Urteil des FG Niedersachsen vom 10.06.2014

FG Niedersachsen: verwaltungsverfahren, vervielfältigung, genehmigung, datenschutz, niedersachsen, auflage, abgabenordnung, steuerfestsetzung, ausschluss

1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
Umsatzsteuer 2009
Wird ein Bevollmächtigter vom Finanzamt nach § 80 Abs.5 AO
zurückgewiesen, kann er bis zur Zurückweisung durch das Gericht nach §
62 Abs. 3 FGO in einem sich anschließenden gerichtlichen Verfahren
wirksam Prozesshandlungen vornehmen.
Nichtzulassungsbeschwerde - BFH-Az.: V B 88/13
Niedersächsisches Finanzgericht 5. Senat, Teilurteil vom 10.06.2014, 5 K 95/12
§ 80 Abs 5 AO, § 62 FGO
Tatbestand
Die Klägerin gab für das Streitjahr 2009 eine Umsatzsteuer-Erklärung ab, in
der sie umsatzsteuerpflichtige Leistungen, steuerfreie innergemeinschaftliche
Lieferungen und Ausfuhrlieferungen erklärte. Diese Erklärung stand einer
Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich.
In der Umsatzsteuer-Erklärung war angegeben, dass die R.
Steuerberatungsgesellschaft Ltd. bei der Anfertigung der Steuer-Erklärung
mitgewirkt habe. Mit Beschluss vom 28.01.2011 wies das FA die R.
Steuerberatungsgesellschaft Ltd. als Bevollmächtigte nach § 80 Abs. 5 AO
zurück.
Mit Bescheid vom 07.03.2012 erteilte das Finanzamt (FA) einen nach § 164
Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderten Umsatzsteuerbescheid, mit dem
es die von der Klägerin steuerfrei erklärten Umsätze als steuerpflichtige
Umsätze erfasste.
Die Klägerin hat gegen diesen Bescheid, vertreten durch R.
Steuerberatungsgesellschaft Ltd., Sprungklage erhoben, der das FA
zugestimmt hat.
Mit Beschluss vom 04.02.2013 hat der Senat die damalige
Prozessbevollmächtigte als Bevollmächtigte zurückgewiesen.
Die Klägerin beantragt,
den geänderten Umsatzsteuerbescheid 2009 vom 07.03.2012
aufzuheben und die Klägerin, wie beantragt, zu veranlagen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage als unzulässig abzuweisen.
Der Beklagte ist der Auffassung, dass die Klage unzulässig sei, da sie durch
die bereits im Verwaltungsverfahren als Bevollmächtigten zurückgewiesen R.
Steuerberatungsgesellschaft Ltd. erhoben worden sei.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig.
1. Der Senat hält es für sachgerecht, nach § 97 Abs. 1 der
13
14
15
16
Finanzgerichtsordnung (FGO) über die Zulässigkeit der Klage durch
Zwischenurteil vorab zu entscheiden.
2. Der Beschluss des Senats vom 04.02.2013, mit dem er die vormalige
Prozessbevollmächtigte der Klägerin zurückgewiesen hat, steht der wirksamen
Klageerhebung nicht entgegen. Denn die Befugnis, als Bevollmächtigte
aufzutreten, entfällt erst mit Ergehen des Beschlusses. Erst ab diesem
Zeitpunkt kann der Bevollmächtigte keine wirksamen Prozesshandlungen
mehr vornehmen (vgl. Stapperfend in Gräber, Kommentar zur
Finanzgerichtsordnung 7. Auflage 2010 § 62 Tz. 48 m. w. N. auf die
Rechtsprechung).
3. Die vom FA ausgesprochene Zurückweisung für das Verwaltungsverfahren
führt nicht zum Ausschluss der vormaligen Prozessbevollmächtigten für das
Klageverfahren.
Nach Auffassung des 6. Senats des Niedersächsischen Finanzgerichts (z. B.
Urteil vom 26.11.2009 6 K 530/08, EFG 2010, 541) und der dort zitierten
Kommentarliteratur wirkt sich die Zurückweisung eines Bevollmächtigten nach
§ 80 Abs. 5 AO nur für das jeweilige Verfahren und nur für den jeweiligen
Verfahrensabschnitt aus. Der Senat schließt sich dieser Auffassung für den
hier zu beurteilenden Sachverhalt an. Zur Begründung wird auf die
Entscheidungsgründe des den Beteiligten bekannten Urteils des 6. Senats des
Niedersächsischen Finanzgerichts Bezug genommen. Der Senat ist der
Auffassung, dass eine Zurückverweisung eines Bevollmächtigten nach § 80
Abs. 5 AO durch die Verwaltungsbehörde nur für das Verwaltungsverfahren
gelten kann. Die Finanzbehörde kann nicht über die Zulässigkeit von
Prozesshandlungen im finanzgerichtlichen Verfahren entscheiden. Denn die
Entscheidung, ob ein Prozessbevollmächtigter für das finanzgerichtliche
Verfahren zurückzuweisen ist, obliegt nach § 62 Abs. 3 FGO dem
Finanzgericht.
4. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.