Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 23.09.2010

FG Neustadt: vorsteuerabzug, eugh, unternehmer, mietvertrag, vermieter, zustellung, grundstück, datum, anschrift, vermietung

FG
Neustadt
23.09.2010
6 K 2089/10
Zeitpunkt des Vorsteuerabzugs
Im Namen des Volkes
Urteil
6 K 2089/10
In dem Finanzrechtsstreit
der
- Klägerin -
prozessbevollmächtigt:
gegen
Finanzamt
- Beklagter -
wegenUmsatzsteuer 1998 bis 2002
hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz - 6. Senat - aufgrund mündlicher Verhandlung vom 23. September
2010 durch
den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht
die Richterin am Finanzgericht
den Richter am Finanzgericht
den ehrenamtlichen Richter
den ehrenamtlichen Richter
für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
Strittig ist die Berechtigung zum Vorsteuerabzug als Leistungsempfänger.
Die Klägerin ist eine unternehmerisch tätige Grundstücksgemeinschaft (Bruchteilsgemeinschaft, vgl.
Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 26. Februar 2009) und besteht aus den Eheleuten H. und N.
C. Mit notarieller Urkunde vom 12. September 1997 erwarben die Eheleute das Grundstück E-Straße in A
und vermieteten das unbebaute Grundstück ab dem 1. Oktober 1997 an die Firma C-Bau GmbH, deren
Alleingesellschafter der Ehemann ist, als Lagerplatz mit offenem Umsatzsteuerausweis. In der
Umsatzsteuererklärung 1997 verzichtete die Klägerin auf die Steuerbefreiung der Mietumsätze. Im
Kalenderjahr 1998 wurde auf dem Grundstück nach Baugenehmigung durch die zuständige
Kreisverwaltung ein Zweifamilienhaus mit Lagerhalle und Büro errichtet. Ab dem 1. Januar 1999
vermietete die Klägerin die Lagerhalle, das Büro und drei Parkmöglichkeiten an die GmbH ebenfalls mit
offen ausgewiesener Umsatzsteuer (Mietvertrag zum 1. Januar 1999, Blatt 19 ff der Bp-Berichtsakte). In
ihrer Umsatzsteuererklärung für 1998 erklärte die Klägerin u.a. Vorsteuern aus den Bauleistungen in
Höhe von 12.606 DM.
Daraufhin fand bei der Klägerin im Februar 2000 eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung statt (Blatt 25 ff der
Bp-Berichtsakte). Dabei stellte der Umsatzsteuer-Sonderprüfer fest, dass alle Rechnungen, aus denen die
Klägerin den Vorsteuerabzug geltend gemacht hatte, nicht an die Klägerin gerichtet waren. Als
Rechnungsempfänger war in den Rechnungen der Ehemann, vereinzelt die GmbH bzw. kein
Rechnungsempfänger aufgeführt. Als Leistungsempfänger der Bauleistungen sei deswegen der
Ehemann anzusehen und der Klägerin stünde kein Vorsteuerabzug zu (Tz. 8 des Prüfungsberichts, Blatt
28 der Bp-Berichtsakte).
Der Beklagte folgte der Rechtsauffassung des Umsatzsteuer-Sonderprüfers und erließ für 1999 am 30.
Juli 2004, für 2000 und 2001 am 3. August 2004 und für 2002 am 4. August 2004 Umsatzsteuerbescheide,
in denen die geltend gemachten Vorsteuerbeträge aus den Bauleistungen jeweils nicht berücksichtigt
waren.
Auf den Einspruch der Klägerin änderte der Beklagte die Umsatzsteuerfestsetzungen 1999 mit
Bescheiden vom 18. Oktober 2004 und berücksichtigte Vorsteuer aus Kleinbetragsrechnungen bzw. die
Änderungen erfolgten aus Gründen, die nicht Gegenstand der Klage sind. Am 18. Oktober 2004 erging
auch der Umsatzsteuerbescheid 1998, der ebenfalls angefochten wurde. Im Einspruchsverfahren
begehrte die Klägerin mit Schriftsatz vom 29. September 2004 den Vorsteuerabzug aus den Rechnungen
nach erfolgter Rechnungskorrektur der Rechnungen "im laufenden Jahr 2004" auf die Rechnungsanschrift
der Grundstücksgemeinschaft –welche damals fälschlicherweise noch als Grundstücks–GbR bezeichnet
worden war (Blatt 21, 22 der Umsatzsteuerakte Fach Einsprüche). Mit Schriftsatz vom 4. Januar 2005
wurde die korrigierten Rechnungen dem Beklagten mit der berichtigten Umsatzsteuer-Voranmeldung für
das III. Quartal 2004 vorgelegt (Blatt 31 der Umsatzsteuerakte Fach Einsprüche). Mit
Einspruchsentscheidung vom 20. Februar 2007 wurden die Einsprüche zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt vor, der Ehemann stamme aus einem anderen Kulturkreis und hätte auf Grund seiner
türkischen Staatsangehörigkeit ein anderes Rechtsverständnis. Daher sei eine abweichende
Rechnungsadresse ausnahmsweise unschädlich, weil eindeutige Hinweise aus ihrer Vermietungstätigkeit
und aus dem Grundbucheintrag hervorgingen. Die Vermietungstätigkeit sei durch die Eheleute in Form
einer Bruchteilsgemeinschaft erfolgt, wobei die gemeinschaftliche Vermietungstätigkeit bis zum heutigen
Zeitpunkt in unveränderter Form durchgeführt würde. Sie sei immer als Grundstücksgemeinschaft in
Bruchteilen aufgetreten und eine andere Gesellschaftsform hätte nie zur Diskussion gestanden. Die
Aufträge für die jeweiligen Bauleistungen seien nach außen nicht immer durch die Eheleute, sondern
durch den Ehemann als Bauherrn für das Bauvorhaben erteilt worden, ohne dass sein Handeln für die
Eheleute auch gegenüber den Lieferanten immer deutlich offen gelegt worden sei. Der Ehemann sei
dabei im eigenen Namen und zugleich als offener oder verdeckter Stellvertreter seiner Ehefrau
aufgetreten. Daraus folge, dass aus den Aufträgen an die Lieferanten neben dem Ehemann auch seine
Ehefrau berechtigt und verpflichtet gewesen sei. Das stellvertretende Auftreten für die Ehefrau sei an
Hand des zeitnah korrigierten Bauantrages, der drei vorgelegten, auf den Namen der Ehefrau
ausgestellten Überweisungsträger, der Grundschuldbestellung, des Gebäudeversicherungsscheins sowie
der Wohnungsmietverträge nachvollziehbar. Für die Bauleistungen seien somit die Eheleute und damit
die Grundstücksgemeinschaft Leistungsempfänger. Jedenfalls aber sei für die Rechnungen, die auf den
Ehemann lauten würden, der Vorsteuerabzug für die hälftigen Vorsteuern zu gewähren. Für die andere
Hälfte der Vorsteuern sei der Vorsteuerabzug nach Berichtigung der Rechnungen im Jahr 2004 auf ihre
Rechnungsanschrift zu gewähren. Die Rechnungskorrektur sei erfolgt, da bei ihr als Unternehmerin § 14
UStG Anwendung finde. Sie hätte die Anschrift in den Rechnungen der Lieferanten mit Adressaufklebern
überklebt, die ihre Adresse ausweisen würden und sich die Korrektur durch die Lieferanten mit
Stempelabdruck und teilweise mit Namenszeichen bestätigen lassen. Die Rechnungsberichtigung sei
jederzeit möglich gewesen und es hätte keine Gefährdung des Steueraufkommens bestanden.
Die Klägerin beantragt,
die Umsatzsteuerbescheide 1999, 2000, 2001 und 2002 vom 18. Oktober 2004 und die
Einspruchsentscheidung vom 20. Februar 2007 dahin zu ändern, dass weitere Vorsteuern von 17.063,09
DM in 1998, von 5.184,72 DM in 1999, von 608,89 DM in 2000, von 677,22 DM in 2001 und von 183,63 €
für 2002 berücksichtigt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte trägt vor, ein Vorsteuerabzug der Klägerin aus Rechnungen, die auf den Ehemann bzw. auf
die GmbH lauten würden, komme in den Streitjahren nicht in Betracht. Nach der mündlichen Verhandlung
am 26. Februar 2009, in der die Klägerin erstmals vorgetragen hätte, dass ihr der begehrte
Vorsteuerabzug als unternehmerisch tätige Bruchteilsgemeinschaft und nicht als Gesellschaft
bürgerlichen Rechts zustünde, hätte die Klägerin die nachfolgend aufgeführten Unterlagen - welche
teilweise bereits im Veranlagungs- und Einspruchsverfahren vorgelegen hätten - in Kopie eingereicht. Zu
den Grundstücks-Eigentumsverhältnissen sei ein Grundbuchauszug, aus dem die Eheleute als
gemeinsame Eigentümer des Grundstücks hervorgingen sowie an die Eheleute gerichtete Unterlagen der
Sparkassenversicherung über die Gebäudeversicherung vorgelegt worden. Zum errichteten Gebäude
seien eine Bestätigung der Kreisverwaltung vom 26. Juni 2008 - nach der die Baugenehmigung mit
Datum vom 17. März 1998 dem Antragsteller H. C. erteilt und auf Antrag vom 14. Oktober 1998 der
Bauantrag auf die Eheleute N. und H. C. umgestellt worden sei -, die ursprünglichen Architektenpläne des
Bauvorhabens "Zweifamilienhaus mit Lagerhalle und Büro" - die den Ehemann als Bauherrn ausweisen
würden -, Tekturpläne - die auf die Eheleute H. C. lauten würden -, einen Nutzflächenzusammenstellung,
drei nachträglich auf den Namen der Eheleute geänderte Baurechnungen sowie drei handschriftlich auf
den Namen der Ehefrau ausgefüllte Überweisungsträger für Baurechnungen - wobei weder die
Abbuchung noch die Inhaber des genannten Kontos sowie die Mittelherkunft nachgewiesen seien -,
vorgelegt. Hinsichtlich der Finanzierung hätte die Klägerin eine auf die Eheleute als
Grundstückseigentümer bewilligte Grundschuldbestellung - aus der der Ehemann H. C. als alleiniger
Kreditnehmer hervorginge -, eine Notar-Kostenrechnung über die Grundschuldbestellung - die an die
Eheleute H. C. adressiert sei -, eine Kostenrechnung des Amtsgerichts A über die Grundschuldbestellung,
eine an Herrn H. C. übersandte Löschungsbewilligung der ...-Bank aus dem Jahr 2009, eine an den
Ehemann adressierte Zinsbescheinigung, eine schlecht lesbare Kopie einer Darlehensvereinbarung des
Ehemannes mit der ...-Bank aus dem Jahr 1998 sowie eine weitere Darlehensvereinbarung des
Ehemanns mit der ...-Bank aus dem Jahr 1999, ein auf den Ehemann ausgestellter Kontoauszug der
Bausparkasse ..., eine Zinsbestätigung sowie eine Seite aus einem Jahreskontoauszug der S-Bank, - die
an beide Eheleute gerichtet sei - und eine Übersetzung aus dem Türkischen bezüglich des Verkaufs eines
dem Ehemann gehörenden Hauses in der Türkei vorgelegt. Zur Vermietung sei ein undatierter Mietvertrag
über die Verpachtung einer Gewerbefläche als Lagerfläche an die C-Bau GmbH - in dem als Vermieter
die Eheleute H. C. aufgeführt seien, welcher aber nur von Herrn H. C. unterschrieben sei - sowie ein auf
den 30. Dezember 1998 datierter Mietvertrag über die Verpachtung einer Lagerhalle, eines Büros und
drei Parkmöglichkeiten an die C-Bau GmbH - bei dem die Eheleute H. C. als Vermieter aufgeführt seien
und der von beiden Eheleuten unterschrieben sei - und schließlich die ersten Seiten zweier
Wohnungsmietverträge - in denen die Eheleute als Vermieter genannt seien -. Für den letztgenannten
Mietvertrag sei ein Vordruck verwandt, der den Aufdruck für die Auflage "04.99" tragen würde, was darauf
schließen lasse, dass der Mietvertrag nachträglich geschlossen und rückdatiert worden sei. Aus den
Kopien der Darlehensverträge mit der ...-Bank und aus den Unterlagen zum Hausverkauf in der Türkei
würde hervorgehen, dass das Gesamtobjekt von Herrn C alleine, und nicht gemeinsam durch die
Eheleute finanziert worden sei. Eine andere Beurteilung lasse auch die zwangsläufig für die Eheleute als
gemeinsame Grundstückseigentümer ins Grundbuch eingetragene Grundschuldbestellung nicht zu. Zwar
sei die Klägerin als Ehegattengemeinschaft durch Vermietung des Grundstücks und der Gebäude an die
GmbH des Ehemannes nach außen hin aufgetreten und hätte damit steuerbare und steuerpflichtige
Umsätze ausgeführt. Für die Umsatzsteuer sei eine Unterscheidung hinsichtlich einer Gesellschaft
bürgerlichen Rechts und einer Bruchteilsgemeinschaft als Unternehmer unerheblich. Erheblich sei, dass
die umsatzsteuerliche Vermietung durch Mietvertrag beider Eheleute erfolgt sei. Auch durch die
nachgereichten Unterlagen sei von der Klägerin aber kein Nachweis erbracht worden, dass sie als
Ehegatten-Bruchteilsgemeinschaft Auftraggeberin für die Errichtung des Gebäudes gewesen sei. Da die
Rechnungen, aus denen die Klägerin den Vorsteuerabzug herleite, aber nur auf den Ehemann lauten
würden, komme ein Vorsteuerabzug nicht in Betracht.
In der mündlichen Verhandlung am 23. September 2010 hat das Gericht in den "Belegordner" mit den
streitbefangenen Rechnungen, welcher mit Schriftsatz vom 4. Januar 2005 dem Beklagten vorgelegt
worden war, Einsicht genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
1.
Der Befangenheitsantrag ist offensichtlich unzulässig. Die Besorgnis der Befangenheit kann nämlich nur
bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung geltend gemacht werden (vgl. BFH-Beschluss vom 14.
September 2007 - Aktenzeichen: VIII S 4/07 -PKH-, in juris), so dass der nach Schluss der mündlichen
Verhandlung vom Gemeinschafter der Klägerin auf die Richterbank gelegte Schriftsatz vom 23.
September 2010 bereits deswegen unzulässig ist. Der Antrag ist aber auch nicht hinreichend substantiiert
(vgl. BFH-Beschluss vom 11. Mai 2010 - X B 192, 193/08, X B 192/08, X B 193/08, BFH/NV 2010, 1645),
da der bloße Verweis auf Rechtsvorschriften der FGO, ZPO, des GG und des BBG ohne konkreten Bezug,
worin ein Verstoß gegen die aufgeführten Vorschriften liegen soll, nicht ausreichend ist. Der Schriftsatz ist
vom Gemeinschafter bereits vor der mündlichen Verhandlung gefertigt worden, also zu einem Zeitpunkt,
als die Klägerin die Verhandlungsführung des Gerichts noch nicht kannte. Der Befangenheitsantrag
gegen sämtliche Mitglieder des Spruchkörpers, die in dem Schriftsatz der Klägerin vom 23. September
2010 teilweise noch nicht einmal namentlich bzw. falsch benannt sind, ist rechtsmissbräuchlich, weil darin
keine konkreten Anhaltspunkte für eine unsachliche Einstellung der einzelnen Mitglieder dargelegt
werden, sondern lediglich ein fehlendes Einverständnis mit der Verhandlungsführung mitgeteilt wird, ohne
Beanstandungen zu benennen. Der Senat konnte daher in seiner geschäftsplanmäßigen Besetzung ohne
Einholung von dienstlichen Stellungnahmen entscheiden, da der Befangenheitsantrag gegen sämtliche
Richter rechtsmissbräuchlich und daher unzulässig ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 30.Oktober 2007- V S
26/07, in juris und vom 25. August 2009 - V S 10/07, BStBl. II 2009, 1019).
2.
Die Klägerin hat nicht nachgewiesen, dass hinsichtlich der in den streitbefangenen Rechnungen
ausgewiesenen Vorsteuern die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug in den Streitjahren vorlagen.
a)
Nach der Rechtsprechung des EuGH ist das Vorsteuerabzugsrecht nach Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der
Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften
der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche
steuerpflichtige Bemessungsgrundlage -Sechste Richtlinie- gem. Art. 18 Abs. 2 Buchst. a dieser Richtlinie
für den Erklärungszeitraum auszuüben, in dem die beiden nach dieser Bestimmung erforderlichen
Voraussetzungen erfüllt sind, dass die Lieferung der Gegenstände oder die Dienstleistung bewirkt wurde
und dass der Steuerpflichtige die Rechnung oder das Dokument besitzt, das nach den von den
Mitgliedstaaten festgelegten Kriterien als Rechnung betrachtet werden kann (vgl. EuGH-Urteil vom 29.
April 2004 - C-152/02 "Terra Baubedarf", Slg. 2004, I-5583). Dem ist die Rechtsprechung des BFH gefolgt,
so dass der Unternehmer Vorsteuerbeträge erst in dem Besteuerungszeitraum abziehen kann, in dem die
materiell-rechtlichen Anspruchsvoraussetzungen i.S.d. § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG insgesamt vorliegen.
Zu diesen Voraussetzungen gehört eine Rechnung mit gesondertem Umsatzsteuerausweis (vgl. BFH-
Urteil vom 1. Juli 2004 - V R 33/01, BStBl. II 2004, 861).
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht kann nach § 15 Abs. 1
Nr. 1 Satz 1 UStG der Unternehmer die in Rechnungen i.S.d. § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer
für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen
ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen. Leistungsempfänger ist grundsätzlich derjenige,
der aus dem der Leistung zugrunde liegenden Schuldverhältnis als Auftraggeber berechtigt und
verpflichtet ist (vgl. BFH-Urteil vom 24. August 2006 - V R 16/05, BStBl II 2007, 340 und BFH-Beschluss
vom 31. Juli 2007 - V B 156/06, in juris). In der Rechnung muss der tatsächliche Leistungsempfänger so
bezeichnet sein, dass eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung des Namens und der Anschrift
des Leistungsempfängers möglich ist (vgl. BFH-Beschluss vom 2. April 1997 - V B 26/96, BStBl. II
1997,434). Wer Leistungsempfänger ist, ergibt sich grundsätzlich aus den vertraglichen Beziehungen.
Danach ist Leistungsempfänger die Person, die aus dem schuldrechtlichen Vertragsverhältnis, das dem
Leistungsaustausch zu Grunde liegt, berechtigt und verpflichtet ist, somit der Käufer des Gegenstandes,
der geliefert wird. Die als Leistungsempfänger bestimmte Person muss in der Rechnung bezeichnet sein,
mit der über die Leistungen abgerechnet wird (vgl. BFH-Beschluss vom 4. April 2000 - V B 186/99,
BFH/NV 2000, 1370). Für den Vorsteuerabzug ist nämlich Voraussetzung, dass der Unternehmer die
Leistung "für sein Unternehmen" bezogen hat. Dies ist der Fall, wenn der Unternehmer der
Leistungsempfänger ist. Leistungsempfänger ist grundsätzlich derjenige, der aus dem der Leistung zu
Grunde liegenden Schuldverhältnis als Auftraggeber berechtigt und verpflichtet ist. Unbeachtlich ist, wer
zivilrechtlich Eigentümer des bezogenen Leistungsgegenstands wird, wem die Leistung wirtschaftlich
zuzuordnen ist oder wer die empfangene Leistung bezahlt hat. Die grundsätzliche Anknüpfung des
Umsatzsteuerrechts an das Zivilrecht bei der Bestimmung des Leistungsempfängers ist insbesondere im
Interesse des Leistenden geboten. Denn die zivilrechtliche Rechtslage ist u.a. maßgebend dafür, wem
gegenüber er eine Rechnung über von ihm ausgeführte steuerpflichtige Lieferungen oder sonstige
Leistungen erteilen darf bzw. muss und ferner dafür, aber die Möglichkeit hat, einen steuerfreien Umsatz
als steuerpflichtig zu behandeln. Ob ein Leistungsbezug dem Handelnden denn oder einem Anderen
zuzurechnen ist, hängt grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde gegenüber Dritten im eigenen Namen
oder berechtigterweise im Namen eines Anderen bei Bezug einer Leistung aufgetreten ist. Eine
Ausnahme vom Offenheitsprinzip besteht lediglich beim sog. Geschäft für den, den es angeht. Dies setzt
voraus, dass der Gegenpartei die Person des Vertragspartners gleichgültig ist. Diese Voraussetzungen ist
regelmäßig nur in Fällen der Bargeschäfte des täglichen Lebens erfüllt. In Anwendung dieser Grundsätze
steht einer Bauherrengemeinschaft der Vorsteuerabzug aus Rechnungen, die ihr erteilt worden sind, nur
dann zu, wenn sie selbst die Leistungen in Auftrag gegeben hat und sie selbst Empfängerin dieser
Leistungen ist, Leistungsempfänger also nicht die einzelnen Gemeinschafter als Bauherren sind. Einer
unternehmerisch tätigen Gesellschaft ist nach diesen Grundsätzen kein Recht auf Vorsteuerabzug aus
solchen Eingangsleistungen zuzubilligen, die an ihre Gesellschafter ausgeführt worden sind. Auch im Fall
einer unternehmerisch tätigen Bruchteilsgemeinschaft gilt, dass dieser kein Recht auf Vorsteuerabzug aus
solchen Eingangsleistungen zu steht, die an ihre Gemeinschafter -und nicht an die Gemeinschaft-
ausgeführt worden sind (vgl. BFH-Urteil vom 23. September 2009 – XI R 14/08, BStBl. II 2010, 243). Die
objektive Beweislast (Feststellungslast) für das Vorliegen der den Rechtsanspruch auf Vorsteuerabzug
begründenden Tatsachen trägt nach ständiger Rechtsprechung des BFH der den Vorsteuerabzug
begehrende Unternehmer (vgl. BFH-Beschluss vom 24. Mai 1993 – V B 33/93, BFH/NV 1994, 133).
Da die Klägerin in den Streitjahren hinsichtlich der streitbefangenen Vorsteuern keine Rechnungen
besessen hat, die sie als Leistungsempfängerin ausweisen, kommt ein Vorsteuerabzug diesbezüglich
nicht in Betracht.
b)
Ausweislich der streitbefangenen Rechnungen war Rechnungsempfänger ursprünglich und zunächst der
Ehemann und Gemeinschafter, nicht aber die Klägerin (weder als Grundstücksgemeinschaft noch als
Gesellschaft bürgerlichen Rechts - wie ursprünglich behauptet -). Danach ist das Vertragsverhältnis mit
Gesellschaft bürgerlichen Rechts - wie ursprünglich behauptet -). Danach ist das Vertragsverhältnis mit
dem Ehemann zu Stande gekommen. Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass hier lediglich eine
Falschbezeichnung beim Namen des Leistungsempfängers vorliegt, auch wenn der Ehemann die
türkische Staatsangehörigkeit besitzt. Denn bei der Klägerin und dem Ehemann handelt es sich um
unterschiedliche Rechts- und Steuersubjekte. Wäre dem Ehemann dieser Unterschied nicht bewusst
gewesen, so fragt sich, weshalb in dem Mietvertrag als Vermieter die Eheleute angegeben sind und nicht
bloß - wie aus dem behaupteten Verständnis des anderen Kulturkreises eigentlich folgerichtig - der
Ehemann. Ein Vorsteuerabzug kommt aber nicht in Betracht, da die unternehmerisch tätige
Bruchteilsgemeinschaft der Eheleute ein anderes Rechtssubjekt und ein anderer Steuerpflichtiger als
einer der beiden Ehegatten ist. Daher kann nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Leistende,
der die Rechnung ausgestellt hat, eine Leistung an eine Gesellschaft oder Gemeinschaft, und nicht an
den Ehemann hat erbringen wollen. Da die Klägerin die Feststellungslast für das Vorliegen der
Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug trägt, muss davon ausgegangen werden, dass
Leistungsempfänger der Lieferungen bzw. Leistungen, über die in den streitbefangenen Rechnungen
abgerechnet worden war, der Ehemann war, so dass die Klägerin nicht zum Vorsteuerabzug hinsichtlich
der in den Rechnungen ausgewiesenen Vorsteuer berechtigt ist.
Soweit die Klägerin behauptet, der Ehemann sei als verdeckter Vertreter auch seiner Ehefrau aufgetreten,
gilt nach den vorstehend aufgeführten Grundsätzen, dass dies nur beim Geschäft für den, den es angeht,
für den Vorsteuerabzug unschädlich ist (vgl. BFH-Beschluss vom 4. April 2000 – V B 186/99, BFH/NV
2000, 1370). Bei den streitbefangenen Bauleistungen handelte sich aber nicht um Geschäfte des
täglichen Lebens und es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass den Auftragnehmern die
Person des Auftraggebers gleichgültig war.
c)
Für das Vorliegen der Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug in den Streitjahren ist es unerheblich,
dass die streitbefangenen Rechnungen im Nachhinein dahingehend geändert wurden, dass die Anschrift
in den Rechnungen der Lieferanten mit Adressaufklebern überklebt wurden, welche mit der Adresse der
Klägerin bedruckt waren und dass dies durch die Lieferanten mit Stempelabdruck und teilweise mit
Namenszeichen bestätigt wurde. Denn nach den Angaben der Klägerin in dem Schriftsatz vom 29.
September 2004 ist die Korrektur der Rechnungen "im laufenden Jahr 2004" auf die Rechnungsanschrift
der Grundstücksgemeinschaft - welche damals fälschlicherweise noch fälschlicherweise als Grundstücks–
GbR bezeichnet worden war - erfolgt und die korrigierten Rechnungen wurden dem Beklagten erst mit
Schriftsatz vom 4. Januar 2005 mit der berichtigten Umsatzsteuer-Voranmeldung für das III. Quartal 2004
vorgelegt. Die Stempelabdrucke der Lieferanten sind regelmäßig ohne Datum erfolgt. Nach den
Feststellungen des Gerichts ist nur in einem Fall, nämlich bei der Rechnung der Firma Ammann
Holzsysteme vom 15. Juli 1998 die Datumsangabe "Rechnungsadresse auf Kundenwunsch hin geändert
23.3.04" mit Unterschrift beim Stempelabdruck erfolgt. Da eine Rechnung mit gesondertem
Umsatzsteuerausweis zu den materiell-rechtlichen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug gehört, kann
der Unternehmer Vorsteuerbeträge erst in dem Besteuerungszeitraum abziehen, in dem er eine
Rechnung besitzt, in der die Vorsteuern ausgewiesen sind (vgl. BFH-Beschluss vom 31. Juli 2007 –
V B 156/06, ebenda). Dies war in den Streitjahren aber nicht der Fall.
Nach Ansicht des Gerichts besteht auch nach dem Urteil des EuGH vom 15. Juli 2010 (C-368/09 "Pannon
Gép", UR 2010, 693) kein Anlass, im Streitfall von diesen vorgenannten Grundsätzen –ausgehend von
dem EuGH-Urteil vom 29. April 2004 (C-152/02 "Terra Baubedarf", a.a.O.) abzuweichen. Zwar wird das
erstgenannte Urteil in der Literatur teilweise dahingehend verstanden, dass eine Rechnungsberichtigung
entgegen der bisher nach der Rechtsprechung des BFH geübten Praxis doch Rückwirkung zukomme (vgl.
Wäger, Anm. zu dem EuGH-Urteil vom 15. Juli 2010, DStR 2010, 1478; Martin, Anm. zu dem EuGH-Urteil
vom 15. Juli 2010, BFH/PR 2010, 389; Sterzinger, Anm. 2 zu dem EuGH-Urteil vom 15. Juli 2010, UR
2010, 700). Doch weisen diese Stimmen auch darauf hin, dass der EuGH in dem Urteil die Entscheidung
"Terra Baubedarf" nicht erwähnt hat, obgleich dies zu erwarten gewesen wäre, hätte der EuGH seine
diesbezügliche Rechtsprechung ändern wollen. In der Entscheidung "Terra Baubedarf" leitet der EuGH
seine dort vertretene Rechtsansicht zum Zeitpunkt des Vorsteuerabzugs auch aus der Erwägung her, dass
die Voraussetzung des Besitzes einer Rechnung oder eines als Rechnung zu betrachtenden Dokuments
im Einklang mit einem der Ziele der Sechsten Richtlinie steht, die Erhebung der Mehrwertsteuer und ihre
Überprüfung sicherzustellen. In der Entscheidung "Pannon Gép" sieht der EuGH diese Ziele durch eine
zunächst falsche, aber vor der Entscheidung der "erstinstanzlichen Steuerbehörde" berichtigten Angabe
des Zeitpunkts der Dienstleistung und einer fehlenden fortlaufenden Nummerierung der späteren
Rechnung und der die ursprüngliche Rechnung aufhebenden Gutschrift nicht gefährdet. Daher kann nach
Ansicht des Gerichts der Entscheidung "Pannon Gép" nicht die Bedeutung zugesprochen werden, dass
der EuGH seine Rechtsprechung zum Zeitpunkt des Vorsteuerabzugs nach der Entscheidung "Terra
Baubedarf" aufheben wollte (ausführlich Nieskens, Anm. 1 zu dem EuGH-Urteil vom 15. Juli 2010, UR
2010, 700). Keinesfalls lässt sich nach Ansicht des Gerichts aus der Entscheidung "Pannon Gép"
herleiten, dass einer Rechnungsberichtigung grundsätzlich Rückwirkung zukomme. Entscheidend hat der
EuGH in der Entscheidung "Pannon Gép" nämlich darauf abgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung
der "erstinstanzlichen Steuerbehörde" beide Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug vorlagen und die
fortlaufende Nummerierung der berichtigten Rechnung und der die ursprüngliche Rechnung
aufhebenden Gutschrift nicht zu diesen Voraussetzungen gehört.
Deswegen käme ein Vorsteuerabzug in den Streitjahren auch dann nicht in Betracht, wenn
Leistungsempfänger die Klägerin gewesen und in den Rechnungen als Rechnungsempfänger nur
fälschlicherweise der Ehemann ausgewiesen ist. Denn auch dann fehlt es in den Streitjahren an einer
zum Vorsteuerabzug berechtigenden Rechnung mit der Klägerin als Leistungsempfänger.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
Rechtsmittelbelehrung
Die Revision ist nicht zugelassen worden. Die Nichtzulassung der Revision kann durchBeschwerde ange-
fochten werden.
Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem
Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll
eine Abschrift oder Ausfertigung des angefochtenen Urteils beigefügt werden. Die Beschwerde ist
innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Auch die
Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung muss dargelegt werden, dass
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder, dass die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung
einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder dass ein
Verfahrensfehler vorliegt, auf dem das Urteil des Finanzgerichts beruhen kann.
Für die Einlegung und Begründung der Beschwerde vor dem Bundesfinanzhof besteht Vertretungszwang.
Zur Vertretung der Beteiligten vor dem Bundesfinanzhof berechtigt sind Rechtsanwälte, Steuerberater,
Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer; zur Vertretung berechtigt sind auch
Gesellschaften im Sinne des § 3 Nr. 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch solche Personen
handeln. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur
Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene
Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt
anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur
Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
Der Bundesfinanzhof hat die Postanschrift: Postfach 86 02 40, 81629 München, und die Hausanschrift:
Ismaninger Str. 109, 81675 München, sowie den Telefax-Anschluss: 089/ 9231-201.
Lässt der Bundesfinanzhof aufgrund der Beschwerde die Revision zu, so wird das Verfahren als
Revisionsverfahren fortgesetzt. Der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es
nicht. Innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses des Bundesfinanzhofs ist jedoch bei dem
Bundesfinanzhof eine Begründung der Revision einzureichen. Die Beteiligten müssen sich auch im
Revisionsverfahren nach Maßgabe des dritten Absatzes dieser Belehrung vertreten lassen.
Hinweis:
Rechtsmittel können auch über den elektronischen Gerichtsbriefkasten des Bundesfinanzhofs eingelegt
und begründet werden, der über die vom Bundesfinanzhof zur Verfügung gestellte Zugangs- und
Übertragungssoftware erreichbar ist. Die Software kann über die Internetseite
www.bundesfinanzhof.de
lizenzkostenfrei herunter geladen werden. Hier befinden sich auch weitere Informationen über die
Einzelheiten des Verfahrens, das nach der Verordnung der Bundesregierung über den elektronischen
Rechtsverkehr beim Bundesverwaltungsgericht und beim Bundesfinanzhof vom 26. November 2004
(BGBl. I S.3091) einzuhalten ist.