Urteil des FG Saarland vom 15.07.2005

FG Saarbrücken: umkehr der beweislast, verwirkung, vermietung, verpachtung, vollziehung, einkünfte, aussetzung, rechtsschutz, beweislastumkehr, beweisvereitelung

FG Saarbrücken Urteil vom 15.7.2005, 1 K 343/02
Umkehr der Beweislast bzw. Verwirkung des Steueranspruchs bei mehr als 20 Jahre
dauernden Einspruchsverfahren
Leitsätze
Ein mehr als 20 Jahre dauerndes Einspruchsverfahren führt nicht zwangsläufig zur
Verwirkung des Steueranspruchs. Auch kommt es nicht ohne Weiteres wegen der Dauer
des Einspruchsverfahrens zu einer Umkehr der Feststellungslast.
Tatbestand
Der Kläger ist der Sohn und Rechtsnachfolger des verstorbenen RH. Er begehrt mit seiner
Klage die Anerkennung von Verlusten im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und
Verpachtung.
RH hatte mit der Dr. Amann-Gruppe (künftig: DAG) im Streitjahr 1976 bei einem von der
DAG betreuten Projekt in M u.a. einen Vereinbarungen getroffen, die sich auf die Errichtung
des Einfamilienhauses im Asternweg 35 bezogen. Die DAG bzw. die BVI-Betreuungs- und
Verwaltungsgesellschaft für Immobilieneigentum mbH, ein Unternehmen der DAG,
verpflichtete sich, das Objekt nach Fertigstellung 5 Jahre zu verwalten und RH bis
spätestens ein Jahr nach Bezugsfertigkeit einen Kaufinteressenten zu vermitteln. Das
Objekt wurde innerhalb von 5 Jahren -die Frist lief vom 1. September 1978 und endete am
31. August 1983-, nämlich am 31. Juli 1983, an einen Dritten veräußert (ESt, Bl. 48).
RH machte in seinen Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre 1976 bis 1978 die
Kosten für die Vermittlung der Zwischen- und Endfinanzierung, für die Vermittlung des
gewerblichen Zwischenmieters, Zinsen, Disagio und AfA usw. als Werbungskosten bei den
Einkünften aus Vermietung und Verpachtung anzuerkennen (ESt, Bl. 4, 59, 78).
In den Einkommensteuerbescheiden 1976 und 1977 vom 23. Mai 1978 (ESt, Bl. 34) und
21. Juni 1979 (ESt, Bl. 64) fanden die erklärten Verluste Berücksichtigung. Am 12.
Dezember 1980 (ESt, Bl. 79) teilte das Finanzamt Köln-Außenstadt dem Beklagten mit,
dass es sich im Falle von RH um eine typische Gestaltung im Rahmen eines Mietkauf-
Modells handele und die Berücksichtigung von Verlusten bei den Einkünften aus Vermietung
und Verpachtung ausscheide. Am 19. August 1981 informierte das Finanzamt Köln-
Außenstadt den Beklagten über die Aussetzung der Vollziehung betreffend die
Feststellungsbescheide der Bauherrengemeinschaft in M (ESt, Bl. 113). Gleichzeitig
erfolgte eine "endgültige Mitteilung" über die gesonderte und einheitliche Feststellung der
Einkünfte 1976 bis 1978 (ESt, Bl. 106 ff.). Danach waren für RH durch
Feststellungsbescheid vom 13. Juli 1981 jeweils die geltend gemachten Verluste mit 0 DM
berücksichtigt worden. Das Finanzamt Köln-Außenstadt informierte darüber, dass die DAG
ein Musterverfahren bzgl. eines im Bereich der Oberfinanzdirektion Köln ansässigen
Bauherren führen wolle. Bis zum Abschluss dieses Musterverfahrens könnten andere
Einspruchsverfahren ruhen. Es könne Aussetzung der Vollziehung gewährt werden.
Der Beklagte erließ am 19. Oktober 1981 Einkommensteuerbescheide für 1976 bis 1978,
die -bis auf den Ansatz von Beratungs- und Bearbeitungsgebühren im Jahre 1977 i.H. von
9.277 DM- die erklärten Verluste nunmehr außer Ansatz ließen.
Gegen diese Bescheide legte RH mit Schreiben vom 4. November 1981 Einspruch ein
(Rbh, Bl. 1). Er beantragte zeitgleich die Aussetzung der Vollziehung, die der Beklagte am
10. November 1981 gewährte (Rbh, Bl. 8).
Mit Schreiben vom 1. Dezember 1982 (ESt, Bl. 174) informierte das Finanzamt Köln-
Außenstadt den Beklagten darüber, dass er infolge eines Urteils des BFH vom 27. Februar
1982 gezwungen gewesen sei, die Feststellungsbescheide aufzuheben. Der
Bundesfinanzhof sei der Auffassung, dass eine einheitliche und gesonderte Feststellung für
die Eigentümer von Wohn- und Reihenhaussiedlungen regelmäßig nicht in Betracht komme.
Das Finanzamt Köln-Außenstadt wies darauf hin, dass bei Auswertung der bisherigen
Feststellungsbescheide kein Anlass bestehe, die Folgebescheide zu ändern. Hierüber solle
den Beteiligten ein Kurz-Bescheid einschließlich einer Rechtsbehelfsbelehrung erteilt
werden.
Am 5. Februar 1983 wandte sich unter Vorlage einer Vollmacht die T.O.P. Treuhand-,
Organisations- und Prüfungsgesellschaft mbH (künftig. TOP) an den Beklagten (Rbh, Bl. 4).
Sie kündigte an, die Einsprüche zu begründen. Dies geschah am 29. Juli 1983 (Rbh, Bl. 9
ff.).
Nachdem zwischenzeitlich der jetzige Prozessbevollmächtigte tätig geworden war, wandte
sich am 11. September 1987 die TOP an den Beklagten und fragte nach dem Sachstand
(Rbh, Bl. 29). Der Beklagte teilte nach Rücksprache mit RH der TOP mit, RH habe einer
Informationsweitergabe widersprochen.
Am 3. August 2000 wandte sich der Beklagte an das Finanzamt Köln-Außenstadt, das
dem Beklagten zur weiteren Sachbehandlung am 24. Oktober 2000 eine Verfügung der
Oberfinanzdirektion Stuttgart überlies (Rbh, Bl. 43 ff.). Mit Schreiben vom 1. August 2001
erhob RH gegenüber dem Beklagten den Einwand der Verwirkung des Steueranspruchs
(Rbh, Bl. 34 ff.). Er trug vor, infolge des Nichtstuns des Beklagten über einen langen
Zeitraum habe er es unterlassen, Beweise für einen atypischen Geschehensablauf im
Sinne der Rechtsprechung zu den Mietkauf-Objekten zu dokumentieren.
Mit Entscheidung vom 17. Juli 2002 wies das Finanzamt den Einspruch als unbegründet
zurück (Bl. 2)
Mit Schriftsatz vom 7. August 2002 erhob RH Klage (Bl. 1).
Der Kläger als Rechtsnachfolger von RH beantragt (sinngemäß),
unter Änderung der
Einkommensteuerbescheide 1976
bis 1978 in Form der
Einspruchsentscheidung vom 17. Juli
2002 die Einkünfte aus Vermietung
und Verpachtung betreffend das
Objekt in M i.H. von ./. 43.879 DM
(1976), von ./. 25.518 DM (1977)
und von ./. 43.491 DM (1978) zu
berücksichtigen.
Nach der Rechtsprechung des BFH könnten zwar bei einem typischen Mietkaufmodell
Verluste aus Vermietung und Verpachtung grundsätzlich steuerlich nicht geltend gemacht
werden. Indessen könne ein Beteiligter den Gegenbeweis für das Vorliegen eines
untypischen Sachverhaltes dartun. Bei RH habe ein solcher vorgelegen, da dieser selbst
einen Mieter für das Objekt ausgesucht habe.
Aufgrund der langen Verfahrensdauer bei dem Beklagten sei er jedoch nicht mehr in der
Lage zu beweisen, dass es sich bei ihm um einen atypischen Sachverhalt gehandelt habe.
Dies habe der Beklagte zu verantworten, so dass es zu einer Beweislastumkehr komme:
Die Behörde müsse nachweisen, dass es sich bei RH um ein typisches Mietkauf-Objekt
gehandelt habe aufgrund der überlangen Verfahrensdauer zu einer Beweislastumkehr
gekommen ist, dies sei nämlich dann der Fall, wenn der Beklagte schuldhaft zur
Beweisvereitelung beigetragen habe.
Die Durchsetzung der steuerlichen Ansprüche sei im Übrigen verwirkt, da das Finanzamt
ca. 14 Jahre lang in der Sache nicht entschieden habe, obwohl spätestens im Jahr 1989
infolge von zwei BFH-Entscheidungen Klarheit in der Sache bestanden habe.
Der Beklagte beantragt (sinngemäß, Bl. 26),
die Klage als unbegründet
abzuweisen.
Der Beklagte macht geltend, die Einsprüche gegen die Einkommensteuerbescheide der
Jahre 1976 und 1977 seien unzulässig gewesen. Die Einsprüche hätten sich gegen die
Grundlagenbescheide des Finanzamts Köln-Aussenstadt richten müssen und nicht gegen
die Folgebescheide des Beklagten. Lediglich der Einspruch gegen den
Einkommensteuerbescheid 1978 sei zulässig; demnach sei die Klage auch nur gegen
diesen Einkommensteuerbescheid zulässig. Der Beklagte hält jedoch im Interesse beider
Beteiligten eine Sachentscheidung insgesamt für angezeigt (Bl. 26).
Der Fall von RH habe ein typisches Mietkauf-Modell zum Gegenstand. Jedenfalls habe der
Kläger Gegenteiliges nicht nachgewiesen. Eine Umkehr der Beweislast komme nicht in
Betracht. Der Kläger habe es verabsäumt, die Beweise vorzuhalten. Dies gehe zu seinen
Lasten.
Eine überlange Verfahrensdauer sei nicht festzustellen. Zumindest aber habe es der Kläger
in der Hand gehabt, das Rechtsbehelfsverfahren zu beschleunigen.
Bezüglich der Verwirkung der steuerlichen Ansprüche wendet der Beklagte ein, eine
Verwirkung trete nur dann ein, wenn -abgesehen von einem notwendigen Zeitmoment-
von der Verwaltung Vertrauen begründet worden sei. Ein solches Verhalten läge auf Seiten
des Beklagten nicht vor. Ein Vertrauenstatbestand entstehe nicht schon allein dadurch,
dass der Beklagte einige Jahre nicht tätig geworden sei.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die beigezogenen
Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg. Die streitigen Bescheide lassen zu Recht die vom Kläger
angesetzten Verluste betreffend das Objekt in M außer Ansatz.
1. Zulässigkeit der Klage
Nach § 44 Abs. 1 FGO ist in den Fällen, in denen ein außergerichtlicher Rechtsbehelf
gegeben ist, die Klage grundsätzlich nur zulässig, wenn das Vorverfahren über den
außergerichtlichen Rechtsbehelf ganz oder zum Teil erfolglos geblieben ist.
Diese Voraussetzung ist im Streitfall erfüllt. Dabei können die Bedenken des Beklagten bzgl.
der Streitjahre 1976 und 1977 (Bl. 25 f.) dahin stehen. Die ablehnende
Einspruchsentscheidung vom 17. Juli 2002 eröffnet dem Kläger den Klageweg.
2. Vorliegen eines typischen Mietkauf-Objektes
(a) Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH spricht der Beweis des ersten Anscheins
bei Beteiligung an einem Mietkaufmodell dafür, dass dem Anleger die Absicht fehlt, einen
Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen. Der Beteiligte an
einem solchen Mietkaufmodell kann allerdings darlegen und hat erforderlichenfalls zu
beweisen, dass in seinem Fall ein vom typischen Modellfall abweichender Sachverhalt
vorgelegen hat, d.h., dass er von vornherein beabsichtigte, das Grundstück nicht kurzfristig
zu veräußern, sondern langfristig zu vermieten (BFH, Urteil vom 9. Februar 1993 IX R
42/90, BStBl II 1993, 658 m.w.N.).
(b) Im Streitfall hat der Kläger nicht nachgewiesen, dass es sich um ein atypisches
Mietkauf-Modell gehandelt hat. Dies wäre ohne Weiteres möglich gewesen, nachdem
bereits im Einspruchsverfahren vorgetragen worden war, dass sich RH persönlich um die
Vermietung des Hauses gekümmert habe. Wäre dies tatsächlich so gewesen -der
Mietvertrag vom 24. August 1978 (ESt, Bl. 48) wurde mit der Dr. Amann Vermietungs-
GmbH geschlossen-, hätte es RH in der Hand gehabt, diesen Umstand auch nachzuweisen.
Da Letzteres nicht geschehen ist, muss nach allgemeinen Grundsätzen davon
ausgegangen werden, dass es sich im Streitfall um ein typisches Mietkauf-Modell gehandelt
hat, so dass ein Werbungskostenabzug im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und
Verpachtung schon allein deshalb nicht in Betracht kommt.
3. Überlange Verfahrensdauer und Umkehr der Beweislast bzw. Verwirkung
(a) Art. 19 Abs. 4 GG, der für den Rechtsschutz das Rechtsstaatsprinzip verdeutlicht und
konkretisiert, garantiert nicht nur den allgemeinen Zugang zum Gericht, sondern
gewährleistet eine tatsächlich wirksame gerichtliche Kontrolle der Ausübung öffentlicher
Gewalt. Wirksamer Rechtsschutz bedeutet auch im Interesse der Rechtssicherheit
Rechtsschutz innerhalb angemessener Zeit (Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
-BVerfG- vom 6. Mai 1997 1 BvR 711/96, NJW 1997, 2811). Die Verletzung von Art. 19
Abs. 4 GG durch eine übermäßig lange Dauer des Verfahrens ist für das steuerrechtliche
Verfahren anerkannt (BVerfG-Entscheidung vom 27. September 1993 2 BvR 829/91, HFR
1994, 348; BFH, Urteil vom 17. Dezember 1996 IX R 47/95, BStBl II 1997, 348).
Verbindliche Vorgaben, die besagen, ab wann von einer überlangen, die Rechtsgewährung
verletzenden Verfahrensdauer auszugehen ist, bestehen nicht. Die Angemessenheit der
Dauer eines Verfahrens ist nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalles zu bestimmen
(BVerfG-Beschluss vom 30. April 1992 1 BvR 406/89, HFR 1993, 37). Zu berücksichtigen
sind insbesondere die Rechtsmaterie, die Schwierigkeiten des jeweiligen Falles, das Alter
der Beteiligten, die tatsächlichen Verzögerungen, die Bedeutung des Verfahrens für den
Betroffenen, aber auch inwieweit dessen Verhalten, das Verhalten der Gegenseite und das
Verhalten des Gerichts zu den Verzögerungen beigetragen haben (vgl. BVerfG-Beschluss in
HFR 1993, 37 m.w.N.; BFH-Beschluss vom 29.Juli 1996 V B 56/96, BFH/NV 1996, 924).
Der Verstoß gegen das Gebot wirksamen Rechtsschutzes führt jedoch weder dazu, dass
der staatliche Steueranspruch verwirkt ist, noch zu einer Umkehr der Feststellungslast (vgl.
BFH- BFH, Urteil vom 23. Februar 1999 IX R 19/98, BStBl II 1999, 407 m.w.N.). Die dem
Rechtsstaatsprinzip widersprechende Behandlung eines Verfahrens hat in der Regel keine
Auswirkungen auf die objektive Beweislast (Feststellungslast) der Beteiligten. Die Verteilung
der Feststellungslast beruht auf materiell-rechtlichen Regelungen. Die Frage, wer die
Feststellungslast trägt, ist von Fall zu Fall unter Würdigung der einschlägigen
Rechtsnormen und ihrer Zweckbestimmung zu beantworten (BFH-Urteil vom 20. März
1987 III R 172/82, BStBl II 1987, 679).
Eine Umkehr der Feststellungslast würde nicht nur das Ausmaß der Beweiswürdigung
berühren, sondern auch die Verantwortlichkeit für die Unerweislichkeit von Tatsachen
verändern. Die Umkehr der Feststellungslast bedürfte einer besonderen Rechtfertigung im
Hinblick auf den anderen Verfahrensbeteiligten, da er die Folgen einer unvollständigen
Sachverhaltsaufklärung zu tragen hätte. Eine Umkehr der Beweislast kann allenfalls in
Betracht kommen, wenn sie auf ein vorwerfbares Verhalten des jeweils anderen
Verfahrensbeteiligten zurückzuführen ist.
Die Prüfung einer Beweislastumkehr zugunsten eines Steuerpflichtigen könnte nur
veranlasst sein, wenn die Behörde schuldhaft zur Beweisvereitelung beigetragen hat (vgl.
BFH- BFH, Urteil vom 23. Februar 1999 IX R 19/98, BStBl II 1999, 407 m.w.N.).
Die Rechtsfrage danach, ob die überlange Dauer des Einspruchsverfahrens die Verwirkung
des Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis nach sich zieht, wurde vom BFH wiederholt
ablehnend beantwortet. Die Untätigkeit schafft danach keinen Vertrauenstatbestand
dahingehend, dass die Finanzbehörde auf ihren materiellen Anspruch verzichtet (BFH,
Beschluss vom 1. Dezember 2004 I B 163/04, I S 11/04, BFH/NV 2005, 895).
(b) Unter Anwendung dieser Grundsätze ist der Senat zu der Auffassung gelangt, dass
keine überlange Verfahrensdauer vorliegt, die zu einer Umkehr der Beweislast bzw. einer
Verwirkung geführt hat.
Das Einspruchsverfahren dauerte im Streitfall zwar mehr als 20 Jahre. Allein diese Dauer
führt jedoch noch nicht zu der Schlussfolgerung, die Verfahrensdauer sei "überlang".
Insoweit hat der Beklagte zu Recht angeführt, dass zum einen die Schwierigkeit des Falles -
zur Problematik des Mietkaufmodells wurden einige Musterverfahren betrieben-, aber auch
die verfahrensmäßigen Probleme -es kam 1982 zu einer Aufhebung der
Feststellungsbescheide des Finanzamts Köln-Außenstadt (ESt, Bl. 174)- mit zu der langen
Verfahrensdauer beigetragen haben.
RH hatte während der langen Dauer des Einspruchsverfahrens die Möglichkeit, beim
Beklagten selbst durch eine entsprechende Intervention oder durch eine unmittelbare Klage
beim Finanzgericht dem Verfahren Fortgang zu geben. Beides ist nicht geschehen. Bei
Würdigung des Verfahrensablaufs, insbesondere auch angesichts der gewährten
Aussetzung der Vollziehung, ist keineswegs der Eindruck vorherrschend, als sei RH an
einem früheren Abschluss des Einspruchsverfahrens gelegen gewesen.
Demzufolge liegt nach Auffassung des Senats zwar eine lange, aber keine überlange
Verfahrensdauer vor.
Selbst wenn man jedoch zu einer gegenteiligen Auffassung gelangen würde, hätte dies
nicht ohne Weiteres die Umkehr der Beweislast zur Folge. So ist nicht feststellbar, dass der
Beklagte -allein durch das Nichtaufgreifen des Falles über mehrere Jahre- schuldhaft zur
Beweisvereitelung beigetragen hat. Vielmehr war RH -wie dargelegt- frühzeitig die
Notwendigkeit bewusst, das Vorliegen eines atypischen Mietkauf-Modells nachzuweisen. Er
hätte insoweit Beweisvorsorge treffen können und müssen. Dass er dies nicht getan hat,
gereicht ihm nicht im Sinne einer Umkehr der Beweislast zum Vorteil.
Gleiches gilt auch für den Gesichtspunkt der Verwirkung. Insoweit fehlt es an einem
entsprechenden Vertrauenstatbestand. d.h. an einem bestimmten Verhalten des
Finanzamts , aufgrund dessen der Kläger bei objektiver Beurteilung hätte annehmen
dürfen, das Finanzamt werde den Anspruch auf Einkommensteuer, den es bereits durch
Steuerbescheid festgesetzt hatte, nicht mehr geltend machen. Wird gegen einen
Steuerschuldner eine Steuer festgesetzt und geht er hiergegen mit Rechtsbehelfen vor, so
darf er aus dem Umstand, dass der Rechtsbehelf mehrere Jahre unbearbeitet bleibt, nicht
schließen, die Finanzbehörde habe den geltend gemachten Steueranspruch aufgegeben.
Unter solchen Verhältnissen muss es vielmehr wegen des Vorhandenseins des
Steuerbescheids und der Anhängigkeit des Rechtsbehelfsverfahrens als so gut wie
ausgeschlossen angesehen werden, dass ein Nachgeben der Finanzbehörde durch bloßes
Untätigbleiben zum Ausdruck kommen könnte (BFH, Urteil vom 8. Oktober 1986 II R
167/84, BStBl II 1987, 12).
Es ist für den Senat kein Umstand erkennbar, der bei dem Kläger einen
Vertrauenstatbestand in diesem Sinne hätte schaffen können.
4. Die Klage kann somit keinen Erfolg haben. Sie war als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
Zur Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO sah der Senat keine Veranlassung.
Der Senat hielt im Kosteninteresse des Klägers eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid
für angezeigt. Insoweit hat er auch von dem Verzicht auf mündliche Verhandlung durch die
Beteiligten keinen Gebrauch gemacht.