Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 04.02.2009

FG Neustadt: aussetzung, vollziehung, forstwirtschaft, erbengemeinschaft, zustellung, richteramt, erfüllung, einkünfte, vertretung, steuerberater

FG
Neustadt
04.02.2009
1 K 2567/07
Unzulässigkeit einer Klage gegen Aufhebung der Aussetzung der Vollziehung
Im Namen des Volkes
Urteil
1 K 2567/07
In dem Finanzrechtsstreit
1. der Frau E.
2. der Frau H.
- Klägerinnen -
prozessbevollmächtigt:
gegen
Finanzamt
- Beklagter -
wegengesonderte Feststellung von Einkünften; Verfahren in Vollstreckungssachen
(als Erbengemeinschaft E.-H.); Prozesskostenhilfe
hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz - 1. Senat - aufgrund mündlicher Verhandlung vom 4. Februar 2009
durch
die Vorsitzende Richterin am Finanzgericht
den Richter am Finanzgericht
den Richter am Finanzgericht
den ehrenamtlichen Richter
den ehrenamtlichen Richter
für Recht erkannt:
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens haben die Klägerinnen zu tragen.
I.
Tatbestand
Streitig ist der Ansatz von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft.
Die Klägerinnen sind die Töchter und Erbinnen des 1991 verstorbenen O. P., der bis Oktober 1969 einen
land- und forstwirtschaftlichen Betrieb selbst bewirtschaftete. Mit notariellem Vertrag vom 20. August 1997
veräußerten die Klägerinnen aus dem Nachlass zu einem Kaufpreis von 124.000,00 DM das in O
belegene Grundstück Fl.St.Nr. .../9, das zum land- und forstwirtschaftlichen Betrieb ihres verstorbenen
Vaters gehört hatte. Im Jahr 2000 übertrug die Klägerin zu 1. die Grundstücke Fl.St.Nrn. .../5 und .../6 im
Wege vorweggenommener Erbfolge an ihre Kinder. Am 17. August 2001 veräußerten die Klägerinnen die
Grundstücke Fl.St.Nrn. .../17 und .../2 für insgesamt 500.255,00 DM.
Unter dem 6. Februar 2002 erließ der Beklagte für die Jahre 1997 bis 1999 gegenüber den Klägerinnen
als Beteiligte der von ihnen nach dem Tod ihres Vaters gebildeten Erbengemeinschaft Bescheide über die
gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen. Dabei berücksichtigte er in den
Feststellungsbescheiden für 1997 und 1998 einen zusätzlichen Gewinn aus der Veräußerung des
Grundstücks Fl.St.Nr. .../9 in O in Höhe von insgesamt 122.459,00 DM. Die nach erfolglosem
Einspruchsverfahren hiergegen gerichtete und unter dem Aktenzeichen 1 K 1533/04 geführte Klage der
Klägerinnen wies das Finanzgericht Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 1. Februar 2006 ab. Die Klägerinnen
erhoben daraufhin gegen die Entscheidung Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision. Im Rahmen
des Beschwerdeverfahrens bestellte sich Herr Steuerberater U „zur Wahrheitsfindung als Nebenkläger“
zum weiteren Bevollmächtigten der Klägerinnen. Mit Schreiben vom 21. Juli 2006 (vgl. Bl. 104 ff./Rb-
Verfahren 1997 bis 1999) erhob der Bevollmächtigte der Klägerinnen gegenüber dem Beklagten unter
Bezugnahme auf das Klageverfahren vor dem Finanzgericht Rheinland-Pfalz sowie das
Rechtsmittelverfahren vor dem Bundesfinanzhof – ebenfalls unter der Bezeichnung „Nebenkläger“ – dem
Grunde und der Höhe nach Einwendungen gegen die Zurechnung von Einkünften aus Land- und
Forstwirtschaft aus dem Verkauf des Grundstücks Fl.St.Nr. .../9 im Jahr 1997. Nachdem der Beklagte dem
Klägerbevollmächtigten mit Schreiben vom 17. August 2006 mitgeteilt hatte, dass die von ihm
aufgeworfenen Fragen wegen des Steuergeheimnisses gem. § 30 Abgabenordnung -AO- nicht
beantwortet werden könnten, legte der Bevollmächtigte mit Schreiben vom 24. August 2006 unter Hinweis
auf das Beschwerdeverfahren beim Bundesfinanzhof eine Vollmacht der Klägerinnen vor (vgl. Bl. 109
ff./Rb-Verfahren 1997 bis 1999).
Mit Beschluss vom 11. Mai 2007 (IV B 28/06) verwarf der Bundesfinanzhof die Beschwerde der
Klägerinnen wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz
vom 1. Februar 2006 als unzulässig.
Auch für die Jahre 2000 bis 2003 stellte der Beklagte gegenüber der Erbengemeinschaft der Klägerinnen
durch Bescheide vom 12. Mai 2006 die Besteuerungsgrundlagen gesondert und einheitlich fest, indem er
jeweils Gewinne aus der Entnahme der Grundstücke Fl.St.Nrn. .../5 und .../6 und der Veräußerung der
Grundstücke Fl.St.Nrn. .../17 und .../2 in Ansatz brachte. Die Klägerinnen, vertreten durch den Bauern- und
Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd e.V., legten hiergegen jeweils Einspruch ein (vgl. Bl. 16/2003 F-
Akten), den sie mit Schreiben vom 17. August 2007 (vgl. Bl. 55/2003 F-Akten) wieder zurücknahmen,
nachdem für die Jahre 2000 und 2001 unter dem 2. Januar 2007 geänderte Feststellungsbescheide
ergangen waren.
In der Folgezeit hob der Beklagte gegenüber den Klägerinnen die zunächst gewährte Aussetzung der
Vollziehung der für die Jahre 1997 und 1998 sowie 2001 und 2002 ergangenen
Einkommensteuerbescheide wieder auf. Im November 2007 hat der Bevollmächtigte der Klägerinnen in
deren Namen „gegen die Aufhebung der Aussetzung der Vollziehung“ sowie „die
Vollstreckungsankündigung“ Klage erhoben. Er trägt vor, dass die Klägerinnen keinen land- und
forstwirtschaftlichen Betrieb unterhalten hätten. Der Vater der Klägerinnen habe den von ihm geführten
Betrieb bereits 1978 aufgegeben. Der Beklagte habe ohne Sachverhaltsermittlung Einkünfte aus Land-
und Forstwirtschaft zugerechnet. Er habe bei der Ermittlung des Gewinns aus dem Grundstücksverkauf im
Jahr 1997 angefallene und nachgewiesene Anschaffungs-, Anlieger- und Erschließungskosten nicht
gewinnmindernd berücksichtigt. Mit notariellem Vertrag vom 30. März 1989 sei das Grundstück Fl.St.Nr.
.../8, aus dem später die im Jahr 2001 veräußerten Grundstücke Fl.St.Nrn. .../17 und .../2 gebildet worden
seien, bereits auf die Klägerinnen von deren Vater übertragen worden. Das Grundstück sei weder
verpachtet noch genutzt worden. Es habe sich um eine „Sumpfwiese“ gehandelt, die mit Schilf bewachsen
gewesen sei. Obwohl kein Spekulationsgewinn erzielt worden sei, habe der Beklagte bei dem fast 13
Jahre später erfolgten Verkauf im Jahr 2001 Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft willkürlich und
rechtswidrig angesetzt. Der Bundesfinanzhof habe schließlich im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die vom Bevollmächtigten erhobenen sachlichen Einwendungen
gem. § 163 AO zu berücksichtigen seien.
Die Klägerinnen beantragen,
„die Wiederaussetzung der bisher ausgesetzten Steuerbeträge“ (vgl. Protokoll über die mündliche
Verhandlung vom 4. Februar 2009).
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, dass die Klage unzulässig sei. Eine Anfechtungsklage komme nicht in Betracht, da ein
entsprechender Verwaltungsakt nicht vorliege.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die vom Bevollmächtigten der
Klägerinnen eingereichten Schriftsätze sowie auf die zum Verfahren beigezogenen Gerichtsakten
1 K 1113/08, 1 K 1588/08, 1 K 1931/08, 1 K 2236/08 und 1 V 1059/08 einschließlich der hierzu
vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg.
Soweit sich die Klägerinnen gegen die Aufhebung der Aussetzung der Vollziehung der
Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1997 und 1998 sowie 2001 und 2002 wenden, ist die Klage
unzulässig. Die auf die Gewährung einer Aussetzung der Vollziehung abzielende (Verpflichtungs-) Klage
ist nach § 69 Abs. 7 Finanzgerichtsordnung -FGO- nicht statthaft. Eine Auslegung oder Umdeutung des
Klagebegehrens in einen gerichtlichen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gem. § 69 Abs. 3 FGO (vgl.
BFH, Beschluss vom 6. Dezember 2002, III S 5/02, BFH/NV 2003, 492), der sich in sachdienlicher Weise
gegen die ergangenen Feststellungsbescheide richten müsste, bleibt aus den im Beschluss des
Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 11. Februar 2008 (1 V 1059/08) dargelegten Gründen ebenfalls
erfolglos.
Die Klägerinnen können im Wege des vorliegenden Klageverfahrens auch nicht die Rechtswidrigkeit
einer etwaigen Vollstreckung der festgesetzten Einkommensteuer geltend machen. Die vom
Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen fortgesetzt und wiederholt erhobenen Einwendungen gegen
die zu vollstreckenden Verwaltungsakte sind außerhalb des Vollstreckungsverfahrens zu verfolgen (vgl. §
258 AO). Hinsichtlich der weiteren Einwendungen der Klägerinnen wird auf die ebenfalls unter dem 4.
Februar 2009 ergangenen Urteile in den Verfahren 1 K 1113/08, 1 K 1588/08, 1 K 1931/08 und
1 K 2236/08 Bezug genommen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
Rechtsmittelbelehrung
Die Revision ist nicht zugelassen worden. Die Nichtzulassung der Revision kann durchBeschwerde ange-
fochten werden.
Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem
Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll
eine Abschrift oder Ausfertigung des angefochtenen Urteils beigefügt werden. Die Beschwerde ist
innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Auch die
Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung muss dargelegt werden, dass
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder, dass die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung
einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder dass ein
Verfahrensfehler vorliegt, auf dem das Urteil des Finanzgerichts beruhen kann.
Für die Einlegung und Begründung der Beschwerde vor dem Bundesfinanzhof besteht Vertretungszwang.
Zur Vertretung der Beteiligten vor dem Bundesfinanzhof berechtigt sind Rechtsanwälte, Steuerberater,
Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer; zur Vertretung berechtigt sind auch
Gesellschaften im Sinne des § 3 Nr. 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch solche Personen
handeln. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur
Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene
Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt
anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur
Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
Der Bundesfinanzhof hat die Postanschrift: Postfach 86 02 40, 81629 München, und die Hausanschrift:
Ismaninger Str. 109, 81675 München, sowie den Telefax-Anschluss: 089/ 9231-201.
Lässt der Bundesfinanzhof aufgrund der Beschwerde die Revision zu, so wird das Verfahren als
Revisionsverfahren fortgesetzt. Der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es
nicht. Innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses des Bundesfinanzhofs ist jedoch bei dem
Bundesfinanzhof eine Begründung der Revision einzureichen. Die Beteiligten müssen sich auch im
Revisionsverfahren nach Maßgabe des dritten Absatzes dieser Belehrung vertreten lassen.
Hinweis:
Rechtsmittel können auch über den elektronischen Gerichtsbriefkasten des Bundesfinanzhofs eingelegt
und begründet werden, der über die vom Bundesfinanzhof zur Verfügung gestellte Zugangs- und
Übertragungssoftware erreichbar ist. Die Software kann über die Internetseite
www.bundesfinanzhof.de
lizenzkostenfrei heruntergeladen werden. Hier befinden sich auch weitere Informationen über die
Einzelheiten des Verfahrens, das nach der Verordnung der Bundesregierung über den elektronischen
Rechtsverkehr beim Bundesverwaltungsgericht und beim Bundesfinanzhof vom 26. November 2004
(BGBl. I S.3091) einzuhalten ist.