Urteil des FG Saarland vom 06.12.2006

FG Saarbrücken: anleger, kapitalvermögen, liquidität, kapitalanlage, zufälliges ereignis, verzinsung, leistungsfähigkeit, treuhänder, einkünfte, anfang

FG Saarbrücken Urteil vom 6.12.2006, 1 K 165/03
Fehlgeschlagene Einkunftserzielung - Zufluss von Einnahmen
Tatbestand
Die Kläger werden als Eheleute beim Beklagten zusammen zur Einkommensteuer und (bis
1996) zur Vermögensteuer veranlagt. Der Kläger, der früher als Diplom-Ingenieur und
Markscheider tätig war, ist Rentner, die Klägerin ist Hausfrau. Die Kläger ließen sich bei der
Vermögensanlage seit jeher von Herrn C - künftig: C -, Gesellschafter-Geschäftsführer der
C & D GmbH, E, den sie seit Ende der 60iger Jahre persönlich kennen, beraten. Der
anhängige Rechtsstreit wird um Einkünfte aus Kapitalvermögen geführt, die auf
Vereinbarungen der Kläger mit C beruhen.
Anfang 1992 trat C an die Kläger mit dem Angebot heran, "hochverzinsliche
Kapitalanlagen" (Bl. 194) zu tätigen. Das Anlagekapital sollte möglichst mit 12% p.a.
verzinst und zudem ein "Bonus" von weiteren 12% gezahlt werden (Bl. 184 f., 187). Unter
dem Datum vom 10. Juni 1992 haben die Kläger mit C zwei Verträge über die Anlage von
160.000 DM und 90.000 DM geschlossen (Bl. 33 ff.; 184 ff.).
Die als "Vereinbarung" bezeichneten Verträge zwischen den Klägern ("Auftraggeber") und C
("Herr C"), auf die wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen wird, enthielten folgende
Passagen:
Tz. 1.2: .....wünscht der Auftraggeber, dass sein Kapital - entweder mit dem Kapital anderer
Anleger oder allein - durch C angelegt wird.
1.3: C wird die Anlagemittel auf einem Sonderkonto entgegennehmen ... und die aus
Erträgen bzw. Kapitalrückzahlungen ... zufließenden Gelder entsprechend dem Anspruch
des Auftraggebers an diesen auszahlen.
Tz. 2.2.: Das Kapital wird C für 5 Jahre zur Verfügung gestellt....
2.3: Dem Auftraggeber ist bekannt, dass seine Anlage ... gepoolt wird ... Er verzichtet
deshalb bereits jetzt unwiderruflich auf eine vorzeitige Rückzahlung des Anlagebetrages.
Tz. 3.1: Die in Anlage 1 zu diesem Vertrag beschriebene Anlageform beschreibt nur eine von
mehreren möglichen Anlageformen...
(1) Das Anlagekapital muss abgesichert sein.
(2) Es muss eine Verzinsung erreichbar sein, die mit der in Anlage 1 vergleichbar ist.
3.2: C wird sämtliche auf dem Sonderkonto eingehenden Gelder unverzüglich an die
berechtigten Stellen auszahlen ......
3.3: Da C den Initiatoren der Kapitalanlage absolute Vertraulichkeit zugesichert hat, wird
er dem Auftraggeber weder den Namen des Anlagepartners, noch die eingeschaltete
Bank oder sonstige Institutionen mitteilen.
Tz: 4.2: Die Verantwortung von C erstreckt sich nicht auf den Anlageerfolg. Deshalb
übernimmt C keinerlei Haftung dafür, dass die gemäß seinem Auftrag abgeschlossenen
Kapitalanlageverträge die erwarteten Zins- und Bonusbeträge erbringen und dass die
Kapitalrückzahlung an das Sonderkonto ordnungsgemäß erfolgt.
Tz. 5 (in einem der Verträge gestrichen)
Für seine Tätigkeit erhält C eine Vergütung, die ausschließlich vom Ertrag der Anlage
abhängig ist. Sie beträgt 5% des dem Auftraggeber zustehenden Anlagebetrages. Einen
Anspruch auf Ersatz weiterer Kosten hat C nicht.
Tz: 6.1: Der vorliegende Vertrag wird auf unbestimmte Zeit geschlossen. Er kann - nach
Ablauf des unter 2.2. genannten
Zeitraumes - von jeder Partei mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.
Die Anlage zu den Verträgen trug die Überschrift: "Anlage 1 zur Vereinbarung über eine
Kapitalanlage zwischen Herrn A, Frau A und Herrn C". Den Verträgen war die "Berechnung
einer hochverzinslichen Kapitalanlage für Herrn und Frau A" beigefügt (Bl. 194).
Als Verwaltungsgesellschaft war die "F G und H Establishment", I, J -künftig: FG - tätig. Die
FG residierte in I unter der Geschäftsadresse K-Straße XX ("Haus L") und wird von Herrn M
vertreten. Diese Adresse und der Name des Herrn M sind dem Senat aus anderen
Verfahren im Zusammenhang mit "Briefkastengesellschaften" in J bekannt.
C hat den Klägern über die Bewegungen ihres Sonderkontos durch die FG "offizielle"
Abrechnungen (mit Firmenkopf der FG) und "inoffizielle" Abrechnungen (ohne Firmenkopf
der FG - "nur zu ihrer persönlichen Information") erteilt (Bl. 239 ff., 248; Fahnd .A Bl. 157
ff., 163). Auszahlungen nahm er auf zwei Konten vor, die die Kläger bei der NO in P -
künftig: NO - mit den Kontonummern XXX-XX und XXX-XX-X errichtet hatten ( Fahnd .A Bl.
104 ff., 115 ff.). Über die Konten waren neben den Klägern die Kinder der Kläger - Q und R
A - verfügungsbefugt (Bl. 203). C war befugt von NO Auskünfte über den jeweiligen Stand
der Konten und über die Kontenbewegungen einzuholen (Bl. 201, 251).
C hatte von 1992 bis 1999 mit 44 weiteren Anlegerparteien - darunter C selbst -
vergleichbare Verträge geschlossen und dadurch ein Anlagekapital i.H.v. insgesamt
6.798.520 DM (davon bis Ende 1994 5.037.000 DM) erhalten (Beihefter
"Steuergeheimnis").
Nachdem die Kläger die Verträge mit C gekündigt hatten (1998 bzw. 2000), hat C ihnen
mit Schreiben vom 7. Februar 2001 mitgeteilt, dass Insolvenzantrag gestellt sei und im
Rahmen des Insolvenzverfahrens ein Schuldenbereinigungsplan erarbeitet werde ( Fahnd .A
Bl. 94 ff.). Das am 24. September 2001 eröffnete Insolvenzverfahren des C (Az. beim AG
E: XX IN XXX/XX; Bl. 485 StrafA) und das Strafverfahren gegen C, in dem gegen ihn vor
dem Amtsgericht E Anklage erhoben worden ist (Az. XX Ls XX Js XXX/XX), schweben derzeit
noch.
In ihren Einkommensteuererklärungen 1992 - 1997 erklärten die Kläger aus den
vorgenannten Vorgängen als Einnahmen aus Kapitalvermögen nur die Beträge, die ihnen
von C auf das Konto bei der NO Nr. XXX-XX überwiesen worden waren (s. Anlagen I und II
zum Fahndungsbericht vom 18. Februar 2002). In ihren Vermögensteuererklärungen
erklärten die Kläger Kapitalvermögen aus Anlagen in der S:
auf den 1. Januar 1993:
136.000 DM
auf den 1. Januar 1995:
146.000 DM
Bei der Durchführung der Einkommen- und Vermögensteuerveranlagungen folgte der
Beklagte den Erklärungsangaben.
Im Jahre 2000 wurden bei C und den Klägern Steuerfahndungsprüfungen mit
Durchsuchungen der Geschäftsräume und Wohnungen von C, der Wohnung der Kläger und
der Geschäftsräume verschiedener Banken durchgeführt. Diesen Ermittlungen zu Folge
haben die Kläger in der Zeit vom 17. Juli 1992 bis 1. April 1994 aus Eigenmitteln ihres
Vermögens 230.000 DM an C in Ausführung der Verträge vom 10. Juni 1992 überwiesen.
Die Erträge wurden gegenüber den Klägern (zumeist vierteljährlich) auf dem von C
geführten Sonderkonto "inoffiziell" (ohne Firmenkopf der FG) und "offiziell" (mit Firmenkopf
der FG) abgerechnet (Bl. 157 ff. Fahnd A ; Bl. 216, 225) und - bis zum 12. September
1994 - ausnahmslos auf die Konten der Kläger bei der NO überwiesen. Ein Teil dieser
Beträge wurde von dort an C zur Auffüllung der vertraglich geschuldeten Anlagebeträge
bzw. zur Wiederanlage überwiesen:
NO-Konto
Betrag
Datum
Nr. 582988-42
10.000 DM
20. Januar 1994
Nr. 582988-42-1
20.000 DM
16. Februar 1993
20.000 DM
25. Juni 1993
30.000 DM
20. Januar 1994
Ab September 1994 sind in zunehmender Zahl auf dem Sonderkonto als Ertrag
ausgewiesene Beträge nicht mehr auf die Konten bei der NO überwiesen, sondern - unter
Verrechnung mit den Erträgen - auf dem Sonderkonto als zusätzliches Anlagekapital der
Kläger gutgeschrieben worden ("Reinvestition"; bis Ende 1997: 176.960 DM, s. Anlage I
des Fahndungsberichts). Die Verrechnungen erfolgten jeweils nach Rücksprache des C mit
den Klägern und auf deren Anweisung (Bl. 171-176, 231). Insgesamt, d.h. einschließlich
der reinvestierten Beträge, hat der Fahnder 1992 - 1997 an nachzuversteuernden
Erträgen aus Kapitalvermögen 372.149,95 DM ermittelt. Hiervon sind 195.189,95 DM auf
die Konten der Kläger bei der NO überwiesen worden. Mit diesen Beträgen haben die
Kläger anderweitige Kapitalanlagen erworben bzw. private Ausgaben bestritten. Nach den
Feststellungen des Fahnders betrugen die zusätzlich anzusetzenden Kapitalstände aus den
vorgenannten Anlagen am 1. Januar 1993: 230.000 DM und am 1.Januar 1995: 330.000
DM
Nach den Ermittlungen der Fahnder war C mindestens bis Ende 1997 in der Lage,
Auszahlungen an die Anleger vorzunehmen. C hat an die Kläger am 6. Juni 1997 letztmalig
Überweisungen auf die Konten bei der NO und am 22. Dezember 1997 eine
Kapitalrückzahlung i.H.v. 10.000 DM per Scheck getätigt (Bl. 162).
Unter Zugrundelegung der Prüfungsfeststellungen änderte der Beklagte am 27. Juni 2002
die Einkommensteuerbescheide 1992 - 1997 sowie die Vermögensteuerbescheide auf den
1. Januar 1993 und 1995 gem. § 173 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO. Dagegen haben die Kläger am
2. Juli 2002 Einspruch eingelegt, den der Beklagte mit Entscheidung vom 19. Mai 2003
bezüglich der Einkommensteuerbescheide als unbegründet und bezüglich der
Vermögensteuerbescheide unter Neufestsetzung der Steuer teilweise als unbegründet
zurückgewiesen hat.
Am 10. Juni 2003 erhoben die Kläger Klage. Sie beantragen, die
Einkommensteuerbescheide 1992 bis 1997 sowie die Vermögensteuerbescheide auf den
1. Januar 1993 und 1995, alle vom 27. Juni 2002 und in Form der Einspruchsentscheidung
vom 19. Mai 2003, ersatzlos aufzuheben.
C habe sich verpflichtet, das Geld treuhänderisch für die Kläger anzulegen. Die Verzinsung,
die Kapitalrückzahlung (Ziff. 4.2) und das Schicksal der Kapitalanlage (Ziff. 3.3) seien
ungewiss gewesen (Bl. 18 f., 33 ff.). Die 230.000 DM der Kläger habe C wie folgt investiert
(Bl. 19 f., 41 ff.):
Versicherungspolicen der Versicherungsgesellschaft T in U: Das Investment sei 1992
aufgelöst worden. Die Rückkaufswerte hätten nach der kurzen Laufzeit bei ca. 80 % gelegen.
Anlagepartner V: Die Anlage sei am 9. Dezember 1992 mit 1,4 Millionen USD erfolgt. Erträge
seien nicht erwirtschaftet worden. Im März 1993 habe C 1,1 Millionen zurück erhalten. Ca.
0,9 Millionen DM seien veruntreut worden.
Anlagepartner W: Am 26. September 1993 seien 500.000 USD angelegt worden. Der
Betrag sei am 31. August 1993 aufgrund der Intervention des C mit 501.751,55 USD
zurückgezahlt worden.
Anlagepartner Y/Treuhänder Rechtsanwalt und Notar Z: Am 5. August 1994 hätten
1.037.625,42 USD angelegt werden sollen. Das Anwaltsbüro in AA, das als Treuhänder
eingeschaltet worden sei, habe das Kapital jedoch veruntreut. Versuche, von der BB, AA
(Anwaltskammer, die gleichzeitig bei Fehlverhalten von Anwälten wie eine
Haftpflichtversicherung eintritt), Ersatz der veruntreuten Gelder zu erhalten, seien erfolglos
geblieben.
C habe die Kläger nicht von diesen Missgeschicken informiert. Vielmehr hätten die Kläger
auf ihren Konten bei der NO von 1992 bis 1997 Zahlungen i.H.v. insgesamt 195.191,24
DM erhalten (Bl. 21, 45 ff.). Die Überweisungen seien zum Teil von C, zum Teil von einer
"CC-Bank in DD", "EE Establis ", "FF" bzw. "GG" gekommen. Ein Verwendungszweck sei in
keinem Fall angegeben worden. C habe von den überwiesenen Beträgen 116.180 DM
aufgrund einer ihm erteilten Bankvollmacht von den Konten der Kläger nach kurzer Zeit
wieder abgezogen.
Die Leistung des C habe nicht in der Zahlung von Geld, sondern in der Anlage des ihm
treuhänderisch überlassenen Geldes bestanden (Ziff. 2.4; treuhänderische
Geschäftsbesorgung gem. § 675 BGB). Die von C erworbenen Kapitalforderungen seien
den Klägern als Treugebern gem. § 39 AO anteilig zuzurechnen. Die Anlagen hätten jedoch
nur Verluste erbracht (Bl. 23 f.). Es gebe Gesichtspunkte, wonach C lediglich als Vertreter
der Kläger habe tätig werden sollen (Bl. 300 ff.).
§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG sei nicht anwendbar, weil weder die Rückzahlung noch die
Verzinsung des überlassenen Geldes sichergestellt gewesen sei (s. Ziff. 4.2 der Verträge).
Die Kläger hätten - nachdem die Anlagen keinen Ertrag erbracht hätten und nachdem das
Geld verloren gewesen sei - keine Möglichkeit gehabt, von C die Rückzahlung des Geldes
und die Zahlung der in Aussicht gestellten Erträge zu verlangen. Eine Kapitalforderung, bei
der die Rückzahlung sowie das Nutzungsentgelt unsicher seien, sei nicht steuerpflichtig.
Es seien auch keine Einkünfte aus einer stillen Beteiligung gem. § 20 Abs. 1 Ziff. 4 EStG
erzielt worden. In Ziff. 3.1 der Verträge sei die Investition in eine Anlage vorgesehen
gewesen, bei der
- das Anlagekapital habe abgesichert sein müssen und
- eine Verzinsung habe erreichbar sein müssen, die mit der in Anlage 1 vergleichbar gewesen
sei.
Eine derartige Anlage sei kein Handelsgewerbe i.S.d. § 1 HGB a.F. Es seien auch keine
Gesellschaften begründet worden, auch wenn in einem der Verträge eine Vergütung
vereinbart gewesen sei, die sich am Ertrag der Anlage orientiert habe. Die Kläger hätten in
erster Linie eine sichere Kapitalanlage und erst in zweiter Linie eine Verzinsung von bis zu
12% p.a. erstrebt. C habe an der Sicherheit der Kapitalanlage kein Interesse gehabt, da er
von einem eventuellen Verlust freigestellt gewesen sei (Bl. 25).
Die auf den Konten bei der NO gutgeschriebenen Beträge seien nicht i.S.d. § 11 EStG
zugeflossen, denn es habe sich nicht um Erträge gehandelt. Das Geld sei vielmehr
veruntreut worden. Bei den Überweisungen sei keine Leistungsbestimmung getroffen
worden. Es bleibe somit bei der gesetzlichen Tilgungsreihenfolge des § 366 BGB, so dass C
mit den Zahlungen eine teilweise Kapitalrückzahlung bewirkt habe (Bl. 26).
Die Kläger hätten von C nachträglich Abrechnungen über ihre Geldanlage erhalten. In den
Abrechnungen sei die Umbuchung eines Teils der Erträge bzw. Boni auf Kapital
ausgewiesen worden. Die Abrechnung sei unrichtig gewesen, da tatsächlich keine Erträge
erwirtschaftet worden seien.
Die Zusendung und Entgegennahme der Abrechnungen sei keine Schuldumschaffung
(Novation) gewesen. Auch sei zu fragen, welcher Art die Forderung gewesen sei, die durch
die angebliche Schuldumschaffung getilgt worden sei. Nach den Erklärungen des C habe es
sich teilweise um steuerfreie Erträge gehandelt. Für eine Schuldumschaffung wäre eine
entsprechende Einigung der Parteien erforderlich gewesen. Die Kläger hätten C gegenüber
keine entsprechende Erklärung abgegeben. (Bl. 27 f.).
Den Abrechnungen könne nicht entnommen werden, dass die gutgeschriebenen Beträge
den Klägern zur Verwendung zur Verfügung stehen sollten. Die Erträge und Boni seien
vielmehr im wesentlichen dem Kapital zugeschlagen worden, das nach den Verträgen
frühestens nach Ablauf von fünf Jahren zur Verfügung gestanden habe und dessen
Rückzahlung nicht sichergestellt gewesen sei (Bl. 28, 305 ff.). Zudem habe der Beklagte
die Zuflüsse gem. § 11 EStG teilweise unrichtig erfasst (s. Anlage I zum Fahndungsbericht
und Bl. 29 f., 308):
1992: 8.593,50 DM und 5.366,50 DM.
1993: 3.863,89 DM und 24.636,11 DM.
1994: 4.148 DM und 29.952 DM.
1995: 4.050,40 DM und 37.349,60 DM.
Auf die Hauptforderungen der Kläger seien zum 1. Januar 1993 36% und zum 1. Januar
1995 100% verloren gewesen (Bl. 29).
Der Beklagte beantragt (Bl. 126), die Klage als unbegründet abzuweisen.
Unter Bezugnahme auf seine Einspruchsentscheidung im übrigen trägt er vor, er gehe von
dem selben Sachverhalt wie die Kläger aus, er werte diesen allerdings anders. Für die
Behauptung, die an die Kläger erfolgten Zahlungen seien Kapitalrückzahlungen gewesen,
gebe es keine Anhaltspunkte. Dagegen sprächen vielmehr der Sinn und die Handhabung
der Verträge. Die steuerliche Erfassung der Erträge sei nicht davon abhängig, dass der
Überweisende sie als steuerpflichtig bezeichne (Bl. 126 f.).
In der Schlussbesprechung vom 1. Februar 2002 habe der Vertreter der Kläger angeboten,
die tatsächlich überwiesenen Beträge i.H.v. 195.189,95 DM als Einnahmen aus
Kapitalvermögen in Ansatz zu bringen. Nach der Rechtsprechung des BFH sei ein Zufluss
erfolgt, wenn eine Gutschrift in den Büchern des Verpflichteten dokumentiert sei. Der
Zugang der Abrechnungen sei unmaßgeblich. Die Einnahmen aus Kapitalvermögen seien
daher in dem Veranlagungszeitraum anzusetzen, in dem sie nach den Abrechnungen
wirtschaftlich entstanden seien (Bl. 130).
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Akten des
Beklagten, die aus dem Strafverfahren gegen C vor dem Amtsgericht E beigezogenen
Akten und das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig und teilweise auch begründet. Sie ist
begründet, soweit die Kapitalentgelte den Klägern - ohne Auszahlung auf die Konten bei der
NO - auf dem von C geführten Sonderkonto bei der FG lediglich gutgeschrieben und mit
neuerlichen Kapitalanlagen verrechnet worden sind (insgesamt: 176.960 DM). Dagegen
hat der Beklagte zu Recht die Beträge als weitere Einnahmen aus Kapitalvermögen der
Kläger - und zwar in den zutreffenden Veranlagungszeiträumen - versteuert, soweit diese
einem der Konten der Kläger bei der NO gutgeschrieben worden sind (insgesamt
143.981,45 DM der streitigen Beträge). Auch der Ansatz der streitigen Beträge zu
Zwecken der Vermögensteuer zum 1. Januar 1993 und 1. Januar 1995 ist nicht zu
beanstanden.
I. Einkommensteuer 1992 bis 1997
1. Grundlagen der Einkunftserzielung
a. Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG bezieht, wer einem
Anderen Kapitalvermögen gegen Entgelt zur Nutzung überlässt. Kapitalforderungen sind
alle auf einen Geldbetrag gerichteten Forderungen des Privatvermögens, gleichviel auf
welchem Rechtsgrund sie beruhen. Anzusetzen sind alle Entgelte, die für eine
Kapitalüberlassung im weitesten Sinne zugeflossen sind (ständige Rechtsprechung des
BFH, s. z.B. Urteil vom 26. Juni 1996 VIII R 67/95, BFH/NV 1997, 175 m.w.N.). Zu den
Einkünften aus Kapitalvermögen gehören auch besondere Entgelte oder Vorteile, die neben
den vorgenannten Einnahmen oder an deren Stelle gewährt werden (§ 20 Abs. 2 Satz 1
Nr. 1 EStG).
Bei der Entscheidung, ob einer und welcher der Tatbestände der Einkunftsarten des
Einkommensteuergesetzes - u.a. auch des § 20 EStG - erfüllt ist, ist nicht der innere Wille
der beteiligten Personen maßgebend, sondern wie sich das jeweilige Rechtsgeschäft aus
der Sicht des Steuerpflichtigen bei objektiver Betrachtungsweise darstellen musste. Das
bedeutet, dass es vorliegend auf den nach außen erkennbar gewordenen Willen der Kläger
und des C beim Abschluss der Verträge vom 10. Juni 1992 ankommt. Die für die Auslegung
von empfangsbedürftigen Willenserklärungen maßgeblichen Grundsätze der §§ 133, 157
BGB sind entsprechend anwendbar (BFH vom 14. Dezember 2004 VIII R 5/02, BStBl. II
2005, 739 m.w.N.). Geheime Vorbehalte des Vertragspartners sind unbeachtlich (§ 116
BGB; s. FG Schleswig-Holstein vom 27. Mai 2003 5 K 20215/99, EFG 2003, 1162). Der
Umstand, dass sich der Anlagepartner nicht an die Abmachungen hält (und beispielsweise
mit dem ihm anvertrauten Kapital statt einer seriösen Anlage den Aufbau eines
"Schneeballsystems" betreibt), macht den Vertrag nicht nach § 138 BGB nichtig, sondern
verpflichtet den untreuen Vertragspartner lediglich zur Schadensersatzleistung (s. für den
Fall eines "Schneeballsystems": BGH vom 21. März 2005 II ZR 310/03, DStR 2005, 1824,
1826). Die Voraussetzungen der Einkunftserzielung sind unter Zugrundelegung der
Erkenntnisse zu prüfen, die das Gericht zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung
aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnen hat (§ 96 Abs. 1 FGO).
b. Im Falle der häufig in Gestalt von Anlageberatern oder Anlagevermittlern auftretenden
Anlagebetrüger sind die mit den Anlegern abgeschlossenen Verträge von einer gewissen
Bedeutung für die steuerliche Einordnung der Vorgänge. Haben die Anleger dem
Anlagebetrüger selbst das Kapital entgeltlich überlassen, so ist bereits hierdurch der
Einkunftstatbestand des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG erfüllt. Es spielt dann keine Rolle, was der
Anlagebetrüger mit dem Kapital unternimmt. Auch wenn er es beispielsweise zum Aufbau
eines "Schneeballsystems" verwendet und dem Anleger aus dem Kapital anderer
getäuschter Anleger (oder gar aus dem eigenen Kapital des Anlegers) "Scheinrenditen"
zahlt, spielt dies für die Frage der Erfüllung des Einkunftstatbestandes keine Rolle (BFH vom
14. Dezember 2004 VIII R 81/03, BStBl. II 2005, 746). Die Beträge fließen dem Anleger in
der mit dem Anlagepartner vereinbarten Qualifikation zu. Zivilrechtlich kann der Anleger
diese Beträge, die in Erfüllung des Vertrages gezahlt werden, behalten und braucht keine
Herausgabeansprüche nach §§ 812 ff. BGB zu fürchten. Fraglich kann in solchen Fällen
lediglich sein, ob und inwieweit ein Zufluss i.S.d. § 11 EStG erfolgt ist (s. dazu Nr. 2).
Ist der Vertrag mit dem Anlagepartner dahin zu verstehen, dass dieser nur als Treuhänder
oder ansonsten Beauftragter des Anlegers tätig werden soll, so ist bezüglich der Erfüllung
des Einkunftstatbestandes auf die Geschäfte abzustellen, die der Anlagepartner tatsächlich
für den Anleger tätigt. Bestehen die Aktivitäten des Partners beispielsweise ausschließlich
im Aufbau eines "Schneeballsystems" oder in mehr oder weniger gescheiterten
Kapitalanlagen, so wird hierdurch nicht der Einkunftstatbestand des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG
erfüllt. Es ist allerdings zu beachten, dass der Anleger - je nach den im Vertrag ins Auge
gefassten Aktivitäten (BFH vom 14. Dezember 2004 VIII R 5/02, BStBl. II 2005, 739; vom
14. Dezember 2004 VIII R 81/03, BStBl. II 2005, 746) - beabsichtigt hat, Einkünfte aus
Kapitalvermögen zu erzielen. Da der Anleger von seiner Seite her alles zur
Einkunftserzielung Erforderliche getan hat, hat er mit der (wirtschaftlich fehlgeschlagenen)
Einkunftserzielung in steuerlich relevanter Weise begonnen. Zahlungsvorgänge, die durch
die begonnene (wenn auch fehlgeschlagene) Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen
veranlasst sind, sind (wie dies bei den anderen Einkunftsarten auch der Fall ist)
einkommensteuerlich als Einnahmen oder Ausgaben der ins Auge gefassten Einkünfte von
Bedeutung. Die Gelder, die dem Anleger - durch die begonnene Einkunftserzielung
veranlasst - z.B. als "Scheinrenditen" zufließen, führen zu entsprechenden
einkommensteuerbaren Einnahmen. Diese Einnahmen darf der Anleger im übrigen
zivilrechtlich (zumindest nach § 814 BGB) auch behalten (s. dazu BGH vom 29. November
1990 IX ZR 29/90, NJW 1991, 560 unter II 1 der Gründe). Der durch einen unseriösen
Anlagepartner getäuschte Anleger kann nicht anders behandelt werden als ein Anleger, der
im redlichen Geschäftsverkehr zwar Zinsen für seine Anlage erhalten, sein Kapital letztlich
aber aufgrund ungünstiger wirtschaftlicher Entwicklungen verloren hat.
Wieder andere Auswirkungen ergeben sich aus der Annahme einer Gesellschaft zwischen
Anleger und Anlagepartner (zur typischen/atypischen stillen Gesellschaft: BFH vom 22. Juli
1997 VIII R 57/95, BStBl. II 1997, 755).
2. Grundlagen des Einnahmenzuflusses
a. Einnahmen (§ 8 Abs. 1 EStG ) sind i.S.d. § 11 Abs. 1 EStG zugeflossen, sobald der
Steuerpflichtige über sie wirtschaftlich verfügen kann. Geldbeträge fließen dem
Steuerpflichtigen i.d.R. dadurch zu, dass sie ihm bar ausgezahlt oder seinem Konto bei
einem Kreditinstitut gutgeschrieben werden. Auch die Gutschrift in den Büchern des
Verpflichteten kann einen Zufluss bewirken, wenn in der Gutschrift nicht nur das
buchmäßige Festhalten einer Schuldverpflichtung zu sehen ist, sondern darüber hinaus
zum Ausdruck gebracht wird, dass der Betrag dem Berechtigten von nun an zur
Verwendung zur Verfügung steht. Allerdings muß der Gläubiger in einem solchen Falle in
der Lage sein, den Leistungserfolg ohne weiteres Zutun des im übrigen leistungsbereiten
und leistungsfähigen Schuldners herbeizuführen (BFH 11. Mai 1999 VIII R 70/95, BFH/NV
2000, 18 m.w.N. auf die ständige Rechtsprechung). Die vorgenannte wirtschaftliche
Verfügungsbefugnis steht dem Gläubiger zu, wenn er über den ihm gutgeschriebenen
Betrag frei disponieren kann, indem er ihn abholt, abruft oder beispielsweise auch beim
Schuldner wieder neu anlegt (Novation).
Als Zahlungsunfähigkeit des Schuldners ist das auf dem Mangel an Zahlungsmitteln
beruhende dauernde Unvermögen zu verstehen, seine sofort zu erfüllenden Geldschulden
noch im wesentlichen zu berichtigen. Hierbei kommt es nach der Rechtsprechung des BFH
nicht auf die Gesamtheit der fälligen Beträge an, sondern lediglich auf die Summen, mit
deren Auszahlung bei verständiger und objektiver Beurteilung der Sachlage zu rechnen
gewesen ist. Für die Annahme einer durch den Zufluss beim Gläubiger erfolgten
Vermögensmehrung ist es unerheblich, woher die Geldmittel stammen, mit denen der
Schuldner seine Verbindlichkeiten begleicht, es sei denn, die Beträge stehen dem Gläubiger
ohnehin nach § 39 AO oder ansonsten bereits selbst zu (BFH vom 10. Juli 2001 VIII R
35/00, BStBl. II 2001, 646, 648 ff. m.w.N. auf seine ständige Rechtsprechung).
Zudem setzt der Zufluss von Einnahmen voraus, dass beim Steuerpflichtigen eine
Vermögensmehrung, d.h. eine objektive Bereicherung eintritt (BFH vom 10. Juli 2001
a.a.O. S. 650 m.w.N.).
b. er Senat sieht sich - wie das FG Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 10. Februar 2004 2 K
1550/03, EFG 2004, 1211 - außer Stande, der vorgenannten Rechtsprechung des BFH in
allen Punkten zu folgen.
Der Zufluss von Geldern in den Verfügungsbereich des Gläubigers ist etwas grundsätzlich
Anderes als die Gutschrift in den Büchern des Schuldners. Während der Gläubiger durch die
Zahlung befriedigt wird, erhält er durch die Gutschrift lediglich eine in den Büchern des
Schuldners dokumentierte Forderung. Die Schuldnergutschrift kann deshalb den Zufluss
nur ersetzen, wenn diese dort dokumentierte Forderung ein so hohes Maß an
Verfügungssicherheit aufweist, dass es nur einer inhaltsleeren Formalie entspräche,
zunächst den Zufluss auf dem Konto des Gläubigers mit einem entsprechenden Rückfluss
zu fordern.
Auf Grund dieser Ausgangsüberlegung hat die ursprüngliche Rechtsprechung des BFH die
steuerliche Gleichsetzung von Zufluss und Gutschrift konsequenterweise von einer Reihe
einschränkender Prämissen abhängig gemacht hat (freie Dispositionsbefugnis des
Gläubigers, Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit des Schuldners, objektive
Vermögensvermehrung beim Gläubiger). Die neuere Rechtsprechung des BFH hat diese
Merkmale im Zuge seiner Entscheidungen zu den "Ambros-Fällen" (Urteil vom 10. Juli 2001
VIII R 35/00, BStBl. II 2001, 646 m.w.N.) für den Anlagebetrug in einer - wie der Senat
meint - zu weitgehenden Art und Weise aufgeweicht. Es werden nicht mehr die vier
vorgenannten Merkmale, sondern im Ergebnis nur noch die Liquidität des Anlagepartners
geprüft. Liegt diese vor, sind - so die Rechtsprechung des BFH - auch die vier Merkmale
erfüllt.
Dies erscheint dem Senat bereits deshalb nicht als sachangemessen, weil die
Liquiditätslage des Schuldners allenfalls ein Merkmal (und in Fällen der hier interessierenden
Art noch nicht einmal ein besonders aussagekräftiges) von mehreren Merkmalen zur
Feststellung der vorgenannten Voraussetzungen eines Zuflusses ist. Das Vorliegen der
komplexen Zuflussvoraussetzungen ist an Hand aller relevanter Umstände des Einzelfalles
zu prüfen, und zwar unter Verwertung der Erkenntnisse, die dem Gericht zum Zeitpunkt
der letzten mündlichen Verhandlung zur Verfügung stehen.
c. Bei der Liquiditätsprüfung erscheint es dem Senat zunächst nicht sachgerecht, in Fällen
des unredlich handelnden Anlagepartners darauf abzustellen, dass die Forderung des
jeweiligen, einzelnen Anlegers zum Gutschriftszeitpunkt voraussichtlich erfüllt worden wäre.
Denn dies ist nicht nur dem einzelnen Steuerpflichtigen gegenüber, sondern gegenüber
allen, u.U. zahlreichen Vertragspartnern des unseriösen Anlagepartners, die derartige
Gutschriften erhalten haben, zu prüfen. Die Liquidität des unseriösen Anlagepartners wird
allen Anlegern (jeweils einzeln) von der Finanzverwaltung ggf. nach Abschluss eines
Musterverfahrens entgegengehalten. Deshalb wäre es - wenn man schon die
ausschließliche Liquiditätsbetrachtung für richtig halten wollte - konsequent, auf alle zu
einem bestimmten Zeitpunkt fälligen (aber nur gutgeschriebenen) Forderungen der
betroffenen Anleger abzustellen. Schon bei einer solchen Betrachtung dürfte das Ergebnis
der Prüfung von Leistungswille und Leistungsfähigkeit des Anlagepartners in aller Regel
anders ausfallen als bei der vom BFH durchgeführten "Einzelliquiditätsbetrachtung".
d. Zudem und vor allem ist aber die Liquidität - wie gesagt - nur ein Aspekt der Prüfung der
Leistungsfähigkeit des Schuldners. Der liquide, aber überschuldete Schuldner bietet keine
Gewähr für den Zufluss der gutgeschriebenen Erträge, so dass nicht ohne weiteres von
dessen Leistungsfähigkeit ausgegangen werden kann. Es tritt in solchen Fällen auch keine
objektive Vermögensmehrung beim Gläubiger ein. Die Sicherheit von Gutschriften in den
Geschäftsbüchern - soll sie der Sicherheit des Geldzuflusses im Verfügungsbereich des
Schuldners gleichkommen - kann deshalb nicht oder nicht allein an Hand der Liquidität
bestimmt werden. Gerade die Fälle des Anlagebetruges haben vielmehr gezeigt, dass sich
derartige Unternehmungen - so auch im Entscheidungsfall - zwar überraschend lange im
Wirtschaftsleben behaupten können, ohne ihre Liquidität zu verlieren, weil (neue oder
bisherige) Anleger immer wieder ihren verführerischen Versprechungen auf den Leim
gehen und die Liquidität des Betrügers durch Neu- oder Wiederanlagen sicher stellen. Wird
dann aber (häufig durch ein mehr oder weniger zufälliges Ereignis) das unredliche Gebaren
des Anlagepartners erkannt, so bricht die Unternehmung von einem Tag auf den anderen
wirtschaftlich zusammen, ohne nennenswertes Vermögen zu hinterlassen und ohne die
gutgeschriebenen Beträge auch nur annähernd bedienen zu können. Die anschließenden
Insolvenz-, Straf- und Klageverfahren verhelfen den Anlegern nicht oder nicht in
nennenswertem Umfang zu ihren Rechten.
Der Verbleib eines nicht unerheblichen Anteils des Kapitals kann in solchen Fällen häufig
nicht geklärt werden. Dies hängt u.a. damit zusammen, dass der unredliche Anlagepartner
von vornherein erhebliche Teile des ihm anvertrauten Kapitals für seine unseriösen
Eigenzwecke abzweigt. Dies ist naturgemäß der Sinn seines unredlichen Verhaltens. Der
unredliche Anlagepartner ist deshalb in aller Regel auch nicht bereit, das Kapital, über das
er möglicherweise an "sicherem Orte" noch verfügt, an die Anleger herauszugeben, wenn
eine gewisse "Schmerzgrenze" überschritten und seine "eiserne Reserve" angegriffen wird.
Ihm fehlt es insofern auch an dem erforderlichen Leistungswillen.
Schon von dieser Ausgangssituation her gesehen verbietet sich nach Auffassung des
Senats von vornherein jeglicher Vergleich mit Banken und ähnlichen nach den
ordnungsgemäßen Regeln des Kreditgewerbes arbeitenden Instituten, deren Illiquidität -
würden alle Anleger zeitgleich ihre Einlagen zurückfordern - nicht auf den wirtschaftlichen
Schwierigkeiten einer Überschuldung, sondern auf der Längerfristigkeit der eigenen
Refinanzierungsanlagen beruht. Von einer Leistungswillig- und Leistungsfähigkeit des
unseriösen Anlagepartners kann demgegenüber bereits lange vor Eintritt der Illiquidität (und
der unmittelbar darauf folgenden Insolvenz) keine Rede mehr sein. Entsprechendes gilt für
das Merkmal einer objektiven Vermögensvermehrung beim Steuerpflichtigen durch die
Gutschrift.
d. Das Merkmal der Liquidität, dem in Fällen des redlichen Geschäftsverkehrs eine
gewichtige Rolle zukommen mag, ist deshalb in Fällen eines unredlichen (und zum
Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung in aller Regel in Insolvenz befindlichen)
Anlagepartners durch eben diese dem Gericht bekannten Sachverhaltsumstände in einem
hohem Maße in Frage gestellt. Deshalb kann in solchen Fällen nur dann und insoweit vom
Leistungswillen und von der Leistungsfähigkeit des Schuldners (und damit von einem
Zufluss durch Gutschrift) ausgegangen werden, wenn in der Folgezeit auch tatsächlich
entsprechende Zahlungen erfolgt sind. Die spätere Zahlung bestätigt den Leistungswillen
zum früheren Gutschriftszeitpunkt.
e. Das Finanzamt trägt für den steueranspruchsbegründenden Umstand des Zuflusses die
Beweislast. Ist ein Zufluss dem Grunde nach zwar erfolgt, sind aber exakte Ermittlungen
über dessen Höhe nicht in zumutbarer Weise durchführbar, so kann der Umfang des
Zuflusses nach Wahrscheinlichkeitsgrundsätzen durch Schätzung ermittelt werden (§ 162
AO).
f. Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor oder
nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zugeflossen sind,
gelten als in diesem Kalenderjahr bezogen (§ 11 Abs. 1 S. 2 EStG). Eine " kurze Zeit" in
diesem Sinne umfasst einen Zeitraum von höchstens 10 Tagen (BFH vom 6. November
2002 X B 30/02, BFH/NV 2003, 169 m.w.N.).
3. Anwendung auf den Streitfall
Bei Anwendung der vorgenannten Grundsätze liegen hinsichtlich der streitigen Zahlungen,
die die Kläger von C (und anderen Anlagepartnern) auf ihre Konten bei der NO erhalten
haben, Einnahmen aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG
vor, die ihnen auch zugeflossen sind. Soweit nur Gutschriften auf dem Sonderkonto der FG
unter Verrechnung mit neuerlichen Anlagen erfolgt sind, ist ein Zufluss zu verneinen.
a. Entgeltliche Kapitalüberlassung an C aufgrund der Verträge vom 10. Juni 1992
Die Kläger haben ihr Kapital gegen ein entsprechendes Entgelt an C überlassen.
Die Verträge sind zweifelsfrei auf die Erzielung von Einnahmen aus der Anlage von Kapital
gerichtet (s. z.B. Tz. 1.1: "Der Auftraggeber beabsichtigt, eine Kapitalanlage zu tätigen
..."). Sie lassen zwar nicht ohne weiteres erkennen, ob die Kapitalüberlassung gegenüber C
oder - unter Einschaltung des C als Treuhänder oder ansonsten Beauftragten - gegenüber
Dritten vorgenommen werden sollte. Auch wenn in Tz. 2.4 (dort an der einzigen Stelle) von
"dieser Treuhandvereinbarung" die Rede ist, sind die Verträge neutral als "Vereinbarung"
überschrieben und die Kläger werden als "Auftraggeber" und C als "Herr C" bezeichnet. Die
Anlage trägt die Überschrift "Anlage 1 zur Vereinbarung über eine Kapitalanlage zwischen
Herrn A, Frau A und Herrn C".
Maßgebend für die Einordnung des Vertragsverhältnisses ist - zivilrechtlich wie
steuerrechtlich - letztlich nicht dessen äußere Bezeichnung, sondern sein materieller
Regelungsgehalt, der auf der Grundlage des Gesamtzusammenhangs der Abreden zu
Regelungsgehalt, der auf der Grundlage des Gesamtzusammenhangs der Abreden zu
beurteilen ist. Ein Treuhandverhältnis zeichnet sich in erster Linie durch die umfassende
Herrschaftsmacht bzw. Dispositionsbefugnis des Treugebers über das Treugut aus.
Wesentliche Kriterien eines Treuhandverhältnisses sind deshalb die umfassende
Weisungsgebundenheit des Treuhänders und dessen Verpflichtung, das Treugut jederzeit
auf Anforderung zurückzuübertragen (Tipke/Kruse, § 39 AO Rdn. 33 mit zahlreichen
Rechtsprechungsnachweisen). Dem Treugeber stehen weitreichende Informations-,
Kontroll- und Abrechnungsbefugnisse gegenüber dem Treuhänder zu (§§ 675, 666 BGB).
Diese Wesensmerkmale weisen die Verträge vom 10. Juni 1992 nicht auf.
Das Kapital wurde C für mindestens 5 Jahre zur Verfügung gestellt und war erst danach
mit einer 3-Monats-Frist kündbar gewesen (Ziff. 2.2.; 6.1 der Verträge). C sollte bei der
Anlage des Kapitals nach außen hin im eigenen Namen handeln. Dies folgt zweifelsfrei aus
Tz. 1.1 der Verträge und dem jeweils als Anlage 1 beigefügten Vertragsmuster, das C als
im eigenen Namen handelnden Anleger vorsieht. Es entspricht zudem dem Umstand, dass
C über "gepooltes" Kapital einer größeren Anzahl von Vertragspartnern verfügt hat, sowie
der tatsächlichen Handhabung durch C (s. STA Bd. I Bl. 104 ff. zur "Anlage V", Bl. 115 ff.
zur "Anlage W" und Bl. 122 ff. zur "Anlage Y/Z").
Die Art der Anlagegeschäfte war C lediglich beispielhaft in Anlage 1 der Verträge
vorgegeben. Ziff. 3.1 der Verträge ist weitgehend unbestimmt (Absicherung, Zinssatz),
zumal das Kapitalanlagebeispiel in der Anlage 1 der Verträge die Absicherung durch den
Anlagepartner (nicht durch C) vorsah. C war hinsichtlich der durchzuführenden Geschäfte
nicht den Weisungen der Kläger unterworfen. Die Verträge ließen offen, welche konkreten
Geschäfte C mit welchen Partnern und unter Eingehung welcher (durch den Partner
abgesicherter) Risiken durchführen sollte. Auskunftsrechte der Kläger bezüglich der
Kapitalanlagen waren ausdrücklich ausgeschlossen (Ziff. 3.3). C war damit im Ergebnis
eine umfassende Dispositionsfreiheit über die Kapitalanlage eingeräumt. Im übrigen waren
Einzelweisungen dadurch, dass die Anlagen aus einem Anlegerpool heraus erfolgen sollten,
der Sache nach nicht möglich. Aus dieser Situation heraus erklärt sich auch Ziff. 2.3 der
Vereinbarungen. Regelungen über gemeinschaftliche Weisungen aller Anleger gegenüber C
waren nicht vorgesehen. Die Abrechnungen, die C den Klägern über deren Sonderkonto bei
der FG erteilt hat, waren von daher gesehen für diese auch nicht überprüfbar. C hatte an
die Kläger nicht alle Erträge aus den Kapitalanlagen abzuführen, sondern nur "entsprechend
dem Anspruch des Auftraggebers" (Ziff. 1.3), d.h. also bis allenfalls 24 % p.a. des
Anlagekapitals. Welche Ansprüche dies waren, erfuhr der Anleger erst durch die - für ihn
unkontrollierbaren - "inoffiziellen" Abrechnungen des C. Höhere Erträge konnte C für sich
behalten. Auch die Verzinsung von 24% schuldete C nur, wenn er selbst entsprechende
Anlagen tätigen konnte (was für den Anleger nach Vertragslage nicht überprüfbar war).
Solche Vereinbarungen sind mit dem Wesen der Treuhand oder einer sonstigen
Geschäftsbesorgung unvereinbar. Anhaltspunkte dafür, dass die Kläger sich am
Unternehmen des C beteiligen oder ansonsten mit diesem zusammen unternehmerisch
tätig sein wollten, sind weder vorgetragen noch ansonsten ersichtlich. Es ging den
Beteiligten vielmehr darum, dass die Kläger (und anderen Anleger) dem C für einen
mittelfristigen Zeitraum Kapital zur möglichst günstigen Anlage überlassen haben. Für
Einzelheiten wollten, sollten und konnten sie sich nicht interessieren. Die hohen
angestrebten Erträge gingen mit dem Risiko des Kapitalverlustes einher (Tz. 4.2 der
Verträge). Dies alles spricht für das Verständnis der Verträge vom 10. Juni 1992 als einer
entgeltlichen Kapitalüberlassung der Kläger an C.
Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass einkommensteuerfreie Anlagen getätigt
werden sollten. Da die Kläger - wie dargelegt - ihr Kapital an C überlassen hatten und ihnen
keine Informationsmöglichkeit über das Anlageverhalten des C zustand, war von einer
einkommensteuerbaren Kapitalanlage auszugehen. Dementsprechend haben die Kläger
auch einen Teil der ihnen überwiesenen Kapitalerträge der Einkommensteuer unterworfen.
Dass sie dies bezüglich der hier streitigen Beträge nicht getan haben, war nach
Überzeugung des Senats nicht auf den guten Glauben der Kläger an die
Einkommensteuerfreiheit der Anlagen, für den es keine substantiierte Grundlage gab,
zurückzuführen. Die Kläger haben diese Beträge vielmehr bewusst und gewollt der
Steuerpflicht entziehen wollen. Dies folgt bereits daraus, dass sie sich auf die gegebene
Anlagenkonstruktion (Verwalter in J, Konten in der S, "offizielle" und "inoffizielle"
Mitteilungen, ein Konto für erklärte und ein Konto für nicht erklärte Einnahmen) eingelassen
und bis heute keine plausible Erklärung für eine eventuelle Steuerfreiheit gegeben haben.
b. Ertragseingänge auf den Konten der Kläger bei der NO i.H.v. 195.189,95 DM (davon
erklärt: 51.208 DM)
Aus den Kapitalüberlassungen an C und andere Partner sind den Klägern zweifelsfrei
Erträge zugeflossen. Die Steuerfahndung hat i.H.v. 195.189,95 DM Beträge ermittelt, die
auf die Konten in der S der Kläger bei der NO von C oder dritter Seite als Kapitalerträge
ausgezahlt worden waren (s. Anlage I des Prüfungsberichts). Von diesen Konten sind
zweifelsfrei Neuanlagen bei C, Drittanlagen (z.B. "Neuemission XX HH"; "Neuemission X
HH", FahndA Bl. 108) oder Abhebungen zu sonstigen Zwecken getätigt worden (z.B.
FahndA Bl. 117, 118). Nach der Aufstellung, die C als Anlage zu seinem Schreiben vom 15.
Januar 1997 gefertigt hat, haben die Kläger von Juli 1992 bis Mai 1996 206.460 DM
"entnommen" ( FahndA Bl. 5).
Die Zahlungseingänge seitens C waren auf den Konten bei der NO als " VERGUETUNG C
ALL " bezeichnet (s. z.B. FahndA Bl. 115). Da eine Kapitalrückzahlung erst nach Ablauf der
Mindestdauer von 5 Jahren und einer Kündigung der Kläger in Betracht kam, handelte es
sich bei diesen Beträgen aus der Sicht der Vertragsbeteiligten zweifelsfrei um
Kapitalerträge, nicht um Kapitalrückzahlungen. In den Abrechnungen über das Sonderkonto
hat C stets streng zwischen dem angelegten Kapital und dessen Erträgen unterschieden.
Der Leistungsinhalt der Zahlungen war insofern unter Zugrundelegung der Verträge
eindeutig bestimmt i.S.d. § 366 Abs. 1 BGB. In der Tat haben die Kläger einen Teil dieser
Gelder (nämlich soweit diese auf dem Konto XXX-XX eingegangen sind) ordnungsgemäß als
Einnahmen aus Kapitalvermögen erklärt. Einer Anwendung der Auslegungsregel des § 366
Abs. 2 BGB bedurfte es nicht.
Über die Konten bei der NO waren nach den Ermittlungen der Steuerfahndung (Bl. 177-
179, 181 f., 201 ff.) ausschließlich die Kläger und von ihnen bestimmte
Familienangehörige, nicht dagegen C, verfügungsbefugt. C war bezüglich dieser Konten
lediglich zu bestimmten Anfragen berechtigt. Insofern stellt sich auch nicht die Frage der
Erzielung von "Scheinrenditen". Selbst wenn die Zahlungen des C an die Kläger aus dem
Kapital anderer Anleger oder aus dem der Kläger selbst getätigt worden sein sollten, würde
dies steuerlich keine Rolle spielen (BFH 14. Dezember 2004 VIII R 81/03, BStBl. II 2005,
746). Maßgeblich bleibt stets, dass die Kläger C Kapital zur Verfügung gestellt und hierfür
von C ein Entgelt erhalten haben.
An diesem Ergebnis würde sich im übrigen nichts ändern, wenn man C - wie die Kläger
meinen - als ihren Treuhänder oder ansonsten Beauftragten ansehen wollte. Denn
zweifelsfrei haben die Kläger alles von ihrer Seite aus Erforderliche getan, um Einkünfte aus
Kapitalvermögen zu erzielen. Ihre Einkunftserzielung hat - wenn sie auch im wesentlichen
fehlgeschlagen sein mag - begonnen. Sie müssen sich deshalb alle einkunftsrelevanten
Einnahmen zurechnen lassen. Auch wenn man aus heutiger Sicht der Dinge weiß, dass die
Zahlungen im wesentlichen nicht auf Erträgen aus Kapitalvermögen, sondern auf
Zahlungen aus der Substanz des Anlagekapitals beruht haben mögen, so ist für die
steuerliche Qualifikation die zivilrechtliche Einordnung zum Zahlungszeitpunkt maßgeblich.
Auch unter Zugrundelegung des heutigen Wissenstandes haben die Kläger von C damals
aber zweifelsfrei Ertragszahlungen und keine Kapitalrückzahlungen erhalten.
Entsprechendes gilt für die Zahlungen, die auf den Konten der Kläger bei der NO von dritter
Seite eingegangen sind und bei denen es sich - soweit von der Steuerfahndung als Erträge
erfasst - augenscheinlich um Entgelte aus Kapitalanlagen gehandelt hat.
c. Ertragseingänge auf dem "inoffiziellen" Sonderkonto der Kläger bei C i.H.v. 176.960 DM
und deren Verrechnung mit neuen Kapitalanlagen bei C
Ein Teil der Erträge ist (zunehmend ab September 1994) zur Neuanlage bei C verwendet
worden. Nach Anlage I zum Fahndungsbericht handelt es sich um insgesamt 176.960 DM
(12. September 1994 bis 1. Mai 1996: 1994 - 40.000 DM, 1995 - 98.000 DM, 1996 -
30.000 DM, 1997 - 8.960 DM). Im Unterschied zu den übrigen Erträgen haben insofern
keine Überweisungen auf die Konten der NO stattgefunden. Die Kläger haben vielmehr
diesen Teil der Erträge auf dem Sonderkonto des C "stehengelassen" und ohne vorherige
Auszahlung "reinvestiert" (s. z.B. Bl. 166 ff. FahndA ). Die Beträge waren nach ihrer
zeitnahen Abrechnung und Gutschrift auf dem Sonderkonto fällig und standen zur
Auszahlung auf das Konto bei der NO bereit (Ziff. 3.2, 4.2). Nach den Feststellungen der
Steuerfahndung ist jede dieser Neuanlagen nach (telefonischer) Anfrage des C und unter
anschließender schriftlicher Bestätigung durch C erfolgt (Bl. 171-176, 237, 251).
C ist während der Streitjahre zwar liquide gewesen. Erst im Dezember 2000 hat er
Insolvenzantrag gestellt und erst im Anschluss daran hat sich - aus Sicht der Kläger -
herausgestellt, dass das Kapital, das die Kläger (und anderen Anleger) eingesetzt hatten,
weitgehend verloren war. Gleichwohl war C nach Überzeugung des Senats bereits zu einem
wesentlich früheren Zeitpunkt bezüglich der gegenüber den Anlegern bloß verrechneten
Erträge weder zahlungsfähig noch zahlungswillig. Insofern ist durch die Gutschrift in den
Büchern der FG auch nicht ohne Weiteres eine objektive Vermögensmehrung eingetreten.
Von Anfang an konnte C bezüglich der hier streitigen Anlagen keine Überschüsse erzielen.
Der Senat stützt sich auf folgende Aspekte:
C hat ein von vornherein unseriöses Anlagesystem entwickelt, indem er die Kapitalanlagen
und die Verwaltung der Anlegergelder durch in J ansässige Briefkastengesellschaften (FG, EE
Establishment, s. Bl. 429 ff. StrafA) vorgenommen und damit einer unmittelbaren
Überprüfung durch inländische Behörden entzogen hat. Zudem hat er die Anleger veranlasst,
wegen der ihnen überwiesenen Erträge Konten in der S einzurichten und nur einen Teil davon
der inländischen Steuern zu unterwerfen ("offizielle" und "inoffizielle" Abrechnungen).
C hat die Anleger über seine fehlgeschlagenen Kapitalanlagen nicht informiert, sondern bei
diesen durch die regelmäßige Überweisung bzw. Gutschrift von hohen Erträgen den Eindruck
erweckt, die Anlagen würden einen plangemäßen Verlauf nehmen.
C hat seine Kapitalanlagen nicht - wie den Anlegern vertraglich zugesichert - durch eine
Bankbürgschaft ordnungsgemäß abgesichert bzw. absichern lassen.
C hat von Anfang an - soweit bekannt - nur einen Teil des eingesammelten Kapitals angelegt.
Es sind lediglich drei Anlagen des C ("V", "W", "Y/Z"), über die C berichtet hat, getätigt
worden. Diese Anlagen sind ganz oder teilweise fehlgeschlagen. Die Ertragszahlungen an die
Anleger erfolgten von Anfang an aus der Substanz des eingesammelten Anlagekapitals.
Wegen Einzelheiten wird auf den Auswertungsbericht vom 13. April 2005, die Anklageschrift
vom 24. Mai 2005 und die Zusammenstellung auf der folgenden "Einschubseite" Bezug
genommen.
Übersicht über die
Finanzlage
des C - amtl.
Dollarkurse s.
Bl. 697
STA
Einzahlungen
Kapitalrückzahlung
Ertragsauszahlung
Liquidität I
Liquidität I
saldiert
Anlagen *
Liquidität II
Vermögens-
(unter)deckung**
1992
2.279.000
221.910
2.057.090
2.057.900
V: 12.92: -
2.203.040
- 145.950
-221.910
1993
1.503.000
867.990
635.010
2.692.100
V: 3.93: +
1.816.980;
W: 6.93: -
849.850;
8.93:
837.071
2.293.261
1994
1.255.000
824.800
430.200
3.122.300
Y/Z: 8.94 -
1.648.786
1.074.675
5.037.000
1.914.700
3.122.300
-2.313.539
1995
513.370
148.120
1.016.842
-651.592
2.470.708
423.083
5.550.370
148.120
2.931.542
2.470.708
-3.478.501
1996
590.000
20.000
412.655
157.345
2.628.053
580.428
6.140.370
168.120
3.344.197
2.628.053
-5.559.942
1997
390.000
279.000
419.950
-308.950
2.319.103
271.478
6.530.370
447.120
3.764.147
2.319.103
-6.258.892
1998
93.600
246.200
10.960
-163.560
2.155.543
107.918
6.623.970
693.320
3.775.107
2.155.543
-6.516.052
1999
174.550
177.550
-3.000
2.152.543
104.918
6.798.520
870.870
3.775.107
2.152.543
-6.693.602
2000
101.757
-101.757
2.050.786
206.675
6.798.520
3.876.864
2.050.786
1992-2000
6.798.520
870.870
3.876.864
2.050.786
-6.591.845
*
Zusatzinformationen
zu den
Anlagen:
Datum
USD
Kurs
DM
V
Dez 92
1.400.000
1,5736
2.203.040
Mrz 93
1.100.000
1,6518
1.816.980
W
Jun 93
500.000
1,6997
849.850
Aug 93
501.751
1,6683
837.071
Y
Aug 94
1.037.625
1,589
1.648.786
**Zusatzinformationen zur Vermögensunterdeckung:
Bis zum 31.12.1995 wird davon ausgegangen, dass die Ansprüche aus den Anlagen des C
werthaltig sind. Bis dahin lautet die Rechnung:
Anlagen minus Einzahlungen plus Kapitalrückzahlung plus Liquidität II. Ab dem 31.12.1996
geht Aufstellung von einem Totalverlust der Anlagen aus. Die Rechnung lautet ab dem
31.12.1996: Gesamte Einzahlungen minus Kapitalrückzahlung minus Liquidität II.
Nach Abwicklung der Anlagen "V" und "W" im August 1993 standen ihm unter
Berücksichtigung der bis dahin realisierten Verluste und Ertragsauszahlungen an die Anleger
rund 2.300.000 DM zur Verfügung, die - dem Vortrag des C zufolge - erst im August 1994
wieder i.H.v. 1.648.786 DM für die Anlage "Y/Z" verwendet worden ist. Was mit den
Geldern in der Zwischenzeit geschehen ist, ist heute nicht mehr feststellbar.
Die anwachsenden wirtschaftlichen Probleme zeigen sich auch in dem Abweichen des C von
den bisherigen Verfahrensabläufen:
Seit September 1994 werden in zunehmendem Maße ausgewiesene Erträge an die Kläger
(und anderen Anleger) nicht mehr ausgezahlt, sondern - nach telefonischer Rücksprache und
deren schriftlicher Bestätigung - dem angelegten Kapital gutgeschrieben (s. Anlage I des
Fahndungsberichts, Spalte "Reinvestiert")
C schließt bezüglich dieser erheblichen Beträge - im Gegensatz zur bisherigen Praxis - keine
schriftlichen Verträge mehr ab, sondern stockt die bisherigen Beträge formlos auf.
d. Der Zeitpunkt des Zuflusses der Einnahmen
Bei Anwendung der unter Nr. 2 c genannten Maßstäbe sind den Klägern die unter Nr. 3 b
genannten, jeweils mit Wertstellung zum Jahresende des Vorjahres gutgeschriebenen bei
der FG und Anfang des Folgejahres auf die Konten bei der NO überwiesenen Erträge
bereits zum Zeitpunkt ihrer Gutschrift in den Büchern der FG (also zum 31. Dezember des
Jahres) zugeflossen. Bezüglich dieser, an die Kläger tatsächlich ausgezahlten Beträge ist
davon auszugehen, dass C bereits zum Gutschriftszeitpunkt leistungsfähig und
leistungswillig gewesen ist. Maßgeblich ist nicht, wann die Kläger von der Gutschrift
erfahren haben, sondern zu welchem Zeitpunkt die Gutschrift erfolgt ist (Wertstellung
jeweils auf den 31. Dezember des Vorjahres).
II. Vermögensteuer auf den 1. Januar 1993 und 1995
Die Kläger sind der Aufforderung des Berichterstatters nicht nachkommen, ihre
Behauptung, auf das Anlagekapital seien zum 1. Januar 1993 36% und zum 1. Januar
1995 100% verloren gewesen, unter Beweis zu stellen. Zum 1. Januar 1995 standen C
noch über eine Million DM an liquiden Anlegergeldern zur Verfügung. Dass die in der zweiten
Jahreshälfte 1994 getätigte Anlage "Y / Z" zum Verlust des dort eingesetzten Kapitals
führen würde, war zum 1. Januar 1995 in keiner Weise absehbar. C war zu diesem
Zeitpunkt noch nicht gezwungen gewesen, Eigenkapital zur Befriedigung der
Anlegeransprüche einzusetzen.
III. Der Klage war nach alledem im dargelegten Umfang stattzugeben. Im Übrigen war sie
als unbegründet abzuweisen.
Die Kosten des Verfahrens werden gemäß § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO den Klägern und dem
Beklagten zu je 1/2 auferlegt. Die verfahrenseinheitliche Quote war unter Berücksichtigung
der Tatsachen zu errechnen, dass einerseits von den streitigen Einnahmen i.H.v 320.941
DM 176.960 DM (also ca. 55%) als nicht zugeflossen anzusehen waren. Bezüglich der
Vermögensteuer waren die Kläger jedoch in vollem Umfang unterlegen.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr.
10, 711 ZPO. Die Verpflichtung des Beklagten zur Neuberechnung der Steuer beruht auf §
100 Abs. 2 Satz 2 und 3 FGO.
Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen, da wegen der Abweichung
des Senats von der "Zuflussrechtsprechung" des BFH (s. I 2) die Einheitlichkeit der
Rechtsprechung gefährdet ist.