Urteil des FG Schleswig-Holstein vom 14.03.2017

FG Schleswig-Holstein: satzung, pensionskasse, mitgliederversammlung, eintritt des versicherungsfalls, leibrente, mitgliedschaft, form, deckung, rentenerhöhung, rückstellung

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Gericht:
Schleswig-
Holsteinisches
Finanzgericht 2.
Senat
Entscheidungsdatum:
Streitjahr:
2006
Aktenzeichen:
2 K 124/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 22 Nr 1 S 3 Buchst a
DBuchst b EStG 2002, R 22.4
Abs 1 S 2 EStR 2008, § 38
VAG
Besteuerung der Erhöhung einer Leibrente durch
Überschussbeteiligung mit gesondertem Ertragsanteil
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Besteuerung von Leistungen aus einer
Pensionskasse.
Der Kläger ist Rentner und erhält unter anderem Leistungen aus einer
kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung der Pensionskasse …
Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit -VVaG- (X). Aufgrund des Eintritts des
Versicherungsfalles erhielt der im Jahre 1929 geborene Kläger ab 01. Oktober 1986
Pensionszahlungen. In den nachfolgenden Jahren wurden dem Kläger in
unregelmäßigen Abständen durch Beschlussfassung der Mitgliederversammlung
weitere Pensionen (Bonuspensionen) geleistet. Hinsichtlich der dem Kläger im
Streitjahr 2006 im Einzelnen zugeflossenen Leistungen wird auf die
Leistungsmitteilung der X Bezug genommen. Dabei vertrat die X die Ansicht, dass
die Bonuspensionen steuerrechtlich jeweils als eigenständige Rente anzusehen
und mit dem jeweiligen Ertragsanteil zu besteuern seien, der sich im jeweiligen
Erstjahr der Zahlung ergebe. Danach betrug der insgesamt zu besteuernde
Ertragsanteil 4.123 €.
Das Finanzamt folgte dieser Auffassung im Einkommensteuerbescheid 2006 vom
19. Juni 2007 nicht, sondern erfasste die gesamte Rentenleistung in Höhe von
18.894 € mit dem einheitlichen Ertragsanteil in Höhe von 25 % (= 4.723 €), der
sich aus dem Jahr der erstmaligen Zahlung ergab.
Hiergegen erhob der Kläger form- und fristgerecht Einspruch, mit dem er sich
gegen diesen einheitlichen Ertragsanteil wandte. Die Grundpension werde
aufgrund des originären Versicherungsvertrages gewährt, die Zusatzrenten
würden durch Beschlüsse der Mitgliederversammlung entstehen. Rein rechtlich
verpflichte sich die X erst durch diesen Beschluss zur Vornahme einer Leistung.
Die Annahme des Leistungsangebotes durch das Mitglied begründe das neue
Schuldverhältnis, erst ab diesem Zeitpunkt entstehe bei den Mitgliedern ein
Anspruch. Die Zusatzrente habe nichts mit der Grundpension zu tun. Sie
entspringe auch nicht aus dem ihr zu Grunde liegenden Rentenstammrecht,
sondern sei das Ergebnis eines neuen, zwischen der X und dem einzelnen Mitglied
entstandenen Vertrages. Im Übrigen werde darauf hingewiesen, dass in den
Anlagen I und II zu § 11 der Satzung der X selbst davon die Sprache sei, dass eine
Beitragserhöhung oder -verminderung als eine zusätzliche Neuversicherung mit
dem dann geltenden Alter behandelt werde. Erst wenn die X einen Überschuss
erwirtschaftet habe und wenn dazu auch noch die in der Satzung vorgesehenen
Voraussetzungen erfüllt seien und zuletzt dann auch noch die
Mitgliederversammlung die Verwendung eines Überschusses zur Erhöhung der
Pensionsleistungen beschließe, erwerbe ein Mitglied der X einen Anspruch auf eine
Erhöhung seiner Pension. Einen Automatismus auf eine Erhöhung der
Pensionsleistungen allein nur aus der Mitgliedschaft in der X abzuleiten, gehe fehl.
Das Finanzamt wies den Einspruch mit Entscheidung vom 05. Mai 2008 als
unbegründet zurück und führte hierzu Folgendes aus.
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Für die Besteuerung der Leistungen der Pensionskasse X mit verschiedenen
Ertragsanteilen bestehe kein Raum. Nach Richtlinie 22.4 Abs. 1
Einkommensteuerrichtlinien -EStR- sei bei einer Erhöhung der Rente der
Erhöhungsbetrag dann als selbständige Rente anzusehen, wenn auch das
Rentenrecht selbst eine Werterhöhung erfahre. Sei eine Erhöhung der
Rentenzahlung durch eine Überschussbeteiligung von vornherein im Rentenrecht
vorgesehen, seien die der Überschussbeteiligung dienenden Erhöhungsbeträge
Erträge dieses Rentenrechts und würden nicht zu einem neuen Rentenrecht führen
(BFH-Urteil vom 10. Oktober 1969, Bundessteuerblatt -BStBl- II 1970, 9). Im Fall
der Pensionskasse X beruhe der nach Maßgabe der Satzung bestehende Anspruch
des Mitglieds auf die Überschussbeteiligung (hier in Form der jährlichen
Bonusrente) auf seiner Mitgliedschaft in der Pensionskasse, sei also von
vornherein im Rentenrecht als dem zu Grunde liegenden Dauerschuldverhältnis
vorgesehen und damit Teil dieses Rentenrechts. Die Überschussbeteiligung sei
daher nicht geeignet, eine neue Rente zu begründen, die dann mit einem
gesonderten Ertragsanteil der Besteuerung unterfiele.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende Klage, zu deren
Begründung der Kläger Folgendes vorträgt:
Die nach dem Eintritt des Versicherungsfalls gewährten Pensionen seien als
eigenständige Pensionen anzusehen, die jeweils neue und selbständige
Rentenstammrechte begründen würden. Die Auffassung des Finanzamtes, dass
die nach dem 01. Oktober 1986 gewährten einzelnen Pensionen als
unselbständige Pensionserhöhungen zu qualifizieren seien, gehe schon deswegen
fehl, weil zwischen der ersten Pension vom 01. Oktober 1986 und den dieser
nachfolgenden zusätzlichen Pensionen kein unmittelbarer rechtlicher
Zusammenhang bestehe. Dieses wäre nur dann der Fall, wenn er aufgrund der
ersten Pension einen Anspruch auf laufende Pensionserhöhungen hätte. Ein
solcher Anspruch existiere jedoch weder in der Satzung noch in den allgemeinen
Versicherungsbedingungen der X. In diesen sei weder eine Dynamisierung der
Leistungen bzw. ein Anspruch des Versicherungsnehmers auf automatische
Rentenerhöhung noch eine Wertsicherungsklausel enthalten. Die
streitgegenständlichen einzelnen Bonuspensionen würden vielmehr erst dadurch
gewährt, dass die Mitgliederversammlungen für die einzelnen Jahre einen
entsprechenden Beschluss über die Verwendung des jeweils erzielten
Jahresüberschusses gefasst hätten (vgl. § 10 Nr. 2 der aktuellen Satzung der X
sowie § 23 Nr. 1 Buchstabe b der Fassung Stand: Mai 1977). Durch die jeweiligen
Beschlüsse würden somit zwischen den Mitgliedern und der X neue
Versicherungsverträge geschlossen. Diese seien dann jedoch im Rahmen der
Einkommensteuerveranlagung nicht mit dem Ertragsanteil der Grundpension,
sondern mit einem eigenen, selbständig anhand des Alters des Berechtigten zum
Zeitpunkt der Gewährung der Bonuspensionen zu ermittelnden Ertragsanteil zu
berücksichtigen. Eine andere Auffassung würde zudem gegen den Sinn und Zweck
der Besteuerung von Leibrenten verstoßen, wonach aufgrund des höheren
Renteneintrittsalters und der damit verbundenen kürzeren Laufzeit der jeweiligen
Bonusrenten ein jeweils entsprechend verminderter Ertragsanteil anzusetzen sei.
Zwar sei dem Finanzamt insoweit zuzustimmen, dass die X als Pensionskasse
aufgrund der gesetzlichen Vorschriften verpflichtet sei, erwirtschaftete
Überschüsse ihren Mitgliedern zu Gute kommen zu lassen. Es existiere jedoch
keine gesetzliche Vorschrift, wonach diese Beteiligung an den Überschüssen
dergestalt zu gewähren sei, dass bestehende Pensionen erhöht werden müssten
oder Überschüsse nicht in Form von Bonuspensionen den Mitgliedern zufließen
könnten. Da die Pensionskasse als kleinerer Versicherungsverein auf
Gegenseitigkeit auch der Versicherungsaufsicht unterliege, wäre die praktizierte
Handhabung der X bei der Beteiligung der Mitglieder an den erzielten
Überschüssen ansonsten auch spätestens von der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) als Aufsichtsbehörde untersagt worden. Des
Weiteren trage die Auffassung des Finanzamtes, wonach die den Mitgliedern
zufließenden Überschussbeteiligungen von vornherein im Rentenstammrecht der
Grundpension enthalten seien, nicht. Der Anspruch der Mitglieder der X an den
erwirtschafteten Überschüssen resultiere zum einen aus § 38 VAG und zum
anderen aus der Satzung der X. Der gesetzliche Anspruch des § 38 VAG und der
satzungsgemäße Anspruch hätten ihre Wurzeln jedoch in der mitgliedschaftlichen
Seite des einheitlichen Rechtsverhältnisses zwischen Versicherungsnehmer und
Gegenseitigkeitsverein. Die Überschussbeteiligung im Sinne des § 38 VAG sei der
Anteil des Versicherten am Vereinsüberschuss und gehe insoweit nicht auf das
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Anteil des Versicherten am Vereinsüberschuss und gehe insoweit nicht auf das
Versicherungsverhältnis zurück, sondern auf die Tatsache der Zugehörigkeit zum
Gegenseitigkeitsverein und folge aus dem genossenschaftlichen Prinzip, nach dem
der Gegenseitigkeitsverein organisiert sei. Sowohl der gesetzliche Anspruch als
auch der satzungsmäßige Anspruch seien daher als mitgliedschaftliches Recht
anzusehen. Da somit der Anspruch auf Überschussbeteiligungen gerade nicht auf
das Versicherungsverhältnis zurückzuführen sei, sondern alleine in der
Mitgliedschaft in der X begründet sei, könnten die selbständig gewährten
Bonuspensionen auch nicht als unselbständige Erhöhungen der Grundpension, die
ihrerseits allein aufgrund des Versicherungsverhältnisses gewährt worden sei,
angesehen werden. Der Hinweis des Finanzamtes auf die Richtlinie 22.4 Abs. 1
Einkommensteuerrichtlinien vermöge ebenfalls nicht zu überzeugen, da im
vorliegenden Fall eben nicht eine bereits bestehende Rente erhöht werde, sondern
vielmehr eine zusätzliche, rechtlich selbständige Rente gewährt werde. Wenn die
Höhe einer Rente von mehreren selbständigen Voraussetzungen abhängig sei,
besage Hinweis 22.3 Einkommensteuerhinweise, dass einkommensteuerrechtlich
eine lebenslängliche Leibrente erst ab dem Zeitpunkt angenommen werden
könne, in dem die Voraussetzung für eine fortlaufende Gewährung der Rente in
gleichmäßiger Höhe bis zum Lebensende des Berechtigten erstmals vorliege. Weil
diese Ausführung allgemein zum Begriff der Leibrente gemacht worden sei, müsse
dieses für die Leibrenten nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb
EStG ebenso gelten. Es seien keine systematischen Erwägungen ersichtlich, die
diese Ausführungen nur auf die unter § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a
Doppelbuchstabe aa EStG fallenden Renten für anwendbar erklären würden. Das
Vorgenannte treffe auch auf den hier vorliegenden Sachverhalt zu, da die
Gewährung der Bonuspensionen von mehreren selbständigen Voraussetzungen
abhängig sei. Zwingende Voraussetzungen für das Entstehen des Anspruchs auf
die Rentenzahlungen seien neben dem Vorliegen eines Jahresüberschusses die
Mitgliedschaft bei der X und ein entsprechender Beschluss der
Mitgliederversammlung über die Verwendung des Jahresüberschusses zu Gunsten
der Mitglieder in Form von Bonuspensionen. Durch den Beschluss werde auch erst
über das „Ob“ und das „Wie“, das heiße unter anderem über Beginn und über die
Höhe entschieden. Somit würden erst nach Beschlussfassung alle
Voraussetzungen für eine fortlaufende Gewährung der Rente in gleichmäßiger
Höhe bis zum Lebensende des Berechtigten zum ersten Mal vorliegen, so dass
erst ab diesem Zeitpunkt von einer Leibrente gesprochen werden könne.
Die dem Kläger eingeräumte Bonusrente beruhe rechtlich gerade nicht auf der
Satzung der Pensionskasse X, sondern vielmehr auf der eigenen und freien
Entscheidung der Mitgliederversammlung. Das Finanzamt unterscheide an dieser
Stelle nicht, dass die Satzung die Tatbestandsvoraussetzungen für die
Einräumung von Grundpensionen und Bonuspension rechtlich völlig eigenständig
und gerade nicht kongruent darstelle. § 19 der aktuellen Satzung der
Pensionskasse X vermittele dem einzelnen Mitglied keinen Rechtsanspruch auf die
Zahlung einer Bonuspension im Falle eines Überschusses. Es bestehe keine
rechtliche, in der Satzung niedergelegte Verpflichtung der Kasse, einen
Überschuss in Form von weiteren Bonuspensionen an die Mitglieder
auszuschütten. § 19 Buchstabe D besage insoweit nur, dass ein Bonus - sofern
nicht Fehlbeträge ausgeglichen werden müssen - in die Rückstellung für
Beitragsrückerstattungen einzustellen sei. Diese Rückstellung sei aber nicht
zwingend für die Zahlung einer Bonuspension zu verwenden. § 19 Buchstabe E
ermächtige die Mitgliederversammlung, über das Schicksal der Rücklage zu
beschließen. Dabei sei der Mitgliederversammlung ein Katalog an
Wahlmöglichkeiten eingeräumt, von denen nur eine die Einräumung einer
zusätzlichen Bonuspension darstelle. Gleichwertig könne die
Mitgliederversammlung unter anderem beschließen, die Rücklage für eine zeitlich
befristete Beitragsverrechnung zu verwenden (vgl. § 19 Buchstabe E Nr. 2 der
Satzung). Somit räume die Satzung der Mitgliederversammlung lediglich ein
Wahlrecht hinsichtlich der Mittelverwendung ein. Auf den tatsächlichen Beschluss
der Versammlung habe die Satzung keinen Einfluss. Demzufolge könne die
Satzung dem einzelnen Mitglied keinen Anspruch auf eine Bonuspension
vermitteln. Die Satzung gehe der Mitgliederversammlung nur im Hinblick auf die
primäre Überschussverwendung zum Ausgleich von Fehlbeträgen vor, denn die
oberste Maxime hinsichtlich der Verwaltung der vorhandenen Mittel sei die
Sicherstellung der Liquidität der Gesamtkasse. Anders als das Finanzamt
ausführe, bestehe damit auch kein Widerspruch hinsichtlich der Zuständigkeiten
im Falle der Deckung eines Fehlbetrages durch Ermäßigung laufender
Pensionsleistungen. Aufgrund der eindeutigen Regelung des § 19 Buchstabe D der
Satzung stelle die Satzung die maßgebliche Rechtsgrundlage hinsichtlich des
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Satzung stelle die Satzung die maßgebliche Rechtsgrundlage hinsichtlich des
Vorgehens im Falle eines Fehlbetrages dar. Im davon strikt zu trennenden Fall
eines Überschusses sehe die Satzung hingegen keine eindeutige Rechtsfolge
mehr vor. Vielmehr bleibe es ausschließlich der Mitgliederversammlung
vorbehalten, aus einem vorgegebenen Katalog auszuwählen und die
Verwendungsform des Überschusses zu manifestieren.
Der Kläger beantragt sinngemäß, den Einkommensteuerbescheid 2006 vom 19.
Juni 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05. Mai 2008 zu ändern und
dabei die Pensionsleistungen der X mit einem Ertragsanteil in Höhe von 4.123 € zu
erfassen.
Das Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Finanzamt erwidert, dass alle Leistungen der Pensionskasse X (gleich ob
Grundpension oder Erhöhungsbeträge aus den erzielten Jahresüberschüssen) sich
in der Mitgliedschaft des jeweiligen Empfängers in dem Versicherungsverein
begründen würden. Die Beitragsleistungen des jeweiligen Mitglieds, die aufgrund
von Einzahlungen entsprechend den Bedingungen des Versicherungsvertrages die
Höhe der Grundpension bestimmen würden, würden nicht ein Rentenstammrecht
im Sinne der Richtlinie 22.4 zu § 22 EStG begründen. Gleiches würde für die
jährliche Beschlussfassung der Mitgliederversammlung der Pensionskasse gelten.
§ 19 Buchstabe E und F der aktuellen Satzung der Pensionskasse würden im
Einzelnen die Verwendung eines nach Abschluss des Geschäftsjahres erzielten
Überschusses bzw. bestehenden Fehlbetrages sowie die Verteilung/Deckung zu
Gunsten bzw. zu Lasten der Mitglieder der Kasse bestimmen. Die hier in Rede
stehende Erweiterung der Leistungen der Pensionskasse (Zahlung von
Bonusrenten) folge aus eben dieser für das jeweilige Mitglied geltenden
Satzungsbestimmung; diese sei Grundlage des Rechtsanspruchs auf
Leistungen/des Rentenrechts im Sinne der vorstehend angeführten
einkommensteuerrechtlichen Bestimmung. Wäre dieser Anspruch nur in dem
Versicherungsvertrag bzw. dem jeweiligen Beschluss der Mitgliederversammlung
begründet, würde es der Bestimmung zur Deckung eines Fehlbetrages durch eine
Ermäßigung der (bereits laufenden) Pensionsleistung für das jeweilige Mitglied bzw.
Kürzung des Pensionsanspruchs (siehe § 19 Buchstabe F Ziff. 5 der Satzung) an
einer rechtlichen Grundlage fehlen.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie des Sachverhalts im
Übrigen wird auf die vorbereitenden Schriftsätze sowie 1 Band
Einkommensteuerakten mit der Steuernummer … Bezug genommen. Diese war
beigezogen und Gegenstand der Entscheidung.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Das Finanzamt hat bei der Steuerfestsetzung 2006 die sonstigen Einkünfte des
Klägers aus der X Pensionskasse mit einem unzutreffenden Ertragsanteil
berücksichtigt. Entgegen der Ansicht des Finanzamts ist für die einzelnen
Rentenleistungen nicht ein einheitlicher Ertragsanteil anzusetzen, sondern für die
jeweiligen sog. Bonusrenten ein gesonderter Ertragsanteil, der sich aus dem Jahr
des erstmaligen Bezugs der jeweiligen Bonusrenten ergibt. Die Steuerfestsetzung
war daher antragsgemäß zu ändern (§ 100 Abs. 1, 2 Finanzgerichtsordnung –FGO-
).
Die Beteiligten gehen unstreitig zu Recht davon aus, dass die aus der
Pensionskasse X gezahlten Beträge zu den sonstigen Einkünften gemäß § 22 Nr. 1
Satz 3 Buchstabe a, Doppelbuchstabe bb EStG gehören. Dies sind Leibrenten und
andere Leistungen, die nicht solche des Doppelbuchstaben aa sind und bei denen
in den einzelnen Bezügen Einkünfte aus Erträgen des Rentenrechts enthalten sind.
Als Ertrag des Rentenrechts gilt nach Satz 3 für die gesamte Dauer des
Rentenbezugs der Unterschiedsbetrag zwischen dem Jahresbetrag der Rente und
dem Betrag, der sich bei gleichmäßiger Verteilung des Kapitalwerts der Rente auf
ihre voraussichtliche Laufzeit ergibt; dabei ist der Kapitalwert nach dieser Laufzeit
zu berechnen. Der Ertrag des Rentenrechts (Ertragsanteil) ist der Tabelle des
Satzes 4 zu entnehmen.
Danach hat das Finanzamt zutreffend für die ursprünglich ab 1. Oktober 1986
geleistete Rente unter Zugrundelegung des zu diesem Zeitpunkt 57. vollendeten
Lebensjahrs des Klägers einen Ertragsanteil in Höhe von 25 % bei der Besteuerung
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Lebensjahrs des Klägers einen Ertragsanteil in Höhe von 25 % bei der Besteuerung
berücksichtigt.
Entgegen der Auffassung des Finanzamts ist dieser Ertragsanteil aber nicht für die
Erhöhungsbeträge, die sich aus der entsprechenden Beschlussfassung der
Mitgliederversammlung ergeben haben, anzuwenden. Nach der Rechtsprechung
des BFH (Urteil vom 10. Oktober 1969 VI R 267/66, BFHE 97, 31, BStBl II 1970, 9)
beeinträchtigen Währungs- oder Wertsicherungsklauseln, die sicherstellen sollen,
dass der wirtschaftliche Wert der Leistungen gewahrt bleibt, die Rechtsnatur der
Rente als Leibrente nicht. Wird die Wertsicherungsklausel in Anspruch genommen
und erhöhen sich dadurch die künftigen Rentenzahlungen, so ist nach ständiger
Rechtsprechung der Erhöhungsbetrag nicht als selbständige Rente anzusehen, für
die der Ertragsanteil vom Zeitpunkt der Erhöhung an gesondert zu ermitteln wäre.
In der Erhöhung der Rentenzahlung liegt keine neue Zusage einer Rente. Der Wert
des Rentenstammrechts, das mit einer Wertsicherungsklausel ausgestattet ist,
bleibt unverändert (BFH-Urteil vom 10. Oktober 1969 VI R 267/66, BFHE 97, 31,
BStBl II 1970, 9 mwN). Auch in der Literatur wird – soweit ersichtlich - in den Fällen
der Rentenerhöhung aufgrund einer Währungs- oder Wertsicherungsklausel der
ursprüngliche Ertragsanteil auch auf den neuen –erhöhten- Rentenbetrag
angewendet (Stuhrmann in Blümich, EStG, § 22 RNr. 118; Lindberg in Frotscher,
EStG, § 22 RNr. 139; Fischer in Kirchhof/Söhn, EStG, § 22 RNr. B 140; Risthaus in
Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 22 RNr. 334). Eine neue, selbständige Rente
liegt wohl auch dann nicht vor, wenn die Erhöhung im zeitlichen Zusammenhang
mit einer vorangegangenen Herabsetzung steht (R 22.4 Absatz 1 Satz 2 EStR
2006, jetzt R 22.4 Absatz 1 Satz 3 EStR 2008).
Demgegenüber kann bei einer Erhöhung der Rente, falls auch das Rentenrecht
eine zusätzliche Werterhöhung erfährt, der Erhöhungsbetrag als selbständige
Rente anzusehen sein, für die der Ertragsanteil vom Zeitpunkt der Erhöhung an
gesondert zu ermitteln ist; dabei ist unerheblich, ob die Erhöhung von vorneherein
vereinbart war oder erst im Laufe des Rentenbezugs vereinbart wird (R 22.4 Absatz
1 Satz 1 EStR 2006 und 2008). Eine derartige Erhöhung der Rente liegt nach dem
BFH-Urteil vom 10. Oktober 1969 (VI R 267/66, BFHE 97, 31, BStBl II 1970, 9) nur
dann vor, wenn auch das Rentenstammrecht eine zusätzliche Werterhöhung
erfährt.
Nach Auffassung des Senats stellen die strittigen sog. Bonusrenten, die der Kläger
von der X erhält, eine echte Rentenerhöhung dar, die hinsichtlich des
steuerrechtlich maßgebenden Ertragsanteils gegenüber der ursprünglichen Rente
als eigenständig anzusehen sind. Hierfür spricht zunächst der Umstand, dass es
keine „automatische“ Rentenanpassung im Sinne einer Wertsicherungsklausel ist,
die bei Erfüllung bestimmter Kriterien eine erhöhte Rentenzahlung auslöst.
Vielmehr liegen den Bonusrenten Überschüsse der X zugrunde, die völlig
unabhängig von einer Wertentwicklung sind. Aber selbst die Tatsache, dass
Überschüsse erzielt werden, hat noch nicht unbedingt die Erhöhung bzw.
Gewährung von Bonusrenten zur Folge. Denn nach § 19 C der Satzung der X vom
1. Januar 2008 sind Überschüsse zunächst für die Deckung der Verluste zu
verwenden. Erst danach darf ein Überschuss in die Rückstellung für
Beitragsrückerstattung eingestellt werden (§ 19 D der Satzung). Diese
Rückstellung kann dann u.a. nach § 19 E Nr. 1 der Satzung für eine Erhöhung der
Pensionsversicherungen oder Erweiterung der Leistungen verwendet werden.
Gleichrangig daneben käme aber auch eine zeitlich befristete Beitragsverrechnung
in Betracht (§ 19 E Nr. 2 der Satzung). Letztendlich ist es Sache der
Mitgliederversammlung über die Verwendung eines Überschusses zu beschließen
(§ 19 E Nr. 4 der Satzung). Dies galt auch nach der Satzung vom 1. Januar 1976,
die in § 28 Nr. 4 ebenfalls vorsah, dass ein Überschuss für Erhöhungen der
Pensions-Verpflichtungen „verwendet werden kann“. Zwar ist dem Finanzamt
zuzustimmen, dass auch diese Rentenerhöhung in der Mitgliedschaft des Klägers
bei der X begründet ist. Aber allein diese Verknüpfung rechtfertigt nicht die
Anwendung des Ertragsanteils der erstmaligen Rentenzahlung. Ein konkreter
Rechtsanspruch auf Zahlung höherer Renten ist vielmehr erst mit
entsprechendem Mitgliederbeschluss entstanden. Entgegen R 22.4 Abs. 1 Satz 2
EStR 2008 liegt auch eine Erhöhung des Rentenrechts vor.
Hinsichtlich der Berechnung der insgesamt zu versteuernden Ertragsanteile wird
auf die Berechnung der X Bezug genommen. Einwendungen wurden vom
Finanzamt insoweit nicht erhoben. Auch der Senat hat hiergegen keine Bedenken.
Die Steuer war daher wie folgt festzusetzen:
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Die Nebenentscheidungen folgen aus § 151 FGO iVm §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO
zuzulassen, da Rechtsprechung des BFH zu vergleichbaren Fällen nicht vorliegt
und der Senat von der Regelung der R 22.4 Abs. 1 Satz 2 EStR 2008 abweicht.