Urteil des FG Saarland vom 14.08.2009

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FG Saarbrücken Urteil vom 14.8.2009, 2 K 1178/09
Kindergeld: Rückzahlung des überschiessenden Betrags von 300 Euro beim vierten Kind
wegen nachträglichen Wegfalls des Zählkinds aufgrund zu hoher Einkünfte
Leitsätze
Fallen bei einem Steuerpflichtigen mit vier Kindern die Voraussetzungen zum Erhalt von
Kindergeld für das älteste Kind weg, so kann die Familienkasse lediglich das für dieses Kind
gezahlte Kindergeld zurückfordern. Das infolge des "Wegfalls" des ersten Kindes für das
vierte Kind überzahlte Kindergeld muss auch "für dieses Kind" zurückgefordert werden. Ein
Bescheid, der abstrakt auf den Rückzahlungsbetrag abstellt, ist rechtswidrig.
Tenor
Der Bescheid vom 2. März 2009 in Form der Einspruchsentscheidung vom 2. April 2009
wird dahingehend geändert, dass der Kläger für seinen Sohn K lediglich zur Rückzahlung
des für K gezahlten Kindergeldes von 1.848 Euro verpflichtet ist.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, sofern nicht der
Kläger zuvor Sicherheit leistet.
Tatbestand
Der Kläger ist der Vater von vier Söhnen, für die er im Jahr 2008 Kindergeld i.H. von
monatlich 641 Euro von der Beklagten gezahlt bekommen hat (Bl. 28). Er streitet mit der
Beklagten um die Rückzahlung eines Kindergeldbetrages von 300 Euro.
Nachdem Berechnungen der Beklagten ergeben hatten, dass der älteste Sohn des Klägers,
K * 26. November 1989, im Jahr 2008 Einkünfte erzielt hatte, die über dem Grenzbetrag
von 7.680 Euro nach § 32 Abs. 4 EStG lagen, hob die Beklagte mit Bescheid vom 2. März
2009 die Kindergeldfestsetzung für K ab Januar 2008 auf. Gleichzeitig forderte die Beklagte
vom Kläger einen Betrag von 2.148 Euro zurück, der überzahlt sei (KiG, Bl. 49).
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Einspruch ein (KiG, Bl. 53), den die Beklagte mit
Einspruchsentscheidung vom 2. April 2009 als unbegründet zurückwies (KiG, Bl. 54 ff.).
Hiergegen hat der Kläger am 30. April 2009 Klage erhoben (Bl. 1).
Er beantragt sinngemäß (Bl. 2, 14), den Bescheid vom 2. März 2009 in Form der
Einspruchsentscheidung vom 2. April 2009 dahingehend zu ändern, dass der Kläger für
seinen Sohn K lediglich zur Rückzahlung des für K gezahlten Kindergeldes von 1.848 Euro
verpflichtet ist.
Der Kläger macht geltend (Bl. 14 ff.), er habe für K im Streitjahr 2008 lediglich Kindergeld
i.H. von 1.848 Euro erhalten. Nur insoweit könne er auch aufgrund der Aufhebung der
Kindergeldfestsetzung vom 2. März 2009 zur Rückforderung verpflichtet sein.
Die Beklagte beantragt (Bl. 27), die Klage abzuweisen.
Die Beklagte macht geltend (Bl. 28), die Rückforderung sei berechtigt, da der Kläger im
Jahr 2008 nur für drei Kinder kindergeldberechtigt sei.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung
verzichtet. Sie haben sich gleichermaßen mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter
anstelle des Senats einverstanden erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die beigezogenen
Akten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und auch begründet. Der Kläger war bezüglich seines Sohnes K
lediglich zur Rückzahlung des für diesen gezahlten Kindergeldes verpflichtet.
1. Rechtsgrundlagen
Das Kindergeld beträgt nach § 66 Abs. 1 EStG für erste, zweite und dritte Kinder jeweils
154 Euro monatlich und für das vierte und jedes weitere Kind jeweils 179 Euro monatlich.
2. Anwendung im Streitfall
Im Streitfall hatte die Beklagte ursprünglich dem Kläger entsprechend § 66 Abs. 1 EStG für
dessen Sohn K ein Kindergeld von 154 Euro ausbezahlt. Da die Einkünfte von K den
Grenzbetrag von 7.680 Euro überstiegen, war die Beklagte berechtigt, die
Kindergeldfestsetzung für K ab Januar 2008 aufzuheben und das insoweit überzahlte
Kindergeld von 1.848 Euro vom Kläger zurückzufordern. Insoweit besteht auch kein Streit
mehr zwischen den Beteiligten.
Überdies ist die Beklagte im Ergebnis berechtigt, vom Kläger den nunmehr noch strittigen
Betrag von 300 Euro zurückzufordern, der daraus resultiert, dass K als „Zählkind“ ausfällt,
so dass dem Kläger nur noch Kindergeld für drei Kinder zusteht. Indessen ist nach Meinung
des Senats die Art und Weise der Rückforderung nicht rechtmäßig: Für K nämlich war ein
Betrag von 1.848 Euro gezahlt worden, den letztlich der Kläger auch („für K“)
zurückzahlen muss. „Für K“ jedoch wurde nicht der überschießende Betrag von 300 Euro
gezahlt. Dies ergibt sich bereits durch eine einfache Berechnung unter Zugrundelegung des
§ 66 Abs. 1 EStG. K ist diesbezüglich das erste Kind, so dass der Kläger ursprünglich für ihn
lediglich Kindergeld i.H. von 12 x 154 Euro = 1.848 Euro verlangen konnte. Der erhöhte
Kindergeldbetrag von 12 x 179 Euro = 2.148 Euro stand dem Kläger nach dem
Gesetzeswortlaut für das vierte Kind (M) zu. Infolge des „Wegfalls“ von K als „erstes Kind“
wurde M zum „dritten Kind“, für das der Kläger nunmehr nur noch Kindergeld i.H. von 12 x
154 Euro = 1.848 Euro zustand. Diese Änderungen hätte die Beklagte entsprechend
dadurch umsetzen müssen, dass die Kindergeldfestsetzung für M hätte geändert werden
müssen, in dem Sinn, dass dem Kläger für M statt 2.148 Euro lediglich ein Kindergeld von
1.848 Euro zustand.
Die Betrachtung der Beklagten, die abstrakt auf den Rückzahlungsbetrag (von 300 Euro)
abstellt, entspricht nicht den personellen Vorgaben des § 66 Abs. 1 EStG.
3.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 155 FGO i.V. mit §§ 708 Nr.
10, 711 ZPO.
Die Entscheidungsbefugnis des Berichterstatters folgt aus dem erklärten Einverständnis der
Beteiligten (§ 79 a Abs. 3, 4 FGO). Der Senat konnte im Einvernehmen der Beteiligten
ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 90 Abs. 2 FGO).
Zur Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO sah der Senat keine Veranlassung.