Urteil des FG Saarland vom 15.07.2003

FG Saarbrücken: stille gesellschaft, stillen, einlage, gesellschafter, gestaltung, einkünfte, form, gewinnbeteiligung, umwandlung, missbrauch

FG Saarbrücken Urteil vom 15.7.2003, 1 K 347/00
Einkünfteerzielungsabsicht und Gestaltungsmissbrauch bei stiller Beteiligung einer GbR an
einer GmbH
Leitsätze
Es stellt grundsätzlich einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten (§ 42 AO) dar, wenn
der Gläubiger einer GmbH eine zumindest im Wert beeinträchtigte und - weil im
Privatvermögen gehaltene - steuerlich "nutzlose" Darlehensforderung durch bloße
Umbuchung als "Risikokapital" einer stillen Gesellschaft nutzen will.
Tatbestand
Die Kläger sind Gesellschafter der am 1. Dezember 1996 gegründeten GbR. HS ist der
Vater von KS und JS. Die Kläger streiten mit dem Beklagten um die Anerkennung von
Verlusten aus einer Beteiligung an der GmbH, über deren Vermögen am 2. Dezember
1998 das Konkursverfahren eröffnet worden ist.
KS war ab 1995 Alleingesellschafter der 1992 gegründeten GmbH, die bis zur Eröffnung
des Konkursverfahrens am 2. Dezember 1998 eine Bau- und Möbelschreinerei betrieb. Das
Stammkapital der GmbH betrug 50.000 DM. An ihm waren ursprünglich KS zu 60 % und
dessen Vater HS, ein im Ruhestand lebender Bankdirektor, zu 40 % beteiligt. HS schied am
21. Juli 1995 aus der GmbH aus. Aus verschiedenen Betriebsmittelkrediten hatte HS eine
Darlehensforderung gegen die GmbH, die sich zum 1. Dezember 1996 auf 195.000 DM
belief.
Am 1. Dezember 1996 schlossen die Kläger untereinander diverse Vereinbarungen (Bl. 34
ff.):
· Gründung der GbR
HS und KS gründeten die GbR, die Finanzierungen, insbesondere die Gewährung von
Darlehen zum Gegenstand hatte und die mit einem Eigenkapital von 300.000 DM
ausgestattet war (Bl. 34). Dieses sollte durch die Einbringung von Darlehensforderungen
über 190.000 DM (als Teilbetrag der HS gegen die GmbH zustehenden Gesamtforderung
von 195.000 DM) sowie durch Bareinlagen von 110.000 DM aufgebracht werden. Die GbR
wurde am 2. Dezember 1998 zeitgleich mit Eröffnung des Konkursverfahrens über das
Vermögen der GmbH aufgelöst.
· Treuhandvertrag zwischen HS und JS
In diesem Vertrag (Bl. 39) wurde vereinbart, dass HS die Beteiligung an der GbR in Höhe
von 148.500 DM treuhänderisch für JS halten sollte.
· Schenkungsvertrag zwischen HS sowie KS und JS
HS schenkte KS und JS jeweils einen Teilbetrag von 93.500 DM (insgesamt 187.000 DM)
seiner Forderung über 195.000 DM gegenüber der GmbH (Bl. 48).
· Vertrag über stille Beteiligung
Die GbR schloss mit der GmbH ("zur Erweiterung der Eigenkapitalbasis und zur
Verbesserung der Finanzierungsausstattung") einen Vertrag über eine stille Beteiligung (Bl.
42). Die Einlage der stillen Gesellschafterin sollte 300.000 DM betragen, wobei die
Darlehensforderung i.H. von 190.000 DM in eine Einlage der stillen Gesellschafterin
umgewandelt wurde. Bis spätestens 31. Dezember 1997 sollten als weitere Einlage
110.000 DM zur Verfügung gestellt werden. Der stille Gesellschafter sollte mit 25 % am
Gewinn der GmbH beteiligt sein. Etwaige Verluste sollten in Höhe der Einlage übernommen
werden (Bl. 45), wobei für 1996 auch keine anteilige Begrenzung auf den Zeitraum ab
Bestehen der Beteiligung vorgesehen war, sondern der gesamte Jahresverlust (begrenzt
durch die Höhe der Einlage) zu übernehmen war.
Die Einlagen über 110.000 DM wurden durch Zahlungen Ende 1997 geleistet (Hülle Bl.
197). Danach überwiesen JS und KS 52.216,65 DM (JS) bzw. 52.278,04 DM (KS) an die
GmbH. Vom Konto der GbR wurden 5.809,20 DM überwiesen.
Am 31. Dezember 1996 erhöhte die Volksbank Z die Kreditlinie für das Girokonto der
GmbH, das zum 30. November 1996 ein Guthaben von 66.500 DM aufwies, um 150.000
DM auf 250.000 DM. Der Auftragsbestand betrug im November 1996 rund 500.000 DM.
Im Dezember 1997 wurde die Schreinerwerkstatt der GmbH durch Brandstiftung zerstört,
so dass der Geschäftsbetrieb danach für sechs Wochen zum Erliegen kam und auch
danach nur noch in eingeschränktem Ausmaße wieder aufgenommen werden konnte. Die
Maschinen und Warenbestände waren nicht vollständig zum Neuwert versichert.
Für 1996 erklärten die Kläger in den am 23. Oktober 1998 beim Beklagten eingereichten
Steuererklärungen für die GbR negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb von insgesamt
193.774 DM, die sich aus der vollständigen Übernahme des in 1996 von der GmbH
erwirtschafteten Verlustes von 193.374 DM und den Abschlusskosten von 400 DM
zusammensetzten. In der Feststellungserklärung 1997 wurde ein Verlust aus
Gewerbebetrieb von 107.027 DM angesetzt, der durch die Übernahme des Verlustes der
GmbH in Höhe der restlichen Einlage von 106.626,64 DM als stille Gesellschafterin und die
Abschlusskosten zustande kam (Fest).
Der Beklagte hielt die Beteiligung der GbR an der GmbH für rechtsmissbräuchlich (§ 42 AO)
und stellte mit Bescheiden vom 13. August 1999 für 1996 und 1997 lediglich negative
Einkünfte aus Kapitalvermögen von je 400 DM fest. Die Feststellungsbescheide wurden den
Klägern einzeln bekannt gegeben.
Den hiergegen am 3. September 1999 eingelegten Einspruch wies der Beklagte durch
Einspruchsentscheidung vom 16. November 2000 als unbegründet zurück (Bl. 9).
Daraufhin erhoben die Kläger am 15. Dezember 2000 Klage (Bl. 1).
Sie beantragen,
die Bescheide über die gesonderte und einheitliche
Feststellung von Grundlagen für die
Einkommensbesteuerung 1996 und 1997 vom 13.
August 1999 in Form der Einspruchsentscheidung vom
16. November 2000 insoweit zu ändern, als die geltend
gemachten Verluste aus Gewerbebetrieb i.H. von
193.774 DM (1996) bzw. 107.027 DM (1997)
Berücksichtigung finden.
Die Kläger sind der Ansicht, dass die GbR als atypisch stille Gesellschafterin
Mitunternehmerin im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG gewesen sei und daraus
negative Einkünfte in der erklärten Höhe bezogen habe. Zwar sei sie nicht an den stillen
Reserven beteiligt worden; für die Bejahung der Mitunternehmerschaft müssten ihre
Mitwirkungsbefugnisse und ihre Gewinnbeteiligung i.H. von 25 % am Gewinn ausreichen.
Der Vertrag über die stille Beteiligung halte einem Fremdvergleich stand. Dass für 1996 der
gesamte und nicht nur der zeitanteilige Verlust übernommen worden sei, stehe dem nicht
entgegen, da dies aufgrund steuerlicher Gesichtspunkte bei Kapitalanlagegesellschaften
durchaus üblich und ökonomisch sinnvoll sei, da dadurch die Liquiditätslage der GmbH in
den Anfangsjahren verbessert werde. Die Gewinnbeteiligung von 25 % rechtfertige das aus
der Verlustbeteiligung resultierende erhöhte Risiko. Die GmbH hätte zum Zeitpunkt der
Einlage ohne Weiteres das Darlehen zurückzahlen können.
Es liege kein Gestaltungsmissbrauch vor. Zweck der Umwandlung des Darlehens in
Beteiligungskapital sei es gewesen, die Existenz der GmbH zu sichern. Insbesondere habe
die Überschuldung durch die Umwandlung vermieden werden sollen, so dass ein
Gestaltungsmissbrauch auch nicht damit begründet werden könne, dass der GmbH auf
diese Weise keine neuen Geldmittel zugeführt worden seien. Ursache für die geschäftliche
Fehlentwicklung in 1996 sei gewesen, dass die junge GmbH versucht habe, durch günstige
Angebote auf dem Markt Fuß zu fassen und bei der Kalkulation der Angebote aufgrund
Angebote auf dem Markt Fuß zu fassen und bei der Kalkulation der Angebote aufgrund
fehlender Erfahrung die Kosten in zu geringem Ausmaße berücksichtigt worden seien.
Wegen des Auftragsbestandes von 500.000 DM im November 1996, der auf besser
kalkulierten Angeboten beruht habe, habe man zum Zeitpunkt der Begründung der
Beteiligung noch mit einer günstigen geschäftlichen Entwicklung rechnen können.
Der Beklagte beantragt,
die Klage als unbegründet abzuweisen.
Zurecht seien lediglich negative Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von jeweils 400 DM
für die beiden Streitjahre festgestellt worden. Der Vertrag über die stille Beteiligung könne
steuerrechtlich nicht anerkannt werden.
Zum Einen genüge der Vertrag nicht den für Verträge unter nahen Angehörigen geltenden
Anforderungen, da er nicht notariell beurkundet worden sei und auch nicht den unter
fremden Dritten üblichen Verträgen entspreche. Weder hätte ein fremder Dritter den
gesamten Jahresverlust 1996 übernommen, wenn er sich erst ab Dezember 1996 an dem
Handelsgeschäft der GmbH beteiligt hätte. Noch hätte er sich angesichts der
wirtschaftlichen Situation der GmbH überhaupt beteiligt. Hinzu komme, dass die
Umwandlung der Darlehensforderung in Beteiligungskapital ungewöhnlich sei und der sich in
wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindlichen GmbH auch keine Liquidität verschafft habe.
Abgesehen davon sei auch der Tatbestand des Gestaltungsmissbrauchs (§ 42 AO) erfüllt.
Es sei naheliegend, dass die Kläger mit ihrer Vertragsgestaltung darauf abzielten, die
Verluste der GmbH einkommenssteuerlich wirksam zu machen. Die Darlehensforderung sei
ursprünglich der privaten Vermögenssphäre des HS zuzurechnen gewesen und ohne
Einbringung in die GbR und die anschließende Umwandlung in Beteiligungskapital hätte sich
ihre Uneinbringlichkeit nicht einkommensteuermindernd auswirken können. Aus
wirtschaftlichen Gesichtspunkten sei nicht ersichtlich, weshalb HS zunächst die Forderung
zum wesentlichen Teil auf seine beiden Söhne übertragen habe. Daher sei die Situation so
zu beurteilen, wie sie sich bei einer angemessenen Gestaltung durch die Kläger dargestellt
hätte, so dass schon deswegen die Verluste der GmbH nicht den Klägern zugerechnet
werden könnten und folglich offen bleiben könne, ob die GbR überhaupt Mitunternehmerin
gewesen sei und es sich daher um gewerbliche Einkünfte handele.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die beigezogenen
Verwaltungsakten und das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber nur teilweise begründet. Das beklagte Finanzamt geht zu Recht
von einem Gestaltungsmissbrauch aus, soweit im Zuge der Beteiligung an der GmbH eine
HS zustehende Forderung über 190.000 DM in die GbR eingebracht worden ist. Indessen
ist die Vereinbarung einer stillen Beteiligung im Übrigen steuerlich anzuerkennen. Hieraus
resultiert eine Berücksichtigung entsprechender Verluste.
1. Rechtliche Grundlagen
1.1. Abgrenzung der typisch stillen von der atypisch stillen Gesellschaft
Ein stiller Gesellschafter ist nur dann Mitunternehmer (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 20
Abs. 1 Nr. 4 EStG), wenn er Mitunternehmerrisiko trägt und Mitunternehmerinitiative
entfalten kann (vgl. zur Unterscheidung zwischen typisch und atypisch stiller Gesellschaft
Horn, GmbHR 2000, 711). Beide Merkmale (Mitunternehmerrisiko und -initiative) müssen
vorliegen; jedoch kann die geringere Ausprägung eines Merkmals im Rahmen der
gebotenen Gesamtbeurteilung der Umstände des Einzelfalls durch eine stärkere
Ausprägung des anderen Merkmals ausgeglichen werden (vgl. allgemein Urteil des BFH
vom 12. November 1985 VIII R 364/83, BStBl II 1986, 311). Dies gilt sowohl für das mit
einem Einzelunternehmen oder einer Personengesellschaft begründete stille
Gesellschaftsverhältnis als auch für die stille Beteiligung am Unternehmen einer GmbH
(sog. GmbH & Still; BFH-Urteil vom 9. Dezember 2002 VIII R 20/01, BFH/NV 2003, 601).
Im Gegensatz zum atypisch stillen Gesellschafter erzielt der typisch stille Gesellschafter
Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG). Der Verlust der Einlage durch
Konkurs des Handelsgewerbes hat beim typisch stillen Gesellschafter seinen Rechtsgrund
im Vermögensbereich und wirkt sich infolgedessen einkommensteuerlich nicht aus (vgl.
Schmidt/Heinicke, EStG, Komm., 22. Aufl. 2003, § 20 Anm. 147). Allerdings sind laufende
Verluste bis zur Höhe der Einlage auch beim typisch stillen Gesellschafter als
Werbungskosten zu berücksichtigen (vgl. § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG; vgl. auch BFH-
Urteil vom 28. Mai 1997 VIII R 25/96, BStBl. II 1997, 724).
1.2. Familiengesellschaft
Grundsätzlich sind bei gegenseitigen Verträgen die zivilrechtlichen Vereinbarungen auch für
Zwecke der Besteuerung maßgebend, da der natürliche Interessengegensatz der
Vertragspartner im Allgemeinen die Vermutung begründet, dass Ausgaben, die auf einem
gegenseitigen Vertrag beruhen, auch wirtschaftlich begründet sind. Fehlt es dagegen an
einem solchen Interessengegensatz, so bedarf es einer Überprüfung, inwieweit Zahlungen
wirtschaftlich auf dem schuldrechtlich Vereinbarten beruhen und damit betrieblich
veranlasst sind oder ob sie aus sonstigen Gründen erbracht werden. Eine derartige
Überprüfung ist insbesondere bei verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen
Gesellschaftern geboten.
Bei Rechtsverhältnissen zwischen Angehörigen kann zwar nicht von vornherein ein
ausschließlich steuerschädliches Zusammenwirken unterstellt werden (s. dazu etwa
BVerfG-Beschluss vom 7. November 1995 2 BvR 802/90, BStBl II 1996, 34). Weil aber
zwischen Angehörigen eher steuerliche Manipulationen als zwischen fremden Dritten
denkbar sind, werden an den Nachweis und die Ernstlichkeit von Verträgen zwischen
Angehörigen strenge Anforderungen gestellt (vgl. BVerfG a.a.O. unter B. I. 1. der
Entscheidungsgründe; BFH-Beschluss vom 4. September 1997 IV B 110/96, BFH/NV
1998, 202). Allgemein anerkannter Maßstab für die Ernstlichkeit von
Angehörigenvertragsverhältnissen ist der sog. Fremdvergleich, d. h. die Prüfung, ob das
Vereinbarte sowohl nach seinem Inhalt als auch nach seiner tatsächlichen Durchführung im
Wesentlichen dem entspricht, was zwischen Familienfremden üblich ist (BFH-Urteil vom
25. November 1999 IV R 15/98, BFH/NV 1999, 919). Die abschließende Beurteilung
erfolgt durch eine Gesamtwürdigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalles. Diese kann
zu dem Schluss führen, dass eine nur geringfügige Abweichung von dem Üblichen einer
ertragsteuerlichen Anerkennung eines Vertragsverhältnisses nicht entgegensteht, wenn
andere Aspekte dafür sprechen, dass es sich um ein ernsthaftes Vertragsverhältnis handelt
(vgl. etwa BFH-Urteil vom 25. Januar 2000 VIII R 50/97, BStBl II 2000, 393, m.w.N.).
Entsprechendes gilt auch bei Verträgen zwischen Gesellschaften, die von nahen
Angehörigen beherrscht und durch nahe Angehörige vertreten werden (BFH-Urteil vom
BFH-Urteil vom 31. Mai 2001 IV R 53/00, BFH/NV 2001, 1547).
1.3. Einkünfteerzielungsabsicht
Die Erzielung von Einkünften i.S. des § 2 Abs. 1 EStG setzt u.a. die Absicht voraus,
Einnahmenüberschüsse bzw. Gewinne zu erzielen (BFH-Beschluss vom 25. Juni 1984 GrS
4/82, BStBl II 1984, 751, 766, unter C. IV. 3. c; BFH-Urteil vom 7. August 1991 X R 10/88,
BFH/NV 1992, 108). Angestrebt werden muss ein positives Ergebnis zwischen
Betriebsgründung und Betriebsbeendigung, und zwar aufgrund einer Betätigung, die, über
eine größere Zahl von Jahren gesehen, auf die Erzielung positiver Ergebnisse hin angelegt
ist ("Totalgewinn"). Das subjektive Tatbestandsmerkmal des Gewinnstrebens ist anhand
objektiver Merkmale festzustellen.
Zu diesen äußeren Kriterien, an denen die Gewinnerzielungsabsicht festzustellen ist, gehört
u.a. die Art der auf den Totalgewinn hin ausgerichteten Tätigkeit. Dazu bedarf es einer in
die Zukunft gerichteten, langfristigen Prognose, für die die Verhältnisse eines bereits
abgelaufenen Zeitraums wichtige Anhaltspunkte bieten. Anzeichen für das Vorliegen einer
Gewinnerzielungsabsicht kann eine Betriebsführung sein, bei der der Betrieb nach seiner
Wesensart und der Art seiner Bewirtschaftung auf die Dauer gesehen dazu geeignet und
bestimmt ist, mit Gewinn zu arbeiten. Schlüsse können auch daraus gezogen werden, wie
der Steuerpflichtige auf längere Verlustperioden reagiert (BFH-Urteil in BFH/NV 1992, 108,
m.w.N.).
1.4. Gestaltungsmissbrauch
Liegt ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts (§ 42 AO) vor, so entsteht
der Steueranspruch so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen
rechtlichen Gestaltung entsteht. Eine Umgehung im Sinne des § 42 AO ist bei einer
Gestaltung gegeben, die, gemessen an dem erstrebten Ziel, unangemessen ist, der
Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche
nichtsteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist (vgl. z.B. BFH, Urteil vom 23. Februar
1988 IX R 157/84, BStBl II 1988 S. 604). Das Motiv, Steuern zu sparen, macht eine
steuerliche Gestaltung noch nicht unangemessen (Beschluss des Großen Senats des BFH
vom 29. November 1982 GrS 1/81, BStBl II 1983, 272). Auch Angehörigen steht es frei,
ihre Rechtsverhältnisse untereinander steuerlich möglichst günstig zu gestalten. Eine
rechtliche Gestaltung ist erst dann unangemessen, wenn der Steuerpflichtige die vom
Gesetzgeber vorausgesetzte Gestaltung zum Erreichen eines bestimmten wirtschaftlichen
Ziels nicht gebraucht, sondern dafür einen ungewöhnlichen Weg wählt, auf dem nach den
Wertungen des Gesetzgebers das Ziel nicht erreichbar sein soll (BFH-Urteil vom 11. März
2003 IX R 55/01, DStR 2003, 1117). Die Rechtsgestaltung des Steuerpflichtigen ist der
Besteuerung nicht zugrunde zu legen, wenn sie ausschließlich der Steuerminderung dient
und bei sinnvoller, Zweck und Ziel der Rechtsordnung berücksichtigenden Auslegung vom
Gesetz missbilligt wird (BFH, Urteil vom 14. Oktober 1964 II 175/61 U, BStBl III 1964, S.
667 m. w. N.). Insoweit ist die Frage zu stellen, vor welchem wirtschaftlich sinnvollem oder
sonst beachtlichem Hintergrund die von den Steuerpflichtigen gewählte Gestaltung zu
sehen ist (Finanzgericht des Saarlandes, Urteil vom 10. April 1992, 1 K 64/90, EFG 1992,
500).
2. Anwendung im Streitfall
Nach Auffassung des Senats ist Gestaltungsmissbrauch gegeben, soweit im Zuge der
Beteiligung an der GmbH eine ursprünglich HS zustehende Forderung über 190.000 DM in
die GbR eingebracht worden ist. Indessen ist die Vereinbarung einer stillen Beteiligung im
Übrigen steuerlich anzuerkennen. Hieraus resultiert eine Berücksichtigung entsprechender
Verluste.
2.1. Einlage durch "Forderungsumwandlung"
Ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten ist insoweit anzunehmen, als die von den
Klägern vorgetragenen außersteuerlichen Gründe für diese Gestaltung nicht nachvollziehbar
sind. Vielmehr erscheint es nahe liegend, dass die Kläger darauf abgezielt haben, Verluste
aus dem steuerlich unbeachtlichen Bereich der privaten Vermögenssphäre von HS in den
einkommensteuerlich relevanten Bereich von KS und JS zu verlagern, um die Verluste
einkommensteuerlich zu nutzen.
Laut Vertrag über die stille Beteiligung (Bl. 42) sollte diese "zur Erweiterung der
Eigenkapitalbasis und zur Verbesserung der Finanzierungsausstattung" erfolgen.
Letztgenannten Zweck erfüllte erst die Zuführung entsprechender Mittel im Dezember
1997. Die Forderungsumwandlung zum 1. Dezember 1996 verbreiterte zwar die
Eigenkapitalbasis der GmbH, weil nunmehr statt einer Verbindlichkeit von 190.000 DM
(nach Verlustübernahme durch die stille Gesellschaft über 193.374 DM) ein
Beteiligungskapital von 106.626 DM ausgewiesen war (Bilanz GmbH, Bl. 55). Allerdings
hätte sich dies auch ohne Weiteres dadurch erreichen lassen, dass HS auf die ihm
zustehende Forderung über 195.000 DM ganz oder teilweise verzichtet. Auch mittels eines
solchen Verzichts wäre das von den Beteiligten angestrebte Ziel einer "Erweiterung der
Eigenkapitalbasis" erreicht worden. Einer Verlustübernahme durch die stille Gesellschaft
hätte es jedenfalls nicht bedurft. Es stellt aus der Sicht des Senats grundsätzlich einen
Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten dar, wenn der Gläubiger einer GmbH eine
zumindest im Wert beeinträchtigte und -weil im Privatvermögen gehaltene- steuerlich
"nutzlose" Forderung durch bloße Umbuchung als "Risikokapital" einer stillen Gesellschaft
nutzen will.
Im Streitfall wird der Eindruck, dass die Einbringung der Forderung lediglich dem Ziel diente,
die Forderung steuerlich "nutzbar" zu machen, noch verstärkt, wenn man in die
Betrachtung den Umstand der Schenkung mit einbezieht. Auch für diese sind lediglich
steuerliche Gründe erkennbar. Die von den Klägern angeführte Vorwegnahme der
Erbregelung hätte sich ohne Weiteres auf andere und zudem weniger gekünstelte Art und
Weise vollziehen lassen. So hätte es nahe gelegen, dem alleinigen Gesellschafter der
GmbH KS gegenüber mittelbar eine Zuwendung dadurch zu tätigen, dass HS auf seine
Forderung gegenüber der GmbH verzichtet. Ein Ausgleich gegenüber JS hätte alsdann
durch Zuwendung von Teilen des sonstigen Vermögens von HS bzw. die Zusicherung der
späteren Übertragung desselben erfolgen können.
So aber haben die Kläger versucht, durch rein buchungstechnische Aktivitäten (Schenkung
der Forderung von HS an KS und JS und Einlage dieser Forderung in die GbR) die
steuerlichen Vorteile zu sichern, die ihnen etwa dann nicht zugestanden hätten, wenn HS
auf die Forderung verzichtet hätte oder aber wenn HS die Forderung behalten und als
eigene Einlage benutzt hätte. Hätte HS die Forderung nicht übertragen und sie als eigene
Einlage behandelt, hätte sie sich aufgrund seiner steuerlichen Situation (jeweils 0-
Festsetzungen in 1996 und 1997; keine Möglichkeit des Verlustrücktrags infolge von 0-
Festsetzungen auch für 1994 und 1995) und seiner ab 1995 entfallenden Beteiligung an
der GmbH in keiner Weise ausgewirkt. So aber war offensichtlich -mittels der zusätzlichen
Schenkung- beabsichtigt, den Einlageverlust zur Senkung der steuerlichen Belastung von
KS und JS zu nutzen.
Aufgrund der Annahme eines Gestaltungsmissbrauchs bedarf es hinsichtlich der
Einbringung der Forderung keines näheren Eingehens mehr auf die Frage, ob die zwischen
den Klägern und der GmbH getroffenen Vereinbarungen einem Fremdvergleich
standhalten.
Dies ist zumindest insoweit höchst zweifelhaft, als ein fremder Dritter bei einer Beteiligung
zum Jahresende (1. Dezember) schwerlich akzeptiert hätte, die gesamten Verluste dieses
Jahres zu übernehmen. Die GmbH wies schon nach dem dritten Quartal 1996 einen
Kapitalfehlbetrag von 71.117 DM sowie einen Verlust von 86.253 DM aus, der sich zum
Ende des Jahres sogar auf 193.373 DM erhöhte. Der den Klägern für 1996 zugewiesene
Verlust liegt über der durch Umwidmung erbrachten Einlage. In einer solchen Situation
hätte ein fremder Dritter seine Verlustbeteiligung anteilig auf die Zeit seiner Beteiligung
beschränkt. Der Gesichtspunkt der relativ hohen Gewinnbeteiligung von 25 % hätte nach
Auffassung des Senats die Übernahme bereits angefallener Verluste nicht ausgeglichen.
Der grundlegende Unterschied zwischen Kapital- und Personengesellschaften besteht im
Steuerrecht darin, dass sich nur die laufenden Verluste einer Personengesellschaft, nicht
die einer Kapitalgesellschaft, auf der Ebene der Gesellschafter steuerlich auswirken. Diesen
grundlegenden Unterschied sollten die von den Klägern geschlossenen Vereinbarungen
aufheben, soweit sie die Darlehensforderung des HS gegen die GmbH betreffen.
Ohnehin können nach der Rechtsprechung des BFH Verluste einer Personengesellschaft
einem eingetretenen Gesellschafter nur soweit zugewiesen werden, als diese in der Zeit
seiner Zugehörigkeit zur Gesellschaft entstanden sind (vgl. Urteil des BFH vom 5. Juli 2002
IV B 42/02, BFH/NV 2002, 1447).
2.2. Sonstiges
Der Senat ist kann im Übrigen die Frage, ob durch die zwischen der GbR und der GmbH
geschlossene Vereinbarung eine typisch stille Gesellschaft oder eine atypisch stille
Gesellschaft begründet wurde, dahinstehen lassen, da sich bei Annahme einer jeden der
beiden Gesellschaftsformen die Folgefragen gleich zu beantworten sind. So würde auch bei
Annahme einer typisch stillen Gesellschaft die Verlustübernahme zu Werbungskosten der
Gesellschafter der GbR führen.
Der Senat ist der Auffassung, dass -mit Ausnahme der Forderungseinbringung über
190.000 DM (dazu unter 2.1.)- die weiteren Vereinbarungen steuerlich anzuerkennen sind.
Sie halten insbesondere einem Fremdvergleich stand. Es ist nicht erkennbar, dass die
Errichtung einer GbR und die Vereinbarung einer stillen Gesellschaft in dieser Form unter
fremden Dritten nicht zustanden gekommen wäre. Wer einer notleidenden GmbH neue
Mittel zuführen möchte, hat die Wahlmöglichkeit, dies in den Formen der
Kapitalgesellschaft oder aber durch Gründung einer Personengesellschaft mit der GmbH zu
tun. Die ständige Rechtsprechung des BFH erkennt beide Gestaltungen an.
Bei Vereinbarung einer stillen Gesellschaft bedurfte es keiner Gestellung von Sicherheiten
seitens der GmbH, wie sie bei einem Darlehen zu fordern wäre. Der stille Gesellschafter
beteiligt sich in erfolgsabhängiger Form am Unternehmen eines Dritten und geht dabei in
verstärktem Maße das Risiko des Kapitalverlustes ein. Bei einer solchen Beteiligung, sei sie
in typischer oder atypischer Form vereinbart, ist es zwar nicht ausgeschlossen, dass sich
der stille Gesellschafter seine Kapitaleinbringung besichern lässt. Dies ist indessen schon
deshalb unüblich, weil damit die Möglichkeit sonstiger Kapitalbeschaffung -etwa bei einem
Kreditinstitut- eingeschränkt wird.
Die relativ hohe Gewinnbeteiligung von 25 % findet ihren Ausgleich in der Bereitschaft der
stillen Gesellschaft, Verluste der GmbH bis zur Höhe der Einlage in voller Höhe
auszugleichen.
Für den Senat war insoweit auch nicht erkennbar, dass den Klägern als Gesellschaftern der
GbR im Zeitpunkt ihrer Beteiligung die Absicht, (positive) Einkünfte zu erzielen, gefehlt hat.
Die Lage der GmbH war nicht so aussichtslos, als dass von vornherein die Entstehung von
Verlusten erkennbar gewesen wäre. Die Kläger haben, ohne dass ihnen dies zu widerlegen
wäre, die wirtschaftliche Lage der GmbH Ende 1996 als zumindest nicht hoffnungslos
beschrieben. Anders wäre es auch kaum erklärbar gewesen, dass sie bereit gewesen sind,
der GmbH weitere Mittel i.H. von 110.000 DM zur Verfügung zu stellen (JS und KS) und
Bürgschaften für die GmbH gegenüber der Volksbank Z zu übernehmen (HS und KS).
Insoweit ist nachvollziehbar, dass (erst) der Brand im Dezember 1997 den erhofften
(positiven) Aussichten der Kläger bzw. der GmbH ein alsbaldiges Ende bereitet hat.
Hinsichtlich der Kapitalzuführung seitens KS und JS ist auch ein Gestaltungsmissbrauch
nicht erkennbar. Beide Kläger haben der GmbH "reales" Kapital zugeführt. Sie haben im
Zuge der stillen Beteiligung sowohl die Eigenkapitalbasis der GmbH verbessert als auch
deren Liquidität erhöht. Insoweit ist auch -anders bei der "Forderungsumwandlung" von HS-
der rein steuerliche Aspekt der Gestaltung nicht erkennbar. Es ist schwer vorstellbar, dass
ein Steuerpflichtiger Kapital in eine Gesellschaft einbringt, allein um sich damit im Falle des
Einlageverlustes die steuerlichen Vorteile zu sichern. Dies war im Falle der Forderung von
HS anders. Zum Einen erbrachte die "Forderungsumwandlung" der GmbH keine
Liquiditätserhöhung. Zum Andern wurde sie nicht durch Zahlung von Mitteln, sondern durch
bloße Umbuchung bewirkt.
3. Insgesamt ergibt sich im Streitfall folgendes Ergebnis: Im Jahre 1996 ist in Höhe der
"Einlage" von 190.000 DM infolge des Gestaltungsmissbrauchs keine Verlustzurechnung
zulässig. Soweit jedoch die Verluste diesen Betrag übersteigen (3.774 DM), sind sie
steuerlich zu berücksichtigen. Dies gilt uneingeschränkt für die Verluste des Jahres 1997
i.H. von 107.027 DM.
Dem Beklagten wird gemäß § 100 Abs.2 Satz 2 FGO aufgegeben, die getroffene
Feststellung entsprechend zu ändern.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit folgt aus § 155 FGO i.V. mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Zur Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO sah der Senat keine Veranlassung.