Urteil des FG Niedersachsen vom 20.03.2014

FG Niedersachsen: tantieme, geschäftsführer, einkünfte, pflicht zur dienstleistung, beendigung, wirtschaftliche leistungsfähigkeit, gesellschaft, auszahlung, abfindung, anstellungsvertrag

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Abfindungen
1. Die Vergleichsberechnung ist ohne steuerfreie Lohnersatzleistungen
durchzuführen.
2. Eine Steuerbegünstigung von Abfindungen ist nur gerechtfertigt, wenn
tatsächlich eine höhere steuerliche Belastung gegeben wäre.
Niedersächsisches Finanzgericht 1. Senat, Urteil vom 20.03.2014, 1 K 130/13
§ 24 Nr 1 Buchst a EStG, § 34 Abs 1 EStG, § 34 Abs 2 Nr 2 EStG
Tatbestand
Streitig ist, ob der Beklagte zu Recht eine ermäßigte Besteuerung nach §§ 34
i.V.m. 24 Nr. 1 Buchst. a Einkommensteuergesetz (EStG) abgelehnt hat.
Die Kläger sind verheiratet. Sie wurden im Streitjahr antragsgemäß zusammen
zur Einkommensteuer veranlagt.
Der Kläger war ab … bei der Firma X GmbH (künftig GmbH) als
Geschäftsführer angestellt. Im Geschäftsführeranstellungsvertrag … war u.a.
vereinbart:
§ 4, Bezüge und Sonderleistungen, soziale Absicherung
(1) Der Geschäftsführer erhält ein festes Monatsgehalt von 10.000 € …, als
Bruttogehalt bei zwölf Monatsgehältern pro Jahr zahlbar nach Abzug der
gesetzlichen Abgaben am Schluss des jeweiligen Kalendermonats, …
Außerdem wird im Mai des Jahres … ein dreizehntes Gehalt und im November
eines Jahres … ein vierzehntes als Urlaubs- bzw. Weihnachtsgeld gezahlt.
(2) Der Geschäftsführer erhält im ersten Tätigkeitsjahr neben seinem
Pflichtgehalt eine Tantieme in Höhe von vier Monatsgehältern. Die Tantieme ist
im Kalendermonat nach der Feststellung des Jahresabschlusses der
Gesellschaft für das betreffende Geschäftsjahr an den Geschäftsführer
auszuzahlen. Eine endgültige Tantiemeregelung wird nach Ablauf eines
Tätigkeitsjahres erfolgen...
§ 5, Spesen, sonstige Leistungen
(2) Dem Geschäftsführer wird ein … Dienstfahrzeug zur beruflichen und
privaten Nutzung zur Verfügung gestellt…
§ 9, Beendigung des Arbeitsverhältnisses
(3) Der Anstellungsvertrag wird auf unbestimmte Zeit geschlossen…
(4) Dieser Vertrag kann beiderseits mit einer Frist von sechs Monaten zum
Ende eines Kalenderjahres gekündigt werden.
§ 11, Wettbewerb
(2) Nach Ende des Vertrages ist es dem Geschäftsführer für einen Zeitraum
von zwei Jahren untersagt, … in Wettbewerb zur Gesellschaft zu treten. Als
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Karenzentschädigung gewährt die Gesellschaft in der Zeit des
Wettbewerbsverbots monatlich 60 v. H. des monatlichen Gehaltes, das
während der letzten zwölf Monate der Vertragslaufzeit durchschnittlich gezahlt
wurde.
…“
Aus dem Anstellungsverhältnis bei der GmbH erzielte der Kläger im Jahr 2009
einen Bruttoarbeitslohn in Höhe von 229.683 €.
Gegen Ende des Jahres 2010 schloss der Kläger mit der GmbH eine
Aufhebungsvereinbarung, die u.a. regelt:
§ 1 Aufhebung, Abberufung als Geschäftsführer
Hiermit heben die Parteien den oben genannten Anstellungsvertrag auf
Veranlassung der Gesellschaft mit Wirkung auf den 31. Dezember 2010
einvernehmlich auf. …
§ 2 Bezüge, Freistellungen und Anrechnung, Abfindungen, Zeugnis
(1) Der Geschäftsführer erhält bis zum 31. Dezember 2010 sein monatliches
Gehalt nach Maßgabe des Anstellungsvertrages in der derzeit vereinbarten
Höhe von 12.500 € brutto zzgl. 394 € Zuschuss Sozialversicherung, 165 €
Arbeitgeberbeitrag Pensionskasse und 127,82 €
Arbeitgeberdirektversicherung weiter.
(2) Mit der Auszahlung des Gehalts für den Monat November 2010 erhält
der Geschäftsführer darüber hinaus das vierzehnte Monatsgehalt in Höhe
von 12.500 € brutto für das Kalenderjahr 2010 ausgezahlt.
(3) Weiterhin erhält der Geschäftsführer zur Abgeltung seines Anspruchs
auf eine ergebnisabhängige Zusatzvergütung 2010 (Tantieme) eine
Zahlung in Höhe von 50.000 € mit der Auszahlung des Gehalts für den
Monat Dezember 2010.
(4) Der Geschäftsführer ist berechtigt, das ihm überlassene Dienstfahrzeug
… bis zum … zu den bisher geltenden Bedingungen auch privat zu nutzen.
Sämtliche Kosten … werden von der Gesellschaft getragen…
(5) Die Gesellschaft zahlt an den Geschäftsführer als Entschädigung für die
Auflösung des Anstellungsverhältnisses eine bereits jetzt entstandene und
vererbliche Abfindung in Höhe von 225.000 € brutto gemäß §§ 24, 34 EStG.
Die Auszahlung erfolgt zum 31. Januar 2011.
(6) …
(7) Der Geschäftsführer wird ab dem … für die restliche Dauer des
Anstellungsverhältnisses von der Pflicht zur Dienstleistung unwiderruflich
freigestellt…
(8) Das in § 11 des Anstellungsvertrages geregelte Wettbewerbsverbot wird
von beiden Parteien nicht mehr aufrechterhalten, auf entsprechende Rechte
und Ansprüche wird verzichtet. Dem Geschäftsführer ist demnach nach
Ende des Dienstverhältnisses eine konkurrierende Tätigkeit gestattet und
die Gesellschaft ist nicht zur Zahlung einer Karenzentschädigung
verpflichtet.
...“
Der Kläger erzielte im Jahr 2010 einen Bruttoarbeitslohn in Höhe von 288.725
€.
Dieser setzt sich wie folgt zusammen:
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Grundgehalt
12 x 12.500,00 € 150.000,00 €
Urlaubsgeld
12.500,00 €
Weihnachtsgeld
12.500,00 €
Tantieme 2009
50.000,00 €
Pkw - Nutzung
8.916,72 €
Zuschlag für Krankenversicherung …
3.611,28 €
Sonstiges (A-Zuschlag)
1.197,00 €
Tantieme 2010
50.000,00 €
Im Streitjahr 2011 erhielt der Kläger die vereinbarte Entschädigungsleistung in
Höhe von 225.000 € und hatte Einnahmen aufgrund der Pkw-Nutzung in Höhe
von 3.878 €. Zudem bezog er aufgrund seiner Arbeitslosigkeit …
Lohnersatzleistungen in Höhe von 10.383 €.
In der Einkommensteuererklärung 2011 erklärte der Kläger die Zahlung in
Höhe von 225.000 € als Entschädigung nach § 34 EStG.
Im unter Vorbehalt der Nachprüfung ergangen Einkommensteuerbescheid
2011 … versagte der Beklagte eine ermäßigte Besteuerung. Er setzte eine
Einkommensteuer in Höhe von 74.265 € fest. Mit Schreiben vom … führte er
aus, eine Zusammenballung von Einkünften sei nicht erkennbar. Im Jahr 2010
habe der Kläger Einnahmen aus § 19 EStG in Höhe von 288.725 € erzielt. Im
Jahr 2011 habe er Einnahmen aus dem bisherigen Arbeitsverhältnis nach § 19
EStG in Höhe von 3.878 €, die Entschädigung in Höhe von 225.000 € und
Lohnersatz in Höhe von 10.383 €, insgesamt 239.261 € erhalten. Die
erhaltenen Einnahmen überstiegen die entgangenen Einnahmen nicht. Eine
Zusammenballung sei daher nicht erkennbar.
Daraufhin teilten die Kläger mit, die Einnahmen des Kalenderjahrs 2010 in
Höhe von 288.725 € dürften nicht als Vergleichsmaßstab herangezogen
werden, da diese bereits Sonderzahlungen in Vorbereitung der Aufhebung des
Arbeitsverhältnisses beinhaltet hätten. Grundsätzlich habe die „Tantieme
2010“ auf Basis einer prozentualen Gewinnbeteiligung berechnet werden
sollen. Im Hinblick auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses habe man sich
auf eine Tantieme in Höhe von 50.000 € für das Kalenderjahr 2010 geeinigt.
Die „Tantieme 2010“ wäre normalerweise erst Mitte des Folgejahrs gezahlt
worden. Infolge des Ausscheidens zum Ende des Jahres 2010 sei die Zahlung
aber bereits im Dezember 2010 erfolgt.
Bei der Ermittlung der voraussichtlichen Einnahmen 2011 dürfe zudem die
Tantieme nicht oder nur mit einem geringeren Betrag berücksichtigt werden.
Die Tantieme auf der Basis einer prozentualen Gewinnbeteiligung wäre bereits
für das Kalenderjahr 2010 deutlich geringer ausgefallen. Für das Kalenderjahr
2011 wäre aufgrund der schlechten Zahlen voraussichtlich keine Tantieme
gezahlt worden.
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Mit Bescheid vom … hob der Beklagte den Vorbehalt der Nachprüfung nach §
164 Abs. 3 Abgabenordnung auf.
Hiergegen legten die Kläger Einspruch ein. In ihrer Begründung bekräftigten
sie, die „Tantieme 2010“ in Höhe von 50.000 € sei im Wege der Beendigung
des Arbeitsverhältnisses verhandelt worden. Bei Fortführung des
Arbeitsverhältnisses wäre keine gewinnabhängige Tantieme für das
Kalenderjahr 2010 erzielt worden, die in 2011 ausgezahlt worden wäre. Bei
ungestörter Fortführung des Arbeitsverhältnisses hätten sich für das
Kalenderjahr 2011 nur Einnahmen in Höhe von ca. 188.000 € ergeben. Die
gezahlte Entschädigung in Höhe von 225.000 € übersteige diese Einnahmen,
eine Zusammenballung sei gegeben.
Nachdem der Beklagte darauf hingewiesen hatte, dass bei Berücksichtigung
dieser Argumentation eine begünstigte Besteuerung nach § 34 Abs. 1 und 2
EStG scheitere, weil der Zufluss in mehreren Teilbeträgen in unterschiedlichen
Veranlagungszeiträumen erfolgt sei, erklärten die Kläger, bei der „Tantieme
2010“ handle es sich um keine Entschädigung. Laut Arbeitsvertrag sei
vereinbart gewesen, dass der Kläger neben seinem Festgehalt eine Tantieme
in Höhe von vier Monatsgehältern erhalte. Eine endgültige Tantiemeregelung
habe noch getroffen werden sollen, was jedoch unterblieben sei. Dem Kläger
sei daher für das Jahr 2010 genauso wie für die Jahre … eine Tantieme in
Höhe von vier Monatsgehältern gezahlt worden. Bei der „Tantieme 2010“
handle es sich um eine Zahlung für erbrachte Leistung, die nicht mit der
Auflösung des Arbeitsverhältnisses in Verbindung stehe. Nur der Zeitpunkt der
Auszahlung bereits im Dezember 2010 sei auf die Beendigung des
Anstellungsverhältnisses zum 31. Dezember 2010 zurückzuführen. Aufgrund
der feststehenden Höhe sei es nicht erforderlich gewesen, auf die
Jahresabschlusserstellung für das Kalenderjahr 2010 zu warten. Die Zahlung
in Höhe von 50.000 € sei nicht im Rahmen der Beendigung des
Arbeitsverhältnisses ausgehandelt worden, sondern sei auf den
Geschäftsführervertrag aus … zurückzuführen und lediglich der Form halber in
der Aufhebungsvereinbarung genannt worden.
Mit Bescheid vom … wies der Beklagte den Einspruch der Kläger als
unbegründet zurück. Im Anstellungsvertrag sei geregelt, dass die Tantieme auf
Basis einer prozentualen Gewinnbeteiligung berechnet werden solle. Bei
dementsprechender Ermittlung wäre sie deutlich geringer ausgefallen. Dieser
Umstand belege, dass es sich bei der Zahlung nicht um eine reguläre
Tantieme gehandelt habe, sondern diese vielmehr geleistet worden sei, damit
das Arbeitsverhältnis vorzeitig habe beendet werden können. Der Vortrag der
Kläger, die „Tantieme 2010“ sei bei der Vergleichsberechnung nicht zu
berücksichtigen, da sie bei Fortführung des Arbeitsverhältnisses nicht erzielt
worden wäre, spreche ebenfalls dafür, in dieser Zahlung keine reguläre
Tantieme, sondern einen Teil der Entschädigung zu sehen. Die
Entschädigung sei somit in zwei unterschiedlichen Veranlagungszeiträumen
gezahlt worden. Die „Tantieme 2010“ übersteige auch die unschädliche 5%-
Grenze. Mangels Zusammenballung sei eine ermäßigte Besteuerung nach §
24 Nr. 1 Buchst. a und § 34 Abs. 1 und 2 EStG ausgeschlossen. Darauf, ob
die tatsächlichen Einnahmen 2011 den entgangenen Arbeitslohn überstiegen,
komme es mithin nicht an.
Im vorliegenden Klageverfahren halten die Kläger an ihrer Auffassung fest, die
„Tantieme 2010“ stelle keinen Bestandteil der Entschädigung dar. Es handle
sich um eine Zahlung für erbrachte Leistungen, die – wie in den Vorjahren –
wegen der fehlenden endgültigen Tantiemeregelung wieder mit vier
Monatsgehältern ermittelt worden sei.
Die Kläger beantragen,
den Einkommensteuerbescheid 2011 … dahingehend zu ändern,
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dass ein Betrag in Höhe von 225.000 € ermäßigt gemäß § 24 Nr. 1a in
Verbindung mit § 34 Abs. 1 und 2 EStG versteuert wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Ergänzend zu seinen Ausführungen im Einspruchsbescheid trägt er vor, im
Rahmen des Einspruchsverfahrens hätten die Kläger selbst erklärt, dass man
sich für das Kalenderjahr 2011 das dritte Jahr in Folge auf eine Tantieme in
Höhe von 50.000 € geeinigt habe. Die Tantiemezahlung sei nicht auf der Basis
der Ergebnisse 2010 erfolgt, da bei Fortführung des Arbeitsverhältnisses keine
gewinnabhängige Tantieme gezahlt worden wäre. Eine entsprechende,
rechtfertigende Leistung für 2010 habe der Kläger gerade nicht erbracht. Die
Zahlung sei vielmehr im Rahmen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses
ausgehandelt worden. Sie sei auch in der Aufhebungsvereinbarung
festgehalten worden und nicht in einer gesonderten Tantiemevereinbarung.
Der Sachverhalt stelle sich damit so dar, dass einer (unberechtigt hohen)
Tantiemezahlung zugestimmt worden sei, um das Arbeitsverhältnis schnell
beenden zu können. Damit handle es sich trotz entsprechender Bezeichnung
nicht um eine Tantieme im eigentlichen Sinne, sondern um einen Teil der
Entschädigungsleistung.
Weiter weist der Beklagte darauf hin, dass eine ermäßigte Besteuerung zu
einer unangemessenen steuerlichen Entlastung der Kläger führen würde. Bei
Anwendung von § 34 Abs. 1 EStG wäre die Steuerfestsetzung fast 43.000 €
geringer, obwohl ihnen im Jahr 2011 ähnlich viel Geld zur Verfügung
gestanden habe, wie wenn das Arbeitsverhältnis unverändert vorgeführt
worden wäre. Der Beklagte überreichte im Termin eine Probeberechnung
2011, nach der sich unter Berücksichtigung von § 34 Abs. 1 EStG eine
Einkommensteuer in Höhe von 31.853 € ergeben würde.
In der mündlichen Verhandlung hat der Senat Beweis erhoben durch
Vernehmung der Zeugen Y und Z. Auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung …
wird Bezug genommen.
...
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
I.
Der Beklagte hat im Ergebnis zu Recht eine ermäßigte Besteuerung der
Abfindung in Höhe von 225.000 € abgelehnt.
Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte
enthalten, so ist nach § 34 Abs. 1 EStG die darauf entfallende
Einkommensteuer nach einem ermäßigten Steuersatz zu bemessen. Nach §
34 Abs. 2 Nr. 2 EStG kommen als außerordentliche Einkünfte u.a.
Entschädigungen in Betracht, die gemäß § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG als Ersatz
für entgangene oder entgehende Einnahmen gewährt werden. Eine
Entschädigung liegt vor, wenn die bisherige Grundlage für den
Erfüllungsanspruch weggefallen ist und der an die Stelle der bisherigen
Einnahmen getretene Ersatzanspruch auf einer neuen Rechts- oder
Billigkeitsgrundlage beruht (vgl. BFH-Urteil vom 10. September 2003 XI R 9/02,
BFHE 204, 65, BStBl II 2004, 349, m.w.N.). Dabei sind mehrere Zahlungen als
Teil einer einheitlich zu beurteilenden Entschädigung anzusehen, wenn sie
Ersatz für ein und dasselbe Schadensereignis darstellen (BFH-Urteil vom 14.
April 2005 XI R 11/04, BFH/NV 2005, 1772).
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Der Wortlaut des § 34 Abs. 2 EStG ist entsprechend dem Normzweck, die
Auswirkungen des progressiven Tarifs abzuschwächen, auf solche Einkünfte
zu beschränken, die "zusammengeballt" zufließen (ständige Rechtsprechung,
vgl. z.B. BFH-Urteile vom 27. Januar 2010 IX R 31/09, BFHE 229, 90, BStBl II
2011, 28 und vom 25. August 2009 IX R 3/09, BFHE 226, 261, BStBl II 2010,
1030).
1. An solchen Einkünften fehlt es im Streitfall.
a. Einem „zusammengeballten“ Zufluss von Einkünften steht hier allerdings
nicht bereits entgegen, dass der Kläger die „Tantieme 2010“ im Jahr 2010 und
die Abfindung in Höhe von 225.000 € im Jahr 2011 bezogen hat.
Zwar liegt typischerweise keine Zusammenballung vor, wenn eine
Entschädigung in zwei oder mehreren verschiedenen
Veranlagungszeiträumen gezahlt wird, auch wenn die Zahlungen jeweils mit
anderen laufenden Einkünften zusammentreffen und sich ein
Progressionsnachteil ergibt (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 28.
Juni 2006 XI R 58/05, BFHE 214, 319, BStBl II 2006, 835, m.w.N.). Im Streitfall
ist die Entschädigung aber nicht in verschiedenen Veranlagungszeiträumen
zugeflossen. Nur die Abfindung in Höhe von 225.000 € stellt eine
Entschädigung im Sinne des § 34 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a EStG dar, denn nur
sie wurde aufgrund der Aufhebungsvereinbarung gezahlt.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht für den Senat fest, dass die
„Tantieme 2010“ nicht Teil der Entschädigung ist. Zahlungen, die nicht an die
Stelle weggefallener Einnahmen treten, sondern bürgerlich-rechtlich
Erfüllungsleistungen eines Schuldverhältnisses sind, gehören nicht zu den
Entschädigungen. Eine Entschädigung ist nicht anzunehmen, wenn die
bisherige vertragliche Basis bestehen geblieben ist und sich nur
Zahlungsmodalitäten geändert haben (vgl. BFH-Urteile vom 10. September
1998 IV R 19/96, BFH/NV 1999, 308; vom 10. September 2003 XI R 9/02,
BFHE 204, 65, BStBl II 2004, 349; vom 11. Januar 2005 IX R 67/02, BFH/NV
2005, 1044 und vom 22. Januar 2009 IV R 12/06, BFH/NV 2009, 933).
Nach den Regelungen in der Aufhebungsvereinbarung erhielt der Kläger diese
Zahlung „zur Abgeltung seines Anspruchs auf eine ergebnisabhängige
Zusatzvergütung 2010“. In der mündlichen Verhandlung haben der Kläger und
die Zeugen übereinstimmend bestätigt, dass mit deren Auszahlung lediglich
der nach dem Anstellungsvertrag bestehende Anspruch des Klägers erfüllt
werden sollte. Sie haben glaubhaft erläutert, die laut Anstellungsvertrag
geplante anderslautende Tantiemeregelung sei tatsächlich nie umgesetzt
worden, da es – auch für die Tantiemevereinbarungen mit anderen
Mitarbeitern – schwierig gewesen sei, eine sinnvolle Bemessungsgrundlage zu
finden. Daher habe man sich darauf geeinigt, die ursprüngliche Vereinbarung
beizubehalten. Das Jahr 2010 habe ganz „normal“ abgewickelt werden sollen.
Ziel sei gewesen, wie es der Zeuge Y ausdrückte, die Sache möglichst
weitgehend noch im Jahr 2010 „abzuhaken“.
Die entgegen der Vereinbarung im Anstellungsvertrag erfolgte Auszahlung der
„Tantieme 2010“ noch im laufenden Jahr stellt sich danach als unbeachtliche
Änderung einer Zahlungsmodalität dar. Dass mit dem Vorziehen der Zahlung
ein Ausgleich für weggefallene Einnahmen habe geschaffen werden sollen,
kann der Senat bei dieser Sachlage nicht feststellen.
b. Dem Kläger sind im Streitjahr aber dennoch keine "zusammengeballten"
Einkünfte zugeflossen. Er hat infolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses
insgesamt nicht mehr erhalten, als er bei ungestörter Fortsetzung des
Arbeitsverhältnisses, also bei normalem Ablauf der Dinge erhalten hätte.
Von der erforderlichen Zusammenballung der Einkünfte ist nur auszugehen,
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wenn der Steuerpflichtige infolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses in
dem jeweiligen Veranlagungszeitraum einschließlich der Entschädigung
insgesamt mehr erhält, als er bei ungestörter Fortsetzung des
Arbeitsverhältnisses, also bei normalem Ablauf der Dinge erhalten hätte (vgl.
BFH-Urteil vom 9. Oktober 2008 IX R 85/07, BFH/NV 2009, 558, m.w.N). Die
„Ist-Größe“, also das, was der Steuerpflichtige in dem betreffenden
Veranlagungszeitraum einschließlich der Entschädigung tatsächlich erhält,
und die „Soll-Größe“, nämlich die Einkünfte, die der Steuerpflichtige bei
ungestörter Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisse erhalten hätte, sind sich
gegenüber zu stellen (vgl. BFH-Beschluss vom 9. März 2011 IX R 9/10,
BFH/NV 2011, 1320).
aa. Die für die Ermittlung der „Soll-Größe“ notwendige hypothetische und
prognostische Betrachtung orientiert sich grundsätzlich an den Verhältnissen
des Vorjahres, die dem Veranlagungszeitraum, in dem die Entschädigung
zufließt, am nächsten liegen. Eine darauf aufbauende Vergleichsberechnung
lediglich am Maßstab des Vorjahres ist aber keineswegs zwingend. Sie gilt nur
für den Normalfall, in dem die Verhältnisse des Vorjahres – z.B. im Zuge einer
normalen Gehaltsentwicklung – auch diejenigen des Folgejahres mit großer
Wahrscheinlichkeit abbilden. Sie gilt aber dann nicht, wenn die
Einnahmesituation des Vorjahres durch außergewöhnliche Ereignisse geprägt
ist und sich daraus keine Vorhersagen für den (unterstellten) normalen Verlauf
bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ableiten lassen. So beanstandet es
der BFH insbesondere bei variablen Gehaltskomponenten nicht, wenn im
Wege einer Prognoseentscheidung (auch) auf die Vorjahre zurückgegriffen
wird (vgl. BFH-Urteile vom 4. März 1998 XI R 46/97, BFHE 185, 429, BStBl II
1998, 787 und vom 27. Januar 2010 IX R 31/09, BFHE 229, 90, BStBl II 2011,
28).
Unter Zugrundelegung dieser Maßgaben ist die „Soll-Größe“ aus dem Vorjahr
2010 abzuleiten, wobei lediglich eine Tantiemezahlung in Höhe von 50.000 €
zu berücksichtigen ist, denn bei ungestörter Fortsetzung des
Arbeitsverhältnisses hätte der Kläger lediglich die Tantieme für 2010 im Jahr
2011 erhalten. Die „Soll-Größe“ ermittelt sich daher wie folgt:
Grundgehalt
12 x 12.500,00 € 150.000,00 €
Urlaubsgeld
12.500,00 €
Weihnachtsgeld
12.500,00 €
Tantieme 2010
50.000,00 €
Pkw - Nutzung
8.916,72 €
Zuschlag für Krankenversicherung …
3.611,28 €
Sonstiges (A-Zuschlag)
1.197,00 €
238.725,00 €
Nach den Erläuterungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung bleibt
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allerdings unklar, ob die Zahlungen aus dem A-Zuschlag bei der Prognose
einzubeziehen sind oder ob Zahlungen hieraus für 2011 bereits nicht mehr
erfolgt wären. Dies kann jedoch dahinstehen, da – wie sich im Folgenden
ergibt – auch eine um diese Beträge verminderte „Soll-Größe“ in Höhe von
237.528 € zu keiner anderen Entscheidung führen würde.
bb. Nach Auffassung des erkennenden Senates sind bei der „Ist-Größe“ nur
die tatsächlich erzielten und zu versteuernden Einkünfte einschließlich der
Entschädigung zu berücksichtigen, steuerfreie Lohnersatzleistungen hingegen
nicht.
Die Gegenmeinung befürwortet demgegenüber die Einbeziehung von
Lohnersatzleistungen in die „Ist-Größe“, soweit sie dem Progressionsvorbehalt
unterliegen (vgl. Horn in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 34 EStG
Anm. 54; Wacker in Schmidt, EStG, 33. Aufl., 2014, § 34 Rn. 15; Seitz, DStR
1998, 1377; Zimmermann, EFG 2014, 44, zweifelnd aber Hoffmann, EFG
2005, 965). Zur Begründung wird angeführt, das Arbeitslosengeld substituiere
die entgangenen Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (vgl. Urteil des
Thüringer Finanzgerichtes vom 1. Dezember 2009 3 K 965/08, EFG 2010,
1789) und diese steuerfreien Bezüge gemäß § 32 b Abs. 1 Nr. 1 a EStG
unterlägen dem Progressionsvorbehalt, führten also zu einer Erhöhung des
Steuersatzes (vgl. Urteil des Finanzgerichtes Köln vom 15. März 2005 15 K
4753/04, EFG 2005, 962; Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichtes vom
5. August 2010 4 K 41/08, juris und Urteil des Sächsischen Finanzgerichtes
vom 24. April 2013 1 K 1836/09, EFG 2013, 1922). Die Finanzverwaltung geht
ebenfalls davon aus, dass Lohnersatzleistungen einzubeziehen sind. So sieht
das Beispiel 3 in der Anmerkung III.2.2. des BMF-Schreibens vom 24. Mai
2004 IV A 5-S 2290-20/04, FMNR172000004 (BStBl I 2004, 505) eine
Berücksichtigung des Arbeitslosengeldes vor. Auch nach dem neuen BMF-
Schreiben vom 1. November 2013 (IV C 4 - S 2290/13/10002, 2013/0929313,
BStBl I 2013, 1326) unter Tz. 11 Satz 11 und Beispiel 2 bis 4 sind
Lohnersatzleistungen bei der Vergleichsberechnung angesetzt.
Diese Auffassung teilt der erkennende Senat nicht. Ob dem
Progressionsvorbehalt unterliegende Lohnersatzleistungen bei der
Vergleichsberechnung zu erfassen sind, ist allerdings bisher nicht
höchstrichterlich geklärt (vgl. Beitrittsaufforderung an das BMF durch BFH-
Beschluss vom 9. März 2011 IX R 9/10, BFH/NV 2011, 1320 – das Verfahren
ist durch Rücknahme der Revision erledigt; ausdrücklich offen gelassen vom
Niedersächsischen Finanzgericht im Urteil vom 12. November 2013 13 K
199/13, EFG 2014, 283). Der BFH hat mit Urteil vom 2. September 1992 (XI R
44/91, BFHE 169, 98, BStBl II 1993, 52) zwar entschieden, dass steuerbefreite
Einkünfte bei der Entscheidung, ob die Entschädigung zusammengeballt
zugeflossen sei, nicht zu berücksichtigen seien. Diese Entscheidung betraf
allerdings § 3 Nr. 9 EStG.
Die Auswirkung auf die Steuerprogression vermag die Einbeziehung der
Lohnersatzleistungen in die Vergleichsberechnung jedoch nicht zu
rechtfertigen. Die – veranlagungszeitraumbezogen betrachtet – begünstigende
Behandlung von zusammengeballt zugeflossenen Einnahmen, deren Zufluss
sich beim jeweiligen Steuerpflichtigen nach dessen regelmäßiger
Einkünftesituation normalerweise auf mehrere Jahre verteilt hätte, soll –
veranlagungszeitraumübergreifend betrachtet – eine gleichmäßige progressive
Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verwirklichen (vgl.
BFH-Urteil vom 26. Januar 2011 IX R 20/10, BFHE 232, 471, BStBl II 2012,
659). Tatsächlich steht dem Steuerpflichtigen durch den Bezug der
Lohnersatzleistung auch mehr Geld zur Verfügung. Auf diese
Lohnersatzleistung selbst muss er keine Steuern zahlen, lediglich für die
anderen Einkünfte erhöht sich die Progression. Diese Erhöhung ist aber durch
die tatsächlich vorliegende höhere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit
gerechtfertigt. Der Progressionsvorbehalt für die Lohnersatzleistungen
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berücksichtigt das Leistungsvermögen des Steuerpflichtigen in der
verfassungsrechtlich gebotenen Weise (vgl. BVerfG-Beschluss vom 3. Mai
1995 1 BvR 1176/88, BStBl II 1995, 758). Einer zusätzlichen Korrektur über §
34 EStG bedarf es insoweit nicht. Vielmehr kann – wie der vorliegende Fall
zeigt – die Berücksichtigung von Lohnersatzleistungen zu einer
überproportionalen Entlastung und damit zu stark unbilligen Ergebnissen
führen. So beträgt die Einkommensteuerbelastung nach dem streitigen
Bescheid 74.265 €. Bei Einbeziehung der Lohnersatzleistungen in Höhe von
10.878 € in die „Ist-Größe“ würde sie demgegenüber – ausweislich der vom
Beklagten vorgelegten Probeberechnung – nur 31.853 € ausmachen, also zu
einer Steuerersparnis von 42.412 € führen, mithin fast dem Vierfachen der
Lohnersatzleistung. Dies würde eine ungerechtfertigte Begünstigung im
Vergleich zu denjenigen darstellen, die im gleichen Veranlagungszeitraum
entsprechende Einnahmen in einem „normalen“ Arbeitsverhältnis verdient
haben. Eine ungerechtfertigte Begünstigung würde insbesondere auch im
Verhältnis zu denjenigen vorliegen, deren Arbeitsverhältnis zwar ebenfalls
beendet wurde, die neben Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit aber nur
eine Entschädigung und keine Lohnersatzleistungen erhalten haben (z.B. weil
die Auflösung des Dienstverhältnisses später im Jahr erfolgte). Bei ihnen
würde nur die Abfindung und der tatsächliche Arbeitslohn in die
Vergleichsberechnung einbezogen werden. Sie verfügten über weniger
Geldmittel als die Kläger, hätten aber eine höhere Steuerbelastung zu tragen.
Demgemäß ergibt sich für den Kläger folgende „Ist-Größe“:
Entschädigungsleistung
225.000 €
Einnahmen aufgrund privater Pkw-Nutzung 3.878 €
insgesamt damit
228.878 €
cc. Damit fehlt es an einer Zusammenballung von Einkünften im Streitjahr. Die
„Soll-Größe“ in Höhe von 238.725 € (bzw. 237.528 €) übersteigt die „Ist-Größe“
in Höhe von 228.878 €.
2. Selbst wenn dem Kläger zusammengeballte Einkünfte zugeflossen wären,
stünde einer begünstigten Besteuerung nach § 34 Abs. 1 EStG hier entgegen,
dass die Abfindungszahlung keine höhere steuerliche Belastung der Kläger
verursacht.
Eine Anwendung des § 34 Abs. 1 EStG ist aus Sicht des Senates nur
gerechtfertigt, wenn den Steuerpflichtigen aufgrund der Zusammenballung von
Einkünften tatsächlich eine höhere steuerliche Belastung trifft.
Zwar geht die herrschende Meinung davon aus, dass es auf einen konkreten
Progressionsnachteil nicht ankomme (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 4. März 1998
XI R 46/97, BFHE 185, 429, BStBl II 1998, 787 und vom 15. Oktober 2003 XI R
17/02, BFHE 203, 490, BStBl II 2004, 264; Urteil des Sächsischen
Finanzgerichtes vom 24. April 2013 1 K 1836/09, StE 2013, 678; Horn in
Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 34 EStG Anm. 54; Graf in
Littmann/Bitz/Pust, EStG, § 34 Rn. 52; Lindberg in Blümich,
EStG/KStG/GewStG, § 34 EStG Rn. 30; Wacker in Schmidt, EStG, 33. Aufl.,
2014, § 34 Rn. 15; BMF-Schreiben vom 1. November 2013, IV C 4 - S
2290/13/10002, 2013/0929313, BStBl I 2013, 1326, Rn. 11). Ausreichend sei
vielmehr, dass von der Abfindung eine potenzielle Progressionswirkung
ausgehe (Seitz, DStR 1998, 1377).
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In seinem Beschluss vom 9. März 2011 (IX R 9/10, BFH/NV 2011, 1320) hat
der BFH jedoch die Frage aufgeworfen, ob angesichts des Normzwecks des §
34 EStG, nämlich eine für den Steuerpflichtigen im Vergleich zu seiner
regelmäßigen sonstigen Besteuerung einmalige und außergewöhnliche
Progressionsbelastung abzumildern, die Vergleichsberechnung nicht auf einen
konkreten Progressionsnachteil abheben und daher nur im Fall einer
tatsächlich höheren Progressionsbelastung der "Ist-Größe" die ermäßigte
Besteuerung nach § 34 EStG zur Anwendung kommen sollte.
Diese Frage ist zu bejahen, denn nur bei einer tatsächlich höheren
Steuerbelastung bedarf es einer Korrektur über § 34 EStG. Der Zweck der
Billigkeitsregelung des § 34 Abs. 1 und 2 Nr. 2 EStG besteht darin, bei
außerordentlichen Einkünften, deren Zufluss in einem Veranlagungszeitraum
zu einer für den jeweiligen Steuerpflichtigen im Vergleich zu seiner
regelmäßigen sonstigen Besteuerung einmaligen und außergewöhnlichen
Progressionsbelastung führen, diese abzumildern (ständige Rechtsprechung,
vgl. BFH-Urteile vom 4. März 1998 XI R 46/97, BFHE 185, 429, BStBl II 1998,
787 und vom 26. Januar 2011 IX R 20/10, BFHE 232, 471, BStBl II 2012, 659).
Genau dieser Zweck würde aber verfehlt, wenn die Steuervergünstigung
unabhängig von einem tatsächlichen Progressionsnachteil gewährt würde. Sie
würde eine unbegründete Besserstellung gegenüber allen anderen
Steuerpflichtigen bedeuten.
Ein tatsächlicher Progressionsnachteil ist im vorliegenden Fall nicht gegeben.
Bei normalem Verlauf hätte der Kläger im Streitjahr sogar über etwas geringere
Einkünfte verfügt, die er vollständig hätte versteuern müssen, während er in
Wirklichkeit nun höhere Einkünfte hat, wovon zudem noch 10.878 € steuerfrei
sind und nur dem Progressionsvorbehalt unterliegen. So beträgt die
Einkommensteuerfestsetzung im streitigen Bescheid 74.265 €, unter
Zugrundelegung der „Soll-Größe“ von 238.725 € würde sich demgegenüber
eine Einkommensteuer in Höhe von 77.735 €, also eine deutlich höhere
steuerliche Belastung, ergeben.
Die Klage konnte daher keinen Erfolg haben und war abzuweisen.
II.
Die Revision war zuzulassen, da die Fragen, ob auch Lohnersatzleistungen –
wie das nach § 3 Nr. 2 EStG steuerfreie Arbeitslosengeld – bei der "Ist-Größe"
zu berücksichtigen sind und ob die ermäßigte Besteuerung nach § 34 EStG
nur im Fall einer tatsächlich höheren Progressionsbelastung der "Ist-Größe"
zur Anwendung kommen sollte, grundsätzliche Bedeutung haben (§ 115 Abs.
2 Nr. 1 Finanzgerichtsordnung – FGO, vgl. BFH-Beschluss vom 9. März 2011
IX R 9/10, BFH/NV 2011, 1320).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung
(FGO).