem Alleinnutzungsinteresse der Beklagten Vorrang. Dem Einwand der
Beklagten, der Vortrag des Klägers sei unsubstanziiert, weil er keinen
Umgestaltungsauftrag vorgelegt habe, steht entgegen, dass der Kläger aufgrund des
derzeitigen Verhaltens der Beklagten gehindert ist, einen derartigen Auftrag zu erteilen.
Zum anderen steht dem Einwand des § 242 BGB entgegen, dass die Beklagten in dem
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Zum anderen steht dem Einwand des § 242 BGB entgegen, dass die Beklagten in dem
Rechtsstreit 5 C 14/04 beim Amtsgericht Tiergarten, der die Räumung und Herausgabe
der identischen Fläche zum Gegenstand hatte, erklärt haben, dass sie sich darüber im
Klaren seien, dass sie nicht das alleinige Nutzungsrecht an der streitigen Fläche hätten
und dass auch andere Mieter diese Fläche nutzen könnten. Die Parteien haben darauf
hin den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt. Gleichwohl
haben die Beklagten die Nutzung in der streitgegenständlichen Fläche in der bisherigen
Form fortgesetzt. Allein schon die eingrenzende Gestaltung der Fläche durch die
Beklagten dokumentiert aber den die anderen Mieter ausgrenzenden
Alleinnutzungswillen der Beklagten.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Absatz 1, 100 Abs. 1 ZPO. Die weiteren
prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung
hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543 Absatz 2 Satz
1 ZPO.
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