Urteil des FG Saarland vom 20.10.2009

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FG Saarbrücken Urteil vom 20.10.2009, 2 K 1260/07
Einnahmen aus der Überlassung einer Immobilie zur Nutzung als Antennenstandort -
Höchstbeträge des Sonderausgabenabzugs gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 10 Abs. 3
EStG verfassungsgemäß
Leitsätze
Einnahmen eines Steuerpflichtigen aus der Überlassung einer Immobilie an einen
Mobilfunkbetreiber zur Nutzung als Antennenstandort stellen Einnahmen aus Vermietung
und Verpachtung dar. Dass von der Anlage möglicherweise eine Gesundheitsgefährdung
ausgeht, beeinträchtigt nicht die steuerliche Wesensart der Einnahmen.
Tenor
Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Tatbestand
Der Kläger, der u.a. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt, streitet mit dem
Beklagten um die steuerliche Beurteilung von Einnahmen aus dem Abschluss eines
„Mietvertrages“ mit einem Mobilfunkbetreiber. Während der Beklagte insoweit von
Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ausgeht, betrachtet der Kläger 2/3 der von
ihm erzielten Einnahmen als (steuerfreie) Entschädigungszahlung.
Der Kläger hat am 24./29 November 1994 mit der E-Mobilfunk GmbH als „Mietvertrag“
bezeichnete Vereinbarungen getroffen (Rbh I, Mietvertr., Bl. 2 ff.). Der Vertrag betrifft ein
im Eigentum des Klägers stehendes Gebäude. Danach gestattete der Kläger der E-
Mobilfunk GmbH, auf dem Gebäude eine Funkfeststation zu errichten. Die jährliche „Miete“
betrug anfänglich 4.000 DM.
Mit „Mietvertrag“ vom 10. November/7. Dezember 1999 ((Rbh I, Mietvertr., Bl. 26 ff.) traf
der Kläger für das nämliche Grundstück eine entsprechende Vereinbarung mit der V-
GmbH & Co. Das hierfür von der Gesellschaft zu zahlende Entgelt, welches im
„Mietvertrag“ als „Miete“ bezeichnet wird, betrug 6.000 DM. Der „Mietpreis“ sollte sich in
Abhängigkeit von der Sendeleistung der Antennen erhöhen.
Gegen die Einkommensteuersteuerbescheide 1998 vom 3. Mai 2001 (ESt, Bl. 8), 1999
vom 27. März 2003 (ESt, Bl. 73) sowie 2000 und 2001 vom 5. Februar 2003 (ESt, Bl.
130, 186), in denen jeweils die Besteuerungsgrundlagen wegen nicht rechtzeitiger Abgabe
der Einkommensteuererklärungen geschätzt worden waren, legte der Kläger jeweils
Einspruch ein und reichte die Einkommensteuererklärungen zur Begründung nach.
Der Beklagte erließ am 11. April 2007 Einspruchsentscheidungen für die Streitjahre 1998
bis 2001 (Bl. 17 ff.). Dabei wurde die Steuerfestsetzung für 1998 hinsichtlich der
beschränkten Abzugsfähigkeit von Vorsorgeaufwendungen und der Nichtabziehbarkeit von
Beiträgen zur Rentenversicherung als vorweggenommene Werbungskosten sowie
hinsichtlich der Festsetzung des Solidaritätszuschlags gemäß § 165 AO für vorläufig erklärt
(Bl. 23 f.). Im Übrigen führten die Einsprüche gegen die Einkommensteuerbescheide 1999
bis 2001 zu einer Änderung der ursprünglichen Steuerfestsetzungen (Bl. 26 ff). Darin
erfasste der Beklagte jedoch weiterhin die Einnahmen aus der Gestattung zur Errichtung
von Mobilfunkantennen in voller Höhe als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung. Die
Bescheide enthielten jeweils Vorläufigkeitsvermerke hinsichtlich der beschränkten
Abzugsfähigkeit von Vorsorgeaufwendungen und der Nichtabziehbarkeit von Beiträgen zur
Rentenversicherung als vorweggenommene Werbungskosten sowie hinsichtlich der
Festsetzung des Solidaritätszuschlags.
Am 11. Mai 2007 hat der Kläger Klage erhoben (Bl. 1).
Er beantragt, die Einkommensteuerbescheide 1998 bis 2001 vom 3. Mai 2001, vom 27.
März 2003 sowie vom 5. Februar 2003 in Form der Einspruchsentscheidung vom 11. April
2007 insoweit zu ändern, als lediglich 1/10 der für die Gestattung zur Errichtung von
Mobilfunkantennen erzielten Entgelte als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung
Mobilfunkantennen erzielten Entgelte als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung
erfasst und die Vorsorgeaufwendungen steuerlich stärker berücksichtigt werden.
Der Kläger macht geltend, bei den streitigen Zahlungen handele es sich um eine Art
(steuerfreien) „Lottogewinn“. Allenfalls 1/10 der Leistungen könnten den Einnahmen aus
Vermietung und Verpachtung zugerechnet werden. Im Übrigen lägen (nicht steuerbare)
Entschädigungsleistungen vor. Dies leite sich schon aus der Entgelthöhe ab. Die Entgelte
seien -soweit man darin eine Miete sähe- weitaus überhöht. Dies indiziere den
Entschädigungscharakter. Es handele sich demzufolge weitgehend um einen
„Lastenausgleich“, um das Strahlenrisiko solcher Anlagen zu entschädigen.
Die von ihm getragenen Vorsorgeaufwendungen stellten in größerem Maße, als dies der
Beklagte anerkenne, abziehbaren Aufwand dar (Bl. 2). Auch bestünden Bedenken gegen
die Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlags (Bl. 3 f.).
Der Beklagte beantragt, die Klage als unbegründet abzuweisen.
Der Beklagte verweist auf die Bezeichnung der Vereinbarungen mit den Mobilfunkanbietern.
Die Verträge seien als „Mietverträge“ abgefasst worden und hätten auch einen
entsprechenden Vertragsgegenstand, nämlich die Überlassung der Immobilie zur Nutzung
als Antennenstandort. Hinsichtlich der Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen und des
Solidaritätszuschlags verweist der Beklagte auf die gesetzlichen Bestimmungen. Im Übrigen
sei dem Rechtsschutzbedürfnis des Klägers durch die Vorläufigkeitsvermerke in den
Steuerbescheiden hinreichend Rechnung getragen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die beigezogenen
Verwaltungsakten sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die vom Kläger erzielten Einnahmen aus der
Überlassung der Immobilie zur Nutzung als Antennenstandort stellen Einnahmen aus
Vermietung und Verpachtung dar. Im Übrigen, nämlich hinsichtlich der stärkeren
Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen, fehlt der Klage das Rechtsschutzbedürfnis.
1. Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung
1.1. Rechtsgrundlagen
Gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind
Einnahmen aus der Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen,
insbesondere von Grundstücken, Gebäuden und Gebäudeteilen. Auch der Platz für eine
Mobilfunkantenne an oder auf einem Gebäude kann zu dem Gebäude rechnen
(Eggers/Strahl, in: Korn, EStG, Kommentar, § 21 EStG, Anm. 57, Stand: 2/2009).
1. 2. Anwendung im Streitfall
Im Streitfall rechnen nach Auffassung des Senats die Einnahmen, die der Kläger aus der
Überlassung des in seinem Eigentum stehenden Gebäudes zur Errichtung von
Mobilfunkantennen erzielt hat, zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.
Hierfür spricht zuerst einmal die sowohl vom Kläger, einem Juristen, als auch von den
anderen Vertragsparteien verwandte Bezeichnung in den Verträgen. Diese enthalten als
Überschrift die Bezeichnung „Mietvertrag“. Die Verträge selbst enthalten zudem
Regelungen, nämlich in erster Linie als Vertragsgegenstand das „Nutzungsrecht“ an dem
Grundbesitz des Klägers, die nachgerade typisch für einen Mietvertrag sind.
Dass von der auf dem Gebäude betriebenen Anlage möglicherweise eine
Gesundheitsgefährdung ausgeht, beeinträchtigt nicht die Wesensart des
Vertragsgegenstandes. So wird aus einer „Pachtzinszahlung“ über ein Grundstück zum
Betrieb einer Tankstelle nicht deshalb eine Schadensersatzzahlung, wenn die Gefahr
besteht, dass der Pächter mittels entsprechender Immissionen möglicherweise das
Grundstück verunreinigt. Das insoweit im Vergleich zu üblichen Mieten erhöhte Entgelt mag
zwar auch solche Risiken abdecken. Es verändert indessen nicht den Charakter der
Nutzungsüberlassung als solche. Zudem stünden entsprechende Entschädigungszahlungen
weniger dem Grundstückseigentümer zu, als vielmehr den Nachbarn des Gebäudes, von
dem aus eine solche Antennenanlage betrieben wird. Die Strahlen, so sie schädlich sein
sollten, erreichen nämlich in erster Linie Nachbarn „in Reichweite“ der Anlage (dazu
http://www.bfs.de/bfs/druck/infoblatt/Rechtschutz_Mobilfunk.html).
Die Auffassung des Senats steht im Übrigen in Übereinstimmung mit der Auffassung des
BGH (Urteil vom 2. November 2005 VIII ZR 310/04, MDR 2006, 681), der in die
Überlassung von Dachflächen zum Betrieb einer Mobilfunkanlage als Vermietung
betrachtet.
2. Vorsorgeaufwendungen
2.1.
Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Steuerbescheid zu dem verfassungsrechtlichen
Streitpunkt vorläufig ergangen ist, die verfassungsrechtliche Streitfrage sich in einer Vielzahl
im Wesentlichen gleich gelagerter Verfahren stellt und bereits ein nicht von vornherein
aussichtsloses Musterverfahren beim Bundesverfassungsgericht anhängig ist (z.B. BFH
vom 22. März 1996 III B 173/95, BStBl II 1996, 506; vom 15. Oktober 2008 X B 60/07,
BFH/NV 2009, 205, m.w.N.).
2.2.
Rechtsschutzbedürfnis des Klägers hinreichend Rechnung getragen.
Im Übrigen sind die vom Kläger aufgeworfenen Fragen bereits hinreichend geklärt.
Das Bundesverfassungsgericht hat in den Beschlüssen vom 13. Februar 2008 2 BvR
1220/04, 2 BvR 410/05, BFH/NV 2008, Beilage 3, 240, und vom 25. Februar 2008 2 BvR
912/03, BFH/NV 2008, Beilage 3, 245, ausgeführt, es bedürfe keiner inhaltlichen
Entscheidung mehr, ob die Höchstbeträge des Sonderausgabenabzugs gemäß § 10 Abs. 1
Nr. 2 i.V.m. § 10 Abs. 3 EStG in den bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassungen
der Höhe nach verfassungsgemäß sind. Eine verfassungsgerichtliche Überprüfung der
angegriffenen Normen komme - so das BVerfG in BFH/NV 2008, Beilage 3, 240 - im
Hinblick auf diese Streitfrage für Streitjahre bis zum Ablauf des Kalenderjahres 2004 nicht
mehr in Betracht.
Eine gegen den Beschluss des BFH vom 28. Juni 2006 VII B 324/05, BStBl II 2006, 692, in
dem der BFH die Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlags bejaht hatte, gerichtete
Verfassungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung
angenommen (BVerfG vom 11. Februar 2008 2 BvR 1708/06, StE 2008, 162).
Soweit es dem Kläger darum geht, eine Billigkeitsentscheidung herbeizuführen (Bl. 2), ist
die gegen die Steuerfestsetzung gerichtete Anfechtungsklage überdies nicht der geeignete
Rechtsbehelf. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist über die Frage, ob im Einzelfall
wegen einer gegebenen besonderen Härte eine Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO in
Betracht kommt, wegen der sog. Zweigleisigkeit der Verfahren nicht im
Steuerfestsetzungsverfahren und einem darauf bezogenen Klageverfahren, sondern
gesondert zu entscheiden (BFH vom 4. Juli 2007 VIII R 46/06, BStBl II 2008, 49; BFH vom
20. Juli 2007 VIII B 8/06, BFH/NV 2007, 2069).
3.
dem Kläger aufzuerlegen.
Zur Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO sah der Senat angesichts der
eindeutigen Rechtsprechung des BFH keine Veranlassung.