Urteil des FG Saarland vom 15.04.2010

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FG Saarbrücken Urteil vom 15.4.2010, 1 K 1237/05
Zinseinkünfte: Keine Abzinsung bei Wertsicherungsklausel
Leitsätze
Bei einer langfristigen Kaufpreisstundung (vorliegend: 10 Jahre) kann die Vereinbarung einer
Wertsicherungsklausel dazu führen, dass die ansonsten zinslose Kaufpreisstundung nicht
abzuzinsen ist. Bei den Zahlungen, die aufgrund einer Wertsicherungsklausel erfolgen,
handelt es sich um Vergütungen für die Kapitalüberlassung und damit um Zinsen.
Tatbestand
Die Kläger ... waren Miteigentümer des bebauten Grundstücks ..., auf dem der Ehemann
der Klägerin ein Unternehmen ... betrieb. Am 20. November 1990 veräußerten sie mit
Wirkung zum 31. Dezember 1990 das Grundstück umsatzsteuerpflichtig für 690.000 DM
netto an eine fremde Dritte, die nach der Übergabe auf dem Grundstück ein gleichartiges
Unternehmen betrieb.
100.000 DM des Kaufpreises waren - ausdrücklich zinslos - erst zum 31. Dezember 2000
zu zahlen. Zur Sicherung der Wertbeständigkeit dieses gestundeten Kaufpreisanteils war
unter II 2 des Vertrages eine Wertsicherungsklausel unter Anlehnung an den
Lebenshaltungskostenindex vereinbart. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den
Kaufvertrag Bezug genommen.
Zum Fälligkeitszeitpunkt zahlte die Käuferin aufgrund der Wertsicherungsklausel einen
Betrag, der um 21.200 DM höher war als die gestundete Restschuld.
Bei Durchführung der Veranlagung des Streitjahres teilte der Beklagte den gestundeten
Kaufpreisanteil in einen Tilgungs- und in einen Zinsanteil auf. Der nach § 12 Abs. 3 BewG
errechnete Zinsanteil betrug 41.466 DM. Im Bescheid über die einheitliche und gesonderte
Einkunftsfeststellung 2000 vom 4. Dezember 2003 erfasste er sowohl den Zinsanteil des
gestundeten Betrages i.H.v. 41.466 DM als auch den Erhöhungsbetrag infolge der
Wertsicherungsklausel von 21.200 DM bei den Einkünften aus Kapitalvermögen, insgesamt
62.666 DM. Dagegen legten die Kläger am 19. Dezember 2003 Einspruch ein, den der
Beklagte mit Entscheidung vom 18. Juli 2005 als unbegründet zurückwies.
Am 22. August 2005 haben die Kläger Klage erhoben. Sie beantragen, unter Änderung des
Bescheides vom 4. Dezember 2003 in Form der Einspruchsentscheidung vom 18. Juli 2005
die Einkünfte aus Kapitalvermögen 2000 ohne Ansatz von Zinsen i.H.v. 41.466 DM
festzustellen.
Der Kaufvertrag sei ein gegenseitiger Vertrag. Die beiderseitigen Verpflichtungen stünden in
einem Abhängigkeitsverhältnis zueinander (synallagmatische Verknüpfung). Jeder gehe
davon aus, dass die Leistung des anderen Teils der eigenen gleichwertig sei.
Vorliegend hätten die Parteien die zinslose Gewährung des Restkaufpreises durch die
Wertsicherungsklausel ausgeglichen und für eine zusätzliche Zinsvereinbarung keine
Veranlassung gesehen. Deshalb sei die Umsatzsteuer auch auf Basis des Kaufpreises von
690.000 DM und nicht auf der des abgezinsten Betrages berechnet worden. Die
Vertragsparteien hätten in Form der Wertsicherungsklausel eine Art Zinsvereinbarung
getroffen. Der auf Grund der Wertsicherungsklausel zusätzlich zu zahlende Betrag sei als
Zins zu qualifizieren (BFH vom 16. Januar 1979 VIII R 38/76).
Darüber hinaus sei nicht noch eine Abzinsung vorzunehmen. Die Parteien hätten die
Wertbeständigkeit durch den Inflationsausgleich gesichert. Die Abzinsung sei zu
berücksichtigen, wenn für die Überlassung von Kapital keine Gegenleistung vereinbart
worden sei (Bl. 25).
Auch das BMF-Schreiben vom 26. Mai 2005 IV B 2 2-S 2175 - 7/05 zur Abzinsung von
Verbindlichkeiten sehe unter RdNr. 14 f. Ausnahmen bei unverzinslich vereinbarten
Verbindlichkeiten vor, wenn andere wirtschaftliche Nachteile einer Verbindlichkeit ohne
Kapitalverzinsung gegenüberstünden.
Der Beklagte beantragt, die Klage als unbegründet abzuweisen.
Unter Bezugnahme auf seine Einspruchsentscheidung im Übrigen führt er ergänzend aus,
es bestehe keine innere Verknüpfung zwischen der Wertsicherungsklausel und dem
Zinsverzicht. Es handele sich um verschiedenartige Tatbestände im Vertragswerk. Das
komme auch darin zum Ausdruck, dass auf Seite 5 unter Ziffer 2 die
Wertsicherungsklausel ausdrücklich zum Zwecke der Sicherung der Wertbeständigkeit des
Restkaufpreises vereinbart worden sei.
Insofern fehle es an Anhaltspunkten dafür, dass die Wertsicherungsklausel ein
wirtschaftlicher Nachteil im Sinne der Rdn. 14ff. des BMF-Schreibens vom 26. Mai 2005
sei. Die Wertsicherungsklausel sei ein zusätzlich vereinbartes Entgelt und werde auch in
Fällen einer verzinslichen Stundung zusätzlich vereinbart, ohne dass hierdurch die
Verzinslichkeit in Frage zu stellen wäre. Sie stelle deshalb gerade keinen im
Zusammenhang mit dem Verzicht auf eine Zinsvereinbarung zu sehenden wirtschaftlichen
Nachteil im Sinne des BMF-Schreibens dar. Vorliegend gelte dies schon deswegen, weil die
Wertsicherungsklausel nicht an den abgezinsten, sondern an den nicht abgezinsten
Kapitalbetrag anknüpfe.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Akten des
Beklagten und das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet. Der Beklagte hat zu Unrecht die Einkommensteuer
unter Ansatz von Zinsen für den gestundeten Kaufpreisanteil festgesetzt.
1. Rechtsgrundlagen
a.
Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art, wenn die Rückzahlung des
Kapitalvermögens oder ein Entgelt für die Überlassung des Kapitalvermögens zur Nutzung
zugesagt oder gewährt worden ist. Dies gilt unabhängig von der Bezeichnung und der
zivilrechtlichen Ausgestaltung der Kapitalanlage.
b.
Kapitalvermögen zu erfassen. Die Höhe der Einnahmen ist nach dem Bewertungsgesetz zu
bestimmen. § 12 BewG, der die Bewertung von Kapitalforderungen und Schulden regelt,
ist eine reine Bewertungsvorschrift. Er greift nur ein, wenn feststeht, dass eine
Kapitalforderung steuerlich zu erfassen ist. Die vorrangige Frage, ob und ggf. unter
welchen Voraussetzungen Kapitalforderungen bei der Besteuerung zu erfassen sind, ist
nach den hierfür in Betracht kommenden Vorschriften des materiellen Steuerrechts - im
Entscheidungsfall nach dem Einkommensteuerrecht - zu entscheiden
(Gürsching/Stenger/Haas, BewG/ErbStG, 1998, § 12 BewG Rdn. 2 f.).
Ein Steuerpflichtiger ist einkommensteuerrechtlich nicht verpflichtet, seine
Einkunftsressourcen (Arbeitskraft, Immobilien, Kapitalvermögen u.ä.) auch tatsächlich in
vollem Umfang zur Einkunftserzielung zu nutzen. Er kann diese einem anderen – aus
welchen Gründen auch immer - unentgeltlich oder teilentgeltlich überlassen. Deshalb muss
auch nicht ohne weiteres mit jeder längerfristigen unentgeltlichen Kapitalüberlassung ein
einkommensteuerbarer Zinsertrag verbunden sein. Ob und inwieweit bei der Vereinbarung
einer einheitlichen Gesamtzahlung mit steuerlicher Wirkung auf den Ansatz eines
Zinsanteils verzichtet werden kann, hat der BFH für den Fall eines gerichtlichen Vergleichs
über eine verzinsliche Enteignungsentschädigung entschieden (Urteil vom 28. Oktober
1998 X R 96/96, BStBl II 1999, 217 m.w.N.):
Langfristig gestundete Entgelte sind grundsätzlich selbst bei einem
ausdrücklichen Ausschluss einer Verzinsung durch die Vertragsparteien in einen
steuerbaren Zinsanteil und einen nicht steuerbaren Tilgungsanteil aufzuteilen. Es
ist nicht maßgebend, was die Vertragsparteien als Kaufpreis bezeichnen,
sondern das, was der Käufer nach dem materiellen Inhalt des Kaufvertrages
aufwenden muss. Gegenteilige Willensbekundungen der Vertragsparteien laufen
steuerrechtlich leer. Die Vertragsparteien können zwar einen Sachverhalt
vertraglich gestalten, aber nicht dessen steuerrechtliche Folgen bestimmen.
Ohne Bedeutung ist, ob die Zinsansprüche ihre Rechtsgrundlage im privaten
oder im öffentlichen Recht haben und ob sie auf vertraglicher oder gesetzlicher
Grundlage geschuldet werden.
Es ist allerdings denkbar, dass die Vertragsparteien einen wirtschaftlich
begründeten Anlass hatten, eine Aufteilung abweichend vom Verhältnis der Teil-
oder Verkehrswerte vorzunehmen, indem sie die Kapitalforderung nur der an
sich zu verzinsenden Forderung - vorliegend dem gestundeten Kaufpreisanteil -
zuordnen. Für die steuerliche Anerkennung einer solchen Zuordnung gelten die
Grundsätze entsprechend, die von der Rechtsprechung zur Aufteilung eines
Gesamtkaufpreises auf mehrere Wirtschaftsgüter entwickelt worden sind.
Hiernach kann sich die Höhe des Kaufpreises für die Wirtschaftsgüter aus der
vertraglichen Vereinbarung ergeben, wenn die Vertragsparteien eine Aufteilung
vorgenommen haben und an der Ausgeglichenheit der jeweiligen Leistungen und
Gegenleistungen keine Zweifel bestehen. Einer einvernehmlichen Aufteilung
durch die Vertragsparteien ist dagegen nicht zu folgen, wenn sie nicht ernstlich
gewollt ist und deswegen den wirtschaftlichen Gegebenheiten nicht entspricht,
weil in erster Linie Gründe der Steuerersparnis für sie maßgebend waren.
Erweist sich die vertragliche Zuordnung eines Entgelts als nicht angemessen, so
kann der von den Beteiligten vorgenommenen Aufteilung nicht gefolgt werden.
Dies alles ist unter Berücksichtigung der tatsächlichen Umstände des Einzelfalles
und der Interessenlage der Beteiligten zu prüfen.
Der Senat hält diese Grundsätze auch vorliegend für anwendbar. Denn was für den
nachträglichen Zinsverzicht im Rahmen eines Vergleichs gilt, sollte auch für einen im
Vorhinein vereinbarten Zinsverzicht im Zuge eines Vertragschlusses gelten. Denn in beiden
Fällen geht es um die Aufteilung eines einheitlich vereinbarten Betrages.
Zahlungen, die im Hinblick auf eine Wertsicherungsklausel geleistet werden, fallen im
privaten Einkunftsbereich beim Gläubiger als „Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen“
unter die Einnahmen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG, beim Schuldner unter die Schuldzinsen
nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG (BFH vom 25. Juni 1974 VIII R 109/69, BStBl II 1974,
735; vom 16. Januar 1979 VIII R 38/76, BStBl II 1979, 334). Das Steuerrecht wird auf der
Grundlage des Nominalwertprinzips angewendet. Die Einkünfte aus Kapitalvermögen
umfassen auch den Teil der Zinsen, der wirtschaftlich im Hinblick auf die Geldentwertung
erzielt wird (grundlegend: BFH vom 27. Juli 1967 IV 300/64, BStBl III 1967, 690; vom 14.
Mai 1974 VIII R 95/72, BStBl II 1974, 572). Daraus folgert der Senat für den Fall einer mit
Wertsicherungsklausel und im übrigen unverzinslich gestundeten Kaufpreisforderung, dass
solche Zahlungen, die ausschließlich im Hinblick auf die Geldentwertung geleistet werden,
ebenfalls Zinscharakter haben und mit diesen wirtschaftlich gleichzusetzen sind. Auch bei
ihnen handelt es sich – so wie es der zivilrechtliche Zinsbegriff (§ 246 BGB) voraussetzt –
um eine Vergütung für den Gebrauch eines auf Zeit überlassenen Kapitals. Der Zinsbegriff
setzt nicht die fortlaufende Entrichtung der Vergütung voraus. Es ist auch nicht
begriffswesentlich, dass die Zinsen „in einem im voraus bestimmten Bruchteil des Kapitals“
bestehen; die Zinshöhe kann von wechselnden Umständen (z.B. einem Basiszins)
abhängen (Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Auflage 2005, § 246 BGB Rdn. 1 m.w.N).
2. Anwendung auf den Entscheidungsfall
Die Zahlung des gestundeten Kaufpreisanteils i.H.v. 100.000 DM im Streitjahr enthält
einkommensteuerlich keinen Zinsanteil. Die streitige Vereinbarung basiert auf einem
angemessenen Interessenausgleich zwischen fremden Vertragsparteien im Zuge von
Kaufpreisverhandlungen. Die im Entscheidungsfall vereinbarte Wertsicherungsklausel stellt
ein angemessenes Entgelt für die Kapitalüberlassung in Form der (Teil-) Kaufpreisstundung
im Zuge eines auf Grund unterschiedlicher Interessen ermittelten Kaufpreises dar. Die
Zuordnung, die die Beteiligten in ihrem Kaufvertrag vom 20. November 1990
vorgenommen haben (keine feste Verzinsung des Restkaufpreises, stattdessen
Inflationsausgleich), ist als wirtschaftlich angemessene Vereinbarung der
Einkommensbesteuerung zu Grunde zu legen. Darüber hinaus weitere Zinsen i.H.v. 41.466
DM als steuerpflichtige Einnahmen anzusetzen, erscheint dem Senat nicht gerechtfertigt.
a.
BStBl II 1999, 217 - um die Zuordnung eines gesetzlich geschuldeten Zinsanspruchs am
Ende des maßgeblichen Zinszeitraums, sondern um eine im vorhinein vereinbarte
Aufteilung einer Gesamtzahlung im Zuge von Kaufpreisverhandlungen in Verbindung mit
einer Wertsicherungsklausel.
Die Käuferin musste zwar einen Kaufpreisanteil i.H.v. 100.000 DM nicht zum 31.
Dezember 1990, sondern erst zum 31. Dezember 2000 zahlen. Normalerweise sind
Kaufpreisverbindlichkeiten mit der Vertragserfüllung durch den Verkäufer fällig und ab
diesem Zeitpunkt zu verzinsen. Der Senat kann jedoch – nicht zuletzt auch aufgrund des
lebensnahen Berichtes der Klägerin in der mündlichen Verhandlung über die damalige
Verhandlungssituation (die Käuferin war damals nur in der Lage, 590.000 DM aufzubringen
und zu finanzieren) - ohne weiteres nachvollziehen, dass der Abschluss des Kaufvertrages
erst durch die partielle Kaufpreisstundung ohne feste und sofort zu zahlende Zinsbelastung
zu Stande kommen konnte. Im Gegenzug wurde dem Interesse des Verkäufers am
Werterhalt seiner Forderung durch die Vereinbarung einer am Lebenshaltungsindex
orientierten Kapitalvergütung Rechnung getragen. Die Kapitalvergütung war nach Ablauf
des Stundungszeitraumes zu berechnen und zu zahlen. Dies erscheint dem Senat als eine
Regelung, die unter gleichgestellten natürlichen Personen den gegenseitigen Interessen in
einer nachvollziehbaren Weise Rechnung trägt.
b.
Verzicht auf eine Festverzinsung plausibel erscheinen lässt. Hätten die Vertragsbeteiligten
damals eine Verzinsung von beispielsweise 3% ohne Wertsicherungsklausel vereinbart,
wäre dies steuerlich unbeanstandet geblieben; die Kläger hätten aber bei Vertragsschluss
keineswegs sicher sein können, dass dieser Zinssatz den Wertverlust während der
kommenden 10 Jahre ausgleicht. In der Tat hat sich der Wertverlust mit 21.200 DM auf
mehr als die Hälfte des Betrages i.H.v. 41.466 DM belaufen, der bei einer Abzinsung mit
5,5% nach Maßgabe des § 12 Abs. 3 BewG anzusetzen gewesen wäre.
Laut telefonischer Auskunft des statistischen Landesamtes hat sich der
Lebenshaltungsindex im Saarland – bezogen auf 2005 mit 100% - wie folgt entwickelt:
Jahr
v.H.
Steigerung zum Vorjahr (v.H.)
1985:
71,9
1986:
72,0
0,13*
1987:
72,3
0,42
1988:
72,9
0,82
1989:
74,9
2,74
1990:
76,8
2,54
2000:
93,2
21,35
* Berechnung: (72,0 – 71,9) X 100 : 71,9 = 0,13
Nach den eher geringfügigen Steigerungsraten in 1986 und 1987 hat sich die Inflationsrate
1988 verdoppelt. 1989 und 1990 hat sie sich gegenüber 1988 nochmals mehr als
verdreifacht. In dieser Situation durften die Vertragsbeteiligten auch von künftig steigenden
Geldentwertungsraten ausgehen, die dann in den Folgejahren in der Tat auch eingetreten
sind. In welchem Umfang sich diese Entwicklung exakt fortsetzen würde, war aus der Sicht
des Jahres 1990 nicht erkennbar (die Daten des Jahres 1990 lagen bei Vertragschluss noch
nicht vor). Die Annahme einer durchschnittlichen Steigerungsrate von 3% erschien vor dem
Hintergrund der bereits eingetretenen Steigerung keineswegs unwahrscheinlich, so dass
die Wertsicherungsklausel geeignet erschien, eine – im nicht gewerblichen Geldverkehr
übliche - moderate feste Verzinsung wirtschaftlich zu ersetzen.
Dass der Aspekt der Geldentwertung die Vertragspartner in der Tat in hohem Maße
beschäftigt hat, zeigen die Vereinbarungen unter II 2 des Kaufvertrages (Bl. 8 f. FestA).
Dort haben sie eine Schwankung des Lebenshaltungskostenindex von mehr als 5% in
Betracht gezogen und für den Restkaufpreis i.H.v. 100.000 DM nebst Zahlungen aufgrund
der Wertsicherungsklausel eine Sicherungshypothek i.H.v. 150.000 DM vereinbart. Der ggf.
auf die Zahlungen wegen der Wertsicherungsklausel entfallende Betrag (50.000 DM) hat
den vom Beklagten auf der Grundlage von 5,5% berechneten Abzinsungsbetrag (41.466
DM) noch erheblich überstiegen. Ob es zu einer solchen Zahlung kommen würde, erschien
den Vertragspartnern zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zumindest als nicht
ausgeschlossen.
c.
Personen die Vereinbarung zur zinslosen Kaufpreisstundung dazu nutzen wollten, um die
entsprechenden einkommensteuerlichen Folgen bei den Verkäufern zu umgehen. Dieses
hat nicht einmal der Beklagte behauptet. Die unternehmerisch tätige Käuferin hätte die
fraglichen Aufwendungen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehen können.
Gestundet wurde nicht der gesamte Kaufpreis, sondern nur ein geringerer Bruchteil
desselben. Schon daraus ist zu schließen, dass die Beteiligten vornehmlich das
Zustandekommen des Kaufvertrages im Auge hatten und nicht dessen steuerlichen
Folgen. Einkommensteuerlich günstiger wäre es für die Kläger zudem wohl gewesen, einen
moderaten - jährlich zu zahlenden – Zinssatz zu vereinbaren (z.B. 3%), anstatt einen in
einem Betrag anfallenden Wertausgleich, der im Zahlungsjahr in vollem Umfang
ungemildert zu versteuern ist.
d.
zusätzlich vereinbartes Entgelt sei, das auch in Fällen einer verzinslichen Stundung neben
dieser vereinbart werde. Nach der dem Senat bekannten Vergabepraxis werden im
gewerblichen Bankverkehr - auch langfristige - Darlehen nur gegen eine Zinszahlung ohne
eine Wertsicherungsentschädigung vereinbart. Gerade bei den gegenwärtigen allgemein
üblichen Darlehenskonditionen erscheint es dem Senat zweifelhaft, ob durch die Zinsen
überhaupt eine Wertsicherung des vom Anleger langfristig überlassenen Kapitals erreicht
wird. Hierauf weisen auch die Prospekte langfristiger Kapitalanlagen warnend hin. In keinem
Falle dürfte es möglich sein, neben dem üblichen Zinssatz zusätzlich einen angemessenen
Inflationsausgleich zu vereinbaren. Nach dem Nominalwertprinzip ("Mark gleich Mark") ist
ein solcher im Wirtschaftsleben grundsätzlich ausgeschlossen. Deshalb erscheint dem
Senat eine Wertsicherungsklausel der hier vorliegenden Art durchaus als angemessenes
Entgelt für die Kapitalüberlassung in Form der Kaufpreisstundung im Zuge eines auf Grund
unterschiedlicher Interessen ermittelten Kaufpreises. Der gleichzeitige Ansatz des relativ
hohen Abzinsungssatzes von 5,5% des § 12 Abs. 3 BewG zusammen mit dem
vereinbarten Inflationsausgleich ist dagegen unbillig.
e.
- 7/05, BStBl I 2005, 699 bereits deshalb nichts, weil diese § 6 Abs. 1 Nrn. 3, 3a EStG und
damit zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb ergangen sind. Im Entscheidungsfall sind
Einkünfte nach § 20 EStG streitig. Im Übrigen handelt es sich bei § 6 EStG – wie bei § 12
BewG – lediglich um eine Bewertungsvorschrift. Das BMF-Schreiben (s. Rdn. 16) erkennt
zudem im Einzelfall Ausnahmen von der Abzinsung an, wenn bei wirtschaftlicher
Betrachtung eine Verzinslichkeit nicht gegeben ist. Es sind somit auch dort entsprechende
Vorüberlegungen wie im Entscheidungsfall anzustellen, die auch zu demselben Ergebnis
führen müssten.
Die Entscheidung des FG Baden-Württemberg vom 19. August 1992 12 K 378/87, EFG
1993, 229 kommt zu einem anderen Ergebnis. Ihr liegen jedoch nicht die Grundsätze des
erst später ergangenen BFH-Urteils vom 28. Oktober 1998 X R 96/96, BStBl II 1999, 217
zugrunde.
3.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
Der Beklagte ist zur Berechnung der geänderten Feststellungsbeträge nach § 100 Abs. 2
S. 2 FGO verpflichtet.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr.
10, 711 ZPO.
Die Revision wird nach § 115 Abs. 2 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Es
ist zu klären, welche Bedeutung die Vereinbarung einer Wertsicherungsklausel im Falle
einer im Übrigen unverzinslichen Kaufpreisstundung hat.